Verfahrensgang
Sächsisches OVG (Beschluss vom 14.07.2005; Aktenzeichen 4 B 109/01) |
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Beschluss des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 14. Juli 2005 wird zurückgewiesen.
Der Antrag des Klägers, ihm unter Beiordnung seines Prozessbevollmächtigten Prozesskostenhilfe zu bewilligen, wird abgelehnt.
Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Gerichtskosten werden nicht erhoben.
Gründe
Die auf das Vorliegen von Verfahrensfehlern (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) gestützte Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Beschluss des Oberverwaltungsgerichts ist unbegründet.
Die Beschwerde macht als Verletzung des Anspruches des Klägers auf Gewährung von rechtlichem Gehör (§ 138 Nr. 3 VwGO) und eine gesetzlich vorgesehene Vertretung (§ 138 Nr. 4 VwGO) geltend, dass er im Berufungsverfahren zeitweilig nicht anwaltlich vertreten gewesen sei. Auch habe der Vorsitzende seine Hinweispflichten nach § 86 Abs. 3 VwGO verletzt, indem er den im Rahmen der Prozesskostenhilfe beigeordneten Rechtsanwalt, nachdem dieser das Mandat am 9. Dezember 2004 niedergelegt und jegliche Tätigkeit eingestellt habe, nicht unverzüglich informiert habe, dass eine Mandatsniederlegung wegen der Beiordnung nicht möglich sei; stattdessen sei dem Kläger aufgegeben worden, sich einen neuen Prozessbevollmächtigten zu suchen, und sei er mit Schreiben vom 10. Dezember 2004 an den damaligen Prozessbevollmächtigten aufgefordert worden, bis zum 7. Januar 2005 lückenlos darzulegen, wie er seinen Lebensunterhalt bestritten habe. Wegen der langen Verfahrensdauer hätte das Gericht den Kläger auch darauf hinweisen müssen, welche Zeiträume seiner Bedürftigkeit ungeklärt seien. Das Berufungsgericht hätte eine mündliche Verhandlung durchführen und den Kläger hierzu persönlich laden müssen, denn er habe mit Schreiben vom 11. Februar 2005 dargelegt, dass er den vorangegangenen Erörterungstermin am 24. November 2004 nur auf Anraten seines damaligen Prozessbevollmächtigten nicht persönlich wahrgenommen habe. Es sei nicht auszuschließen, dass dem Kläger und dem damaligen Prozessbevollmächtigten, die beide davon ausgegangen seien, dass der Kläger nicht mehr anwaltlich vertreten sei, in der mündlichen Verhandlung die lückenlose Darlegung der Bedürftigkeit des Klägers gelungen wäre.
Die Rüge fehlender Vertretung greift deshalb nicht durch, weil der Kläger – wie die Vorinstanz in dem Beschluss vom 14. Juli 2005 betreffend den Antrag des damaligen Prozessbevollmächtigten auf Aufhebung seiner Beiordnung zutreffend festgestellt hat – im Berufungsverfahren trotz der mitgeteilten Mandatsniederlegung weiter entsprechend den Anforderungen des § 67 Abs. 1 VwGO durch den beigeordneten Rechtsanwalt Dr. H… vertreten war. Der Beiordnungsbeschluss vom 24. November 2004 hatte seine Wirksamkeit nicht dadurch verloren, dass der beigeordnete Rechtsanwalt die Mandatsniederlegung erklärt und dem Gericht mitgeteilt hatte, dass die Anwaltskanzlei wegen der Mandatsniederlegung keine weitere Tätigkeit für den Kläger entfalten werde. Zutreffend weist der Beschluss des Berufungsgerichts vom 23. Februar 2005, mit dem die Beiordnung eines Notanwalts abgelehnt worden ist, darauf hin, dass die gemäß § 166 VwGO i.V.m. § 121 Abs. 1 ZPO erfolgte Anwaltsbeiordnung den Rechtsanwalt verpflichtet, im gerichtlichen Verfahren die Vertretung einer Partei zu übernehmen (§ 48 Abs. 1 Nr. 1 der Bundesrechtsanwaltsordnung – BRAO –) und einer Mandatsniederlegung durch einseitige Erklärung entgegensteht; der beigeordnete Rechtsanwalt ist darauf verwiesen, gemäß § 48 Abs. 2 BRAO die Aufhebung der Beiordnung zu beantragen, was “wichtige Gründe” voraussetzt (vgl. BGH, Urteile vom 28. April 1958 – III ZR 43/56 – BGHZ 27, 163 ≪166≫ und vom 1. März 1973 – III ZR 188/71 – BGHZ 60, 255 ≪258≫; Philippi, in: Zöller, ZPO, 25. Aufl. 2005, § 121 Rn. 33; Bork, in: Stein/Jonas, ZPO, 22. Aufl. 2004, § 78c Rn. 28). Den entsprechenden Antrag hat der beigeordnete Rechtsanwalt daraufhin mit Schriftsatz vom 8. März 2005 gestellt. Da dieser Antrag vom Gericht – unmittelbar vor Erlass der angefochtenen Entscheidung – mit Beschluss vom 14. Juli 2005 unter Verneinung des Vorliegens wichtiger Gründe abgelehnt worden ist, war der Kläger bei Erlass der angegriffenen Entscheidung weiterhin rechtlich wirksam anwaltlich vertreten. Der Umstand, dass ausweislich der Anwaltsschreiben vom 7. und 20. Januar 2005 und des persönlichen Schreibens des Klägers vom 11. Februar 2005 der beigeordnete Rechtsanwalt selbst wie der Kläger davon ausgingen, mit der Mandatsniederlegung werde der Kläger nicht mehr von dem beigeordneten Rechtsanwalt vertreten, führt nicht zu einer anderen Beurteilung. Jedenfalls mit dem Beschluss vom 23. Februar 2005 (Ablehnung des Antrages des Klägers auf Beiordnung eines Notanwalts) war gerichtlicherseits klargestellt, dass der Kläger weiterhin durch den beigeordneten Rechtsanwalt vertreten werde. Eine über die Feststellungen in dem Beschluss hinausgehende Hinweispflicht des Gerichts dahingehend, den Prozessbevollmächtigten umgehend nach Eingang der Schriftsätze vom 7. und 20. Januar 2005 auf die sich aus der Beiordnung ergebenden besonderen anwaltlichen Verpflichtungen hinzuweisen, ist aus § 86 Abs. 3 VwGO oder der gerichtlichen Fürsorgepflichten nicht herzuleiten. Soweit der Kläger bzw. sein Prozessbevollmächtigter erwartet haben sollten, das Gericht werde nicht in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang mit einer ablehnenden Entscheidung über den Antrag auf Aufhebung der Beiordnung in der Sache entscheiden, ist zwar einzuräumen, dass es nicht recht verständlich ist, warum das Berufungsgericht einerseits über die Aufhebung der Beiordnung erst nach vier Monaten entschieden hat und dann andererseits noch am selben Tag auch in der Sache selbst entschieden hat. Das ändert aber nichts daran, dass der Kläger durchweg anwaltlich vertreten war.
Das Gericht war auch nicht zur Meidung eines Gehörsverstoßes verpflichtet, den Kläger darauf hinzuweisen, welche Zeiträume seiner Bedürftigkeit auf der Grundlage der dem Gericht vorliegenden Akten ungeklärt seien, und seiner Bitte um Anberaumung einer mündlichen Verhandlung nachzukommen. Wenn der Kläger, wie sich aus seinem persönlichen Schreiben vom 11. Februar 2005 ergibt, der Auffassung war, er habe bereits lückenlos dargelegt, wie er für den im Berufungsverfahren geltend gemachten Zeitraum seinen Lebensunterhalt bestritten habe, so löste dies auch unter Berücksichtigung der (unwirksamen) Mandatsniederlegung durch den beigeordneten Rechtsanwalt keine weitergehenden Fürsorge- oder Beratungspflichten des Gerichts aus. Dem Hinweis auf § 130a VwGO in dem Berichterstatterschreiben war jedenfalls deutlich zu entnehmen, dass das Gericht die Berufung einstimmig als unbegründet und den Vortrag des Klägers als unzureichend ansah und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hielt. Zutreffend weist der angefochtene Beschluss darauf hin, dass es nicht Aufgabe des Gerichts sei, unzureichende Darlegungen eines – anwaltlich vertretenen – Klägers zu Einzelheiten seiner privaten Lebensführung durch eine in diesem Bereich ohnehin kaum mögliche Amtsaufklärung zu ersetzen, zumal der Kläger sich in seinem von ihm selbst verfassten Schreiben vom 11. Februar 2005 ausdrücklich geweigert habe, zusätzliche Angaben zu machen. Im Übrigen trägt auch die Beschwerde nicht konkretisiert vor, welche weiteren Angaben vom Kläger bei einer persönlichen Anhörung in einer mündlichen Verhandlung zu erwarten gewesen wären.
Aus diesen Gründen ergibt sich zugleich, dass die beantragte Prozesskostenhilfe nicht bewilligt werden kann. Es fehlt an der erforderlichen Erfolgsaussicht (§ 166 VwGO, §§ 114, 121 Abs. 1 ZPO).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Gerichtskostenfreiheit auf § 188 Satz 2 Halbs. 1 VwGO.
Unterschriften
Dr. Säcker, Schmidt, Dr. Franke
Fundstellen