Entscheidungsstichwort (Thema)
Wahlanfechtung. Durchführung einer Wiederholungswahl nach erfolgreicher Wahlanfechtung. Durchführung der Wiederholungswahl auf der personellen Grundlage der früheren, für ungültig erklärten Wahl
Leitsatz (amtlich)
1. Das Rechtsschutzinteresse für die Durchführung eines personalvertretungsrechtlichen Beschlußverfahrens nach Erledigung des konkreten Streitfalles ist nur dann zu bejahen, wenn und soweit Antrag und Sachvortrag des Rechtsmittelführers in die Richtung weisen, daß eine Entscheidung nicht nur über einen bestimmten konkreten Vorgang, sondern außerdem über die dahinterstehende (abstrakte) personalvertretungsrechtliche Frage begehrt wird; für eine Übergangszeit, d.h. für Rechtsbeschwerdeverfahren, die bis Ende 1993 beim Bundesverwaltungsgericht anhängig geworden sind, wird in diesen Fällen aber die Sachentscheidung noch zugelassen, wenn sich die zu klärende Rechtsfrage dem Begehren hinreichend bestimmt entnehmen läßt.
2. Wird eine wegen erfolgreicher Wahlanfechtung für ungültig erklärte Personalratswahl wiederholt, so dürfen zwischenzeitlich neu eingestellte, wahlberechtigte Beschäftigte nicht an der Wiederholungswahl teilnehmen; Beschäftigte, die seit der angefochtenen Wahl die Gruppe gewechselt haben, sind bei der Wiederholungswahl für ihre frühere Gruppe wahlberechtigt.
Normenkette
BPersVG §§ 13-14, 27 Abs. 2; BWO § 44 Abs. 2; BPersVWO § 3 Abs. 3 S. 2
Verfahrensgang
OVG für das Land NRW (Beschluss vom 10.02.1992; Aktenzeichen CB 176/89) |
VG Köln (Entscheidung vom 12.10.1989; Aktenzeichen PVB 396/88) |
Tenor
Die Rechtsbeschwerde des Beteiligten zu 1 gegen den Beschluß des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen – Fachsenat für Bundespersonalvertretungssachen – vom 10. Februar 1992 wird zurückgewiesen.
Der Gegenstandswert wird für das Rechtsbeschwerdeverfahren auf 6 000 DM festgesetzt.
Tatbestand
I.
Es war über die Wahlberechtigung im Falle einer Wiederholungswahl zu entscheiden.
Am 16. Mai 1988 fand beim Arbeitsamt B. die Wahl zum örtlichen Personalrat mit 573 wahlberechtigten Beschäftigten statt. Hiervon waren laut Wahlausschreiben vom 31. März 1988 9 Personalratsmitglieder zu wählen, und zwar ein Mitglied für die Gruppe der Arbeiter, zwei Mitglieder für die Gruppe der Beamten und sechs Mitglieder für die Gruppe der Angestellten. Für die Gruppe der Angestellten wurden vier Wahlvorschläge eingereicht mit folgenden Kennwörtern: „DAG für Angestellte”, „Freie Gemeinschaft”, „ÖTV” und „Alternative Liste – AL.” Im Hinblick darauf, daß in dem Wahlvorschlag der „Freien Gemeinschaft” drei Kandidaten enthalten waren, die zwar seit sechs Monaten in der Dienststelle des Arbeitsamtes Bonn, nicht jedoch seit einem Jahr in öffentlichen Verwaltungen oder von diesen geführten Betrieben beschäftigt waren, wurde die Personalratswahl vom Verwaltungsgericht bezüglich der Gruppe der Angestellten für ungültig erklärt. Der Beschluß ist unanfechtbar.
Daraufhin wurde die Personalratswahl am 15. Dezember 1988 wiederholt. Hierbei schrieb der Wahlvorstand das Wählerverzeichnis für die Wiederholungswahl in der Weise fort, daß die zwischenzeitlich erfolgten Personalveränderungen bei den Angestellten, nämlich die in dem Zeitraum zwischen dem 16. Mai 1988 und dem 15. Dezember 1988 ausgeschiedenen oder in andere Gruppen übergewechselten 41 Wahlberechtigten des Arbeitsamtes und die zwischenzeitlich neu hinzugekommenen 59 wahlberechtigten Angestellten, berücksichtigt wurden. An der Wahl, die als Listenwahl durchgeführt wurde, beteiligten sich die vier Listen der Gruppen der Angestellten. Folgende Stimmen entfielen auf die einzelnen Listen: 191 für „ÖTV” (4 Sitze); 82 für „Freie Gemeinschaft” (1 Sitz); 42 für „DAG” (0 Sitze) und 68 für „Alternative Liste” (1 Sitz). Das Wahlergebnis wurde am 19. und 20. Dezember 1988 bekanntgegeben. Mit ihrer am 29. Dezember 1988 beim Verwaltungsgericht eingereichten Antragsschrift haben die Antragsteller, die Angestellte der Dienststelle sind, die Wiederholungswahl angefochten. Sie haben die Feststellung beantragt, daß die Wiederholungswahl der Vertreter der Angestelltengruppe im Personalrat des Arbeitsamtes B. am 15. Dezember 1988 rechtswidrig war.
Das Verwaltungsgericht hat dem Antrag stattgegeben.
Hiergegen hat der Beteiligte zu 1, der Personalrat beim Arbeitsamt B., Beschwerde eingelegt. Im Beschwerdeverfahren haben die Antragsteller den Antrag neu gefaßt und die Feststellung beantragt, daß die Wiederholungswahl der Vertreter der Angestelltengruppe im Personalrat ungültig ist. Das Oberverwaltungsgericht hat die erstinstanzliche Feststellung entsprechend abgeändert und die Beschwerde mit im wesentlichen folgender Begründung zurückgewiesen:
Im Falle der Wiederholungswahl müsse der neue Wahlvorstand das alte Wählerverzeichnis übernehmen und habe insoweit nur die unumgänglichen Korrekturen vorzunehmen. Neueinstellungen dürften bei der Aufstellung des Wählerverzeichnisses nicht berücksichtigt werden. Dies ergebe sich aus dem rechtlichen Charakter der Wiederholungswahl, die keine Neuwahl, sondern die Wiederholung der – fehlerhaften – Wahl unter Vermeidung der früheren Fehler sei. Der neue Wahlvorstand habe deshalb das alte Wählerverzeichnis zu übernehmen, selbst wenn es nicht mehr wahlberechtigte Beschäftigte enthalte, etwa solche, die zwischenzeitlich ausgeschieden seien. Insoweit sei ein entsprechender Vermerk geboten. Das folge auch aus der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts. Daraus ergäben sich folgende Konsequenzen: Der neue Wahlvorstand habe das alte Wählerverzeichnis der Wiederholungswahl zugrunde legen müssen. Zu Recht habe er die aus der Dienststelle ausgeschiedenen 41 vorher wahlberechtigt Beschäftigten aus dem Wählerverzeichnis gestrichen. Die Streichung der zwei Angestellten, die nach Angaben des Beteiligten zu 1 die Gruppe gewechselt hätten, sei hingegen zu Unrecht erfolgt. Die seit der ursprünglichen Wahl neu eingestellten 59 Beschäftigten hätten wiederum nicht berücksichtigt werden dürfen.
Dagegen richtet sich die vom Oberverwaltungsgericht zugelassene Rechtsbeschwerde des Beteiligten zu 1. Er trägt insbesondere vor, beim Arbeitsamt B. seien zwischenzeitlich Neuwahlen durchgeführt worden. Trotzdem bestehe das Rechtsschutzinteresse an der Entscheidung im Rechtsbeschwerdeverfahren fort. Das Oberverwaltungsgericht habe zu Unrecht die Zulässigkeit der Fortschreibung des Wählerverzeichnisses hinsichtlich der seit der ursprünglichen Wahl neu eingetretenen Beschäftigten für die Wiederholungswahl verneint. Die mit der Wahlwiederholung bezweckte Beseitigung der Fehler der ursprünglichen Wahl sei nur möglich, wenn von einem fortgeschriebenen Wählerverzeichnis ausgegangen werde. Das vom Oberverwaltungsgericht gewollte Ziel, den annähernden Gleichstand der Beschäftigten zu erreichen, werde nur dann gewahrt, wenn neben den Abgängen auch die Neuzugänge im Falle der Wiederholungswahl berücksichtigt würden. Die Rechtsauffassung des Beschwerdegerichts sei auch nicht mit § 3 Abs. 3 BPersVWO zu vereinbaren. Danach sei das Wählerverzeichnis nach Ablauf der Einspruchsfrist bei Eintritt oder Ausscheiden eines Beschäftigten oder bei Änderung der Gruppenzugehörigkeit zu berichtigen oder zu ergänzen. Ließe man die neu eingetretenen Beschäftigten bei der Wiederholungswahl unberücksichtigt, schmelze die Zahl der Wahlberechtigten zusammen mit den ausgeschiedenen Beschäftigten im vorliegenden Fall um nahezu ein Viertel. Die Nichtberücksichtigung habe erhebliche Auswirkungen auf das Wählerverhalten, denn die tatsächlichen Umstände bei der Wiederholungswahl unterschieden sich unter diesen Voraussetzungen weit von denjenigen der ursprünglichen Wahl.
Vorrangig sei auch, daß der jeweilige Stelleninhaber die Möglichkeit erhalte, seine Interessen auf dem jeweiligen Dienstposten zur Geltung zu bringen. Unterbleibe die Fortschreibung, liege darin auch ein Verstoß gegen die Stichtagsregelung des § 13 BPersVG. Danach habe jeder, der nach dieser Bestimmung wahlberechtigt sei, einen Rechtsanspruch auf Ermöglichung zur Teilnahme an der Wahl.
Entgegen der Auffassung des Oberverwaltungsgerichts dürften Gruppenwechsler bei der Wiederholungswahl nicht so behandelt werden, als ob sie nach wie vor der alten Gruppe angehörten. Das widerspreche der grundlegenden Zielvorgabe des Personalvertretungsrechts, die auf einer Interessenvertretung, differenziert nach der jeweiligen Gruppenzugehörigkeit, beruhe. Derjenige, der zu einer Personalratswahl aufgefordert werde, nehme vorrangig seine aktuellen Interessen wahr, auch wenn er zu einem früheren Zeitpunkt einer anderen Gruppe angehört habe.
Der Beteiligte zu 1 beantragt,
die angefochtene Entscheidung zu ändern und den Wahlanfechtungsantrag der Antragsteller abzulehnen.
Die Antragsteller bejahen gleichfalls ein fortbestehendes Rechtsschutzinteresse und schließen sich im übrigen der Rechtsauffassung der Vorinstanzen an.
Der Oberbundesanwalt beteiligt sich an dem Verfahren.
Er vertritt den Standpunkt, zwischenzeitlich ausgeschiedene Beschäftigte seien durch einen entsprechenden Vermerk zu kennzeichnen und darüber hinaus jedoch auch neu eingestellte Beschäftigte in das (neue) Wählerverzeichnis einzutragen. Eine Festschreibung der Wahlberechtigten auf den Stand des ursprünglichen Wählerverzeichnisses führe hingegen zu unerträglichen Ergebnissen, die auch dem Sinn und Zweck der maßgeblichen personalvertretungsrechtlichen Regelungen zuwiderliefen.
Entscheidungsgründe
II.
Die Rechtsbeschwerde ist zulässig, aber nicht begründet.
Das Rechtsschutzinteresse an der Durchführung des Rechtsbeschwerdeverfahrens besteht fort, obwohl nach Mitteilung der Verfahrensbeteiligten zwischenzeitlich Personalratsneuwahlen stattgefunden haben, so daß faktisch das konkrete Antragsbegehren, festzustellen, daß die Wiederholungswahl der Vertreter der Angestelltengruppe im Personalrat des Arbeitsamtes B. vom 15. Dezember 1988 ungültig ist, irrelevant geworden ist.
Nach der neueren Rechtsprechung des Senats (vgl. Beschluß vom 2. Juni 1993 – BVerwG 6 P 23.91 – Buchholz 251.7 § 65 NWPersVG Nr. 2) ist das Rechtsschutzinteresse für die Durchführung eines personalvertretungsrechtlichen Beschlußverfahrens nach Erledigung des konkreten Streitfalles nur dann zu bejahen, wenn und soweit Antrag und Sachvortrag des Rechtsmittelführers in die Richtung weisen, daß er eine Entscheidung nicht nur über einen bestimmten konkreten Vorgang, sondern außerdem über die dahinterstehende (abstrakte) personalvertretungsrechtliche Frage begehrt. Der Senat hat aber für eine Übergangszeit die Entscheidung über derartige, auf den konkreten Fall bezogene und zwischenzeitlich erledigte Anträge noch zugelassen, wenn sich die zu klärende Rechtsfrage dem Begehren hinreichend bestimmt entnehmen läßt. Diese Übergangszeit ist zwar mit der Veröffentlichung der genannten Entscheidung abgelaufen; in Rechtsbeschwerdeverfahren, die bis Ende 1993 beim Bundesverwaltungsgericht anhängig geworden sind, gilt sie jedoch weiterhin fort.
Davon ausgehend, kann hier das Feststellungsinteresse trotz der auf die Wahl vom 15. Dezember 1988 bezogenen konkreten Formulierung des Antrags bejaht werden. Das Begehren der Antragsteller und die angegriffene Entscheidung beziehen sich letztlich auch auf die allgemeine personalvertretungsrechtliche Frage, ob bei einer Wiederholungswahl die zwischenzeitlichen personellen Veränderungen in der Dienststelle berücksichtigt werden müssen.
Derselbe Streit kann sich auch zwischen den Verfahrensbeteiligten wiederholen. Angesichts der hohen Personalfluktuation im Arbeitsamt B. wird sich diese Rechtsfrage im Falle der Wiederholung einer Wahl mit großer Wahrscheinlichkeit wieder stellen.
Die Tatsache, daß nunmehr in der Dienststelle ein neuer Personalrat besteht, während die Antragsteller die Feststellung der Ungültigkeit der Wahl des früheren Personalrats beantragt haben, der nicht mehr im Amt ist, läßt das so begründete Rechtsschutzinteresse nicht entfallen. Dem widerspricht nicht der Beschluß vom 25. Februar 1966 – BVerwG 7 P 13.64 – Buchholz 238.3 § 76 PersVG Nr. 14. Darin wurde die Rechtsbeschwerde in einem Wahlanfechtungsverfahren wegen fehlenden Rechtsschutzinteresses zurückgewiesen, nachdem der Personalrat, dessen Wahl angefochten worden war, zurückgetreten war, um die Wahl des neuen Personalrates zu ermöglichen. Das Bundesverwaltungsgericht hatte in dieser Entscheidung das Rechtsschutzinteresse verneint, weil der Personalrat, dessen Wahl angefochten worden war, dem Begehren der Antragsteller dadurch entsprochen hatte, daß er zurückgetreten war und damit die Neuwahl ermöglicht hatte. Dafür bietet der vorliegende Sachverhalt keine Anhaltspunkte.
Die Rechtsbeschwerde ist aber nicht begründet.
Das Oberverwaltungsgericht hat zu Recht festgestellt, daß die Wiederholungswahl der Vertreter der Angestelltengruppe im Personalrat des Arbeitsamtes B. am 15. Dezember 1988 ungültig ist. Der neue Wahlvorstand hat dadurch gegen wesentliche Wahlverfahrensvorschriften verstoßen, daß er das Wählerverzeichnis der angefochtenen und für ungültig erklärten Wahl vom 16. Mai 1988 für die Gruppe der Angestellten fortgeschrieben und infolgedessen die zwischenzeitlich neu eingetretenen 59 wahlberechtigten Beschäftigten in das neue Wählerverzeichnis aufgenommen und außerdem die wahlberechtigten Angestellten, die im Zeitpunkt der Wiederholungswahl zu einer anderen Gruppe übergewechselt waren, nicht bei der Wiederholungswahl berücksichtigt hat.
Zutreffend hat das Beschwerdegericht die Entscheidung, welche Beschäftigten im Falle der Wiederholung einer für ungültig erklärten Personalratswahl in das neue Wählerverzeichnis aufzunehmen sind und folglich an der Wiederholungswahl teilnehmen dürfen, von dem Charakter der Wiederholungswahl abhängig gemacht. Es ist hierbei in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts davon ausgegangen, daß die Wiederholungswahl keine Neuwahl im Sinne des § 27 BPersVG ist, sondern die Nachholung der angefochtenen und für ungültig erklärten fehlerhaften Wahl unter Vermeidung der früheren Fehler. Deshalb muß es bei der Wiederholungswahl grundsätzlich bei den Voraussetzungen hinsichtlich der Zusammensetzung des Personals in der Dienststelle und den Stärkeverhältnissen im Personalrat verbleiben, wie sie sich bei der ursprünglichen Wahl ergeben haben. Anderenfalls würde eine Neuwahl und nicht die Wiederholung einer angefochtenen Wahl durchgeführt werden (vgl. Beschlüsse vom 23. Januar 1959 – BVerwG 7 P 2.58 – BVerwGE 8, 114, vom 13. Juni 1969 – BVerwG 7 P 10.68 – BVerwGE 32, 182 und vom 20. Juni 1990 – BVerwG 6 P 2.90 – Buchholz 250 § 17 BPersVG Nr. 3 = PersV 1990, 536).
Auch aus § 27 Abs. 2 BPersVG folgt, daß die Wahlanfechtung nicht zur (echten) Neuwahl des Personalrates führen kann. In dieser Bestimmung ist abschließend geregelt, unter welchen Voraussetzungen außerhalb des regelmäßigen Turnus (§ 27 Abs. 1 BPersVG) Neuwahlen stattfinden können. Das ist dann der Fall, wenn nach zwei Jahren seit der Wahl die Zahl der regelmäßig Beschäftigten um die Hälfte, mindestens aber um 50 gesunken oder gestiegen ist, die Gesamtzahl der Personalratsmitglieder um mehr als ein Viertel der vorgeschriebenen Zahl gesunken ist, der Personalrat den Rücktritt beschlossen hat oder durch Gerichtsbeschluß aufgelöst worden ist, bzw. wenn in der Dienststelle kein Personalrat besteht. Die erfolgreiche Wahlanfechtung ist als Grund für eine Neuwahl in dieser Vorschrift nicht genannt.
Der Grundsatz, daß die Wiederholungswahl unter denselben Voraussetzungen wie die ursprüngliche Wahl stattzufinden hat, hat auch im allgemeinen Wahlrecht seinen Niederschlag gefunden. Gemäß § 44 Abs. 2 BWO erfolgt die Wiederholungswahl nach denselben Vorschriften, denselben Wahlvorschlägen und, wenn seit der Hauptwahl noch nicht sechs Monate verflossen sind, aufgrund derselben Wählerverzeichnisse wie die Hauptwahl. Demzufolge behalten die aus dem Gebiet der Wiederholungswahl verzogenen Bürger ihr Wahlrecht; Bürger, die sich in diesem Gebiet nach der Hauptwahl niedergelassen haben, sind für die Wiederholungswahl nicht wahlberechtigt (Schreiber, Bundeswahlordnung, Kommentar, § 44, Rdnr. 10).
Geht man von diesen Grundätzen aus, so bleibt es im Falle der Wiederholung einer angefochtenen Wahl bei den früheren Voraussetzungen wie Sitzverteilung, Stärke des Personalrats, Zahl der Bediensteten und deren Gruppenzugehörigkeit im Zeitpunkt der früheren Wahl sowie Zahl der Unterschriften für die Wahlvorschläge. Der Wahlvorstand hat von den Verhältnissen der alten Wahl auszugehen und die Verteilung der Sitze und die Grundlagen des alten Wahlausschreibens zu übernehmen. Auch die nicht mehr wahlberechtigten Beschäftigten sind im Wählerverzeichnis aufzuführen, um auf dieser Basis die zu verteilenden Personalratssitze zu ermitteln. Da sie aber nicht mehr Beschäftigte und deshalb auch nicht wahlberechtigt sind, ist bei ihnen ein entsprechender Hinweis anzubringen. Der neue Wahlvorstand hat lediglich die Punkte neu festzusetzen, die für die Wiederholungswahl unerläßlich sind, z.B. den Ort, an dem die Wahlvorschläge bekanntzumachen sind, die Frist für ihre Einreichung, Ort und Zeitpunkt der Stimmabgabe u.a.m. (Beschluß vom 13. Juni 1969, a.a.O.).
Demzufolge hat das Oberverwaltungsgericht zu Recht als Grundlage der Wiederholungswahl das alte Wählerverzeichnis der Wahl vom 16. Mai 1988 genommen und ist davon ausgegangen, daß die 41 zwischenzeitlich ausgeschiedenen Beschäftigten nicht an der Wiederholungswahl teilnehmen durften. Sie konnten bei der Wahl am 15. Dezember 1988 nicht berücksichtigt werden, da sie nicht mehr Beschäftigte der Dienststelle und folglich weder wahlberechtigt (§ 13 BPersVG) noch wählbar (§ 14 BPersVG) waren. Allerdings war auch hinsichtlich dieser Personen das alte Wählerverzeichnis weiterhin insoweit gültig, als diese Beschäftigten (rechtlich) bei der Ermittlung der Zahl der für die Gruppen zu wählenden Vertreter weiterhin zu berücksichtigen waren. Dies war mit einem klarstellenden Vermerk im alten Wählerverzeichnis kenntlich zu machen (Beschluß vom 13. Juni 1969, a.a.O.).
Weiter zutreffend hat das Oberverwaltungsgericht die Streichung der Angestellten im neuen Wählerverzeichnis, die zwischenzeitlich zu einer anderen Gruppe übergewechselt waren, für nicht zulässig erklärt. Sie waren weiterhin für die Wiederwahl in der Gruppe der Angestellten trotz des Gruppenwechsels wahlberechtigt, weil sie zum Zeitpunkt der ursprünglichen Wahl am 16. Mai 1988 in der Gruppe der Angestellten wählen durften.
Schließlich hat das Beschwerdegericht zu Recht die Aufnahme der zwischen der ungültigen Wahl am 16. Mai 1988 und der Wiederholungswahl am 15. Dezember 1988 neu eingetretenen 59 Beschäftigten in das neue Wählerverzeichnis für unzulässig erklärt, weil sie für die Wiederholungswahl nicht wahlberechtigt waren.
Den hiergegen erhobenen Einwendungen des Beteiligten zu 1 kann nicht gefolgt werden:
Es ist zwar zutreffend, daß eine Nichtberücksichtigung nachträglicher personeller Veränderungen, besonders wenn sie den Umfang annehmen wie im vorliegenden Fall, problematisch ist, weil in diesem Falle die Wiederholungswahl tatsächlich nicht mehr aufgrund der Verhältnisse zum Zeitpunkt der ursprünglichen Wahl stattfindet. Umgekehrt wäre aber eine Berücksichtigung der personellen Veränderungen eine echte Neuwahl. Konsequenterweise müßte dann auch die Zahl der Sitze in der Gruppe entsprechend dem gegebenen Stärkeverhältnis im Zeitpunkt der Wiederholungswahl korrigiert werden. Das will aber auch der Beteiligte zu 1 nicht.
Eine Berücksichtigung der personellen Veränderungen bis zur Wiederholungswahl wäre auch nicht mit Sinn und Zweck des § 27 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 BPersVG zu vereinbaren. Eine Neuwahl wegen der eingetretenen Wandlungen in der Personalstruktur ist danach – wie dargelegt – nur dann durchzuführen, wenn mit Ablauf von vierundzwanzig Monaten, vom Tag der Wahl gerechnet, die Zahl der regelmäßig Beschäftigten um die Hälfte, mindestens aber um 50 gestiegen oder gesunken ist oder die Gesamtzahl der Mitglieder des Personalrates auch nach Eintreten sämtlicher Ersatzmitglieder um mehr als ein Viertel der vorgeschriebenen Zahl gesunken ist. Diese Vorschrift ist zwar nicht unmittelbar anwendbar, weil eine erfolgreiche Wahlanfechtung kein „Sinken” der Personalzahlen im Sinne des § 27 Abs. 2 BPersVG ist (Beschluß vom 20. Juni 1990, a.a.O.). Daraus wird aber deutlich, daß das Bundespersonalvertretungsgesetz Veränderungen in der Zusammensetzung der Beschäftigten erst nach einem gewissen Zeitpunkt und ab einer bestimmten Zahl bei der Interessenvertretung berücksichtigt wissen will.
Die Wahlvorschrift des § 3 Abs. 3 Satz 2 der Wahlordnung zum Bundespersonalvertretungsgesetz ist nicht berührt. Danach ist das Wählerverzeichnis nur bei Veränderungen zwischen dem Ablauf der Einspruchsfrist und dem Abschluß der Stimmabgabe zu berichtigen oder zu ergänzen. Dazu, unter welchen Voraussetzungen Wiederholungswahlen durchzuführen sind, sagt diese Vorschrift nichts aus.
Entgegen der Meinung des Beteiligten zu 1 sind maßgebliche Kriterien für die Durchführung einer Personalratswahl nicht die Stellenplaninteressen, sondern die Interessen der Beschäftigten, deren soziale Interessen der Personalrat zu vertreten hat. Gleichfalls nicht in Frage steht § 13 BPersVG. Die Vorschrift regelt die allgemeinen Voraussetzungen, unter denen ein Beschäftigter für eine Personalratswahl wahlberechtigt ist. Diese Bestimmung regelt nicht die hier zu entscheidende Frage, auf welcher personellen Grundlage eine Wiederholungswahl durchzuführen ist.
Die Festschreibung der Wahlberechtigten auf den Stand des ursprünglichen Wählerverzeichnisses ist nicht – wie der Oberbundesanwalt meint – eine formalistische Betrachtungsweise, die zu unerträglichen Ergebnissen führt. Würden die neu hinzugekommenen Beschäftigten zu dieser Wahl zugelassen, würde die Wahl, die für ungültig erklärt worden ist und deshalb wiederholt werden muß, ihres entscheidenden Inhalts und Charakters entkleidet werden, denn sie fände nicht unter den früheren Bedingungen, sondern unter neuen, nämlich denen einer Neuwahl statt. Die vom Oberbundesanwalt angeführten außergewöhnlichen Beispiele, wie Absinken der für die Wahl einer Gruppe notwendigen Zahl von Unterschriften der wahlberechtigten Beschäftigten wegen Ausscheidens früherer Gruppenangehöriger und Nichtberücksichtigung der neu eingetretenen Beschäftigten, stehen dem nicht entgegen. Tritt dieser Fall ein, so sind in entsprechender Anwendung des § 27 Abs. 4 BPersVG Neuwahlen in der betreffenden Gruppe durchzuführen, weil diese Gruppe mangels Unterschrifts- und wahlberechtigter Beschäftigter nicht mehr im Personalrat vertreten ist. Die Tatsache, daß ein Personalrat, der nur von „Altwählern” gewählt wird, möglicherweise nicht das Vertrauen der neu eingestellten, nicht wahlberechtigten Beschäftigten hat, unterscheidet sich nicht von der Situation eines wirksam und unangefochten gewählten Personalrats. Dieser besteht weiter, auch wenn in seiner Amtszeit eine große Personalfluktuation stattfindet, es sei denn, die Zahl der Beschäftigten steigt oder sinkt um die in § 27 Abs. 2 BPersVG aufgeführte Zahl der Beschäftigten. Sind diese Grenzen bei einer Wiederholungswahl erreicht, so müssen in gleicher Weise wie bei einer regulären Wahl ohnehin Neuwahlen anberaumt werden. So liegen die Dinge hier aber nicht. Nach den Angaben des Beteiligten zu 1 ist durch den Abgang der 41 Beschäftigten und durch die Gruppenwechsler die Zahl der Wahlberechtigten in der Gruppe der Angestellten (nur) um nahezu ein Viertel zusammengeschmolzen, so daß die in § 27 Abs. 2 BPersVG für die Durchführung von Neuwahlen erforderlichen Zahlen nicht erreicht werden.
In diesem Zusammenhang kann dahinstehen, ob bei der Durchführung der Wiederholungswahl zu einem späteren Zeitpunkt im Hinblick auf die verstrichene Zeit etwas anderes gilt. Der Zeitraum von sieben Monaten zwischen Wahl und Wiederholungswahl hält sich noch in vertretbaren Grenzen, insbesondere wenn man berücksichtigt, daß nach § 27 Abs. 2 Nr. 1 BPersVG grundsätzlich Personalveränderungen erst nach zwei Jahren zur Neuwahl führen.
Nach alledem war die Rechtsbeschwerde als unbegründet zurückzuweisen.
Die Festsetzung des Gegenstandswerts beruht auf § 10 Abs. 1 BRAGO in Verbindung mit § 8 Abs. 2 BRAGO.
Unterschriften
Niehues, Ernst, Seibert, Albers, Vogelgesang
Fundstellen