Verfahrensgang
OVG Berlin-Brandenburg (Beschluss vom 09.10.2019; Aktenzeichen OVG 62 PV 16.18) |
VG Potsdam (Entscheidung vom 25.09.2018; Aktenzeichen 20 K 446/18.PVB) |
Tenor
Die Beschwerde des Beteiligten gegen die Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde in dem Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg - Fachsenat für Personalvertretungssachen des Bundes - vom 9. Oktober 2019 wird zurückgewiesen.
Gründe
Rz. 1
Die auf die Zulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung einer Rechtsfrage (1.) und der Divergenz (2.) gestützte Beschwerde nach § 83 Abs. 2 BPersVG i.V.m. § 92 Abs. 1 Satz 2, § 72 Abs. 2 und § 92a Satz 1 ArbGG hat keinen Erfolg.
Rz. 2
1. Die Rechtsbeschwerde ist nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen.
Rz. 3
Grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 83 Abs. 2 BPersVG i.V.m. § 92 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG hat eine Rechtsfrage nur dann, wenn mit ihr eine für die erstrebte Rechtsbeschwerdeentscheidung erhebliche Frage aufgeworfen wird, die im Interesse der Einheit und Fortbildung des Rechts der Klärung bedarf. Die Rechtsfrage muss zudem klärungsfähig sein, was der Fall ist, wenn sie in der Rechtsbeschwerdeinstanz beantwortet werden kann. Nach § 83 Abs. 2 BPersVG i.V.m. § 92a Satz 2 i.V.m. § 72a Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 ArbGG muss die Begründung der auf den Zulassungsgrund des § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG gestützten Nichtzulassungsbeschwerde die Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung einer Rechtsfrage und deren Entscheidungserheblichkeit enthalten. Dieses Darlegungserfordernis setzt die Formulierung einer bestimmten, höchstrichterlich noch ungeklärten und für die Rechtsbeschwerdeentscheidung erheblichen Rechtsfrage sowie die Angabe voraus, worin die allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung besteht. Die Beschwerde muss substantiiert erläutern, dass und inwiefern die Rechtsbeschwerdeentscheidung zur Klärung einer bisher vom Bundesverwaltungsgericht nicht beantworteten, fallübergreifenden und entscheidungserheblichen Rechtsfrage führen kann. Die Begründungspflicht verlangt, dass sich die Beschwerde mit den Erwägungen des angefochtenen Beschlusses, auf die sich die aufgeworfene Frage von angeblich grundsätzlicher Bedeutung bezieht, substantiiert auseinandersetzt. Es bedarf auch der substantiierten Auseinandersetzung mit den Gründen bereits ergangener einschlägiger Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts. Soweit sich die Vorinstanz mit der von der Beschwerde als grundsätzlich angesehenen Frage beschäftigt hat, gehört zu der erforderlichen Durchdringung des Prozessstoffes die Erörterung sämtlicher Gesichtspunkte, die im Einzelfall für die erstrebte Zulassung der Rechtsbeschwerde rechtlich Bedeutung haben können. In der Begründung ist auch substantiiert aufzuzeigen, aus welchen Gründen der Rechtsauffassung, die der aufgeworfenen Frage von angeblich grundsätzlicher Bedeutung zugrunde liegt, zu folgen ist (stRspr, vgl. etwa BVerwG, Beschluss vom 1. September 2020 - 5 PB 19.19 - juris Rn. 3). Die von der Beschwerde aufgeworfenen Fragen und ihr diesbezügliches Vorbringen werden den vorgenannten Anforderungen nicht gerecht.
Rz. 4
a) Die Beschwerde wirft als Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zunächst auf:
"Ist die Anschaffung von Ausrüstungsgegenständen für Polizeieinsätze - insb. von Gegenständen der Schutzausrüstung - eine Maßnahme zur Verhütung von Dienst- und Arbeitsunfällen und sonstigen Gesundheitsschädigungen i.S.d. § 75 Abs. 3 Nr. 11 BPersVG?"
Rz. 5
Diese Frage ist, soweit sie einer grundsätzlichen Klärung zugänglich ist, nicht klärungsbedürftig (aa); im Übrigen ist ihre Klärungsfähigkeit im vorliegenden Verfahren nicht dargelegt (bb).
Rz. 6
aa) Das Mitbestimmungsrecht des Personalrats nach § 75 Abs. 3 Nr. 11 BPersVG bezieht sich auf Maßnahmen zur Verhütung von Dienst- und Arbeitsunfällen und sonstigen Gesundheitsschädigungen. In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist geklärt, dass die vorgesehene Maßnahme hiervon ausgehend darauf abzielen muss, das Risiko von Gesundheitsschädigungen oder Unfällen innerhalb der Dienststelle zu mindern oder einen effektiven Arbeits- und Gesundheitsschutz zu gewährleisten. Der Mitbestimmungstatbestand erfasst Arbeitsschutzmaßnahmen, die nach gesetzlicher Vorschrift oder aus freiem Entschluss des Dienststellenleiters ergriffen werden sollen, um die Beschäftigten allgemein zu schützen oder vor konkreten Gefahren zu bewahren, welche die Tätigkeit auf bestimmten Arbeitsplätzen mit sich bringt. Maßnahmen, die in erster Linie andere Zwecke verfolgen und sich nur mittelbar auf den Arbeits- und Gesundheitsschutz der Beschäftigten auswirken, unterliegen nicht dem Mitbestimmungsrecht des Personalrats (BVerwG, Beschlüsse vom 13. September 2012 - 6 PB 10.12 - Buchholz 250 § 75 BPersVG Nr. 118 Rn. 5 m.w.N. und vom 14. Februar 2013 - 6 PB 1.13 - Buchholz 250 § 75 BPersVG Nr. 120 Rn. 4).
Rz. 7
Von diesen Grundsätzen ist das Oberverwaltungsgericht ausgegangen und hat angenommen, dass die hier in Rede stehenden ballistischen Schutzhelme, deren Beschaffung Gegenstand des Mitbestimmungsbegehrens ist, das Risiko eines Dienstunfalls mindern sollen. Auch die Beschwerde stellt ausdrücklich nicht infrage, dass Gegenständen polizeilicher Einsatzausrüstung auch eine Schutzfunktion für den sie nutzenden Beamten zukommen kann. Die Ausrüstung, so die Beschwerde, bestimme aber auch über die Möglichkeiten, sich einer Gefahr entgegenzustellen und diene der Ermöglichung der Aufgabenerfüllung oder der Erweiterung der damit zusammenhängenden Möglichkeiten. Diese Aspekte hingen zusammen und müssten im Rahmen einer taktischen Gesamtabwägung zum Ausgleich gebracht werden (vgl. Beschwerdebegründung S. 10 ff.).
Rz. 8
Sollte diesen Ausführungen der Beschwerde die Auffassung zugrunde liegen, dem Mitbestimmungsrecht des Personalrats nach § 75 Abs. 3 Nr. 11 BPersVG unterlägen nur solche Maßnahmen, die ihrer objektiven Zielrichtung nach allein auf die Minderung des Risikos von Gesundheitsschädigungen oder Unfällen gerichtet sind, träfe dies nicht zu. Maßgeblich für das Vorliegen des Mitbestimmungstatbestandes ist in Anwendung der oben genannten Grundsätze ohne Weiteres lediglich, dass diese Zweckbestimmung nicht hinter andere Zielsetzungen zurücktritt. Solches ist aber nicht allein schon deshalb der Fall, weil mit der Maßnahme auch andere Zwecke verfolgt werden, insbesondere auch solche, die auf die Sicherung der Aufgabenerfüllung der Dienststelle abzielen (vgl. VGH Mannheim, Beschluss vom 27. September 1994 - PL 15 S 2844/93 - PersR 1995, 214 ≪215≫; siehe auch Kaiser/Annuß, in: Richardi/Dörner/Weber, Personalvertretungsrecht, 5. Aufl. 2020, § 75 BPersVG Rn. 438).
Rz. 9
bb) Ob eine vorgesehene Maßnahme in diesem Sinne ihrer objektiven Zielrichtung nach auf den Arbeits- und Gesundheitsschutz der Beschäftigten abzielt, ist im Übrigen eine Frage des Einzelfalles und insofern einer rechtsgrundsätzlichen fallübergreifenden Klärung in einem Rechtsbeschwerdeverfahren nicht zugänglich. Dies gilt auch für die Beschaffung von Ausrüstungsgegenständen für Polizeieinsätze. Soweit die Beschwerde demgegenüber solche Beschaffungen generell vom Anwendungsbereich des § 75 Abs. 3 Nr. 11 BPersVG ausnehmen will, weil sie derartige Gegenstände schlechthin als allein oder jedenfalls primär der polizeilichen Aufgabenwahrnehmung dienend ansieht, legt sie die Grundlagen für eine Bereichsausnahme in diesem Sinne nicht hinreichend dar.
Rz. 10
Normative Anhaltspunkte dafür, dass das Tragen polizeilicher Schutzausrüstung nicht Zwecken des Arbeits- und Gesundheitsschutzes im Sinne von § 75 Abs. 3 Nr. 11 BPersVG dient, lassen sich entgegen der Auffassung der Beschwerde Vorschriften des Arbeitsschutzrechts nicht entnehmen. Die Beschwerde verweist insofern zunächst auf § 1 Abs. 3 Nr. 3 der Verordnung über Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Benutzung persönlicher Schutzausrüstungen bei der Arbeit (PSA-Benutzungsverordnung - PSA-BV) vom 4. Dezember 1996 (BGBl. I S. 1841). Für die Frage der Schutzfunktion polizeilicher Einsatzausrüstung folgt aus dieser Bestimmung allerdings schon deshalb nichts, weil sie allein den Anwendungsbereich der Verordnung betrifft und dabei Schutzausrüstungen der Polizeien des Bundes und der Länder lediglich von deren Regelungsregime ausnimmt. Abgesehen davon liegt dem auch ersichtlich nicht die Auffassung zugrunde, solche Ausrüstungsgegenstände dienten nicht dem Arbeits- und Gesundheitsschutz, wie dies § 1 Abs. 2 PSA-BV für persönliche Schutzausrüstungen voraussetzt. Denn der Verordnungsgeber verwendet nicht nur in § 1 Abs. 3 Nr. 3 PSA-BV wie in § 1 Abs. 2 PSA-BV den Begriff der "persönlichen Schutzausrüstungen", er regelt den Anwendungsausschluss auch bloß im Wege der Fiktion ("Als persönliche Schutzausrüstungen im Sinne des Absatzes 2 gelten nicht [...]"), stellt also die Bestimmung der in Rede stehenden Ausrüstungsgegenstände für Zwecke des Arbeits- und Gesundheitsschutzes der Sache nach nicht in Abrede. Noch weniger lässt sich für die Frage der Zweckbestimmung polizeilicher Einsatzausrüstung etwas daraus entnehmen, dass nach § 4 Abs. 1 der Verordnung über die modifizierte Anwendung von Vorschriften des Arbeitsschutzgesetzes für bestimmte Tätigkeiten im öffentlichen Dienst des Bundes im Geschäftsbereich des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat vom 8. Februar 2000 (BGBl. I S. 114), die zuletzt durch die Verordnung vom 19. Juni 2020 (BGBl. I S. 1328) geändert worden ist, u.a. bei Einsatztätigkeiten der Bundespolizei von Vorschriften des Arbeitsschutzgesetzes abgewichen werden kann.
Rz. 11
Auch im Übrigen ist nicht schlüssig dargelegt, dass die von der Beschwerde allgemein zum Gegenstand der Grundsatzfrage gemachten "Ausrüstungsgegenstände für Polizeieinsätze" generell ausschließlich oder jedenfalls primär der Ermöglichung polizeilicher Aufgabenwahrnehmung (vgl. insbesondere Beschwerdebegründung S. 18) dienen sollen. Einer solchen Sichtweise mangelt es vor allem deshalb an Schlüssigkeit, weil die Bandbreite solcher Ausrüstungsgegenstände von der Bewaffnung der Einsatzkräfte bis hin etwa zu Gummihandschuhen reichen kann, wie sie zur Vermeidung einer Ansteckung mit übertragbaren Krankheiten bei Erste-Hilfe-Einsätzen Verwendung finden. Die Beschwerde führt vor diesem Hintergrund nicht aus, dass und warum die auch von ihr für erforderlich gehaltene Abwägung zwischen der Schutzfunktion einzelner Ausrüstungsgegenstände und ihrer Bedeutung für die Aufgabenerfüllung der Bundespolizei stets und zwingend zugunsten Letzterer ausfallen müsste.
Rz. 12
b) Die Beschwerde wirft weiter als Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung auf:
"Schließt § 85 Abs. 1 Nr. 6 lit. a) BPersVG die Beteiligung der Bundespolizeipersonalvertretung für die Beschaffung von Einsatzmitteln aus?"
Rz. 13
Diese Frage ist nicht klärungsbedürftig, weil sie hinreichend geklärt ist (aa), und im Übrigen nicht klärungsfähig, weil die Beschwerde insoweit von einem unzutreffenden Verfahrensgegenstand und einem nicht festgestellten Sachverhalt ausgeht (bb).
Rz. 14
aa) Nach § 85 Abs. 1 Nr. 6 Buchst. a BPersVG findet eine Beteiligung der Bundespolizeipersonalvertretungen nicht statt bei Anordnungen für Polizeivollzugsbeamte, durch die Einsatz oder Einsatzübungen geregelt werden. In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist geklärt, dass als "Einsatz" im Sinne dieser Vorschrift allein eine konkrete, eilbedürftige Maßnahme anzusehen ist, die durch nicht vorhersehbare oder planbare Ereignisse bedingt wird. Der Umstand, dass für eine polizeiliche Maßnahme auch taktische Überlegungen maßgebend sind, steht der Durchführung eines Mitbestimmungsverfahrens allein nicht entgegen (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 20. Dezember 1988 - 6 P 16.85 - BVerwGE 81, 122 ≪124 ff.≫ und vom 29. Juni 1992 - 6 PB 5.92 - Buchholz 251.8 § 88 RhPPersVG Nr. 1 S. 2; siehe auch Fischer/Goeres/Gronimus, in: Fürst, GKÖD Bd. V, Stand November 2020, § 85 BPersVG Rn. 25; Behmenburg, in: BeckOK BPersVG, 5. Edition, Stand 1. November 2020, § 85 Rn. 16). Die Bestimmung dient insofern als Sicherung für die zeitgerechte Herstellung der Bedingungen einer ordnungsgemäßen polizeilichen Aufgabenerfüllung, indem sie verhindert, dass durch eine Einschaltung von Personalvertretungen Einsätze verzögert werden (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 20. Dezember 1988 - 6 P 16.85 - BVerwGE 81, 122 ≪126≫ und vom 4. Februar 1999 - 6 B 131.98 - Buchholz 251.8 § 94 RhPPersVG Nr. 1 S. 3). Mit dieser Fokussierung auf eilbedürftige Fälle findet der Einsatzbegriff des § 85 Abs. 1 Nr. 6 Buchst. a BPersVG ohne Weiteres nicht nur auf die Beteiligung der Bundespolizeipersonalvertretungen nach § 75 Abs. 3 Nr. 1 BPersVG, sondern auch auf eine solche nach anderen Mitbestimmungstatbeständen Anwendung. Einen weitergehenden Klärungsbedarf zeigt die Beschwerde nicht in nachvollziehbarer Weise auf.
Rz. 15
bb) Die Beschwerde stellt im Übrigen darauf ab, dass der Tatbestand des § 85 Abs. 1 Nr. 6 Buchst. a BPersVG schon deshalb erfüllt sei, weil die Helme, deren Beschaffung in Rede steht, in konkreten (und eilbedürftigen) Polizeieinsätzen getragen werden sollten (Beschwerdebegründung S. 28 f.). Gegenstand des durch den Antragsteller im Beschlussverfahren verfolgten Feststellungsbegehrens ist allerdings allein seine Mitwirkung an der Entscheidung des Beteiligten zur Beschaffung von ballistischen Schutzhelmen und nicht - wie von der Beschwerde zugrunde gelegt - auch einer etwaigen taktischen Einsatzentscheidung über ihre Verwendung in konkreten Einsatzlagen. Das Oberverwaltungsgericht hat des Weiteren in tatsächlicher Hinsicht festgestellt, dass das Beschaffungsverfahren im vorliegenden Fall langwierig und daher durch eine Mitbestimmung eine Verzögerung der Beschaffung nicht zu besorgen war. Das schließt eine Eilbedürftigkeit des Beschaffungsverfahrens im vorstehenden Sinne aus. Dem ist die Beschwerde nicht mit Verfahrensrügen entgegengetreten.
Rz. 16
c) Die Beschwerde wirft schließlich als Grundsatzfrage auf:
"Muss der vom Bundesverfassungsgericht aus dem Demokratieprinzip entwickelte[n] Verantwortungsgrenze bei einsatzbezogenen Maßnahmen der Bundespolizei statt durch Einschränkung der Mitbestimmung mit Hilfe einer Analogie zu § 69 Abs. 4 Satz 3 und 4 BPersVG durch Ausschluss der Mitbestimmung nach § 85 Abs. 1 Nr. 6 lit. a) BPersVG zur Geltung verholfen werden?"
Rz. 17
Sie zeigt allerdings die Klärungsbedürftigkeit dieser Frage nicht auf.
Rz. 18
Die Beschwerde ist der Ansicht, § 85 Abs. 1 Nr. 6 Buchst. a BPersVG schließe jedenfalls in Verbindung mit der verfassungsrechtlichen Verantwortungsgrenze die Mitbestimmungspflicht nach § 75 Abs. 3 Nr. 11 BPersVG aus. Die Beschaffung von ballistischen Einsatzhelmen betreffe mit Rücksicht auf die zu beachtenden taktischen Aspekte schwerpunktmäßig die Aufgabenwahrnehmung durch die Bundespolizei selbst dann, wenn man solchen Helmen eine auf den Arbeits- und Gesundheitsschutz bezogene Zielrichtung beimesse. Dem könne hier aber nicht durch eine analoge Anwendung des § 69 Abs. 4 Satz 3 BPersVG auf den Fall einer uneingeschränkten Mitbestimmung Rechnung getragen werden. Denn hierfür fehle es an der erforderlichen Regelungslücke. Eine solche dürfe nicht erst dadurch geschaffen werden, dass der Wortlaut des § 85 Abs. 1 Nr. 6 Buchst. a BPersVG im Wege der teleologischen Reduktion auf Eilfälle verengt werde, um dann denjenigen des § 69 Abs. 4 Satz 3 BPersVG im Wege der Analogie zu erweitern (Beschwerdebegründung S. 44 ff.). Außerdem sei die Funktionsfähigkeit der Bundespolizei auch dann betroffen, wenn es nicht um den Faktor Zeit gehe, sondern darum, die Effektivität der Einsätze zu wahren (Beschwerdebegründung S. 47 ff.).
Rz. 19
Diese Argumentation beruht indes auf einer unzutreffenden Prämisse. Sie geht davon aus, dass die Fokussierung des Einsatzbegriffs in § 85 Abs. 1 Nr. 6 Buchst. a BPersVG auf eilbedürftige Fälle auf einer richterlichen Rechtsfortbildung im Wege der teleologischen Reduktion beruht. Das trifft nicht zu. Das Bundesverwaltungsgericht hat in seinem von der Beschwerde in Bezug genommenen Beschluss vom 20. Dezember 1988 nicht - wie die Beschwerde meint - § 85 Abs. 1 Nr. 6 Buchst. a BPersVG trotz eines eindeutigen Wortlauts auf einzelne davon erfasste Sachverhalte unangewendet gelassen. Es hat vielmehr den Inhalt des weder im Gesetz näher bestimmten noch aus sich heraus eindeutigen Begriffs des "Einsatzes" aus dem systematischen Zusammenhang der Vorschrift, dem Sinn und Zweck der Regelung und aus ihrer Entstehungsgeschichte ermittelt (BVerwG, Beschluss vom 20. Dezember 1988 - 6 P 16.85 - BVerwGE 81, 122 ≪124≫). Die Beschränkung des Anwendungsbereichs des § 85 Abs. 1 Nr. 6 Buchst. a BPersVG auf Eilfälle ist also Ergebnis einer Auslegung der Norm und nicht einer Korrektur ihres Wortlauts im Wege richterlicher Rechtsfortbildung.
Rz. 20
Im Übrigen ist inzwischen geklärt, dass Verfassungsrecht es jedenfalls in den von der Beschwerde in Bezug genommenen Fallkonstellationen nicht verlangt, Mitbestimmungstatbestände restriktiv zu interpretieren. Soweit die Regierungsverantwortung berührt ist, ist dem nicht durch Ausschluss, sondern durch Einschränkung der Mitbestimmung nach den Regeln zur Verantwortungsgrenze Rechnung zu tragen (BVerwG, Beschluss vom 30. Juni 2005 - 6 P 9.04 - BVerwGE 124, 34 ≪41≫ m.w.N.). Nichts anderes gilt umgekehrt für die Interpretation normativer Ausschlussregelungen für die Mitbestimmung. Diese müssen nicht allein deshalb extensiv ausgelegt werden, weil eine Maßnahme die Erfüllung der Amtsaufgabe nicht nur unerheblich berührt. Verfassungsrecht gebietet es im Übrigen auch nicht, in Anwendung von § 85 Abs. 1 Nr. 6 Buchst. a BPersVG von einer Mitbestimmungspflichtigkeit ganz abzusehen, weil damit zu rechnen ist, dass eingeleitete Mitbestimmungsverfahren unter Umständen aus Gründen zeitgerechter polizeilicher Aufgabenerfüllung abgebrochen werden müssen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 4. Februar 1999 - 6 B 131.98 - Buchholz 251.8 § 94 RhPPersVG Nr. 1 S. 3).
Rz. 21
2. Die Rechtsbeschwerde ist nicht wegen Divergenz zuzulassen. Auch insoweit trägt die Beschwerde den Darlegungsanforderungen nicht ausreichend Rechnung.
Rz. 22
Nach § 83 Abs. 2 BPersVG i.V.m. § 92 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 72 Abs. 2 Nr. 2 ArbGG ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn der angefochtene Beschluss von einer Entscheidung der in § 72 Abs. 2 Nr. 2 ArbGG genannten Gerichte abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht. In der Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde ist die Entscheidung, von der der angefochtene Beschluss abweicht, zu bezeichnen (§ 92a Satz 2 i.V.m. § 72a Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ArbGG). Eine die Rechtsbeschwerde eröffnende Divergenz ist nur dann hinreichend bezeichnet, wenn die Beschwerde einen abstrakten, inhaltlich bestimmten, die angefochtene Entscheidung tragenden Rechtssatz benennt, mit dem die Vorinstanz einem in der Rechtsprechung eines der in § 72 Abs. 2 Nr. 2 ArbGG aufgeführten Gerichte aufgestellten ebensolchen, die Entscheidung tragenden Rechtssatz in Anwendung derselben Rechtsvorschrift widersprochen hat (stRspr, vgl. z.B. BVerwG, Beschluss vom 28. März 1994 - 6 PB 22.93 - AP Nr. 8 zu § 92a ArbGG 1979 m.w.N.). Eine solche Divergenz kann auch dann anzunehmen sein, wenn beide Entscheidungen auf der Grundlage von verschiedenen, aber inhaltsgleichen Rechtsnormen ergangen sind (vgl. BVerwG, Beschluss vom 28. Januar 2004 - 6 PB 10.03 - Buchholz 251.2 § 91 BlnPersVG Nr. 2 S. 1 f.). Das Aufzeigen einer fehlerhaften oder unterbliebenen Anwendung der Rechtssätze, die das betreffende Gericht in seiner Rechtsprechung aufgestellt hat, genügt den Zulässigkeitsanforderungen nicht. Gemessen daran ist die Beschwerde nicht ausreichend begründet.
Rz. 23
Die Beschwerde entnimmt der angefochtenen Entscheidung folgenden Rechtssatz:
"Der Beschluss über die Anschaffung und den Erwerb von Ausrüstungsgegenständen stellt eine Maßnahme i.S.d. § 69 Abs. 1, 2 i.V.m. § 75 Abs. 3 [...] Nr. 11 BPersVG dar, auch wenn es sich lediglich um eine der Vorbereitung einer Maßnahme dienende Handlung der Dienststelle handelt, welche auch nicht die bereits beabsichtigte Maßnahme vorwegnimmt bzw. unmittelbar festlegt."
Rz. 24
Dem stellt sie als Rechtssatz des Bundesverwaltungsgerichts, von dem das Oberverwaltungsgericht abgewichen sei, folgende Rechtsausführungen aus der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, Beschluss vom 17. Mai 2017 - 5 P 2.16 - Buchholz 250 § 75 BPersVG Nr. 127 Rn. 10) gegenüber:
"Unter einer Maßnahme im personalvertretungsrechtlichen Sinne ist jede auf eine Veränderung des bestehenden Zustandes abzielende Handlung oder Entscheidung der Dienststellenleitung zu verstehen, die den Rechtsstand der Beschäftigten berührt und durch deren Durchführung das Beschäftigungsverhältnis oder die Arbeitsbedingungen eine Änderung erfahren. Von dem Leiter der Dienststelle beabsichtigt im Sinne von § 69 Abs. 2 Satz 1 BPersVG wird eine Maßnahme, wenn dessen Willensbildungsprozess mit Blick auf den Gegenstand des Mitbestimmungsrechts abgeschlossen ist (BVerwG, Beschlüsse vom 1. April 2015 - 5 P 8.14 - Buchholz 250 § 69 BPersVG Nr. 33 Rn. 15 und vom 31. Januar 2017 - 5 P 10.15 - juris Rn. 21 m.w.N.). Lediglich der Vorbereitung einer Maßnahme dienende Handlungen der Dienststelle sind, wenn sie nicht bereits die beabsichtigte Maßnahme vorwegnehmen oder unmittelbar festlegen, keine Maßnahmen (stRspr, vgl. etwa BVerwG, Beschlüsse vom 14. Oktober 2002 - 6 P 7.01 - Buchholz 250 § 75 BPersVG Nr. 104 S. 33 und vom 5. November 2010 - 6 P 18.09 - Buchholz 251.95 § 51 MBGSH Nr. 7 Rn. 11 m.w.N.). Ebenso wenig erfüllt ein bloßes Unterlassen des Dienststellenleiters die Kriterien einer Maßnahme, weil und soweit dadurch die dienst- oder arbeitsrechtliche Stellung von Beschäftigten nicht berührt wird, es vielmehr bei dem bestehenden Zustand verbleibt (vgl. etwa BVerwG, Beschluss vom 9. September 2010 - 6 PB 12.10 - Buchholz 251.7 § 66 NWPersVG Nr. 1 Rn. 5 m.w.N.)."
Rz. 25
Dieses Begriffsverständnis werde auch dem § 75 Abs. 3 Nr. 11 BPersVG zugrunde gelegt (insoweit verweist die Beschwerde auf BVerwG, Beschluss vom 14. Oktober 2002 - 6 P 7.01 - Buchholz 250 § 75 BPersVG Nr. 104 S. 33).
Rz. 26
Damit ist eine Rechtssatzdivergenz im oben dargelegten Sinne nicht in der gebotenen Weise dargetan. Den ihm zugeschriebenen abstrakten Rechtssatz hat das Oberverwaltungsgericht, wie die Beschwerde selbst zutreffend ausführt, nicht formuliert. Es hat ihn auch nicht in erkennbarer Weise sinngemäß seiner Entscheidung zugrunde gelegt. Vielmehr hat es, wie die Beschwerde ebenfalls zutreffend bemerkt, mit den von ihr beanstandeten Formulierungen lediglich erkennen lassen, dass es die Anforderungen an den Maßnahmebegriff sowohl mit Blick auf die Zulässigkeit wie auch die Begründetheit des Antrags als erfüllt ansieht. Bei den von der Beschwerde in Bezug genommenen Passagen des angefochtenen Beschlusses handelt es sich demnach nicht um die Aufstellung eines abstrakten Rechtssatzes, sondern um die Subsumtion des Oberverwaltungsgerichts, ohne dass es allerdings die hierfür maßgeblichen Maßstäbe offenlegt. Hieraus ergibt sich jedoch nicht zwingend, dass - wie die Beschwerde meint - das Oberverwaltungsgericht für die Bestimmung des Maßnahmebegriffs inzident einen der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts völlig entgegengesetzten abstrakten rechtlichen Standpunkt angewandt hat. Soweit im Übrigen das Oberverwaltungsgericht in seiner Subsumtion das Vorliegen einer Maßnahme unter Abweichung von den Maßstäben der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bejaht haben sollte, könnte dies die Zulassung der Rechtsbeschwerde wegen einer Rechtssatzdivergenz nicht rechtfertigen. Das Aufzeigen einer fehlerhaften oder unterbliebenen Anwendung der maßgeblichen Rechtssätze genügt den Zulässigkeitsanforderungen nicht (stRspr, vgl. z.B. BVerwG, Beschluss vom 30. Juni 2015 - 5 PB 16.14 - juris Rn. 23 m.w.N.).
Rz. 27
3. Von einer weiteren Begründung wird nach § 83 Abs. 2 BPersVG i.V.m. § 92a Satz 2 i.V.m. § 72a Abs. 5 Satz 5 Alt. 1 ArbGG abgesehen.
Fundstellen
Dokument-Index HI14369023 |