Verfahrensgang
OVG des Landes Sachsen-Anhalt (Urteil vom 25.02.2004; Aktenzeichen A 3 S 415/98) |
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts des Landes Sachsen-Anhalt vom 25. Februar 2004 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 34 819 € festgesetzt.
Gründe
Die auf § 132 Abs. 2 Nr. 2 und Nr. 3 VwGO gestützte Beschwerde ist unbegründet. Das Urteil des Berufungsgerichts beruht nicht auf einem Verfahrensfehler und weicht auch nicht von einem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts ab.
Die Beschwerde macht als Verfahrensmangel im Sinne einer Aufklärungsrüge (§ 86 Abs. 1 VwGO) geltend, das Berufungsgericht habe die bis zum Jahr 2000 bekannten und festgestellten Daten und Fakten lediglich neu gedeutet, es jedoch unterlassen, zu prüfen, welche entscheidungserheblichen Daten und Fakten gegeben sein können, die bisher unerforscht geblieben und nicht untersucht worden seien. Hierzu hätte sich dem Gericht aufdrängen müssen, die für Personalangelegenheiten verantwortlichen Mitarbeiter des beklagten Ministeriums als Zeugen dazu zu befragen, welche Erwägungen zwischen 1995 und der Ernennung des Klägers im Jahr 2000 angestellt worden seien, um in Kenntnis der dem Kläger erteilten Beförderungszusage dessen Ernennung zum Ministerialrat der Besoldungsgruppe B 2 nicht zu betreiben.
Weiterhin sieht der Kläger einen Verfahrensmangel darin, dass das Berufungsgericht in seiner Anfrage wegen Verzichts auf mündliche Verhandlung einen Hinweis darauf unterlassen habe, dass es auch die Nichtermittlung von Tatsachen anlässlich der unterbliebenen Beförderung des Klägers als “Rechtsfrage” ansehe. Damit habe das Gericht seine Hinweispflicht – § 139 ZPO – missachtet und darüber hinaus den Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör verletzt, indem es ihm keine Gelegenheit gegeben habe, sich zum Begriff des Eigentums zu äußern, wozu auch der Anspruch auf Beförderung gehöre.
Diese Rügen sind unbegründet. Der Hinweis des Gerichts, auf den sich der Kläger bezieht, lautet, nach der Zurückverweisung durch das Bundesverwaltungsgericht habe sich das Schwergewicht des Verfahrens auf Rechtsfragen verlagert, zu denen aus Sicht des Gerichts ausreichend vorgetragen worden sei, weshalb um Mitteilung gebeten werde, ob ohne mündliche Verhandlung entschieden werden könne. Diese Anfrage erging nach Austausch mehrerer Schriftsätze, in denen zwischen den Parteien um die Frage des Verschuldens und des anzuwendenden Rechts gestritten wurde. Der Kläger hatte die dezidierte Auffassung vertreten, das Verschulden beruhe auf einer offensichtlich unrichtigen Interpretation der dem Kläger gegebenen Zusicherung und einer offensichtlich unrichtigen Beurteilung der Rechtsfolgen. Unter diesen Umständen konnte die Anfrage des Berufungsgerichts nicht dahingehend verstanden werden, es werde ohne mündliche Verhandlung erneut in die Tatsachenermittlung eintreten und etwa einen Aufklärungs- oder Beweisbeschluss erlassen. Vielmehr war das Gericht dahingehend zu verstehen, dass es von dem festgestellten Sachverhalt auszugehen gedenke und eine weitere Aufklärung nicht für erforderlich halte. Der Kläger ist dem weder durch substantiierten Vortrag noch durch einen Beweisantrag entgegengetreten. Infolgedessen stellt es keine Verletzung der Aufklärungspflicht dar, wenn das Berufungsgericht von einer weiteren Sachaufklärung absah, die von keiner der Parteien beantragt oder angeregt worden war und sich auch den Umständen nach nicht aufdrängte (stRspr; vgl. z.B. Beschluss vom 19. August 1997 – BVerwG 7 B 261.97 – Buchholz 310 § 133 ≪n.F.≫ VwGO Nr. 26 S. 14 f). Auch aus Art. 103 Abs. 1 GG folgt keine allgemeine Frage- und Aufklärungspflicht des Gerichts (vgl. Beschluss vom 11. März 1999 – BVerwG 9 B 981.98 – Buchholz 11 Art. 103 Abs. 1 GG Nr. 54). Die erst im Beschwerdeverfahren gegebenen Hinweise des Klägers auf “Beförderungsakten der Jahre 1995 bis 2000”, die das Berufungsgericht hätte heranziehen und auswerten müssen, um ein vorsätzliches schädigendes Handeln auf Seiten ministerieller Mitarbeiter festzustellen, vermögen einen Aufklärungsmangel des Berufungsgerichts, auf dessen materiell-rechtliche Sicht es bei der Beurteilung eines Verfahrensfehlers ankommt, nicht zu begründen. Schließlich legt die Beschwerde nicht dar, wodurch der Kläger gehindert worden sei, im Berufungsverfahren zu der Frage Stellung zu nehmen, ob in sein Eigentumsrecht eingegriffen worden sei. Die Frage, ob dem Kläger ein Schadensersatzanspruch zustand, war der zentrale Gegenstand des Berufungsverfahrens; es war Sache des Klägers, hierzu sämtliche Aspekte vorzutragen, die ihm in diesem Zusammenhang bedeutsam erscheinen mochten.
Das angefochtene Urteil weicht auch nicht vom Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 28. November 2002 – BVerwG 2 C 25.01 – (BVerwGE 117, 228) ab. Die Beschwerde stellt den Satz aus dem erwähnten – den Kläger betreffenden – Urteil “Der rechtskräftig festgestellte Anspruch des Klägers auf Übertragung des Amtes eines Ministerialrats der Besoldungsgruppe B 2 BBesO wirkt für die Entscheidung über seinen Anspruch auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung dieses Anspruchs vorgreiflich” dem Satz des angefochtenen Urteils gegenüber, der Kläger habe keinen Anspruch auf Schadensersatz wegen unterlassener Beförderung aus der Verletzung von besonderen, in seinem Dienstverhältnis als Beamter wurzelnden quasi vertraglichen Verbindlichkeiten des Beklagten zu 1. Beide Sätze betreffen ersichtlich unterschiedliche Fragen. Der Satz des Bundesverwaltungsgerichts erläutert, weshalb sich die Bindungswirkung des gegenüber dem Ministerpräsidenten – dem Beklagten zu 2 – rechtskräftig gewordenen ersten Berufungsurteils auch auf eine rechtliche Vorfrage für das Schadensersatzbegehren des Klägers erstreckt. Demgegenüber beschäftigt sich die aus dem angegriffenen Urteil zitierte Passage des Berufungsgerichts mit der Frage, ob dieser Schadensersatzanspruch dem Kläger auch unter Berücksichtigung der danach noch zu klärenden weiteren Voraussetzungen zusteht. Für das Schadensersatzbegehren steht im Sinne der Vorgreiflichkeit nur fest, dass das beklagte Land verpflichtet war, dem Kläger ein Amt der Besoldungsgruppe B 2 zu übertragen. Ob diese Verpflichtung in zurechenbarer und die Verpflichtung zum Schadensersatz begründender Weise verletzt worden ist und welcher Verschuldensmaßstab hierbei gegebenenfalls anzuwenden ist, ist nicht Gegenstand der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts gewesen und kommt demgemäß auch in der vom Kläger zitierten Passage nicht zum Ausdruck. Deswegen geht die Beschwerde auch fehl in der Annahme, das Bundesverwaltungsgericht habe eine Verpflichtung zum Schadensersatz rechtskräftig festgestellt. Gerade weil es diese Verpflichtung nicht selbst prüfen konnte, hatte der Senat durch das erwähnte Urteil die Sache an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Das Bundesverwaltungsgericht hatte ausdrücklich ausgeführt, über das Schadensersatzbegehren des Klägers könne der erkennende Senat nicht abschließend entscheiden; ein Anspruch des Klägers auf Schadensersatz wegen unterbliebener Beförderung setze nach revisiblem Recht ein dem Dienstherrn zuzurechnendes Verschulden voraus; dazu enthalte das angefochtene Urteil keinerlei im Revisionsverfahren verwertbare tatsächliche Feststellungen. Ob sich ein verschuldensunabhängiger Schadensersatzanspruch des Klägers aus irrevisiblem Landesrecht herleiten lasse, entziehe sich der Beurteilung des Revisionsgerichts. Damit erledigt sich auch die Rüge des Klägers, das angegriffene Urteil sei hinsichtlich der Frage des Schadensersatzes nicht mit Gründen versehen (§ 138 Nr. 6 VwGO).
Ebenso wenig weicht das angegriffene Urteil vom Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 21. August 2003 – BVerwG 2 C 14.02 – (BVerwGE 118, 370) ab. Die Beschwerde entnimmt diesem Urteil die Sätze:
Im Streit um den Zugang zu einem öffentlichen Amt muss der unter Verstoß gegen Art. 33 Abs. 2 GG abgelehnte Bewerber vor Gericht seinen Bewerbungsverfahrensanspruch durchsetzen können. Die bloße Feststellung der Rechtswidrigkeit des sein Recht aus Art. 33 Abs. 2 GG verletzenden Verwaltungsakts oder die Verweisung auf Schadensersatz in Geld genügen seinem Rechtsschutzanspruch nicht, wenn nicht tatsächliche Umstände oder zwingende Gründe des allgemeinen Wohls der Beseitigung des angegriffenen Verwaltungsakts entgegenstehen (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 19. September 1989, a.a.O.). Wird die Verletzung eines subjektiven Rechts, hier des grundrechtsgleichen Rechts auf gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt (Art. 33 Abs. 2 GG), gerügt, fordert das Gebot effektiven Rechtsschutzes die Möglichkeit einer vollständigen rechtlichen und tatsächlichen Nachprüfung durch ein Gericht und dessen ausreichende Entscheidungsmacht, um drohende Rechtsverletzungen abzuwenden und geschehene Rechtsverletzungen wirksam zu beheben.
Als hierzu im Widerspruch stehend sieht es die Beschwerde an, dass es das Berufungsgericht unterlassen habe, die Gründe zu prüfen, die dazu geführt hätten, dass der Kläger nicht vor dem Dezember 2002 zum Ministerialrat der Besoldungsgruppe B 2 befördert worden sei. Mit diesem bereits im Zusammenhang mit der Aufklärungsrüge erörterten Vortrag ist eine Divergenz im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO nicht dargetan. Sie liegt vielmehr nur dann vor, wenn das Berufungsgericht mit einem eigenen Rechtssatz von einem Rechtssatz des Bundesverwaltungsgerichts abgewichen ist. Die möglicherweise fehlerhafte Anwendung eines Rechtssatzes des Bundesverwaltungsgerichts durch das Berufungsgericht stellt keine Divergenz dar. Eine derartige Divergenz ergibt sich auch nicht aus den weiteren tatsächlichen Ausführungen der Beschwerde zur Entscheidungspraxis des Verwaltungsgerichts Magdeburg.
Mit seinen weiteren Ausführungen, die sich mit der materiellen Richtigkeit der angegriffenen Entscheidung des Berufungsgerichts befassen, wird ein Zulassungsgrund ebenfalls nicht dargelegt.
Die Nebenentscheidungen beruhen auf § 154 Abs. 2 VwGO und § 72 GKG, § 13 Abs. 5 i.V.m. Abs. 4 Satz 2 GKG a. F.
Unterschriften
Albers, Dr. Kugele, Groepper
Fundstellen