Entscheidungsstichwort (Thema)
ABM-Kraft, Mitbestimmung bei der Übernahme einer durch eine andere Körperschaft einzustellende –. Einstellung, Mitbestimmung bei der – einer ABM-Kraft. Einstellung, personalvertretungsrechtlicher Begriff der –. Eingliederung, personalvertretungsrechtlicher Begriff der –
Leitsatz (amtlich)
Die Einstellung von ABM-Kräften bei einer Dienststelle des Bundes unterliegt auch dann der Mitbestimmung des bei dieser gebildeten Personalrats, wenn im Anschluß an die maßgebliche Eignungsbeurteilung durch diese Dienststelle zunächst ein Arbeitsverhältnis mit einem Bundesland begründet wird, dessen einziger Zweck es ist, die Arbeitsbeschaffungsmaßnahme in der Einrichtung des Bundes zu ermöglichen.
Normenkette
BPersVG §§ 4, 75 Abs. 1 Nr. 1; AÜG § 14 Abs. 3-4; AFG § 93 ff.
Verfahrensgang
Tenor
Die Beschlüsse des Oberverwaltungsgerichts Berlin – Fachsenat für Personalvertretungssachen Bund – vom 30. Juni 1992 und des Verwaltungsgerichts Berlin – Fachkammer für Personalvertretungssachen (Bund) – vom 12. Dezember 1988 werden aufgehoben.
Es wird festgestellt, daß die Übernahme von ABM-Beschäftigten durch die Staatsbibliothek zu Berlin, die zur Durchführung der Arbeitsbeschaffungsmaßnahme einen Arbeitsvertrag mit dem Land Berlin schließen, als Einstellung dem Mitbestimmungsrecht des Antragstellers unterliegt.
Der Gegenstandswert wird für das Rechtsbeschwerdeverfahren auf 6 000 DM festgesetzt.
Tatbestand
I.
Die Verfahrensbeteiligten streiten um die Mitbestimmung bei der Einstellung von Arbeitskräften im Rahmen von Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen nach dem Arbeitsförderungsgesetz.
Die Beschäftigung von Arbeitskräften nach dem Arbeitsförderungsgesetz – AFG – im Rahmen von Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen – ABM – bei der Stiftung Preußischer Kulturbesitz ist aufgrund einer Absprache zwischen der Stiftung und dem Land Berlin (Senator für Wirtschaft und Arbeit) wie folgt geregelt: Die Bundesanstalt für Arbeit weist der Stiftung eine ABM-Kraft für eine bestimmte Tätigkeit zu. Die Stiftung prüft die Eignung des Betroffenen für diese Tätigkeit. Bei positivem Ergebnis bescheinigt sie ihm ihr Einverständnis mit der beabsichtigten Arbeitsaufnahme. Auf dieser Grundlage schließt der Senator für Wirtschaft und Arbeit im Namen des Landes Berlin mit dem Bewerber einen Arbeitsvertrag und weist ihn der Stiftung zur Arbeitsaufnahme zu. Die anschließende Beschäftigung in einer Einrichtung der Stiftung erfolgt für die Dauer der Arbeitsbeschaffungsmaßnahme; bei Einleitung des Beschlußverfahrens waren dies 12 Monate. Für die Durchführung aller ABM-Angelegenheiten sind die Leiter der einzelnen Einrichtungen der Stiftung zuständig.
Auch bei der Staatsbibliothek zu Berlin werden auf diese Weise Personen beschäftigt, die einen Arbeitsvertrag mit dem Land Berlin geschlossen haben. Der antragstellende Personalrat dieser Einrichtung wird vom Beteiligten, dem Leiter der Staatsbibliothek, über die Beschäftigung von ABM-Kräften zwar unterrichtet; eine Beteiligung im Wege der Mitbestimmung findet aber nicht statt. Der Antragsteller meint, daß die Übernahme von ABM-Kräften als Einstellung mitbestimmungspflichtig sei. Der Beteiligte hält demgegenüber ein Mitbestimmungsrecht für nicht gegeben.
Der Antragsteller hat zur Klärung seiner personalvertretungsrechtlichen Befugnisse das Beschlußverfahren eingeleitet und beantragt festzustellen, daß die Übernahme von ABM-Beschäftigten des Landes Berlin durch die Staatsbibliothek seinem Mitbestimmungsrecht unterliege. Er hat vorgetragen, für das Vorliegen einer „Einstellung” im Sinne von § 75 Abs. 1 Nr. 1 BPersVG komme es nicht auf die Begründung eines Arbeitsverhältnisses mit der Dienststelle, sondern auf die tatsächliche Eingliederung der ABM-Kräfte in die Dienststelle an. Davon aber sei in den strittigen Fällen auszugehen. Die ABM-Kräfte unterlägen dem vollen Weisungsrecht der Staatsbibliothek und nähmen Tätigkeiten und Aufgaben dieser Einrichtung wahr.
Demgegenüber hat der Beteiligte die Auffassung vertreten, bei den ABM-Kräften handele es sich nicht um Beschäftigte seiner Dienststelle und somit nicht um Beschäftigte im Sinne von § 4 BPersVG.
Das Verwaltungsgericht hat sich der Auffassung des Beteiligten angeschlossen und den Antrag durch Beschluß vom 12. Dezember 1988 zurückgewiesen. Auch die hiergegen gerichtete Beschwerde des Antragstellers blieb erfolglos. Das Oberverwaltungsgericht hat sie durch Beschluß vom 30. Juni 1992 mit folgender Begründung zurückgewiesen: Die tatsächliche Eingliederung reiche nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts für die Annahme eines im Mitbestimmungstatbestand des § 75 Abs. 1 Nr. 1 BPersVG vorausgesetzten Beschäftigungsverhältnisses dann nicht aus, wenn kein beamten- oder arbeitsrechtliches Band zu dem öffentlichen Träger der Dienststelle bestehe. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus § 14 Abs. 3 und 4 des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes – AÜG –. Dieses Gesetz gelte nur für die gewerbsmäßige Arbeitnehmerüberlassung. Zwar wende das Bundesarbeitsgericht die genannte Regelung auf die nicht gewerbsmäßige Arbeitnehmerüberlassung entsprechend an (BAGE 59, 380 ≪383≫). Dem sei aber für die vorliegende Fallgestaltung nicht zu folgen. Im Vergleich zum Bundespersonalvertretungsgesetz handele es sich um eine Spezialregelung, die einer extensiven Auslegung nicht zugänglich sei.
Hiergegen richtet sich die Rechtsbeschwerde des Antragstellers, mit der dieser beantragt,
den Beschluß des Verwaltungsgerichts Berlin vom 12. Dezember 1988 und den Beschluß des Oberverwaltungsgerichts Berlin vom 30. Juni 1992 aufzuheben und festzustellen, daß die Übernahme von ABM-Beschäftigten des Landes Berlin durch die Staatsbibliothek dem Mitbestimmungsrecht des Antragstellers unterliegt.
Der Antragsteller rügt eine Verletzung materiellen Rechts, insbesondere der §§ 4, 75 Abs. 1 Nr. 1 BPersVG und des § 14 Abs. 3 und 4 AÜG. Zur Begründung trägt er vor: Die Auslegung des § 4 BPersVG durch das Oberverwaltungsgericht stehe im Gegensatz zu Sinn und Zweck des Bundespersonalvertretungsgesetzes. Dieser bestehe darin, allen in einer Dienststelle tätigen Beschäftigten eine Vertretung und über dieselbe ein Mitgestaltungsrecht an sie betreffenden Belangen der Dienststelle zu geben; dabei gehe es darum, zum einen die Grundrechte der Dienstkräfte zu stärken und zum anderen dem Sozialstaatsprinzip Rechnung zu tragen. Es bestehe kein gewichtiger Grund, ABM-Kräfte von diesem Schutz auszunehmen. Daher entspreche es auch allgemeiner Auffassung sowohl zum Bundespersonalvertretungsgesetz als auch zum Betriebsverfassungsgesetz, daß die Neubeschäftigung von ABM-Kräften der Mitbestimmung bei „Einstellungen” unterliege. Nach der herrschenden Auffassung in Rechtsprechung und Schrifttum sowohl zum Betriebsverfassungsgesetz als auch zum Bundespersonalvertretungsgesetz rechtfertigten Sinn und Zweck der Regelung eine Analogie. Die Interessenlage sei bei der nichtgewerblichen Arbeitnehmerüberlassung nicht anders als bei der gewerblichen. Ausschlaggebend für die Anwendung des § 75 Abs. 1 Nr. 1 BPersVG sei auch nach der jüngsten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts allein, daß trotz der jeweils zwischen Entleiher und Verleiher aufgespaltenen Arbeitgeberfunktionen die Gesamtheit der aufeinander bezogenen Rechte und Pflichten des Arbeitgebers und des Arbeitnehmers dessen vollständige Eingliederung bewirke. Das sei hier der Fall. Insbesondere sei von einer weisungsgebundenen Beschäftigung bei der Erfüllung der öffentlichen Aufgaben der Dienststelle auszugehen. Im übrigen sei bei einem „unechten Leiharbeitsverhältnis”, dessen einziger Zweck es sei, eine Dienstkraft von Anfang an und für die gesamte Dauer des Beschäftigungsverhältnisses der entleihenden Dienststelle zur Verfügung zu stellen, diese Dienstkraft als „Beschäftigter” der entleihenden Dienststelle anzusehen.
Der Beteiligte verteidigt die angefochtenen Beschlüsse. Er hält eine Übertragung der zu den echten Leiharbeitsverhältnissen entwickelten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts auf die Übernahme eines ABM-Beschäftigten des Landes Berlin durch die Staatsbibliothek nicht für möglich. Der darin geforderte Mindestbestand an arbeitsvertraglichen Rechten und Pflichten sei nicht gegeben, weil an der Arbeitsbeschaffungsmaßnahme das Arbeitsamt, das Land Berlin als Vertragspartner des ABM-Beschäftigten und die Staatsbibliothek beteiligt seien. Auch könne das Arbeitsamt den zugewiesenen Arbeitnehmer gemäß § 73 Abs. 3 AFG aus bestimmten Gründen einseitig abberufen. Außerdem sei der Aufgabenbereich bei ABM-Kräften durch § 91 Abs. 2 und 3 AFG erheblich eingeschränkt. Bei der Erfüllung der hiernach förderungsfähigen Aufgaben durch ABM-Kräfte sei eine Überschneidung mit den Interessen der Stammbelegschaft nicht zu befürchten.
Entscheidungsgründe
II.
Die Rechtsbeschwerde hat Erfolg. Die Beschwerde gegen den erstinstanzlichen Beschluß, mit dem der Feststellungsantrag des Antragstellers abgewiesen worden ist, hat das Oberverwaltungsgericht zu Unrecht zurückgewiesen. Der Antragsteller hat Anspruch auf die begehrte Feststellung.
Die angefochtenen Beschlüsse beruhen auf einer unrichtigen Anwendung der §§ 4, 75 Abs. 1 Nr. 1 BPersVG. Die Verpflichtung zur Beteiligung des Personalrats bei der Übernahme von ABM-Beschäftigten des Landes Berlin durch die Staatsbibliothek folgt unmittelbar aus dem Mitbestimmungstatbestand, der die Mitbestimmung bei Einstellungen regelt, hier also aus § 75 Abs. 1 Nr. 1 BPersVG. Dessen Voraussetzungen sind hier gegeben. § 4 BPersVG steht dem nicht entgegen. Wie der Senat bereits für die Einstellung echter Leiharbeitnehmer entschieden hat (vgl. Beschluß vom 20. Mai 1992 – BVerwG 6 P 4.90 – BVerwGE 90, 194), handelt es sich bei den Regelungen in § 14 Abs. 3 und 4 AÜG lediglich um solche deklaratorischen Inhalts. Zur Begründung der Mitbestimmung bedarf es daher keines zusätzlichen – unmittelbaren oder entsprechenden – Rückgriffs auf diese weiteren Regelungen.
1. Das Oberverwaltungsgericht hat zwar die Rechtsprechung des Senats zum Mitbestimmungsrecht bei Einstellungen für den Regelfall, daß der Arbeitsvertrag unmittelbar zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber (Beschäftigtem und beschäftigender Dienststelle) zustande kommt, richtig erfaßt. Es ist insbesondere zutreffend davon ausgegangen, daß dem Personalrat nur dann ein Mitbestimmungsrecht zusteht, wenn die einzustellende Person nach Inhalt und Umfang ihrer Tätigkeit in der Dienststelle Mitarbeiter bzw. Beschäftigter im Sinne des Personalvertretungsrechts (hier: gemäß § 4 BPersVG) werden soll (vgl. Beschluß vom 27. November 1991 – BVerwG 6 P 15.90 – Buchholz 251.8 § 80 RhPPersVG Nr. 6). Aus der Zuordnung im Rahmen des § 4 BPersVG können sich jedoch keine unüberwindlichen Hindernisse für die Mitbestimmung ergeben. Soweit das Beschwerdegericht sich darauf beschränkt, die Begründung eines Angestelltenverhältnisses im Sinne von § 4 BPersVG mit Blick auf § 3 Buchst. d BAT zu verneinen, ist der Sachverhalt von ihm nur unvollständig gewürdigt worden.
Die Beziehungen zwischen den zugewiesenen Arbeitnehmern und dem Träger (oder Unternehmer) richten sich bei den ABM-Kräften unbeschadet der vorhergehenden Zuweisung durch das Arbeitsamt allein nach den Vorschriften des Arbeitsrechts (§ 93 Abs. 2 Satz 1 AFG). Damit bleibt auch für Arbeitskräfte eine personalvertretungsrechtliche Zuordnung zu den Beschäftigtengruppen nach den Kriterien des § 4 BPersVG uneingeschränkt möglich. Ausweislich der vom Beteiligten überreichten Unterlagen werden die Arbeitsverträge zwar – individualrechtlich gesehen – entweder als solche für Angestellte oder als solche für Arbeiter abgeschlossen (GA Bl. 46, 47). Kommt aber eine Beschäftigung aufgrund derartiger Arbeitsverträge zustande, so ist sie aus kollektivrechtlicher Sicht allein nach Maßgabe der zu verrichtenden Tätigkeit, und zwar stets entweder dem Beschäftigungsverhältnis der Angestellten oder aber demjenigen der Arbeiter im Sinne von § 4 BPersVG, zuzuordnen. Ob der Tarifvertrag auch im übrigen auf das konkrete Beschäftigungsverhältnis anzuwenden ist, spielt keine Rolle. Entscheidend ist allein die tarifvertragliche Bewertung der zu verrichtenden Tätigkeiten. Das sind hier typischerweise solche der Angestellten, wie sich auch daraus ergibt, daß nach den Feststellungen des Beschwerdegerichts bestimmte Teile des BAT als Teil des Arbeitsvertrages vereinbart werden. Daher bedarf es hier keines Eingehens auf die Frage, ob nicht andernfalls, bei etwaigen Unklarheiten über die tarifvertragliche Einordnung der zu verrichtenden Tätigkeiten, letztlich – als Auffanglösung – aufgrund negativer Abgrenzung eine Zuordnung zur Gruppe der Arbeiter möglich wäre (vgl. dazu Lorenzen/Haas/Schmitt, BPersVG, § 4 Rdnrn. 35–36 b; ferner: Altvater/Bacher/Hörter/Sabottig/Schneider, BPersVG, 3. Aufl., § 4 Rdnr. 15; Dietz/Richardi, BPersVG, 2. Aufl., § 4 Rdnr. 55; Fischer/Goeres in: Fürst GKÖD Bd. V, K § 4 Rdnr. 37).
2. Ebenfalls zutreffend hat das Oberverwaltungsgericht darauf hingewiesen, daß nach der Rechtsprechung des Senats die tatsächliche Eingliederung für die Annahme eines Beschäftigungsverhältnisses bzw. einer Einstellung im Sinne des Personalvertretungsrechts für sich gesehen nicht ausreicht, wenn kein beamten- oder arbeitsrechtliches Band zu dem öffentlichen Träger der Dienststelle besteht (Beschluß vom 18. März 1982 – BVerwG 6 P 8.79 – Buchholz 238.3 A § 4 BPersVG Nr. 1). Entgegen der Annahme des Beschwerdegerichts darf diese zusätzliche Anforderung jedoch nicht in dem Sinne eng verstanden werden, daß für das bei der Einstellung von Arbeitnehmern geforderte arbeitsrechtliche Band ausschließlich zweiseitige und notwendig perfekte Vertragsbeziehungen ausreichen. Vielmehr hat der Senat als den für die Einstellung maßgeblichen Vorgang die „Eingliederung” eines neuen Beschäftigten in die Dienststelle bezeichnet. Zwar hat er diesen Vorgang auch dadurch gekennzeichnet, daß er „regelmäßig” durch den Abschluß eines Arbeitsvertrages und die tatsächliche Aufnahme der vorgesehenen Arbeit bewirkt werde (vgl. BVerwGE 50, 176 ≪180≫; 68, 30 ≪32≫; 82, 288 ≪291≫; 90, 194 ≪197≫; 92, 47 ≪51≫). Schon die Verwendung des Wortes „regelmäßig” läßt aber erkennen, daß nach dieser Rechtsprechung die Mitbestimmung einen rechtswirksamen Arbeitsvertrag zwischen dem Arbeitgeber und dem neuen Beschäftigten nicht als notwendig voraussetzt. Das ist auch von der Sache her nicht zu fordern, weil sie sich inhaltlich nur auf die zur Einstellung vorgesehene Person bezieht, auf die von ihr auszuübende Tätigkeit und, soweit es sich um Arbeiter oder Angestellte handelt, auf die mit der Übertragung der Tätigkeit verbundene tarifliche Bewertung, die Eingruppierung. Der Arbeitsvertrag kann insbesondere deshalb fehlen, weil er zwar gewollt, rechtlich jedoch fehlgeschlagen, mithin rechtsunwirksam ist. Trotz eines solchen Fehlschlages bleibt die so zustande gekommene tatsächliche Eingliederung ein als Einstellung zu qualifizierender mitbestimmungspflichtiger Vorgang (BVerwGE 90, 194 ≪197 f.≫; 92, 47 ≪51≫). Auch in diesen Fällen fehlt es nämlich nicht schlechthin an einem arbeitsrechtlichen Band zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer: Die tatsächlich vollzogene „Unterordnung” des Arbeitnehmers unter das Direktionsrecht des Arbeitgebers löst ein faktisches Arbeitsverhältnis und somit Ansprüche sowie Schutzpflichten und Schutzrechte aus, die sämtlich arbeitsrechtlicher Natur sind (vgl. Schaub, Arbeitsrechtshandbuch, 7. Aufl. S. 173 ff.; BAG AP Nr. 32 zu § 63 HGB).
Jede Eingliederung als wesentliches Merkmal einer Einstellung setzt allerdings einen Mindestbestand an – vorhandenen oder zumindest beabsichtigten – arbeitsvertraglichen Rechtsbeziehungen voraus. Diese müssen jedoch nicht notwendig dem Muster eines vollständigen zweiseitigen Arbeitsvertrages entsprechen. Nach der jüngeren Rechtsprechung des Senats (BVerwGE 90, 194 ≪198≫) können sie sich auch auf der Grundlage mehrseitiger Rechtsbeziehungen jedenfalls dann ergeben, wenn auch die aufnehmende Dienststelle und der aufzunehmende Arbeitnehmer daran beteiligt sind und wenn auf diese Weise in ihrem Verhältnis zueinander diejenigen arbeitsvertraglichen Rechte und Pflichten entstehen, die das Bild der Eingliederung prägen: Das ist primär das Weisungsrecht der aufnehmenden Dienststelle, dem eine entsprechende Weisungsgebundenheit des Arbeitnehmers gegenüberstehen muß. Damit verbunden sind regelmäßig auch sekundäre Schutzpflichten, die der Dienststelle gegenüber den weisungsabhängig tätigen Arbeitnehmern obliegen.
3. Hiervon ausgehend, muß die Rechtsbeschwerde auch im Ergebnis zu einer anderen Würdigung der Rechtslage führen. Denn nach den tatsächlichen Feststellungen des Beschwerdegerichts und dem unstreitigen Inhalt der Akten, auf den es Bezug genommen hat, ist bei der Übernahme von ABM-Kräften des Landes Berlin durch die Staatsbibliothek sowohl eine tatsächliche Eingliederung in diese Dienststelle des Bundes als auch ein hinreichendes arbeitsrechtliches Band zur Absicherung der Weisungsbefugnisse zwischen ihr und diesen Arbeitskräften gegeben. Unter diesen Voraussetzungen hat der Antragsteller an der Übernahme als einer Einstellung mitzubestimmen. Da sich die Mitbestimmung gemäß § 69 Abs. 2 Satz 1 BPersVG auf die „beabsichtigte Maßnahme” bezieht, hat dies im Zusammenhang mit der vorentscheidenden Eignungsbeurteilung durch die Staatsbibliothek zu geschehen. Darauf ist klarstellend hinzuweisen. Soweit der Antragsteller nach dem Wortlaut seines Antrages festgestellt haben möchte, daß „die Übernahme von ABM-Beschäftigten” seiner Mitbestimmung unterliegt, handelt es sich, da er damit offensichtlich „die als Einstellung zu qualifizierende Übernahme” gemeint hat, um ein offenkundiges Versehen, das prozessual unschädlich ist und dem Erfolg seines Rechtsmittels nicht entgegensteht.
a) Ob ein Arbeitnehmer in die Dienststelle eingegliedert wird, hängt zunächst einmal davon ab, ob er eine regelmäßige und dauernde, nicht bloß vorübergehende und auch nicht geringfügige Arbeit verrichten soll. Sie darf bei nicht berufsmäßiger Ausübung in ihrer Dauer nicht von vornherein auf eine Beschäftigungszeit von äußerstenfalls zwei Monaten im Jahr beschränkt sein. Andernfalls besteht eine Vermutung dafür, daß eine nicht mitbestimmungspflichtige, weil nur vorübergehende und geringfügige Arbeit aufgenommen worden soll, die nicht zur Eingliederung führt. Die Übertragung einer Daueraufgabe der Dienststelle indessen ist regelmäßig ein Indiz für die beabsichtigte Eingliederung; dies gilt insbesondere, wenn die gleichen Aufgaben wahrgenommen werden sollen, die auch den bereits in der Dienststelle tätigen Mitarbeitern obliegen, und zumal dann, wenn dadurch räumliche und sachliche Berührungspunkte bei der Arbeit entstehen (vgl. Beschluß vom 27. November 1991 – BVerwG 6 P 15.90 – a.a.O.; ferner BVerwGE 92, 47 ≪51≫). Es muß sich jedoch nicht notwendig um eine schon vor der Arbeitsaufnahme wahrgenommene Aufgabe der Dienststelle handeln; ebensowenig ist es erforderlich, daß die Aufgabe nach Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses auch weiterhin verfolgt wird. Entscheidend ist allein, daß Arbeiten zur Erledigung übertragen werden, mit denen unmittelbar oder mittelbar öffentliche Aufgaben erfüllt werden sollen, die der Dienststelle obliegen oder von ihr übernommen werden dürfen. Für Arbeiten, die nur mittelbar der Erfüllung öffentlicher Aufgaben dienen, ist zwar in Betracht zu ziehen, daß es an einer Eingliederung dann fehlen kann, wenn es sich zum einen um vom übrigen Dienstbetrieb absonderbare und zum anderen um von ihm auch tatsächlich ausgegliederte Tätigkeiten handelt, sie also nicht von der Dienststelle selbst wahrgenommen werden (vgl. auch BAG, Beschluß vom 5. Mai 1992 – 1 ABR 78/91 – NZA 1992, 1044). Diese Frage muß hier jedoch nicht abschließend entschieden werden, weil bei den zu entscheidenden Sachverhalten die Voraussetzungen einer derartigen Ausnahme typischerweise nicht vorliegen.
Sämtliche Tätigkeiten von ABM-Kräften, über die der Beteiligte Unterlagen vorgelegt hat, dienen der unmittelbaren Erfüllung öffentlicher Aufgaben der Staatsbibliothek. Zwar handelt es sich – mit Blick auf die Förderungsfähigkeit nach § 91 Abs. 2 Satz 1 AFG – voraussetzungsgemäß entweder nicht um originäre oder kraft Selbstbindung erwachsene Pflichtaufgaben der Einrichtung oder aber um eine Aufgabenerfüllung, die sonst erst zu einem wesentlich späteren Zeitpunkt erledigt werden könnte. In jedem Falle aber sind es öffentliche Aufgaben, welche erstens in den gesetzlichen Wirkungskreis der Staatsbibliothek fallen und an deren Erledigung zweitens ein unmittelbares öffentliches Interesse besteht. Die Erfüllung derartiger Aufgaben durch Tätigkeiten im Rahmen des Dienststellenbetriebes, die über die Grenze bloß vorübergehender oder geringfügiger Arbeiten hinausgehen, setzt eine tatsächliche Eingliederung der damit befaßten ABM-Kräfte voraus. Da auch die genannte Grenze beim Einsatz dieser Kräfte nach dem Gegenstand der für sie vorgesehenen Beschäftigung nicht sachnotwendig unterschritten wird, ist hier anzunehmen, daß eine tatsächliche Eingliederung beabsichtigt ist. Die bloße Möglichkeit einer Abberufung durch das Arbeitsamt gemäß § 93 Abs. 3 AFG ändert daran nichts. Erst wenn von vornherein feststeht, daß die Tätigkeiten in der Dienststelle nur geringfügiger und vorübergehender Natur sind, entfällt ausnahmsweise das Mitbestimmungsrecht (vgl. BVerwGE 92, 47 ≪52≫).
b) Die ABM-Kräfte unterliegen auch einem hinreichend gesicherten Weisungsrecht der Dienststelle. Dies wird – einem unechten Leiharbeitsverhältnis vergleichbar – durch die Abreden und Vereinbarungen im Dreiecksverhältnis zwischen dem Land Berlin, der Staatsbibliothek und den ABM-Kräften gewährleistet. Dabei mag offenbleiben, ob und gegebenenfalls welche Vorschriften des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes auf die Fallgestaltung entsprechend anzuwenden sind. Für alle Beteiligten steht nämlich von vornherein fest, daß die ABM-Kräfte ausschließlich und für die gesamte Dauer der Arbeitsbeschaffungsmaßnahme bei der Staatsbibliothek beschäftigt werden sollen. Die jeweilige Förderungsmaßnahme bezieht sich auch auf konkrete Tätigkeiten. Die Arbeitskraft kann also vorhersehen, was auf sie zukommt. Unter diesen Voraussetzungen ist anzunehmen, daß die für das Beschäftigungsverhältnis erforderlichen Weisungsbefugnisse und die Bindung an entsprechende Weisungen zumindest stillschweigend bei Abschluß des Arbeitsvertrages begründet werden: Schon zu diesem Zeitpunkt unterwirft sich die ABM-Kraft den Weisungen, die für die Ausführung der Tätigkeiten in der Staatsbibliothek erforderlich sind. Da die Weisungen sinnvoll nur seitens der Leitung der Staatsbibliothek ergehen können und die Übertragung des Weisungsrechts auch im Interesse dieser Einrichtung liegt, wird die Weisungsbefugnis von Anfang an zu ihren Gunsten, also zugunsten eines Dritten, begründet.
Die Festsetzung des Gegenstandswerts beruht auf § 10 Abs. 1 BRAGO in Verbindung mit § 8 Abs. 2 BRAGO.
Unterschriften
Niehues, Seibert, Albers, Vogelgesang, Eckertz-Höfer
Fundstellen