Entscheidungsstichwort (Thema)
Maßnahmen der Dienststelle, Begriff im Sinne des § 69 Abs. 1 BPersVG. Mitbestimmung des Personalrats, bei Gestattung der Benutzung eines privaten Kleincomputers
Leitsatz (amtlich)
Gestattet der Leiter einer Dienststelle einem Beschäftigten auf dessen Wunsch hin die Benutzung seines privaten Kleincomputers zur Erledigung dienstlicher Aufgaben, so liegt jedenfalls dann keine mitbestimmungspflichtige Maßnahme vor, wenn dadurch lediglich individuellen Wünschen des einzelnen Beschäftigten Rechnung getragen werden soll.
Normenkette
BPersVG § 69 Abs. 1, § 75 Abs. 3 Nrn. 16-17, § 76 Abs. 2 Nrn. 5, 7
Verfahrensgang
Tenor
Die Rechtsbeschwerde des Antragsstellers gegen den Beschluß des Oberverwaltungsgerichts Berlin – Fachsenat für Bundespersonalvertretungssachen – vom 11. Februar 1988 wird zurückgewiesen.
Der Gegenstandswert wird für das Rechtsbeschwerdeverfahren auf 6.000 DM festgesetzt.
Tatbestand
I.
Der wissenschaftliche Angestellte Z. benutzt mit Erlaubnis der Verwaltung der Staatsbibliothek Preußischer Kulturbesitz in der dortigen Handschriftenabteilung für die Hilfsarbeiten, z.B. das Anlegen, Sortieren und Führen verschiedener Karteien und Kataloge, einen ihm gehörenden privaten Kleincomputer. Der Antragsteller, der Personalrat der Staatsbibliothek Preußischer Kulturbesitz, beanstandete mit Schreiben vom 22. November 1985 an den Beteiligten, den Generaldirektor der Staatsbibliothek Preußischer Kulturbesitz, daß er über den Einsatz dieses Computers nicht unterrichtet und auch nicht um Zustimmung gebeten worden sei. Er forderte den Beteiligten auf, zu veranlassen, daß sofort die Arbeit an dem Gerät eingestellt werde. Der Beteiligte wies die Beanstandung mit dem Hinweis zurück, Beteiligungsrechte des Antragstellers seien nicht berührt. Es bestehe kein Anlaß, dieser Privatinitiative entgegenzutreten und dem Mitarbeiter die Benutzung des Geräts zu verbieten.
Der Antragsteller hat daraufhin das personalvertretungsrechtliche Beschlußverfahren eingeleitet und beantragt,
festzustellen, daß der Beteiligte durch die Duldung des Einsatzes eines privaten Kleincomputers durch eine Dienstkraft für Katalogarbeiten das Mitbestimmungsrecht des Antragstellers verletzt hat.
Das Verwaltungsgericht hat mit Beschluß vom 6. März 1987 den Antrag abgelehnt. Die dagegen gerichtete Beschwerde des Antragstellers hat das Oberverwaltungsgericht zurückgewiesen, im wesentlichen aus folgenden Gründen:
Der Beteiligte habe dem Angestellten den Einsatz des privaten Computers gestattet; das sei aber keine mitbestimmungspflichtige Maßnahme. Damit sei eine rechtliche Verpflichtung des Angestellten, sich seines privaten Computers zur Erledigung der dienstlichen Aufgaben zu bedienen, nicht begründet worden. Er habe den eigenen Kleincomputer freiwillig mitgebracht; er setze ihn freiwillig für dienstliche Zwecke ein. Die Freiwilligkeit sei auch nicht erzwungen worden und niemand hindere den Beschäftigten daran, das Gerät wieder nach Hause zu schaffen. Unstreitig bestehe ein dienstliches Bedürfnis, für diese Arbeiten einen Kleincomputer einzusetzen, nicht. Darin liege auch kein Widerspruch zur Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts bezüglich der als mitbestimmungspflichtig angesehenen freiwilligen Ableistung von Mehrarbeit. Im Gegensatz zu den dort entschiedenen Fällen habe hier kein Regelungsbedürfnis bestanden und es seien auch keine entsprechenden einzelvertraglichen Vereinbarungen getroffen worden.
Gegen diesen Beschluß richtet sich die vom Beschwerdegericht zugelassene Rechtsbeschwerde des Antragstellers. Er trägt vor, die Gestattung des Einsatzes des Privatcomputers sei eine mitbestimmungspflichtige Maßnahme. Damit werde der Rechtsstand des Beschäftigten betroffen. Es komme nicht darauf an, von wem die Initiative ausgehe. Anderenfalls käme das Mitbestimmungsrecht der Personalvertretung immer dann nicht zum Tragen, wenn ein Beschäftigter „freiwillig” Gesundheitsschäden wegen mangelhafter ergonomischer Gestaltung des Arbeitsplatzes hinnehme. Zu Unrecht habe das Beschwerdegericht das Regelungsbedürfnis verneint. Es sei unerheblich, ob diesem durch einseitige Anordnung oder einvernehmlich Rechnung getragen werde. Anderenfalls könne der Personalrat seine kollektive Schutzfunktion, die er auch zu Lasten individueller Wünsche einzelner Arbeitnehmer ausüben könne, nicht voll erfüllen.
Der Antragsteller beantragt sinngemäß,
den Beschluß des Oberverwaltungsgerichts Berlin – Fachsenat für Bundespersonalvertretungssachen – vom 11. Februar 1988 und den Beschluß des Verwaltungsgerichts Berlin – Fachkammer für Personalvertretungssachen Bund – vom 6. März 1987 zu ändern und festzustellen, daß der Beteiligte durch die Duldung des Einsatzes von privaten Kleincomputern durch Dienstkräfte sein Mitbestimmungsrecht verletzt hat.
Der Beteiligte beantragt sinngemäß,
die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.
Er tritt der Rechtsbeschwerde entgegen und verteidigt den angefochtenen Beschluß.
Entscheidungsgründe
II.
Die zulässige Rechtsbeschwerde ist unbegründet.
Das Beschwerdegericht hat die Beschwerde des Antragstellers gegen den erstinstanzlichen Beschluß zu Recht zurückgewiesen. Dadurch, daß der Beteiligte keinen Anlaß gesehen hat, dem Beschäftigten die Benutzung seines eigenen Computers für dienstliche Zwecke zu verbieten, hat er ein Mitbestimmungsrecht des Antragstellers nicht verletzt. Zutreffend hat das Beschwerdegericht angenommen, daß der Beteiligte den Einsatz des privaten Kleincomputers „gestattet” und nicht nur durch Nichteinschreiten geduldet hat. Nach den Feststellungen des Gerichts hat die Verwaltung der Staatsbibliothek dem Beschäftigten erlaubt, den Kleincomputer in seinem Dienstzimmer zu benutzen. Der Beteiligte hat auf das Schreiben des Antragstellers vom 22. November 1905 hin den Einsatz des Geräts gebilligt und dessen Benutzung erlaubt, indem er erklärte, ein Anlaß, der Privatinitiative entgegenzutreten und die Benutzung zu verbieten, bestehe nicht.
Diese Gestattung der Benutzung des Geräts ist keine Maßnahme, die gemäß §§ 69 Abs. 1, 75 Abs. 3 Nrn. 16 (Gestaltung der Arbeitsplätze), 17 (Einführung und Anwendung technischer Einrichtungen, die dazu bestimmt sind, das Verhalten oder die Leistung der Beschäftigten zu überwachen) oder § 76 Abs. 2 Nr. 5 (Hebung der Arbeitsleistung und Erleichterung des Arbeitsablaufs) bzw. Nr. 7 (Einführung grundlegend neuer Arbeitsmethoden) BPersVG der Mitbestimmung des Personalrats unterliegt. Die Mitbestimmung der Personalvertretung bei Maßnahmen der Dienststelle rechtfertigt sich in diesen Fällen aus der Überlegung, daß diese als Kollektivorgan der Beschäftigten dazu berufen ist, die objektiven und subjektiven Auswirkungen derartiger Maßnahmen der Dienststelle auf den einzelnen Beschäftigten zu prüfen und erforderlichenfalls auf die Dienststelle einzuwirken, um die Betroffenen vor Überbeanspruchung oder gar Gefährdungen ihrer körperlichen und seelischen Gesundheit zu schützen (Beschluß vom 30. August 1985 – BVerwG 6 P 20.83 – ≪BVerwGE 72, 94, 97 = ZBR 1986, 144 = NJW 1986, 1360 = DVBl. 1986, 352≫). An diesem Schutzinteresse mangelt es, d.h. es fehlt eine mitbestimmungspflichtige Maßnahme, wenn die Tätigkeit der Dienststelle den Rechtsstand der Bediensteten oder des einzelnen Bediensteten nicht berührt (vgl. Beschlüsse vom 30. November 1982 – BVerwG 6 P 10.80 – ≪Buchholz 238.33 § 52 BrPersVG Nr. 2 = PersV 1983, 412≫, vom 10. Januar 1983 – BVerwG 6 P 11.80 – ≪Buchholz 238.33 § 58 BrPersVG Nr. 2 = PersV 1983, 507≫, vom 1. August 1983 – BVerwG 6 P 8.81 – ≪Buchholz 238.33 § 58 BrPersVG Nr. 3 r PersV 1985, 68 = DVBl. 1984, 46≫ und vom 12. August 1983 – BVerwG 6 P 9.81 – ≪PersV 1985, 248≫). Geht die Initiative zur Vornahme der Handlung, hier der Benutzung des Kleincomputers für dienstliche Zwecke, allein vom Beschäftigten aus und gibt der Dienststellenleiter lediglich die Erlaubnis für diese Nutzung, so werden eigene Rechte oder geschützte Rechtspositionen des Beschäftigten nur dann berührt, wenn diese verändert werden, etwa dadurch, daß Rechtsansprüche begründet werden. Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt. Durch die Erlaubnis, den Computer zu nutzen, ist die dienst- und arbeitsrechtliche Stellung des Angestellten Z. unberührt geblieben. Er hat das Gerät aus freien Stücken zur Erledigung seiner Dienstgeschäfte in sein Büro mitgebracht und es dort aus eigenem Antrieb ohne fremde Anweisung und Anleitung und entsprechend seinen eigenen Vorstellungen für dienstliche Zwecke genutzt. Der Beteiligte hat die Erlaubnis an keine Auflagen geknüpft und keine Weisungen erteilt, so daß der Angestellte von sich aus Zeitdauer sowie Art und Weise der Nutzung allein bestimmen kann. Damit hat er auch nicht den Arbeitsplatz des Z. im Sinne des § 75 Abs. 3 Nr. 16 BPersVG „gestaltet”.
Durch die Erlaubnis zur Nutzung des Kleincomputers sind auch nicht schützenswerte Rechte der anderen Beschäftigten der Dienststelle berührt worden. Das wäre der Fall, wenn der Beschäftigte mit seinem Computer etwa personenbezogene Daten anderer Beschäftigter elektronisch erfassen und es dadurch ermöglichen würde, diese für eine dienstliche Verhaltens- oder Leistungskontrolle zu verwenden. Die Erlaubnis zum Einsatz des EDV-Geräts wäre dann in Wirklichkeit nicht auf den Arbeitsplatz des Angestellten beschränkt. Sie hätte innerbehördliche Auswirkungen für die Beschäftigten, deren Persönlichkeitsrechte durch die EDV-mäßige Erfassung berührt würden. In diesen Fällen räumt § 75 Abs. 3 Nr. 17 BPersVG der Personalvertretung ein Mitbestimmungsrecht ein (Einführung und Anwendung technischer Einrichtungen, die dazu bestimmt sind, das Verhalten oder die Leistung der Beschäftigten zu überwachen). Diese Bedingungen sind nicht erfüllt. Der Angestellte benutzt jedoch den Kleincomputer ausschließlich für das Anlegen, Sortieren und Führen verschiedener Karteien und Kataloge. Ein Bezug zu Daten der Beschäftigten der Behörde besteht nicht, da sich die Dateien auf behördenfremde Daten beschränken, nämlich auf die des Gerhart-Hauptmann-Nachlasses. Über die datenschutzrechtliche Zulässigkeit der Benutzung privater EDV-Geräte für dienstliche Zwecke war hier nicht zu entscheiden.
Mit der Erlaubnis zum Einsatz des Computers ist auch nicht eine notwendige behördliche oder betriebliche Regelung umgangen worden, weil es sich ersichtlich um einen Einzelfall handelt, bei dem ausschließlich einem Wunsch des Angestellten Z. entsprochen wurde.
Auch sonst ergeben sich aus der Begründung der Rechtsbeschwerde keine Anhaltspunkte für die Annahme, Mitbestimmungsrechte des Antragstellers seien verletzt worden. Seine Rechtsbeschwerde ist deshalb zurückzuweisen.
Die Festsetzung des Gegenstandwerts beruht auf § 10 Abs. 1 BRAGO i.V.m. § 8 Abs. 2 BRAGO.
Unterschriften
Dr. Eckstein, Nettesheim, Ernst, Albers, Dr. Vogelgesang
Fundstellen
Haufe-Index 1214392 |
DVBl. 1990, 313 |