Verfahrensgang
VGH Baden-Württemberg (Urteil vom 10.07.2008; Aktenzeichen 2 S 2920/06) |
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 10. Juli 2008 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 339,15 € festgesetzt.
Gründe
Rz. 1
Die Beschwerde, die sich auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache stützt (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO), hat keinen Erfolg.
Rz. 2
Grundsätzliche Bedeutung kommt einer Rechtssache nur zu, wenn eine für die erstrebte Revisionsentscheidung erhebliche Frage des revisiblen Rechts im Interesse der Einheit oder der Fortbildung des Rechts revisionsgerichtlicher Klärung bedarf. Die grundsätzliche Bedeutung ist gemäß § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO darzulegen; dies verlangt die Bezeichnung einer konkreten Rechtsfrage, die für die Revisionsentscheidung erheblich sein wird und einen Hinweis auf den Grund, der ihre Anerkennung als grundsätzlich bedeutsam rechtfertigen soll (Beschluss vom 19. August 1997 – BVerwG 7 B 261.97 – Buchholz 310 § 133 VwGO Nr. 26). Diesen Anforderungen genügt die Beschwerde nicht.
Rz. 3
Die zwischen den Beteiligten umstrittene Auslegung und Anwendung des § 4 Abs. 5 Satz 1 des Rundfunkgebührenstaatsvertrags – RGebStV –, wonach die zuständige Landesrundfunkanstalt vom Rundfunkteilnehmer oder von Personen, bei denen tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen, dass sie ein Rundfunkempfangsgerät zum Empfang bereithalten und dies nicht umfassend nach § 3 Abs. 1 und 2 RGebStV angezeigt haben, Auskunft über diejenigen Tatsachen verlangen kann, die Grund, Höhe und Zeitraum ihrer Gebührenpflicht betreffen, betrifft im hier vorliegenden Streitfall noch irrevisibles Landesrecht. Zwar haben die Länder von der durch Art. 99 GG gegebenen Möglichkeit, Landesrecht für revisibel zu erklären, für den Bereich des Rundfunkrechts bereits durch § 48 des Rundfunkstaatsvertrags – RStV – in der am 1. Januar 1997 in Kraft getretenen Fassung Gebrauch gemacht. Diese Regelung erstreckt sich aber nicht auf den hier in Rede stehenden Rundfunkgebührenstaatsvertrag (Urteile vom 9. Dezember 1998 – BVerwG 6 C 13.97 – BVerwGE 108, 108 ≪110≫ = Buchholz 422.2 Rundfunkrecht Nr. 32 S. 46 f. und vom 21. September 2005 – BVerwG 6 C 16.04 – Buchholz 422.2 Rundfunkrecht Nr. 40). Dessen Bestimmungen wurden erst mit Inkrafttreten des am 10. Februar 2007 bekanntgemachten 9. Rundfunkänderungsstaatsvertrags durch die Einfügung des neuen § 10 Rundfunkgebührenstaatsvertrag – RGebStV – für revisibel erklärt. Die Revisibilität gilt noch nicht für das Staatsvertragsrecht, das für die Rundfunkgebührenpflicht in einem in der Vergangenheit abgeschlossenen Zeitraum maßgeblich ist. Denn unter den in § 10 RGebStV nunmehr als revisibel bezeichneten “Bestimmungen dieses Staatsvertrages” sind die Bestimmungen des Rundfunkgebührenstaatsvertrags in der Fassung zu verstehen, die dieser durch Art. 7 des 9. Rundfunkänderungsstaatsvertrags erhalten hat, nicht hingegen das bisherige Gebührenstaatsvertragsrecht (vgl. zum sachlichen und zeitlichen Geltungsbereich des § 48 RStV: Urteile vom 11. März 1998 – BVerwG 6 C 12.97 – BVerwGE 106, 216 ≪218≫ = Buchholz 422.2 Rundfunkrecht Nr. 30 S. 19 und vom 21. September 2005 a.a.O.).
Rz. 4
Der Streitgegenstand bezieht sich hier nicht auf eine generelle, zeitlich unbestimmte Auskunftspflicht des Klägers gegenüber dem Beklagten, sondern ausweislich der Antragstellung vor dem Berufungsgericht auf die Rechtmäßigkeit des Auskunftsersuchens vom 15. Mai 2003. Durch dieses war der Kläger unter Fristsetzung und Androhung von Verwaltungszwang förmlich zur Auskunft verpflichtet worden. Dieses situationsgebundene Schreiben hat sich längst vor 2007 und damit vor dem Eintritt der Revisibilität jedenfalls aufgrund konsensualen Verhaltens der Parteien (vgl. dazu Urteil vom 27. März 1998 – BVerwG 4 C 11.97 – Buchholz 316 § 43 VwVfG Nr. 10) erledigt. Das sieht insbesondere auch der Kläger so. Denn er hat der Annahme im angefochtenen Urteil, er mache nicht geltend, dass der Beklagte an dem streitgegenständlichen Auskunftsersuchen noch festhalte, in der Beschwerdebegründung nicht widersprochen. Vielmehr hat er dort zum fortbestehenden Rechtsschutzinteresse bei erledigtem Verwaltungshandeln (Rehabilitationsinteresse, Wiederholungsgefahr) vorgetragen. Hat sich aber das Auskunftsersuchen vom 15. Mai 2003 erledigt, so kommt für die Beurteilung seiner Rechtmäßigkeit spätestens der Zeitpunkt seiner Erledigung in Betracht.
Rz. 5
Die Revision ist auch nicht im Hinblick darauf zuzulassen, dass die Beschwerde die Vereinbarkeit des § 3 Abs. 2 Nr. 9 RGebStV mit den Grundrechten aus Art. 2 Abs. 1 und Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG in Frage stellt. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts vermag die Nichtbeachtung von Bundesrecht bei der Auslegung und Anwendung von Landesrecht die Zulassung der Revision allenfalls dann zu begründen, wenn die Auslegung der – gegenüber dem Landesrecht als korrigierender Maßstab angeführten – bundesrechtlichen Normen ihrerseits ungeklärte Fragen von grundsätzlicher Bedeutung aufwirft. Die angeblichen bundesrechtlichen Maßgaben, deren Tragweite und Klärungsbedürftigkeit im Hinblick auf die einschlägigen landesrechtlichen Regelungen sowie die Entscheidungserheblichkeit ihrer Klärung in dem anhängigen Verfahren sind in der Beschwerdebegründung darzulegen (Beschlüsse vom 19. Juli 1995 – BVerwG 6 NB 1.95 – Buchholz 310 § 47 VwGO Nr. 104 und vom 6. Oktober 2005 – BVerwG 6 BN 2.05 – Buchholz 402.41 Allg. Polizeirecht Nr. 80). An diesen Voraussetzungen fehlt es hier. Die verfassungsrechtlichen Zweifel des Klägers beziehen sich nicht auf ungeklärte Fragen hinsichtlich der Auslegung der von ihm genannten Verfassungsnormen, sondern darauf, ob das Berufungsgericht unter Beachtung der verfassungsrechtlichen Vorgaben zu einem anderen Ergebnis bei der Anwendung des irrevisiblen Landesrechts hätte gelangen müssen. Dies kann die Zulassung der Revision nicht rechtfertigen.
Rz. 6
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Bei der Festsetzung des Streitwertes ist gemäß § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 1 GKG von der Bedeutung der Sache für den Kläger auszugehen. Nach dem Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (Nr. 3.1 Abgabe) ist bei wiederkehrenden Leistungen aus Abgaben der 3 ½-fache Jahresbetrag zu Grunde zu legen; das ist bei 16,15 € Rundfunkgebühr im Monat ein Gesamtbetrag von (16,15 € × 42 Monate) 678,30 €, der jedoch mit Rücksicht darauf, dass der Rechtsstreit noch nicht die Zahlung, sondern erst die darauf hinführende Auskunft betrifft, nur zur Hälfte (678,30 € : 2 = 339,15 €) angesetzt wird.
Unterschriften
Dr. Bardenhewer, Büge, Dr. Graulich
Fundstellen