Verfahrensgang
OVG des Landes Sachsen-Anhalt (Urteil vom 09.10.2002; Aktenzeichen 3 L 518/98) |
Tenor
Der Antrag des Klägers, ihm Prozesskostenhilfe zu bewilligen und einen Rechtsanwalt beizuordnen, wird abgelehnt.
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts des Landes Sachsen-Anhalt vom 9. Oktober 2002 wird verworfen.
Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Gründe
Dem Kläger kann die beantragte Prozesskostenhilfe nicht bewilligt werden; denn die von ihm beabsichtigte Rechtsverfolgung bietet aus den nachstehenden Gründen keine Aussicht auf Erfolg (§ 166 VwGO i.V.m. den §§ 114 und 121 Abs. 1 ZPO).
Die Beschwerde ist unzulässig. Die geltend gemachten Zulassungsgründe der Divergenz (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) und der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) sind nicht in einer Weise dargelegt, die den Anforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO genügt.
Die Beschwerde beanstandet zunächst, dass das Berufungsurteil von dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 6. August 1996 – BVerwG 9 C 172.95 (nicht 127.95) – (BVerwGE 101, 328 ff.) abweiche. Nach dieser Entscheidung sei nicht nur bezüglich der Asylgewährung, sondern auch hinsichtlich der Schutzgewährung nach § 51 Abs. 1 AuslG die Frage der politischen Verfolgung in erster Linie im Verhältnis zum Heimatstaat des Asylbewerbers zu prüfen, also zu dem Staat, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt. Dagegen habe das Berufungsgericht sinngemäß den davon divergierenden Rechtssatz aufgestellt, politische Verfolgung müsse mit Blick auf den Verfolgerstaat geprüft werden; dies müsse nicht stets der Staat sein, dessen Staatsangehörigkeit der Asylbewerber besitze. Damit ist eine Divergenz im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO nicht hinreichend dargetan. Der angeführten Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts lässt sich ein Rechtssatz des Inhalts, wie die Beschwerde ihn wiedergibt, nicht entnehmen, denn die Entscheidung äußert sich nicht dazu, hinsichtlich welcher Staaten die Gewährung von Abschiebungsschutz nach § 51 Abs. 1 AuslG zu prüfen ist. Vielmehr trifft sie eine den Asyl- und Flüchtlingsschutz einschränkende Aussage dahin, dass ein politisch Verfolgter nur solange schutzlos ist, als er nicht anderweitig wirksamen Schutz genieße. Verfolge ihn sein – mit dem Staat seiner Staatsangehörigkeit nicht identischer – Aufenthaltsstaat, beseitige die Schutzgewährung durch den Heimatstaat seine Schutzlosigkeit (a.a.O., S. 335). Einen Rechtssatz des Inhalts, dass zusätzlich zu der Verfolgungsgefahr im Herkunftsstaat (hier: Syrien) immer auch eine etwaige Verfolgungsgefahr in einem anderen Staat (hier: Türkei) zu prüfen sei, dessen Staatsangehörigkeit der Ausländer besitzen will, enthält die von der Beschwerde zitierte Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts nicht.
Die Beschwerde legt im Übrigen auch nicht dar, dass die aufgeworfene Frage für das Berufungsgericht entscheidungserheblich gewesen ist. Denn das Berufungsgericht hat bereits eine dem Kläger in dessen Herkunftsstaat Syrien drohende Verfolgungsgefahr verneint (UA S. 7 ff.), so dass es unter Zugrundelegung der genannten Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts für das Berufungsgericht nicht darauf ankam, ob der Kläger Schutz in dem Staat mit der von ihm inzwischen geltend gemachten (türkischen) Staatsangehörigkeit erlangen könnte. Hinsichtlich einer etwaigen Abschiebung des Klägers in die Türkei hat das Berufungsgericht ausgeführt, eine derartige Abschiebung sei bisher nicht angedroht und könne im Übrigen erst dann durchgeführt werden, wenn in einem weiteren Verfahren die Abschiebungshindernisse – auch gemäß § 51 Abs. 1 AuslG – für die Türkei geprüft worden seien (UA S. 6).
Die Beschwerde hält ferner die Frage für rechtsgrundsätzlich bedeutsam, “ob Prüfungsgegenstand hinsichtlich § 51 AuslG grundsätzlich das Land der Staatsangehörigkeit ist oder Prüfungsgegenstand hinsichtlich dieser Bestimmung ausschließlich der in der Abschiebungsandrohung benannte Zielstaat ist, auch wenn es sich nicht um den Staat der Staatsangehörigkeit handelt”. Damit ist der Revisionszulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache gleichfalls nicht ordnungsgemäß bezeichnet. Abgesehen davon, dass die Beschwerde damit keine hinreichend konkrete Rechtsfrage benennt, macht sie nicht ersichtlich, dass sich der angesprochene Fragenkomplex in einem Revisionsverfahren stellen würde. Der Kläger, der bis zu seiner Ausreise ausschließlich in Syrien gelebt und nach seiner Darstellung dort politische Verfolgung erfahren hat, hat sich im vorliegenden Verfahren auf politische Verfolgung durch Syrien bezogen und sich gegen die Androhung seiner Abschiebung nach Syrien gewendet. Die Beschwerde legt nicht dar, aus welchen – entscheidungserheblichen – tatsächlichen oder rechtlichen Gründen das Berufungsgericht oder das Revisionsgericht Anlass (gehabt) haben soll, sich mit einer politischen Verfolgung des Klägers seitens der Türkei zu befassen. Da sich bereits unmittelbar aus dem Gesetz (vgl. §§ 50 Abs. 2, 51 Abs. 4 AuslG) ergibt, dass Zielstaat einer Abschiebung nicht nur der Staat sein kann, dessen Staatsangehörigkeit der Ausländer besitzt, sondern auch ein anderer Staat, in dem ihm nicht die in § 51 Abs. 1 AuslG und § 53 Abs. 1 und 4 AuslG bezeichneten Gefahren drohen (vgl. auch Beschluss vom 29. Juni 1998 – BVerwG 9 B 604.98 – juris), folgt daraus im Übrigen auch, dass der Prüfungsgegenstand bei § 51 AuslG nicht abstrakt und unabhängig vom Verfolgungsschicksal durch das Land der (möglichen) Staatsangehörigkeit bestimmt wird.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Gerichtskosten werden gemäß § 83b Abs. 1 AsylVfG nicht erhoben. Der Gegenstandswert ergibt sich aus § 83b Abs. 2 AsylVfG.
Unterschriften
Eckertz-Höfer, Richter, Prof. Dr. Dörig
Fundstellen