Verfahrensgang
Nachgehend
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 15. Oktober 1996 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird unter Abänderung der Streitwertfestsetzung der Vorinstanzen für alle drei Rechtszüge auf jeweils 50 000 DM festgesetzt.
Tatbestand
I.
Der Kläger, ein amerikanischer Jazz-Pianist, ist Mitglied der Scientology. Er wendet sich gegen Äußerungen der baden-württembergischen Landesregierung gegenüber dem Landtag des Landes Baden-Württemberg. Anläßlich der Leichtathletik-Weltmeisterschaft im August 1993 beabsichtigte das beklagte Land, der Öffentlichkeit ein eigenes Rahmenprogramm zu präsentieren. Eine von dem Beklagten beauftragte Agentur nahm mit dem Kläger Vertragsverhandlungen über ein Konzert für dieses Beiprogramm auf. Die Verhandlungen wurden abgebrochen, nachdem die Mitgliedschaft des Klägers in der Scientology-Organisation bekanntgeworden war.
Auf eine entsprechende Kleine Anfrage erklärte das Ministerium für Kultus und Sport im Einvernehmen mit dem Ministerium für Familie, Frauen, Weiterbildung und Kunst am 9. Juni 1993, künftig müsse eine staatliche Förderung von Veranstaltungen in Frage gestellt werden, an denen “aktiv und offen bekennende Scientologen und Mitglieder ähnlicher Gruppierungen auftreten” (LTDrucks 11/2051). Die hiergegen gerichtete Klage des Klägers blieb in den beiden Vorinstanzen ohne Erfolg.
Entscheidungsgründe
II.
Die Beschwerde des Klägers, mit der er die Zulassung der Revision erreichen möchte, ist ebenfalls unbegründet. Weder kommt der Rechtssache die vom Kläger geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zu noch weicht das Berufungsurteil im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO von den insoweit angegebenen Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts ab.
1. Grundsätzlich bedeutsam ist eine Rechtssache nur dann, wenn in dem angestrebten Revisionsverfahren die Klärung einer bisher höchstrichterlich ungeklärten, in ihrer Bedeutung über den der Beschwerde zugrundeliegenden Einzelfall hinausgehenden klärungsbedürftigen Rechtsfrage des revisiblen Rechts (vgl. § 137 Abs. 1 VwGO) zu erwarten ist. Daran fehlt es hier. Auf der Grundlage der tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts ist nicht zu erwarten, daß in dem vom Kläger beabsichtigten Revisionsverfahren eine Frage von grundsätzlicher Bedeutung zu beantworten wäre.
Der Kläger macht geltend, grundsätzliche Bedeutung vermittele der vorliegenden Rechtssache die Frage, “ob es eine relevante Beeinträchtigung der Grundrechte (aus Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1, Art. 3 Abs. 3, Art. 4 Abs. 1 und 2, Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG) eines Künstlers darstellt, wenn eine Landesregierung in der Antwort auf eine Kleine Anfrage des Landtags unter ausdrücklicher Bezugnahme auf den namentlich genannten Künstler in Anknüpfung an dessen religiös-weltanschauliches Bekenntnis ankündigt, eine staatliche Förderung von Veranstaltungen müsse künftig in Frage gestellt werden, wenn ein Künstler dort als aktiv und offen bekennender Angehöriger dieser bestimmten Religions- oder Weltanschauungsgemeinschaft auftritt” (Beschwerdebegründung S. 3). Dem kann schon deshalb nicht gefolgt werden, weil sich auf der Grundlage der nicht mit beachtlichen Verfahrensrügen angegriffenen und deshalb den beschließenden Senat bindenden tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts eine derartige Frage in einem etwaigen Revisionsverfahren nicht stellen würde. Denn danach ist zwar richtig, daß u.a. die Person des Klägers Anlaß für die Kleine Anfrage und deren schriftliche Beantwortung war. Doch heißt es in dieser Antwort losgelöst von der Person des Klägers und keineswegs beschränkt auf die Gruppierung, der er angehört, es müsse zukünftig “eine staatliche Förderung von Veranstaltungen in Frage gestellt”, d.h. im jeweiligen Einzelfall einer Überprüfung unterzogen werden, “an der aktiv und offen bekennende Scientologen und Mitglieder ähnlicher Gruppierungen auftreten” (Berufungsurteil S. 3 f.). Die sich lediglich nach Maßgabe dieser tatsächlichen Feststellungen stellende Frage des Klägers ist ohne weiteres zu verneinen, so daß es zu ihrer Klärung nicht der Durchführung eines Revisionsverfahrens bedarf. Denn u.a. aus den vom Berufungsgericht angestellten Erwägungen ist es rechtlich nicht zu beanstanden, wenn eine Landesregierung eine Förderpraxis von Zeit zu Zeit einer Überprüfung zu unterziehen beabsichtigt.
Auch die weitere vom Kläger aufgeworfene Frage, “ob einer Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage des Landesparlaments das Merkmal ‘Zielgerichtetheit’ bzw. ‘Finalität’ des Eingriffs in subjektiv-rechtliche Grundrechtspositionen und international verbürgte Menschenrechte fehlt, wenn sie kein appellatives Element gegenüber der Öffentlichkeit enthält” (Beschwerdebegründung S. 4) rechtfertigt keine Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Auf der Grundlage der zuvor skizzierten tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts würde sie sich nämlich in einem etwaigen Revisionsverfahren schon deshalb nicht stellen, weil es danach hier bereits an einem Eingriff fehlt und deswegen kein Raum für die Behandlung des vom Kläger bezeichneten qualifizierenden Merkmals wäre.
Die Frage, “ob im Bereich der geistigen (ideellen) Freiheitsrechte des Grundrechtskatalogs, insbesondere im Schutzbereich des Art. 4 GG, eine nicht gezielte (faktische) grundrechtsrelevante Beeinträchtigung nur dann angenommen werden kann, wenn die Nachteile für den Betroffenen schwerwiegend und nachhaltig sind” (Beschwerdebegründung S. 5), begründet ebenfalls keine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Denn nach den tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts fehlt es an einer hinreichenden Grundlage für die Annahme, die vom Kläger beanstandete Maßnahme könne schwerwiegende und nachhaltige Nachteile gerade zu seinen Lasten auslösen, so daß sich in einem etwaigen Revisionsverfahren nicht die Frage stellen kann, welche Folgen das Vorliegen solcher Nachteile hat.
Die ferner von der Beschwerde aufgeworfene Frage, “ob die Antwort einer Landesregierung auf eine Kleine Anfrage des Landesparlaments, in welcher eine künftige Verwaltungspraxis angekündigt wird, eine Ungleichbehandlung im Sinne des Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG darstellen kann” (Beschwerdebegründung S. 8), würde sich auf der Grundlage der tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts in dem angestrebten Revisionsverfahren ebenfalls nicht stellen. Danach nämlich hat die Landesregierung nicht eine künftige Verwaltungspraxis angekündigt, sondern sie hat lediglich ihre Absicht deutlich gemacht, ihre bisherige Verwaltungs-(Förderungs-)praxis von Fall zu Fall “in Frage” zu stellen, d.h. einer jeweiligen Überprüfung im Einzelfall zu unterziehen.
Schließlich rechtfertigen auch die Fragen, “ob es eine Beeinträchtigung des durch Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG geschützten Wirkbereichs eines Künstlers darstellt, wenn Veranstalter von Festivals von einem Engagement des Künstlers aufgrund einer regierungsamtlichen Äußerung absehen und ob es bei der Beurteilung einer solchen mittelbaren faktischen Beeinträchtigung des Wirkbereichs eines Künstlers auf dessen Ausweichmöglichkeiten ankommt” (Beschwerdebegründung S. 9), keine Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Auch derartige Fragen würden sich auf der Grundlage der – wie bereits gesagt – nicht mit beachtlichen Verfahrensrügen angegriffenen und deshalb den beschließenden Senat bindenden tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts nicht stellen. Denn das Berufungsgericht hat keinerlei Feststellungen getroffen, die die Annahme zu tragen geeignet sind, aufgrund der Beantwortung der in Rede stehenden Kleinen Anfrage hätten Veranstalter von Festivals (tatsächlich) von einem Engagement des Klägers abgesehen.
2. Auch die von der Beschwerde geltend gemachte Divergenzrüge im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO greift nicht durch. Eine Abweichung im Sinne dieser Bestimmung setzt voraus, daß das Berufungsgericht in Anwendung derselben Rechtsvorschrift mit einem seine Entscheidung tragenden, abstrakten Rechtssatz von einem in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts aufgestellten ebensolchen Rechtssatz abgewichen ist. Das Berufungsgericht hat hier entgegen den Ausführungen der Beschwerde keinen derartigen abstrakten Rechtssatz aufgestellt. Es hat vielmehr ausdrücklich den Unterschied des für den vorliegenden Sachverhalt maßgeblichen rechtlichen Rahmens zu den rechtlichen Grundlagen für die vom Bundesverwaltungsgericht (vgl. Urteile vom 23. Mai 1989 – BVerwG 7 C 2.87 – BVerwGE 82, 76 ff. und vom 27. März 1992 – BVerwG 7 C 21.90 – BVerwGE 90, 112 ff.) entschiedenen Fallgruppen der amtlichen Warnung vor religiösen oder weltanschaulichen Gruppen und der staatlichen Förderung von Vereinen, die die Öffentlichkeit über das Wirken solcher Gruppen aufklären, betont. Im übrigen stellen die von der Beschwerde wiedergegebenen Passagen aus den bezeichneten Urteilen des Bundesverwaltungsgerichts keine abstrakten Rechtssätze dar, sondern enthalten neben mehr allgemeinen rechtlichen Ausführungen Subsumtionsschritte und damit die Rechtsanwendung selbst. Insoweit fehlt es an abstrakten Rechtssätzen, von denen das Berufungsgericht abgewichen sein könnte.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts und die Abänderung der Streitwertfestsetzung der Vorinstanzen beruht auf § 25 Abs. 2 Satz 1 und 2, § 19 Abs. 1 Satz 3, § 13 Abs. 1 Satz 1 GKG. Wegen der Bedeutung der Sache für den Kläger ist von einem gegenüber den Vorinstanzen deutlich höheren Streitwert auszugehen.
Unterschriften
Prof. Dr. Driehaus, Dr. Pagenkopf, Dr. Borgs-Maciejewski
Fundstellen