Verfahrensgang
OVG Berlin-Brandenburg (Urteil vom 12.12.2007; Aktenzeichen 9 B 45.06) |
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg vom 12. Dezember 2007 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 1 290,82 € festgesetzt.
Gründe
Die auf die Zulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) und der Divergenz (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) gestützte Beschwerde kann keinen Erfolg haben.
1. Grundsätzliche Bedeutung kommt der Rechtssache nicht zu.
Die Beschwerde wirft die Frage auf,
“ob es mit Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 und Art. 14 GG vereinbar ist, § 8 Abs. 7 Satz 2 des Brandenburgischen KAG in der Fassung seit dem 01.02.2004 auf Tatbestände von Beitragsforderungen nach § 8 Brb KAG anzuwenden, bei denen nach der Gesetzeslage in der Fassung des § 8 Abs. 7 Satz 2 Brandenburgisches KAG in der Fassung bis zum 31.01.2004 eine Beitragsfestsetzung nicht mehr erfolgen konnte”.
Diese Frage betrifft mit § 8 Abs. 7 Satz 2 KAG eine Norm des brandenburgischen Landesrechts, deren Auslegung und Anwendung als solche vom Revisionsgericht nicht nachgeprüft wird (§ 137 Abs. 1 VwGO) und eine Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung deswegen nicht begründen kann.
Der für eine Grundsatzrüge erforderliche Bezug zum Bundesrecht ergibt sich nicht daraus, dass die Beschwerde eine Verletzung bundes(verfassungs)rechtlicher Grundrechte und Gebote geltend macht. Denn die Zulassung der Grundsatzrevision ist nur gerechtfertigt, wenn die Beschwerde eine klärungsbedürftige Frage gerade des Bundesrechts darlegt, nicht jedoch dann, wenn nicht das Bundesrecht, sondern allenfalls das Landesrecht klärungsbedürftig ist (stRspr, vgl. etwa Beschluss vom 7. März 1996 – BVerwG 6 B 11.96 – Buchholz 310 § 137 Abs. 1 VwGO Nr. 7 m.w.N.).
Einen solchen bundesrechtlichen Klärungsbedarf zeigt die Beschwerde nicht auf. Sie beschränkt sich darauf, den “Vertrauensschutz” und das “Rechtsstaatsprinzip” als konkrete bundesrechtliche Maßstäbe für die Auslegung und Anwendung der genannten Vorschrift des KAG zu benennen. Die Vorgaben, die sich aus diesen Grundsätzen für die Zulässigkeit rückwirkender Regelungen ergeben, sind – wie die Nachweise im angefochtenen Urteil (UA S. 18 ff.) zutreffend belegen – in der höchstrichterlichen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bereits geklärt. Sie werden von der Beschwerde auch nicht in Frage gestellt. Die Beschwerde geht vielmehr selbst von bereits geklärten bundesrechtlichen Maßstäben aus, wenn sie fordert, das vom Oberverwaltungsgericht ausgelegte und angewandte Landesrecht an diesen Vorgaben zu “messen”, und insoweit geltend macht, es handele sich um einen Fall der echten Rückwirkung und der Entziehung einer bereits erworbenen Rechtsposition. Damit beschränkt sie sich auf die Rüge der fehlerhaften Anwendung von Bundesrecht, die eine Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung nicht begründen kann.
Unabhängig davon geht die Kritik der Beschwerde an der vorinstanzlichen Entscheidung fehl. Denn es lässt keine unrichtige Anwendung bundes(verfassungs)rechtlicher Maßstäbe erkennen, wenn das Oberverwaltungsgericht eine echte Rückwirkung im Hinblick darauf verneint hat, dass eine Beitragspflicht vor der Neuregelung nicht rechtswirksam entstanden war und der Gesetzgeber lediglich für die Zukunft neue abgabenrechtliche Folgerungen an eine andauernde Vorteilslage geknüpft und mithin keinen abgeschlossenen Tatbestand geregelt hat; dasselbe gilt, soweit das Oberverwaltungsgericht aufgrund seiner – nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen und somit gemäß § 137 Abs. 2 VwGO bindenden – tatsächlichen Feststellungen zum Ergebnis gekommen ist, ein schutzwürdiges Vertrauen des Klägers auf die Beibehaltung der für ihn günstigen Rechtslage bestehe nicht (vgl. zu beidem Beschluss vom 22. Januar 1986 – BVerwG 8 B 123.84 – Buchholz 401.9 Beiträge Nr. 26 S. 22 f.).
2. Auch die Divergenzrüge greift nicht durch.
Die Beschwerde meint, das angefochtene Urteil weiche, indem es davon ausgehe, dass ein Fall echter Rückwirkung nicht vorliege, weil die Gesetzesänderung nicht in einen vor der Verkündung liegenden Zeitpunkt eingreife, von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (Kammerbeschluss vom 29. Oktober 1999 – 1 BvR 1996/97 – juris) ab, wonach auch Vorschriften, die nur auf das Verfahrensrecht einwirken, wegen Verstoßes gegen das Rechtsstaatsprinzip und den Grundsatz des Vertrauensschutzes unzulässig sein können. Es kann offen bleiben, ob dieses Vorbringen den Anforderungen genügt, die § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO an die Darlegung eines solchen Zulassungsgrundes stellt (vgl. hierzu Beschluss vom 19. August 1997 – BVerwG 7 B 261.97 – Buchholz 310 § 133 ≪n.F.≫ VwGO Nr. 26 S. 14). Eine Divergenz besteht jedenfalls nicht. Dass Verfahrensrecht, dem Rückwirkung zukommt, gegen die genannten Verfassungsgrundsätze verstoßen kann, hat das Oberverwaltungsgericht weder ausdrücklich noch der Sache nach in Frage gestellt. Auf der anderen Seite hat das Bundesverfassungsgericht nicht den Rechtssatz aufgestellt, dass jedes an Tatbestände in der Vergangenheit anknüpfende Verfahrensrecht unzulässig sei. Es ist vielmehr davon ausgegangen, dass auch bei dieser Normart die Verfassungsmäßigkeit einer etwaigen Rückwirkung nach den allgemeinen Grundsätzen zu beurteilen ist. Maßgeblich für den Fall der echten Rückwirkung ist danach, dass der Gesetzgeber nachträglich ändernd in abgewickelte, der Vergangenheit angehörende Tatbestände eingreift (Kammerbeschluss vom 29. Oktober 1999 a.a.O. Rn. 18 f. m.w.N.). Von diesem Rechtssatz ist auch das Oberverwaltungsgericht ausgegangen (UA S. 18). Wenn es in Anwendung dieses Rechtssatzes – ebenso wie auch das Bundesverfassungsgericht in dem von der Beschwerde angeführten Kammerbeschluss (a.a.O.) – zum Ergebnis gelangt, dass ein abgeschlossener Sachverhalt nicht vorliegt, so lässt dies eine Abweichung von Rechtssätzen des Bundesverfassungsgerichts nicht erkennen. Die Beschwerde wendet sich insoweit mit ihrer Kritik in der Sache vielmehr gegen eine – angeblich – fehlerhafte Anwendung von Rechtssätzen des Bundesverfassungsgerichts, was die Zulassung der Revision wegen Divergenz jedoch nicht begründen kann (vgl. dazu Beschluss vom 19. August 1997 a.a.O. S. 14).
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 3 GKG.
Unterschriften
Dr. Storost, Prof. Dr. Rubel, Dr. Nolte
Fundstellen