Verfahrensgang
OVG für das Land NRW (Beschluss vom 17.12.2007; Aktenzeichen 1 A 3407/06.PVB) |
Tenor
Die Beschwerde des Beteiligten zu 2 gegen die Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde im Beschluss des Fachsenats für Bundespersonalvertretungssachen des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 17. Dezember 2007 wird zurückgewiesen.
Gründe
Die Beschwerde des Beteiligten zu 2 gegen die Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde durch das Oberverwaltungsgericht gemäß § 83 Abs. 2 BPersVG i.V.m. § 92a Satz 1 ArbGG hat keinen Erfolg.
Die allein erhobene Grundsatzrüge gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 1, § 92 Abs. 1 Satz 2 ArbGG greift nicht durch. Die in der Beschwerdebegründung aufgeworfene Rechtsfrage hat keine grundsätzliche Bedeutung.
Der Beteiligte zu 2 will geklärt wissen, ob dem Personalratsmitglied bei der Entscheidung über die Benutzung eines privaten PKW zur Teilnahme an Personalratssitzungen gemäß § 44 Abs. 1 BPersVG i.V.m. § 5 Abs. 2 BRKG Ermessens- oder Beurteilungsspielraum zusteht. Diese Frage lässt sich anhand bereits vorliegender Senatsrechtsprechung eindeutig beantworten, so dass es zu ihrer Klärung nicht erst der Durchführung des Rechtsbeschwerdeverfahrens bedarf.
Die Kostentragung der Dienststelle nach § 44 Abs. 1 Satz 1 BPersVG kommt zunächst nur in Betracht, wenn die verursachende Maßnahme sich im Rahmen der den Personalvertretungen zugewiesenen Aufgaben hält. Diese Voraussetzung unterliegt der objektiven Nachprüfung. Sodann hat die Personalvertretung das Gebot der sparsamen Verwendung öffentlicher Mittel und den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beachten. Das Entstehen von Kosten muss für die Erfüllung ihrer Aufgaben überhaupt notwendig im Sinne von erforderlich und vertretbar sein. Dies ist nicht rückblickend allein nach objektiven Maßstäben zu beurteilen; es genügt, wenn die Personalvertretung die Aufwendungen bei pflichtgemäßer Beurteilung der Sachlage für erforderlich und vertretbar halten durfte (vgl. Beschluss vom 9. Oktober 1991 – BVerwG 6 P 1.90 – BVerwGE 89, 93 ≪104 f.≫ = Buchholz 250 § 44 BPersVG Nr. 25 S. 48 f. m.w.N.; ebenso zur Erforderlichkeit von Schulungen: Beschluss vom 14. Juni 2006 – BVerwG 6 P 13.05 – BVerwGE 126, 122 = Buchholz 250 § 44 BPersVG Nr. 35 Rn. 12 m.w.N.). Hinsichtlich der Art und Weise, wie der Personalrat oder das in Betracht kommende Mitglied eine ihm obliegende Aufgabe wahrnehmen will, insbesondere, ob er zu ihrer Erfüllung eine Reise für erforderlich halten durfte, besteht ein gewisser, wenn auch begrenzter Beurteilungsspielraum. Dieser erstreckt sich auf die Ausführung der Reise, also insbesondere auf die Frage, ob nicht auf andere, kostensparendere Weise die Aufgaben des Personalrats hätten erfüllt werden können (vgl. Beschluss vom 21. Juli 1982 – BVerwG 6 P 30.79 – Buchholz 238.3 A § 44 BPersVG Nr. 6 S. 4).
Daraus ergibt sich, dass der Personalrat wie auch das einzelne Personalratsmitglied hinsichtlich seiner kostenverursachenden Tätigkeit, die sich im gesetzlichen Aufgabenkreis bewegt, einen von strikter Rechtskontrolle entbundenen Beurteilungsspielraum hat, der sich auf die durch Personalratstätigkeit entstandenen Reisekosten erstreckt. Dieser Beurteilungsspielraum entfällt nicht deshalb, weil § 44 Abs. 1 Satz 2 BPersVG hinsichtlich der Reisekostenvergütungen das Bundesreisekostengesetz für anwendbar erklärt. Diese spezielle Regelung in § 44 Abs. 1 Satz 2 BPersVG ist ein Unterfall der Grundregel in § 44 Abs. 1 Satz 1 BPersVG (vgl. Beschlüsse vom 26. Februar 2003 – BVerwG 6 P 9.02 – BVerwGE 118, 1 ≪2 f.≫ = Buchholz 250 § 44 BPersVG Nr. 31 S. 2 sowie vom 27. Januar 2004 – BVerwG 6 P 9.03 – Buchholz 250 § 44 BPersVG Nr. 33 S. 14). Schon deswegen wäre es systemwidrig, Reisekosten des Personalratsmitgliedes grundsätzlich anders zu behandeln als alle anderen durch Personalratstätigkeit ausgelösten Kosten. Dies bedeutet nicht, dass das Personalratsmitglied sich über die reisekostenrechtlichen Bestimmungen hinwegsetzen kann. Vielmehr sind diese gesetzlichen Vorgaben zu beachten, soweit sie ungeachtet der Eigenart der Personalratstätigkeit Verbindlichkeit beanspruchen dürfen. Dort jedoch, wo die anzuwendenden reisekostenrechtlichen Bestimmungen unbestimmte Rechtsbegriffe enthalten, die offen sind für Wertungen und Abwägungen gegenläufiger Gesichtspunkte, ist die Zuerkennung eines Beurteilungsspielraums in gleicher Weise gerechtfertigt wie in den anderen Fällen kostenverursachender Tätigkeit, die sich nach den allgemeinen Kriterien der Erforderlichkeit, Vertretbarkeit und Verhältnismäßigkeit beurteilen.
Eine nach § 8 BPersVG unzulässige Privilegierung des Personalratsmitgliedes liegt daran nicht. Die reisekostenrechtlichen Bestimmungen sind auf die Reisen von Personalratsmitgliedern wegen der Eigenart der Personalratstätigkeit nur entsprechend anwendbar. Die Unabhängigkeit der Personalratsfunktion und die damit verbundene Autonomie in der Geschäftsführung rechtfertigt es, die Einhaltung der reisekostenrechtlichen Bestimmungen durch das Personalratsmitglied am Maßstab “pflichtgemäßer Würdigung der Umstände” zu beurteilen (vgl. Beschlüsse vom 18. Juni 1991 – BVerwG 6 P 3.90 – Buchholz 250 § 44 BPersVG Nr. 23 S. 37 und vom 21. Mai 2007 – BVerwG 6 P 5.06 – Buchholz 251.5 § 42 HePersVG Nr. 1 Rn. 18.).
Demnach steht dem Personalratsmitglied hinsichtlich der Frage, ob an der Benutzung eines Kraftwagens ein erhebliches dienstliches Interesse besteht (§ 5 Abs. 2 BRKG), ein Beurteilungsspielraum zu. Dieser ist begrenzt, weil das Personalratsmitglied die Wertung des Gesetzgebers, wonach die Benutzung eines Kraftwagens im Verhältnis zur Inanspruchnahme öffentlicher Verkehrsmittel – aus haushaltsrechtlichen wie aus ökologischen Gründen – besonders rechtfertigungsbedürftig ist, zu beachten hat. Es hat daher in pflichtgemäßer Würdigung die für und gegen die Benutzung des Kraftwagens sprechenden Umstände abzuwägen. Nur wenn das Ergebnis vertretbar ist, wird es der Überprüfung durch Dienststelle und Gericht standhalten. Dies hat das Oberverwaltungsgericht zutreffend erkannt. Seine sorgfältige einzelfallbezogene Würdigung wirft keine Fragen auf, die im Interesse der Rechtsfortbildung oder Rechtseinheit der Klärung im Rechtsbeschwerdeverfahren bedürfen.
Zur Bemerkung in der Beschwerdebegründung: “Allein im Kommandobereich des Beteiligten zu 2 gibt es mehr als 200 Personalräte (einschließlich Stufenvertretungen) mit weit mehr als 1 600 Mitgliedern.” sei der Vollständigkeit halber auf Folgendes hingewiesen: Im Kommandobereich des Beteiligten zu 2 gibt es nur eine Stufenvertretung, nämlich den Beteiligten zu 1 (§ 53 Abs. 2 SBG i.V.m. § 1 Nr. 1 der Verordnung vom 8. Februar 1991, BGBl I S. 424, zuletzt geändert durch Verordnung vom 28. August 2001, BGBl I S. 2289). Für die örtlichen Personalräte stellen sich die mit Reisekosten verbundenen Fragen in anderer Weise als für die Stufenvertretungen, bei denen wiederum zwischen freigestellten und nicht freigestellten Mitgliedern zu unterscheiden ist (vgl. dazu im Einzelnen: Beschluss vom 21. Mai 2007 a.a.O. Rn. 14 und 19 ff.).
Unterschriften
Dr. Hahn, Büge, Vormeier
Fundstellen