Entscheidungsstichwort (Thema)
Beschwerdebefugnis eines Beteiligten. Verselbständigung, Personalvertretungsrechtliche – eines Dienststellenteils. Nichtigkeit von Personalratswahlen. Benachteiligung, Zustimmungsverweigerung wegen – eines Personalratsmitgliedes
Leitsatz (amtlich)
1. Das Fehlen einer personalratspflichtigen Dienststelle führt nur dann zur Nichtigkeit der Wahl eines Personalrats, wenn dieser Mangel im Zeitpunkt der Wahl offensichtlich war.
2. Zur Verweigerung der Zustimmung durch den Personalrat bei der Einstellung eines außenstehenden Bewerbers wegen Benachteiligung eines Personalratsmitgliedes.
Normenkette
LPVG BW §§ 7, 9 Abs. 2, § 69 Abs. 2 S. 5, § 82 Nrn. 1-2; BPersVG § 107
Verfahrensgang
Tenor
Die Rechtsbeschwerde des Beteiligten zu 2) gegen den Beschluß des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg – Fachsenat für Personalvertretungssachen – vom 14. Mai 1985 wird verworfen.
Die Rechtsbeschwerde des Beteiligten zu 1) gegen den genannten Beschluß wird zurückgewiesen.
Tatbestand
I.
Mit Schreiben vom 20. Mai 1983 bat der Verwaltungsleiter des Katharinenhospitals – der Beteiligte zu 2) – das Personalamt der Stadt Stuttgart, den Arzt Dr. S. ab 1. August 1983 für die Dauer von vier Jahren bis zum Facharztausbildungsabschluß als Assistenzarzt bei der Anästhesieabteilung einzustellen und ihn auf der Planstelle Nr. 8058 zu führen. Eine Durchschrift dieses Schreibens leitete er dem Antragsteller zu, der sich hierzu am 31. Mai 1983 wie folgt äußerte:
„O.g. Einstellungsantrag wurde auf unserer Sitzung vom heutigen Tag behandelt.
Nach gemeinsamer Beratung beschloß die Gruppe der Angestellten einstimmig, diesen Antrag abzulehnen. Wir beziehen uns dabei auf § 82, Abs. 2 LPVG.
Begründung:
Wie bekannt, hat gleichzeitig die Assistenzärztin Monika M. die unbefristete Verlängerung ihres Arbeitsvertrages beantragt. Frau M. ist dem Bewerber S. fachlich überlegen. Die fachliche Qualifikation wurde auch von Seiten des Rechtsvertreters der Stadt Stuttgart bei dem am 30.5.83 stattgefundenen Gütetermin nicht beanstandet. Unbeschadet der Abklärung, ob die bisherigen befristeten Zeitverträge mit Frau M. rechtlich zulässig waren oder nicht, ist Frau M. in diesem Fall dem Bewerber S. nach der Sonderregelung 2 y BAT vorzuziehen, da sie die sachlichen und persönlichen Voraussetzungen erfüllt.
Zudem hat sich nach neuerlicher Personalakteneinsicht unsere Vermutung, daß Frau M. aufgrund ihrer Personalratstätigkeit benachteiligt wird, bestätigt (s.u. Schreiben vom 23.2.83).”
Das Personalamt der Stadt teilte daraufhin dem Antragsteller mit, die Zustimmungsverweigerung könne unberücksichtigt gelassen werden, da keine Versagungsgründe nach § 82 Nr. 2 LPVG vorgetragen worden seien. Dem Einstellungsantrag der Katharinenhospitalverwaltung sei daher entsprochen worden.
Der Antragsteller hat sodann das personalvertretungsrechtliche Beschlußverfahren eingeleitet und beantragt,
festzustellen, daß durch die Einstellung des Dr. S. als Assistenzarzt bei der Anästhesieabteilung Beteiligungsrechte des Antragstellers verletzt worden sind.
Das Verwaltungsgericht hat dem Antrag stattgegeben. Die Beschwerden der beiden Beteiligten gegen diesen Beschluß hat der Verwaltungsgerichtshof zurückgewiesen, im wesentlichen aus folgenden Gründen:
An dem Beschlußverfahren seien sowohl der Verwaltungsleiter des Katharinenhospitals als auch der Oberbürgermeister der Stadt Stuttgart beteiligt. Für den Verwaltungsleiter folge dies daraus, daß das Krankenhaus als Betrieb im Sinne von § 9 Abs. 1 LPVG in personalvertretungsrechtlicher Hinsicht eine selbständige Dienststelle sei, weshalb derjenige als Dienststellenleiter beteiligt sei, dem die Funktion des Leiters des Krankenhauses zukomme. Dies sei innerhalb der gemäß § 16 des Krankenhausgesetzes gebildeten gemeinsamen Krankenhausleitung der Leiter der Verwaltung des Krankenhauses.
Der Oberbürgermeister der Stadt Stuttgart sei deswegen beteiligt, weil die den Streit auslösende Einstellung des Arztes Dr. S. nicht von dem Verwaltungsleiter oder sonst innerhalb des Krankenhauses in personalvertretungsrechtlicher Verantwortung getroffen worden sei, sondern vom Personalamt der Stadt. Dieses habe den Arbeitsvertrag abgeschlossen und Dr. S. der Anästhesieabteilung des Krankenhauses zur Dienstleistung zugewiesen. Es gehe demnach um die Mitbestimmung des Antragstellers an einer Maßnahme, die außerhalb der Dienststelle in ihrer personalvertretungsrechtlichen Abgrenzung getroffen worden sei. Damit sei, wie der Senat in seinem Beschluß vom 27. November 1984 (15 S 1792/83) entschieden habe, die Mitbestimmung, Mitwirkung oder sonstige Beteiligung des Personalrats, der bei einem kommunalen Betrieb im Sinne des § 9 Abs. 1 LPVG gebildet sei, gegeben. Bei der Geltendmachung eines solchen Mitbestimmungsrechts sei die für das Handeln der Hauptdienststelle oder einer übergeordneten Dienststelle verantwortliche Person von der begehrten gerichtlichen Feststellung personalvertretungsrechtlich unmittelbar betroffen.
Auch in der Sache habe das Verwaltungsgericht die begehrte Feststellung zu Recht getroffen. Die Einstellung des Arztes Dr. S. sei ohne die erforderliche Zustimmung des Antragstellers erfolgt. Die Einstellung habe auch nicht als gebilligt gegolten, denn die vom Antragsteller geltend gemachten Gründe hätten im Rahmen des Mitbestimmungstatbestandes „Einstellung” und der gemäß § 82 LPVG zulässigen Verweigerungsgründe gelegen. Der Antragsteller habe geltend machen können, daß durch die vorgesehene Einstellung des Bewerbers Dr. S. die Beschäftigte Dr. M. entgegen der gesetzlichen Vorschrift benachteiligt werde. Denn das Benachteiligungsverbot des § 107 BPersVG gelte auch für den Fall, daß ein Außenstehender eingestellt und im zeitlichen Zusammenhang damit der befristete Arbeitsvertrag eines Personalratsmitglieds entgegen dessen Begehren nicht verlängert werde. Zur Begründung seiner diesbezüglichen Besorgnis habe sich der Antragsteller erkennbar auf ein Schreiben des Ersten ärztlichen Direktors der Anästhesieabteilung berufen, in welchem die Ärztin Dr. M. wegen ihrer durch die Personalratstätigkeit begründeten Abhaltungen als kaum tragbare Belastung bezeichnet worden sei. Diese Besorgnis habe weder von vornherein noch nach dem sich anschließenden Schriftwechsel als abwegig beurteilt werden können.
Mit ihren Rechtsbeschwerden gegen diese Entscheidung machen die Beteiligten geltend: Das Beschwerdegericht habe den Oberbürgermeister der Stadt Stuttgart zu Unrecht als Beteiligten angesehen. Durch die Personalmaßnahme sei allein der Beteiligte zu 2) in seiner personalvertretungsrechtlichen Stellung berührt, da der Antragsteller mit seinen Beteiligungsrechten auf den Zuständigkeitsbereich der Dienststelle beschränkt sei und diese Rechte daher nur von deren Leiter verletzt werden könnten. Auf die Frage, wer den Arbeitsvertrag mit Dr. S. abgeschlossen habe, komme es nicht an.
In materieller Hinsicht habe der Verwaltungsgerichtshof den Rechtsbegriff der Einstellung im Sinne von § 76 Abs. 1 Nr. 1 LPVG verkannt, indem er die von der Assistenzärztin Dr. M. begehrte unbefristete Verlängerung ihres Arbeitsvertrages als Einstellung gewertet habe. Der Mitbestimmungstatbestand beziehe sich aber nur auf die Eingliederung. Das Begehren von Frau Dr. M. habe daher keinen rechtlichen Bezug zum Tatbestand der Einstellung. Auch verstoße es gegen die Denkgesetze, einen Verweigerungsgrund aus dem Benachteilungsverbot des § 107 BPersVG herzuleiten, da dieses Verbot allenfalls einer Maßnahme entgegenstehen könne, die sich auf das Arbeitsverhältnis mit Frau Dr. M. beziehe, also etwa die Weigerung, ihr Arbeitsverhältnis zu verlängern oder in ein unbefristetes umzuwandeln. Überdies bestehe kein tatsächlicher Zusammenhang zwischen der Einstellung des Dr. S. und der abgelehnten Umwandlung des Arbeitsverhältnisses der Frau Dr. M. Es fehle jede Kausalität, da Dr. S. als Assistenzarzt zwecks Ausbildung zum Facharzt eingestellt worden sei, während Frau Dr. M. ihre Facharztausbildung bereits abgeschlossen habe. Die Entscheidung, den Arbeitsvertrag mit Frau Dr. M. nicht zu verlängern, sei bereits lange vor der Einstellung des Dr. S. getroffen worden. Diese Personalmaßnahme habe daher die berufliche Entwicklung von Frau Dr. M. nicht beeinträchtigen können.
Die Beteiligten beantragen,
den Beschluß des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg
– Fachsenat für Personalvertretungssachen – vom 14. Mai 1985 und den Beschluß des Verwaltungsgerichts Stuttgart
– Fachkammer für Personalvertretungssachen (Land) – vom 9. November 1983 aufzuheben und den Antrag des Antragstellers zurückzuweisen.
Der Antragsteller beantragt,
die Rechtsbeschwerden zurückzuweisen.
Er verteidigt den angefochtenen Beschluß des Verwaltungsgerichtshofs und tritt den Ausführungen der Rechtsbeschwerde entgegen.
Der Oberbundesanwalt beteiligt sich am Verfahren. Er führt aus, daß sowohl der Leiter der Verwaltung des Krankenhauses als auch der Oberbürgermeister der Stadt Stuttgart Beteiligte des Beschlußverfahrens seien. Die Zustimmungsverweigerung des Antragstellers habe das Einigungsverfahren nach § 69 Abs. 3 und 4 LPVG ausgelöst. Denn die geltend gemachten Gründe ließen das Vorliegen eines Verweigerungsgrundes als möglich erscheinen. Ob diese Gründe in sich schlüssig oder begründet seien, sei in diesem Stadium des Mitbestimmungsverfahrens nicht erheblich. Der Antragsteller sei berechtigt, sich auf eine Benachteiligung eines seiner Mitglieder durch die Einstellung eines anderen Bewerbers zu berufen.
Entscheidungsgründe
II.
1. Die Rechtsbeschwerde des Beteiligten zu 2) ist mangels Beschwerdebefugnis dieses Beteiligten als unzulässig zu verwerfen.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. Beschlüsse vom 15. Dezember 1978 – BVerwG 6 P 13.78 – und vom 20. Juni 1986 – BVerwG 6 P 4.83 –) ist ein Beteiligter nur dann befugt, gegen die Entscheidung des Beschwerdegerichts ein Rechtsmittel einzulegen, wenn er zu Recht am Beschlußverfahren beteiligt worden ist. Die Beteiligung am Verfahren setzt aber voraus, daß die begehrte Entscheidung unmittelbar in die sich aus dem materiellen Recht ergebende Rechtsstellung einer Person oder einer Stelle eingreift oder diese berührt (Beschluß vom 27. Juli 1979 – BVerwG 6 P 38.78 –). Im vorliegenden Fall begehrt der Antragsteller die Feststellung, daß durch die Einstellung des Dr. S. als Assistenzarzt bei der Anästhesieabteilung des Katharinenhospitals seine Beteiligungsrechte verletzt worden seien. Durch diese Feststellung kann der Beteiligte zu 2) als Leiter der Verwaltung des Katharinenhospitals schon deshalb nicht in seiner personalvertretungsrechtlichen Rechtsstellung betroffen sein, weil nach der Zuständigkeitsordnung der Landeshauptstadt Stuttgart für die Einstellung von Assistenzärzten nicht der Verwaltungsleiter des Krankenhauses, sondern der Beteiligte zu 1) – der Oberbürgermeister der Stadt – zuständig ist. Demgemäß ist denn auch die den Rechtsstreit auslösende Einstellung des Arztes Dr. S. vom Personalamt der Stadt im Auftrag des Beteiligten zu 1) vorgenommen worden. Das Personalamt hat sowohl den Arbeitsvertrag abgeschlossen als auch Dr. S. der Anästhesieabteilung des Krankenhauses zur Dienstleistung zugewiesen. Der Umstand, daß es sich – wie die Verfahrensbeteiligten nunmehr bei der Anhörung im Rechtsbeschwerdeverfahren übereinstimmend erklärt haben – bei dem Katharinenhospital um einen gemäß § 9 Abs. 2 LPVG BW personalvertretungsrechtlich verselbständigten Dienststellenteil handelt, steht dem nicht entgegen, da sich die Erforderlichkeit der Beteiligung des Leiters eines verselbständigten Dienststellenteils jeweils nach dem Umfang seiner Entscheidungszuständigkeit richtet. War der Leiter des verselbständigten Dienststellenteils für die strittige Maßnahme nicht zuständig, so ergibt sich seine Beteiligung am Beschlußverfahren nicht schon daraus, daß die Maßnahme ausschließlich diesen Dienststellenteil betrifft. Der Beteiligte zu 2) war schließlich auch nicht deswegen am Verfahren zu beteiligen, weil er – den Feststellungen des Verwaltungsgerichts zufolge – aufgrund einer Organisationsverfügung der Stadt Stuttgart für die Einleitung des Mitbestimmungsverfahrens zuständig war. Denn durch diese Vorschrift wurde lediglich geregelt, durch wen sich der Beteiligte zu 1) gegenüber dem antragstellenden Personalrat vertreten ließ; die Zuständigkeit für die strittige Personalmaßnahme wurde dadurch nicht berührt.
2. Demgegenüber bestehen gegen die Zulässigkeit der Rechtsbeschwerde des Beteiligten zu 1) keine Bedenken. Das Beschwerdegericht ist zu Recht davon ausgegangen, daß der Beteiligte zu 1) durch die begehrte gerichtliche Entscheidung – die Feststellung der Verletzung personalvertretungsrechtlicher Beteiligungsrechte des Antragstellers durch die Einstellung des Dr. S. – in seinen Rechten berührt ist, da diese Personalmaßnahme durch das ihm unterstehende Personalamt der Stadt Stuttgart getroffen worden ist. Entgegen der Auffassung des Beteiligten zu 1) kommt es in diesem Zusammenhang nicht darauf an, daß die Beteiligungsrechte des antragstellenden Personalrats auf den Bereich des Katharinenhospitals beschränkt sind, sondern allein darauf, gegen wessen Maßnahme sich das Feststellungsbegehren des Personalrats richtet. Die Verselbständigung eines Dienststellenteils gemäß § 9 Abs. 2 LPVG BW führt nicht dazu, daß eine Maßnahme des Leiters der Gesamtdienststelle, die sich nur auf diesen Dienststellenteil auswirkt, im personalvertretungsrechtlichen Beschlußverfahren nicht ihm, sondern dem Leiter des verselbständigten Dienststellenteils zuzurechnen wäre. Macht der bei dem verselbständigten Dienststellenteil gebildete Personalrat eine Verletzung seines Mitbestimmungsrechts durch eine Maßnahme des Leiters der Gesamtdienststelle geltend, so ist dieser von der begehrten gerichtlichen Feststellung personalvertretungsrechtlich unmittelbar betroffen.
3. Die Rechtsbeschwerde des Beteiligten zu 1) ist jedoch unbegründet. Der Verwaltungsgerichtshof hat seine Beschwerde gegen den erstinstanzlichen Beschluß zu Recht zurückgewiesen. Die Feststellung, der Antragsteller sei durch die Einstellung des
Dr. S. als Assistenzarzt in seinem Mitbestimmungsrecht verletzt worden, hält der rechtlichen Nachprüfung stand.
Das Beschwerdegericht ist ohne weiteres davon ausgegangen, daß der Antragsteller als Personalrat des Katharinenhospitals zur Einleitung des personalvertretungsrechtlichen Beschlußverfahrens berechtigt war. Die Antragsbefugnis des Antragstellers könnte aber unter dem Gesichtspunkt zweifelhaft sein, daß es sich bei dem Katharinenhospital möglicherweise nicht um eine „Dienststelle” im Sinne des § 9 LPVG BW handelt, so daß dort kein eigener Personalrat gebildet werden durfte (vgl. Beschluß vom 13. August 1986 – BVerwG 6 P 7.85 – = PersR 1987, 20≫). Die Frage, ob das Krankenhaus – wie das Beschwerdegericht meint – als ein „Betrieb” im Sinne des § 9 Abs. 1 LPVG BW eine eigenständige Dienststelle ist oder ob es gemäß § 9 Abs. 2 LPVG BW wirksam personalvertretungsrechtlich verselbständigt wurde, braucht jedoch in diesem Fall nicht entschieden zu werden. Auch bedarf es nicht der Erörterung, ob die in dem o.a. Beschluß vom 13. August 1986 an den Entscheidungs- und Handlungsspielraum des Leiters einer Dienststelle gestellten Anforderungen auch für den Leiter eines selbständigen Dienststellenteils gelten oder ob insoweit andere Maßstäbe anzulegen sind, die sich an der Aufgabenstellung des Dienststellenteils oder seiner Größe orientieren. Denn der Antragsteller war selbst dann für dieses Verfahren antragsbefugt, wenn seine Wahl mangels Dienststelleneigenschaft des Katharinenhospitals gegen § 14 Abs. 1 LPVG BW verstoßen haben sollte. Dies ergibt sich aus folgenden Gründen:
Das Bundesverwaltungsgericht hat bereits in den noch unter Geltung des Personalvertretungsgesetzes vom 5. August 1955 (BGBl. I S. 477) – PersVG – ergangenen Beschlüssen vom 6. Dezember 1957 – BVerwG 7 P 10.57 – (Buchholz 238.3 § 7 PersVG Nr. 1) und vom 3. Oktober 1958 – BVerwG 7 P 9.57 – (BVerwGE 7, 251 = Buchholz 238.3 § 7 PersVG Nr. 3) ausgeführt, daß der bei einer Nebendienststelle bzw. bei einer „weiter nachgeordneten” Stelle gewählte Personalrat mangels Wahlanfechtung grundsätzlich auch dann als rechtmäßig gewählt gilt, wenn die Selbständigkeitsvoraussetzungen des § 7 Abs. 2 und 3 PersVG nicht vorgelegen haben. Eine Personalratswahl könne nur in denjenigen Fällen als rechtlich nicht vorhanden behandelt werden, in denen gegen die Grundsätze einer ordnungsgemäßen Wahl in so hohem Maße verstoßen worden sei, daß auch nicht mehr der Anschein einer Wahl gegeben sei. Das Fehlen einer personalratspflichtigen Dienststelle führe demnach nur dann zur Nichtigkeit der Wahl eines Personalrats, wenn dieser Mangel im Zeitpunkt der Wahl „offensichtlich” gewesen sei.
An dieser Rechtsprechung des ursprünglich für Personalvertretungssachen zuständigen 7. Senats des Bundesverwaltungsgerichts hält der erkennende Senat auch für Personalratswahlen fest, die nach den Vorschriften des Bundespersonalvertretungsgesetzes oder der Landespersonalvertretungsgesetze durchgeführt worden sind. Das Gebot der Rechtssicherheit erfordert es, daß nach Ablauf der Wahlanfechtungsfrist die Gültigkeit der Personalratswahl und damit die Rechtmäßigkeit des gewählten Personalrats grundsätzlich nicht mehr in Frage gestellt werden kann. Dadurch ist in Personalvertretungsangelegenheiten keine unzumutbare Verfestigung eines etwa rechtswidrigen Zustandes zu befürchten, weil einerseits der Dienststellenleiter aufgrund seiner Bindung an Recht und Gesetz verpflichtet ist, bei erkennbaren Mängeln des Wahlverfahrens die Wahl anzufechten, und andererseits die Amtszeit des gewählten Personalrats begrenzt ist. Im übrigen kann jedenfalls die Nichtigkeit einer Personalratswahl zeitlich unbegrenzt geltend gemacht werden. Ein Personalrat, dessen Wahl nicht wegen offensichtlicher Rechtsmängel nichtig ist, kann demnach in Beteiligungsangelegenheiten wirksam handeln. Hat er an beteiligungspflichtigen Maßnahmen des Dienststellenleiters mitgewirkt, kann die Rechtmäßigkeit dieser Maßnahme nicht mit der Begründung angefochten werden, in Wirklichkeit habe es an der erforderlichen Mitwirkung des Personalrats gefehlt.
Bei Anwendung dieser Grundsätze kann die Wahl des Personalrats beim Katharinenhospital nicht als nichtig angesehen werden. Selbst wenn dem Verwaltungsleiter des Katharinenhospitals nach den Zuständigkeitsvorschriften innerhalb der Stadtverwaltung der Stadt Stuttgart im personellen und sachlichen Bereich keine hinreichende Regelungskompetenz zustehen sollte, würde dies die Personalratswahl nicht offenkundig fehlerhaft machen. Die Verfahrensbeteiligten sind denn auch bislang als selbstverständlich davon ausgegangen, daß bei dem Katharinenhospital als einer Dienststelle im Sinne des § 9 LPVG BW ein eigener Personalrat gebildet werden durfte. Auch ansonsten ist – soweit ersichtlich – die Rechtmäßigkeit dieser Wahl bisher nicht in Zweifel gezogen worden. Unter diesen Umständen bestehen keine Bedenken dagegen, daß der Antragsteller selbst gerichtlich die Verletzung seiner Beteiligungsrechte im Mitbestimmungsverfahren geltend macht.
In der Sache ist dem Beschwerdegericht darin beizupflichten, daß der Beteiligte zu 1) nicht berechtigt war, sich bei der Einstellung des Dr. S. über die ablehnende Stellungnahme des Antragstellers hinwegzusetzen. Eine Verletzung des Mitbestimmungsrechts des Personalrats liegt zwar nicht schon deshalb vor, weil das Mitbestimmungsverfahren nicht durch das Personalamt des Beteiligten zu 1) eingeleitet worden ist. Der Beteiligte zu 1) konnte sich insoweit mangels einer dem § 7 BPersVG entsprechenden Regelung im Landespersonalvertretungsgesetz gegenüber dem Personalrat durch den Verwaltungsleiter des Katharinenhospitals vertreten lassen. Die Verweigerung der Zustimmung durch den Antragsteller entsprach jedoch entgegen der Auffassung des Beteiligten zu 1) den Anforderungen des § 69 Abs. 2 Satz 5 LPVG BW, wonach die Verweigerung nur dann beachtlich ist, wenn sie innerhalb der vorgeschriebenen Frist „unter Angabe der Gründe” erfolgt (vgl. hierzu Beschluß vom 18. April 1986 – BVerwG 6 P 31.84 – = PersR 1986, 134 = ZBR 1986, 308≫ mit Nachweisen). Der Beteiligte zu 1) durfte also bei der Einstellung des Dr. S. nicht davon ausgehen, daß die Zustimmung des Antragstellers zu dieser Personalmaßnahme als erteilt galt.
Die in dem Schreiben des Antragstellers vom 31. Mai 1983 für die Verweigerung der Zustimmung gegebene Begründung, die übergangene Ärztin Dr. M. sei dem eingestellten Bewerber Dr. S. fachlich überlegen, konnte allerdings nicht zur Einleitung eines Einigungsverfahrens führen. Denn der Personalrat kann im Zusammenhang mit der Einstellung eines Bewerbers nicht geltend machen, dieser sei weniger geeignet als ein anderer Bewerber. Die Beurteilung der Beschäftigten und Bewerber nach Eignung. Befähigung und fachlicher Leistung obliegt allein dem Dienststellenleiter (Beschluß vom 20. Juni 1986 – BVerwG 6 P 4.83 –). Den Verweigerungsgrund des § 82 Nr. 2 LPVG BW kann der Personalrat also nicht mit der Begründung geltend machen, daß durch die Einstellung ein anderer Bewerber benachteiligt werde, ohne daß dies aus dienstlichen oder persönlichen Gründen gerechtfertigt sei. In der Auswahl eines bestimmten Bewerbers kann schon denknotwendig keine rechtlich beachtliche Benachteiligung liegen, weil die Auswahlentscheidung zwangsläufig zur Nichtberücksichtigung anderer Bewerber führt. Der Personalrat kann, wie der Senat in dem o.a. Beschluß vom 20. Juni 1986 ausgeführt hat, die Zustimmungsverweigerung nur dann auf den Gesichtspunkt mangelnder Eignung des für die Einstellung vorgesehenen Bewerbers stützen, wenn der Dienststellenleiter bei der Eignungsbeurteilung den anzuwendenden Begriff oder den gesetzlichen Rahmen, in dem er sich frei bewegen kann, verkannt hat oder von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen ist oder allgemeingültige Maßstäbe nicht beachtet oder sachfremde Erwägungen angestellt hat. Solche Gründe lassen sich aber der Zustimmungsverweigerung des Antragstellers auch nicht andeutungsweise entnehmen.
Die Einleitung eines Einigungsverfahrens war jedoch deshalb geboten, weil sich der Antragsteller zur Begründung der Zustimmungsverweigerung zusätzlich darauf berufen hat, daß durch die beabsichtigte Personalmaßnahme Frau Dr. M. wegen ihrer Personalratstätigkeit rechtswidrig benachteiligt werde. Er hat nämlich auf das in den Personalakten der Frau Dr. M. befindliche Schreiben des Ärztlichen Direktors der Anästhesieabteilung vom 6. Oktober 1981 verwiesen, in dem diese unter ausführlicher Darstellung der durch die Personalratstätigkeit begründeten Abhaltungen als eine für die Anästhesieabteilung kaum tragbare Belastung bezeichnet worden war. Damit hat der Antragsteller Tatsachen genannt, die aus seiner Sicht die Besorgnis begründeten, mit der Einstellung des Dr. S. als Assistenzarzt in der Anästhesieabteilung solle die Möglichkeit geschaffen werden, die wegen ihrer Personalratstätigkeit als lästig empfundene Ärztin Dr. M. zu ersetzen und ihren befristeten Arbeitsvertrag nicht zu verlängern. Dies liegt entgegen der Auffassung des Beteiligten zu 1) im Rahmen des Verweigerungsgrundes des § 82 Nr. 1 LPVG BW, da durch die – unmittelbar für die Länder geltende – Vorschrift des § 107 BPersVG Personalratsmitglieder gerade auch vor Benachteiligungen in ihrer beruflichen Entwicklung geschützt werden sollen. Eine solche Benachteiligung kann sich nicht nur aus einer Maßnahme des Dienststellenleiters ergeben, die sich unmittelbar auf das Arbeitsverhältnis des Personalratsmitglieds bezieht; sie kann nach dem Sinn und Zweck des Benachteiligungsverbots auch dann vorliegen, wenn – wie hier – in zeitlichem und sachlichem Zusammenhang mit der Einstellung eines außenstehenden Bewerbers der befristete Arbeitsvertrag eines Personalratsmitgliedes nicht verlängert wird. Bei dieser Sachlage hätte somit in einem Einigungsverfahren entschieden werden müssen, ob der vom Antragsteller geltend gemachte Zustimmungsverweigerungsgrund tatsächlich gegeben war.
Der Rechtsbeschwerde des Beteiligten zu 1) muß der Erfolg deswegen versagt bleiben.
Unterschriften
Vorsitzende Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Eckstein ist ortsabwesend und daher verhindert zu unterschreiben. Dr. Schinkel, Dr. Schinkel, Nettesheim, Ernst, Dr. Seibert
Fundstellen