Verfahrensgang
Bayerischer VGH (Urteil vom 19.06.2008; Aktenzeichen 1 N 06.2548) |
Tenor
Die Beschwerde des Antragstellers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 19. Juni 2008 wird zurückgewiesen.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 7 500 € festgesetzt.
Gründe
Die auf § 132 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 VwGO gestützte Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision bleibt erfolglos.
1. Die Rechtssache hat nicht die grundsätzliche Bedeutung, die ihr der Antragsteller beimisst.
Die zum Inhalt und Umfang des Abwägungsgebots in § 1 Abs. 6 BauGB 1998 (jetzt: § 1 Abs. 7 BauGB), insbesondere zum Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und zum Gleichheitsgrundsatz, aufgeworfenen Fragen rechtfertigen die Zulassung der Revision nicht, weil sie in das Gewand einer Grundsatzrüge gekleidete Angriffe gegen die tatrichterliche Sachverhaltswürdigung und Rechtsanwendung im konkreten Streitfall enthalten und in einem Revisionsverfahren in fallübergreifender, verallgemeinerungsfähiger Weise nicht geklärt werden könnten.
Die von der Beschwerde aufgeworfene Frage, ob das Abwägungsgebot verletzt wird, “wenn der genaue flächenmäßige Umfang der Betroffenheit des in Anspruch genommenen Grundstücks durch ein 100-jähiges Regenwasserereignis seitens der planenden Gemeinde im Rahmen der Abwägung und der daraus resultierenden Bebauungsplanfestsetzung verkannt wurde”, wäre überdies in einem Revisionsverfahren nicht klärungsfähig, weil die Beschwerde insoweit von einem Sachverhalt ausgeht, den das Normenkontrollgericht nicht festgestellt hat. Die Vorinstanz hat vielmehr zugunsten des Antragstellers unterstellt, dass die Antragsgegnerin den genauen flächenmäßigen Umfang der Betroffenheit verkannt hat, den hierin liegenden Fehler bei der Ermittlung der Auswirkungen der Planung jedoch für unbeachtlich gehalten, weil er auf das Ergebnis der Planung nicht von Einfluss gewesen sei (vgl. § 233 Abs. 2, § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB). Der von der Beschwerde gerügte Ermittlungsfehler der Antragsgegnerin wäre daher – läge er denn vor – in einem Revisionsverfahren nicht entscheidungserheblich. Zur vom Normenkontrollgericht festgestellten Unbeachtlichkeit trägt der Antragsteller keine Rügen vor.
2. Die erhobenen Divergenzrügen greifen nicht durch.
Eine die Revision gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO eröffnende Divergenz ist nur dann im Sinne des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO hinreichend bezeichnet, wenn die Beschwerde einen inhaltlich bestimmten, die angefochtene Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz benennt, mit dem die Vorinstanz u.a. einem in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts oder des Bundesverwaltungsgerichts aufgestellten ebensolchen entscheidungstragenden Rechtssatz in Anwendung derselben Rechtsvorschrift widersprochen hat (Beschluss vom 19. August 1997 – BVerwG 7 B 261.97 – NJW 1997, 3328; stRspr). Diesen Darlegungsanforderungen wird die Beschwerde nicht gerecht.
Einen entscheidungstragenden abstrakten Rechtssatz in dem angefochtenen Normenkontrollurteil, der den von der Beschwerde angeführten Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts vom 19. Dezember 2002 – 1 BvR 1402/01 – (UPR 2003, 143) und des Bundesverwaltungsgerichts vom 6. Juni 2002 – BVerwG 4 CN 6.01 – (Buchholz 406.11 § 1 BauGB Nr. 111 = NVwZ 2002, 1506) widersprechen könnte, zeigt die Beschwerde nicht auf. Den von der Beschwerde bezeichneten “Rechtssatz” zur Belastung des privaten Grundeigentums durch eine unverhältnismäßige und gleichheitswidrige Inanspruchnahme durch die Festsetzung eines Bebauungsplans hat das Normenkontrollgericht nicht aufgestellt. Der Sache nach zielt diese Divergenzrüge der Beschwerde auf das Ergebnis der normenkontrollgerichtlichen Abwägungskontrolle am Maßstab des § 1 Abs. 6 BauGB 1998. Der Vorwurf, das Normenkontrollgericht habe diese Norm unrichtig ausgelegt und angewendet, ist nicht geeignet, eine Divergenz im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO darzulegen.
Das Normenkontrollurteil weicht auch nicht von der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 21. März 2002 – BVerwG 4 CN 14.00 – (BVerwGE 116, 144) ab. Die Beschwerde entnimmt diesem Urteil den Rechtssatz, eine Gemeinde verletze das Abwägungsgebot (§ 1 Abs. 6 BauGB 1998) und handele rechtsfehlerhaft, wenn das Ausmaß der durch eine Überschwemmungsgefahr verursachten Betroffenheit des Grundeigentums offen gelassen werde. Das Normenkontrollgericht weiche hiervon ab, weil es offen gelassen habe, ob die Antragsgegnerin den genauen flächenmäßigen Umfang der Betroffenheit des Grundstücks des Antragstellers (Flurstück Nr. …) verkannt habe. Damit zeigt die Beschwerde keine Divergenz in der Anwendung derselben Rechtsvorschrift auf. Die Ansicht des Normenkontrollgerichts, der genaue flächenmäßige Umfang der Betroffenheit des Grundstücks des Antragstellers könne dahinstehen, beruht auf der Anwendung der Planerhaltungsvorschrift des § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB. Nach Ansicht der Vorinstanz wäre die Antragsgegnerin auch dann nicht von ihrer Entscheidung, die Wasserabflussfläche im Interesse der Erhaltung der Bebaubarkeit der Flurstücke Nr. … und … gleichmäßig zwischen diesen Grundstücken und dem Grundstück des Antragstellers zu verteilen, abgerückt, “wenn die Zahlen genannt worden wären und der Unterschied zwischen rund 160 m(2) und rund 80 m(2) als erheblich bezeichnet worden wäre”. Das Normenkontrollgericht stellt also entscheidungstragend darauf ab, dass das vom Antragsteller gerügte Ermittlungsdefizit sich jedenfalls nicht auf das Ergebnis der Planung und damit auf den Inhalt des Bebauungsplans ausgewirkt hätte. Das angeführte Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 21. März 2002 enthält keine Rechtsausführungen zu § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB und beruht auch nicht auf der Anwendung dieser Vorschrift.
3. Die Rüge, das Normenkontrollgericht gehe in aktenwidriger Weise davon aus, dass der von der Festsetzung der Wasserabflussfläche erfasste Randbereich auf dem Grundstück des Antragstellers derzeit bei einem 100-jährigen Regenereignis etwa zur Hälfte überschwemmt werde, wird nicht schlüssig begründet. Die Verfahrensrüge der aktenwidrigen Sachverhaltsfeststellung setzt die schlüssig vorgetragene Behauptung voraus, zwischen den in der angegriffenen Entscheidung getroffenen tatsächlichen Annahmen und dem insoweit unumstrittenen Akteninhalt sei ein Widerspruch gegeben (Beschluss vom 2. November 1999 – BVerwG 4 BN 41.99 – UPR 2000, 226; stRspr). Das Vorbringen der Beschwerde, das Grundstück des Antragstellers sei noch nie von Hochwasser bzw. von Überschwemmungen betroffen, ist nicht geeignet, eine aktenwidrige Sachverhaltsfeststellung aufzuzeigen. Das gilt auch für das weitere Vorbringen der Beschwerde zum tiefsten Punkt, in dem sich das Niederschlagswasser im Falle einer Hochwasser- oder Überschwemmungssituation sammeln würde. Der Sache nach erschöpft sich auch dieses Vorbringen in einer Kritik der tatrichterlichen Sachverhaltswürdigung, mit der die Verfahrensrüge der aktenwidrigen Sachverhaltsfeststellung nicht begründet werden kann.
Von einer weiteren Begründung sieht der Senat nach § 133 Abs. 5 Satz 2 VwGO ab, da sie nicht zur Klärung der Voraussetzungen beitragen könnte, unter denen eine Revision zuzulassen ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Festsetzung des Streitwerts auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 1 GKG.
Unterschriften
Prof. Dr. Rojahn, Dr. Bumke, Petz
Fundstellen