Verfahrensgang
OVG Berlin-Brandenburg (Urteil vom 30.11.2006; Aktenzeichen 4 B 17.05) |
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg vom 30. November 2006 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Gründe
Die Beschwerde kann keinen Erfolg haben. Weder die Verfahrensrüge der unzureichenden Sachverhaltsaufklärung gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 3 i.V.m. § 86 Abs. 1 VwGO noch die Grundsatzrüge gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO sind begründet.
Das Berufungsgericht hat den Anspruch des Klägers gegen den Beklagten auf Gewährung einer Versorgung nach den Vorschriften des Beamtenversorgungsgesetzes ab der Beendigung des einstweiligen Ruhestandes abgelehnt und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Die Berufung des Beklagten sei nicht verspätet begründet worden und daher zulässig. Zwar bestätige der Eingangsstempel, der auf dem Berufungsbegründungsschriftsatz angebracht sei, einen Zugangszeitpunkt, der für eine Verfristung um einen Tag spreche. Doch habe der Prozessbevollmächtigte des Beklagten anwaltlich versichert, den Schriftsatz vor dem Ablauf der Begründungsfrist in den Gerichtsbriefkasten gelegt zu haben. Aufgrund dieser anwaltlichen Versicherung gehe das Berufungsgericht trotz des anderslautenden Eingangsstempels von der Richtigkeit dieses Vortrages aus. Die Klage sei allerdings unbegründet, weil der begehrte Versorgungsanspruch sich nicht aus dem Gesetz herleite, insbesondere nicht aus der Regelung des § 146 Satz 2 LBG Bbg i.d.F. vom 8. Oktober 1999 (GVBl I S. 446). Mit dieser Vorschrift habe der Gesetzgeber Bürgermeistern und Beigeordneten, die vor ihrer Berufung in das Beamtenverhältnis auf Zeit zwar Bürgermeister oder Beigeordnete gewesen seien, jedoch nicht im Beamten-, sondern im Angestelltenverhältnis gestanden hätten, eine Versorgung nach dem Beamtenversorgungsgesetz ermöglichen wollen. Das Gleiche gelte für Amtsdirektoren, die zunächst im Angestelltenverhältnis gestanden hätten, danach aber unmittelbar Beamte auf Zeit geworden seien. Denn § 146 Satz 2 LBG Bbg i.d.F. vom 8. Oktober 1999 (a.a.O.) müsse eng ausgelegt werden. Er sei nicht auf Fälle nicht kontinuierlicher Amtstätigkeit in dem Sinne anwendbar, dass das ursprüngliche kommunale Amt und das darauffolgende nicht identisch seien, sondern verschiedenartig, wie im Fall des Klägers, der zunächst Bürgermeister und anschließend Amtsdirektor gewesen sei.
Die Rüge, das Berufungsgericht hätte die anwaltliche Versicherung mit der in dem Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 17. April 1996 – XII ZB 42/96 – (NJW 1996, 2038) erwähnten eidesstattlichen Versicherung in seiner Bedeutung für die Beweiskraft im Gerichtsverfahren nicht gleichsetzen dürfen, sondern vielmehr von Amts wegen aufklären müssen, ob die Behauptung des Prozessvertreters des Beklagten, den Berufungsbegründungsschriftsatz noch am Abend des 22. Oktober 2003 in den Gerichtsbriefkasten gelegt zu haben, der Wahrheit entspreche, stellt keine Verfahrensrüge dar. Mit dem Argument der fehlenden Vergleichbarkeit der anwaltlichen Versicherung und der eidesstattlichen Versicherung im Zusammenhang mit der Beweisführung vor Gericht macht der Kläger vielmehr eine Sachrüge geltend. Verfahrensfehler i.S.d. § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO sind Verstöße gegen Verfahrensnormen, d.h. Rechtsfehler, die den Weg zur Entscheidung oder die Art und Weise ihres Erlasses betreffen. Mit der Verfahrensrüge soll gesichert werden, dass die Berufungsgerichte ihre Entscheidungen auf der Grundlage eines ordnungsgemäß durchgeführten Verfahrens treffen (Beschluss vom 2. November 1995 – BVerwG 9 B 710.94 – Buchholz 310 § 108 VwGO Nr. 266). Die Gleichstellung der anwaltlichen Versicherung mit der eidesstattlichen Versicherung hinsichtlich ihrer Beweiskraft stellt eine materiellrechtliche Frage dar, die nicht durch eine Verfahrensrüge, sondern nur durch eine Grundsatz- oder Divergenzrüge zur revisionsgerichtlichen Prüfung gebracht werden kann. Bei der Prüfung, ob das Berufungsgericht den Zugangszeitpunkt des Berufungsbegründungsschriftsatzes weiter hätte aufklären müssen, muss der beschließende Senat daher davon ausgehen, dass das Berufungsgericht allein aufgrund der anwaltlichen Versicherung von der Richtigkeit des mit ihr behaupteten Zugangs des Berufungsbegründungsschriftsatzes ausgegangen ist. Bei dieser Prämisse hatte das Oberverwaltungsgericht jedoch keine Veranlassung zu einer weiteren Sachverhaltsaufklärung. Aus seiner rechtlichen Sicht, auf die bei der Verfahrensrüge abzustellen ist, wäre eine weitere Sachaufklärung überflüssig gewesen.
Die Rüge, es sei rechtsgrundsätzlich klärungsbedürftig, ob als Amtszeiten jeweils nur die Zeiten im selben Amt zu berücksichtigen seien oder ob mit § 146 Satz 2 LBG Bbg i.d.F. vom 8. Oktober 1999 auch unmittelbar aufeinander folgende Zeiten in unterschiedlichen kommunalen Ämtern erfasst seien, ist schon deshalb unbegründet, weil sie die Anwendung ausgelaufenen bzw. auslaufenden Rechts betrifft. Denn die Klärung von Fragen zu ausgelaufenem Recht, auslaufendem Recht bzw. Übergangsrecht dient nicht der Fortentwicklung des Rechts. Derartigen Fragen kommt deshalb nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts regelmäßig keine grundsätzliche Bedeutung zu. § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO ist wesentlich auf die für die Zukunft richtungsweisende Klärung von Rechtsfragen des geltenden Rechts gerichtet (vgl. u.a. Beschlüsse vom 27. Mai 1975 – BVerwG 7 B 36, 37.75 – Buchholz 310 § 132 VwGO Nr. 132 und vom 17. Juli 1975 – BVerwG 2 B 2.75 – a.a.O. Nr. 136). Nur ausnahmsweise lässt sich hier eine grundsätzliche Bedeutung daraus herleiten, wenn die auslaufende Vorschrift noch für eine erhebliche Zahl offener Altfälle bzw. für einen noch nicht überschaubaren Personenkreis in nicht absehbarer Zukunft bedeutsam ist. Das Vorliegen einer solchen Sachlage hat der Beschwerdeführer substantiiert darzulegen (Beschlüsse vom 8. März 2000 – BVerwG 2 B 64.99 – Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 1 VwGO Nr. 21 und vom 16. Mai 2001 – BVerwG 2 B 19.01 –).
Die Vorschrift des § 146 Satz 2 LBG Bbg i.d.F. vom 8. Oktober 1999 (a.a.O.), deren grundsätzliche Anwendung der Kläger in einem Revisionsverfahren geprüft wissen möchte, wurde durch Art. 1 Nr. 43 des Gesetzes zur Änderung des Landesbeamtengesetzes und anderer dienstrechtlicher Vorschriften vom 22. März 2004 (GVBl I S. 59 ≪64≫) neu gefasst. Sie lautete in der der Berufungsentscheidung zugrunde liegenden Fassung:
“Abweichend von Satz 1 treten Beamte auf Zeit, die als kommunale Wahlbeamte in der ersten Wahlperiode nicht in das Beamtenverhältnis auf Zeit berufen wurden, mit Ablauf der laufenden, unmittelbar angeschlossenen Amtszeit in den Ruhestand, wenn sie die Wartezeit nach § 4 Abs. 1 des Beamtenversorgungsgesetzes erfüllt haben und trotz Bereitschaft zur Weiterführung des Amtes nicht für eine neue Amtszeit ernannt werden.”
Die neugefasste Vorschrift des § 146 LBG Bbg enthält keine vergleichbare Regelung mehr. Lediglich nach der Übergangsregelung in Art. 12 Satz 4 des Gesetzes vom 22. März 2004 (a.a.O.) gilt § 146 LBG Bbg in der bis dahin geltenden Fassung fort, sofern diese günstiger ist. Der Kläger hat jedoch nicht dargetan, dass die revisionsgerichtliche Klärung der aufgeworfenen, ausgelaufenes Recht betreffenden Frage ausnahmsweise der Fortentwicklung des Rechts dienen kann, weil zahlreiche vergleichbare Fälle höchstrichterlich noch nicht entschieden sind. Solche Fallkonstellationen sind auch dem Gericht nicht bekannt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
Unterschriften
Albers, Dr. Kugele, Groepper
Fundstellen