Entscheidungsstichwort (Thema)
Anspruch eines (früheren) Mitgliedes einer Jugend- oder Personalvertretung nach Abschluß der Berufsausbildung auf Weiterbeschäftigung. Zumutbarkeit der Weiterbeschäftigung eines (früheren) Mitgliedes einer Jugend- oder Personalvertretung nach Abschluß der Berufsausbildung
Leitsatz (amtlich)
Dem Arbeitgeber ist es nur dann zuzumuten, ein (früheres) Mitglied einer Jugend- oder Personalvertretung nach Abschluß der Berufsausbildung weiterzubeschäftigen, wenn ihm dafür eine Planstelle oder ein Arbeitsplatz zur Verfügung steht, auf dem der nach § 9 Abs. 2 BPersVG Weiterbeschäftigungsberechtigte dauernd beschäftigt werden kann.
Der Arbeitgeber ist nicht verpflichtet, eine Planstelle oder einen Arbeitsplatz einzurichten, um seiner Weiterbeschäftigungspflicht nach § 9 Abs. 2 BPersVG nachkommen zu können.
Normenkette
BPersVG §§ 9, 107
Verfahrensgang
OVG für die Länder Niedersachsen und Schleswig-Holstein (Beschluss vom 29.02.1984; Aktenzeichen 18 OVG L 21/83 (Nds)) |
VG Braunschweig (Entscheidung vom 23.08.1983; Aktenzeichen PL 1/83) |
Tenor
Die Rechtsbeschwerden der Beteiligten gegen den Beschluß des Oberverwaltungsgerichts für die Länder Niedersachsen und Schleswig-Holstein – Fachsenat für Personalvertretungssachen des Landes Niedersachsen – vom 29. Februar 1984 werden zurückgewiesen.
Tatbestand
I.
Der Präsident der Technischen Universität B., der Antragsteller, erstrebt die gerichtliche Auflösung des Arbeitsverhältnisses, das seit dem 27. Januar 1983 mit dem Feinmechaniker M., dem Beteiligten zu 1), gemäß § 9 Abs. 2, 3 BPersVG als begründet gilt. Seinem Begehren liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
Der Beteiligte zu 1) gehörte als Auszubildender in der Zeit von Dezember 1980 bis November 1982 der Jugendvertretung bei der Technischen Universität B., der Beteiligten zu 3), an. Am 26. Januar 1983 endete seine Berufsausbildung. Bereits unter dem 13. September 1982 hatte ihm der Antragsteller mitgeteilt, daß er im Anschluß an seine Berufsausbildung nicht in ein Arbeitsverhältnis übernommen werden könne. Mit Schreiben vom 19. Januar 1983 verlangte der Beteiligte zu 1) daraufhin seine Weiterbeschäftigung gemäß § 9 Abs. 2, 3 BPersVG. Um diesem Verlangen entsprechen zu können, erwirkte der Antragsteller, daß ihm zu Lasten anderer Haushaltsmittel der Technischen Universität eine zusätzliche Stelle der Lohngruppe VII MTL II – Handwerklicher Dienst – mit dem Haushaltsvermerk „künftig wegfallend” zur Verfügung gestellt wurde. Auf dieser Stelle wird der Beteiligte zu 1) derzeit beschäftigt.
Unter dem 4. Februar 1983 hat der Antragsteller das Verwaltungsgericht angerufen und die Auflösung des Arbeitsverhältnisses des Beteiligten zu 1) begehrt. Er hat vorgetragen: Bei Beendigung des Berufsausbildungsverhältnisses des Beteiligten zu 1) habe für diesen keine freie Planstelle zur Verfügung gestanden. Auch eine anderweitige Beschäftigungsmöglichkeit sei nicht gegeben gewesen, zumal sich der gesetzliche Übernahmeanspruch nicht auf ein befristetes Arbeitsverhältnis richte. Nur in solche aus Drittmitteln oder Mitteln für Vertretungs- und Aushilfskräfte finanzierten Arbeitsverhältnisse aber hätten 7 der 17 Auszubildenden übernommen werden können, die zusammen mit dem Beteiligten zu 1) ihre Ausbildung abgeschlossen hätten. Unter ihnen sei nur ein Feinmechaniker gewesen, dessen Einstellung bereits vor dem Übernahmeverlangen des Beteiligten zu 1) beantragt gewesen sei. Nach alledem sei die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses mit dem Beteiligten zu 1) unzumutbar, weil es an einer entsprechenden Beschäftigungsmöglichkeit fehle. § 9 BPersVG gebiete der Dienststelle auch nicht, zu Lasten der Erfüllung anderer Aufgaben die Voraussetzungen für eine Weiterbeschäftigung eines früheren Jugendvertreters zu schaffen, weil dieser dadurch eine vom Gesetz nicht gewollte Begünstigung erfahre.
Die Beteiligten zu 1) und 3) sowie der Personalrat bei der TU B., der Beteiligte zu 2), sind dem Antrag entgegengetreten.
Das Verwaltungsgericht hat dem Antrag stattgegeben. Die dagegen gerichtete Beschwerde der Beteiligten blieb ohne Erfolg, im wesentlichen aus folgenden Gründen:
Die Weiterbeschäftigungsverpflichtung des § 9 Abs. 2, 3 BPersVG solle dem (früheren) Mitglied einer Jugend- oder Personalvertretung den Nachweis ersparen, daß seine Übernahme in ein Arbeitsverhältnis nach dem Enden der Berufsausbildung wegen seiner Tätigkeit in der Jugend- oder Personalvertretung abgelehnt werde. Das habe zur Folge, daß sich der Arbeitgeber gegen diese Rechtsfolge zu wehren und die Gründe dafür darzulegen habe. In dieser Besserstellung des (früheren) Mitgliedes einer Jugend- oder Personalvertretung finde die Regelung aber auch ihre Grenze. Weder begründe sie einen darüber hinausgehenden, von den gesetzlichen Einstellungsvoraussetzungen losgelösten Anspruch auf Weiterbeschäftigung im öffentlichen Dienst noch beseitige sie den Beurteilungsspielraum, der dem Dienstherrn hinsichtlich der Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung der Bewerber zustehe. Auch könne ihm die Weiterbeschäftigung nicht zugemutet werden, wenn aus organisatorischen oder sonstigen objektiven Gründen keine Möglichkeit bestehe, das (frühere) Mitglied einer Jugend- oder Personalvertretung weiter zu beschäftigen, insbesondere wenn keine freie Planstelle dafür vorhanden sei; denn es sei nicht Sinn der Vorschrift, jedem in der Berufsausbildung befindlichen Mitglied eines Personalvertretungsorgans ohne Rücksicht auf zwingende betriebliche Notwendigkeiten einen Arbeitsplatz zu garantieren. Die Weiterbeschäftigungspflicht bestehe nur innerhalb der tatsächlich gegebenen Möglichkeiten, sie begründe keinen Anspruch auf Schaffung neuer Arbeitsplätze.
Hiervon ausgehend sei das Auflösungsverlangen des Antragstellers begründet, weil feststehe, daß bei Abschluß der Berufsausbildung des Beteiligten zu 1) für diesen keine freie Stelle vorhanden gewesen und auch nicht vorauszusehen gewesen sei, daß in überschaubarer Zeit eine geeignete Stelle freiwerden würde. Über die von den Beteiligten in diesem Zusammenhang erwähnte Stelle des Maschinenschlossers B., der zum 1. März 1983 auf eine planmäßige Stelle übernommen worden sei, habe der Antragsteller bereits vor dem Übernahmeverlangen des Beteiligten zu 1) mit Zustimmung des Personalrats verfügt gehabt. Bei Eingang des Übernahmeverlangens sei sie schon vergeben gewesen. Der Antragsteller habe sich auch nicht dadurch in Widerspruch zu seinem Verlangen gesetzt, daß er die Schaffung einer zusätzlichen Stelle zu Lasten anderer Haushaltsmittel für den Beteiligten zu 1) erwirkt habe. Hierzu sei er gezwungen gewesen, um dem Übernahmeverlangen bis zum Wirksamwerden der unverzüglich von ihm beantragten Auflösung des auf § 9 Abs. 2, 3 BPersVG beruhenden Arbeitsverhältnisses mit dem Beteiligten zu 1) entsprechen zu können. Gegenteiliges ergebe sich nicht daraus, daß der Antragsteller – mit Ausnahme von zwei anders geregelten Fällen – bisher frühere Jugendvertreter jeweils auf zusätzlich geschaffene Stellen übernommen habe. Diese frühere Praxis begründe keinen Anspruch darauf, weiterhin so zu verfahren, zumal sich die Zahl der Ausbildungsplätze bei dem Antragsteller erhöht, die Stellensituation insgesamt aber ungünstig entwickelt habe.
Für die rechtliche Beurteilung sei schließlich nicht entscheidend, ob es möglich gewesen wäre, den Beteiligten zu 1) nach dem Ende seiner Berufsausbildung in ein befristetes Arbeitsverhältnis zu übernehmen. Eine befristete Einstellung als Vertretung oder Aushilfe oder im Rahmen eines Drittmittelprojekts beruhe stets auf einem entsprechenden Arbeitsvertrag und sei keine Weiterbeschäftigung im Sinne des § 9 Abs. 2 BPersVG, über deren Zumutbarkeit im Rahmen des Abs. 4 der Vorschrift allein zu befinden sei. Der gesetzlichen Regelung sei auch nicht zu entnehmen, daß die Dienststelle das (frühere) Mitglied einer Jugend- oder Personalvertretung im Rahmen des Möglichen jedenfalls befristet weiterbeschäftigen müsse, wenn dessen Beschäftigung auf einer freien Stelle für unbestimmte Zeit nicht möglich sei.
Gegen diesen Beschluß richtet sich die vom Beschwerdegericht zugelassene Rechtsbeschwerde der Beteiligten, mit der sie vorrangig die Antragsbefugnis des Antragstellers bezweifeln. Die Beteiligten zu 1) und 3) meinen, Arbeitgeber des Beteiligten zu 1) sei das Land Niedersachsen, weil die an den Hochschulen dieses Landes tätigen Personen in dessen Dienst ständen. Ihre Personalangelegenheiten gehörten nicht zu den Selbstverwaltungsangelegenheiten der Hochschulen, sondern seien staatliche Angelegenheiten, deren Wahrnehmung den Hochschulen nicht übertragen worden sei. Antragsberechtigt sei daher nur das Land Niedersachsen. Ob dieses sich durch den Antragsteller hätte vertreten lassen können, sei unerheblich, weil der Antragsteller den Antrag unzulässigerweise im eigenen Namen gestellt habe. Dies habe er zudem nicht unter seiner gesetzlichen Bezeichnung Universität B. getan, sondern in der Antragsschrift als Antragsteller die „Technische Universität C.-W.” bezeichnet. Der Antrag sei nach alledem unzulässig; seine Änderung im Rechtsbeschwerdeverfahren sei ausgeschlossen.
In der Sache vertreten die Rechtsbeschwerdeführer den Standpunkt, es sei zulässig und dem Arbeitgeber zumutbar, seine Weiterbeschäftigungsverpflichtung aus § 9 Abs. 2, 3 BPersVG in der Weise zu erfüllen, daß das frühere Mitglied einer Jugend- oder Personalvertretung auf unbestimmte Zeit angestellt wird, seine Vergütung aber bis zum Freiwerden einer Planstelle aus befristet zur Verfügung stehenden Mitteln gewährleistet wird.
Die Rechtsbeschwerdeführer beantragen sinngemäß,
den Beschluß des Oberverwaltungsgerichts für die Länder Niedersachsen und Schleswig-Holstein – Fachsenat für Personalvertretungssachen des Landes Niedersachsen – vom 29. Februar 1984 und den Beschluß des Verwaltungsgerichts Braunschweig – Fachkammer für Landespersonalvertretungssachen – vom 23. August 1983 aufzuheben und den Antrag zurückzuweisen, hilfsweise, die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Beschwerdegericht zurückzuverweisen.
Der Antragsteller tritt der Rechtsbeschwerde entgegen und verteidigt den angefochtenen Beschluß. Den Zweifeln an seiner Antragsbefugnis tritt er mit der Rechtsauffassung entgegen, er habe den Antrag in Vertretung des Landes Niedersachsen gestellt. Dies ergebe sich daraus, daß beantragt worden sei, das zwischen dem Beteiligten zu 1) „und dem Land Niedersachsen, vertreten durch den Präsidenten der TU B.” begründete Arbeitsverhältnis aufzulösen. Damit sei erkennbar geworden, daß er für das Land Niedersachsen gehandelt habe. Daß er im personalvertretungsrechtlichen Beschlußverfahren von den Gerichten des 1. und 2. Rechtszuges gleichwohl als Antragsteller bezeichnet worden sei, habe keine rechtliche Bedeutung; denn Verfahrensbeteiligter sei derjenige, der das Gericht tatsächlich anrufe, möge ihn das Gericht in seinen Entscheidungen auch unrichtig bezeichnen. Aus dem angegriffenen Beschluß gehe im übrigen hervor, daß beide Vorinstanzen davon ausgegangen seien, daß er den Antrag in Vertretung des Landes Niedersachsen gestellt habe.
Der Oberbundesanwalt beteiligt sich am Verfahren. Er vertritt die Auffassung, die Weiterbeschäftigung eines (früheren) Mitgliedes einer Jugend- oder Personalvertretung könne auch aus betrieblichen Gründen unzumutbar sein. Dies sei der Fall, wenn es an einem geeigneten Arbeitsplatz oder – wie im vorliegenden Fall – an einer in Betracht kommenden Planstelle fehle. Dem Arbeitgeber sei es nicht zuzumuten, einen solchen Beschäftigten zunächst befristet weiterzubeschäftigen und die Verpflichtung zu übernehmen, durch betriebsorganisatorische Maßnahmen einen dauernden Arbeitsplatz für ihn zu schaffen.
Entscheidungsgründe
II.
Die zulässigen Rechtsbeschwerden bleiben ohne Erfolg. Die Vorinstanzen haben dem Antrag auf Auflösung des Arbeitsverhältnisses des Beteiligten zu 1) zu Recht entsprochen.
Der Beteiligte zu 1), der die persönlichen Voraussetzungen des gemäß § 107 Satz 2 BPersVG im Landesbereich entsprechend geltenden § 9 Abs. 1 BPersVG unstreitig erfüllt und seine Weiterbeschäftigung beantragt hat, steht seit Beendigung seines Berufsausbildungsverhältnisses aufgrund der Fiktion des § 9 Abs. 2, 3 BPersVG in einem Arbeitsverhältnis zum Land Niedersachsen. Die Befugnisse des Arbeitgebers hat ihm gegenüber seit jeher der Präsident der Technischen Universität B. wahrgenommen, der auch den Ausbildungsvertrag in Vertretung des Landes Niedersachsen abgeschlossen hatte. Dementsprechend hat der Beteiligte zu 1) sein Weiterbeschäftigungsverlangen unmittelbar und ausschließlich an den Präsidenten der Technischen Universität B. gerichtet, obwohl es zweifelsohne nur vom Land Niedersachsen als Arbeitgeber erfüllt werden konnte. Für das Land hat sodann der Präsident der Technischen Universität B. diesem Verlangen entsprochen und die erforderlichen haushaltsrechtlichen Maßnahmen veranlaßt. In der gleichen Stellung, nämlich als Behördenleiter, der für seinen Bereich die Rechte und Pflichten des Landes Niedersachsen als Arbeitgeber wahrt und erfüllt, hat der Präsident der Technischen Universität B. das Antragsrecht nach § 9 Abs. 4 BPersVG ausgeübt. Das geht zweifelsfrei aus dem Wortlaut des in der Antragsschrift vom 4. Februar 1983 formulierten Antrages hervor. Dem steht nicht entgegen, daß die Antragsschrift, die den Briefkopf des Präsidenten der Technischen Universität B. trägt, mit den Worten „Ich beantrage” beginnt. Denn der formulierte Antrag stellt klar, daß der Präsident der Technischen Universität B. den Antrag in Vertretung des Landes Niedersachsen gestellt hat.
Zweifel daran, daß der Präsident der Technischen Universität B. befugt ist, die Rechte und Aufgaben des Landes Niedersachsen gegenüber den Arbeitnehmern der Technischen Universität B. wahrzunehmen, werden nicht dadurch begründet, daß er insoweit keine Selbstverwaltungsaufgabe der Hochschule wahrnimmt. Gerade weil die Ausübung der Personalhoheit und das Handeln als Arbeitgeber nicht zu den Selbstverwaltungsangelegenheiten der Hochschule gehört, konnte der Präsident der Technischen Universität B. im vorliegenden Fall nur als Vertreter des Landes Niedersachsen tätig werden. Dem vermochte er im Verfahren nach § 9 Abs. 4 BPersVG allerdings nur in dem von ihm formulierten Antrag Ausdruck zu geben. Denn das Land Niedersachsen beteiligt sich selbst nicht an Gerichtsverfahren, sondern läßt sich in solchen Verfahren nach landesrechtlicher Regelung durch die beteiligte Behörde – im vorliegenden Fall durch die Technische Universität B. – vertreten (Gem. RdErl. d. StK u. sämtl. Min. i.d.F. vom 27. August 1974 ≪Nds. MBl. S. 1542≫, Abschn. IV Teil B Nr. 13). Die Bedenken der Rechtsbeschwerde dagegen, daß der Präsident der Technischen Universität B. den Antrag nach § 9 Abs. 4 BPersVG für das Land Niedersachsen gestellt hat, sind nach alledem unbegründet.
In der Sache ist dem Beschwerdegericht im Ergebnis darin beizupflichten, daß die Voraussetzungen des § 9 Abs. 4 Satz 1 BPersVG für die Entbindung des Arbeitgebers von der Weiterbeschäftigungspflicht im Falle des Beteiligten zu 1) erfüllt sind. Das ergibt sich aus dem Gegenstand des Weiterbeschäftigungsanspruchs eines (früheren) Mitgliedes einer Jugend- oder Personalvertretung einerseits und der Bestimmung der Grenzen, innerhalb deren dem Arbeitgeber die Erfüllung dieses Anspruchs zuzumuten ist, andererseits. Dazu im einzelnen:
Die gesetzliche Fiktion des § 9 Abs. 2 BPersVG, nach der auf Verlangen eines Auszubildenden, der Mitglied einer Personalvertretung oder einer Jugendvertretung ist oder in den zeitlichen Grenzen des Abs. 3 der Vorschrift war, ein Arbeitsverhältnis zu dem bisherigen Arbeitgeber auf unbestimmte Zeit als begründet gilt, rechtfertigt sich aus dem Benachteiligungsverbot des § 8 BPersVG, welches § 9 BPersVG lediglich in spezieller Weise ausformt (vgl. dazu BVerwGE 62, 364 ≪370 f.≫). Sie soll verhindern, daß ein (früheres) Mitglied einer Jugend- oder Personalvertretung wegen seiner Tätigkeit in der Vertretung nicht weiterbeschäftigt wird. Bei rechtem Verständnis dieses Zweckes der Regelung genügt der Arbeitgeber seiner Weiterbeschäftigungspflicht uneingeschränkt nur dann, wenn er dem (früheren) Mitglied einer Jugend- oder Personalvertretung eine auf Dauer angelegte Beschäftigung ermöglicht, die dessen Ausbildung entspricht und ihn sowohl hinsichtlich der rechtlichen Ausgestaltung des Arbeitsverhältnisses als auch der Bezahlung und der beruflichen Entwicklungsmöglichkeiten einem Beschäftigten gleichstellt, der vom Arbeitgeber für eine vergleichbare Tätigkeit ausgewählt und eingestellt worden ist.
Eine derart ausgestaltete Weiterbeschäftigung wird indes nicht immer möglich sein, ohne daß die Weiterbeschäftigung des Berechtigten damit insgesamt als unzumutbar im Sinne des § 9 Abs. 4 Satz 1 BPersVG anzusehen ist. Dem (früheren) Mitglied einer Jugend- oder Personalvertretung darf unter der Voraussetzung, daß seine Weiterbeschäftigung unter den beschriebenen Voraussetzungen objektiv nicht möglich ist, zugemutet werden, eine Beschäftigung anzunehmen, die nicht allen beschriebenen Anforderungen genügt. Darin liegt kein Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot des § 8 BPersVG; denn § 9 Abs. 2 BPersVG schützt das (frühere) Mitglied einer Jugend- oder Personalvertretung zunächst nur dagegen, daß es wegen seiner Mitarbeit in der Vertretung nicht weiterbeschäftigt wird, also gezwungen wird, die Dienststelle zu verlassen (BVerwGE a.a.O. S. 371). Das Benachteiligungsverbot greift allerdings dann weiter, wenn die Dienststelle qualitativ unterschiedliche Möglichkeiten der Weiterbeschäftigung hat. So darf das (frühere) Mitglied einer Jugend- oder Personalvertretung nicht auf eine ausbildungsfremde, geringerwertige Beschäftigung verwiesen werden, wenn es ausbildungsgerecht beschäftigt werden könnte.
Ob das möglich ist, beurteilt sich aber nicht allein danach, welche Arbeitsplätze im Zeitpunkt der Beendigung der Ausbildung des (früheren) Mitgliedes einer Jugend- oder Personalvertretung besetzbar sind. Einen Vorrang vor seinen Mitbewerbern verschafft der Weiterbeschäftigungsanspruch dem Berechtigten – wie dargelegt – nur insoweit, als er sein Verbleiben in der Dienststelle im Rahmen des Zumutbaren sichert. Innerhalb dieser vom Bundespersonalvertretungsgesetz durch die Weiterbeschäftigungspflicht aufgerichteten Schranke darf der Arbeitgeber die vorhandenen Arbeitsplätze nach Eignung und Befähigung der Bewerber für die jeweilige Aufgabe vergeben. Solange er sich die Weiterbeschäftigungsmöglichkeit des nach § 9 Abs. 2 BPersVG Berechtigten damit nicht insgesamt nimmt, ist er mithin nicht gehindert, einem besser qualifizierten Bewerber vor dem Berechtigten einen ausbildungsgerechten Arbeitsplatz zuzuweisen. Besteht hingegen zwischen dem (früheren) Mitglied einer Jugend- oder Personalvertretung und seinen Mitbewerbern um eine ausbildungsgerechte und entwicklungsfähige Beschäftigung hinsichtlich der Eignung und Befähigung kein Unterschied, wird dem Weiterbeschäftigungsberechtigten der Vorrang vor seinen Mitbewerbern einzuräumen sein, weil sich anderenfalls eine Benachteiligung wegen der Tätigkeit in der Jugend- oder Personalvertretung nicht ausschließen ließe.
Dieses Verständnis von Gegenstand und Tragweite des Weiterbeschäftigungsanspruchs ergibt sich aus dem dargelegten Zweck des § 9 Abs. 2 BPersVG. Es ist aber auch geboten, um zu verhindern, daß sich der Weiterbeschäftigungsanspruch in einer Dienststelle mit geringem personellen und stellenplanmäßigen Spielraum nachteilig für den Berechtigten auswirkt. Je enger die rechtlich zulässigen Einsatzmöglichkeiten eines nach § 9 Abs. 2 BPersVG Weiterbeschäftigungsberechtigten gezogen werden, desto eher kann seine Weiterbeschäftigung an deren Fehlen scheitern.
Unverzichtbare Voraussetzungen dafür, daß der Arbeitgeber seiner Weiterbeschäftigungspflicht nachkamen kann, ist allerdings, daß er weder rechtlich noch tatsächlich gehindert ist, den Berechtigten in ein Dauerarbeitsverhältnis zu übernehmen. Auch dies folgt aus dem Wortlaut des § 9 Abs. 2 BPersVG, nach dem auf Verlangen des Berechtigten zwischen ihm und dem Arbeitgeber „ein Arbeitsverhältnis auf unbestimmte Zeit als begründet” gilt. Der Arbeitgeber genügt seiner Weiterbeschäftigungspflicht mithin nicht, wenn er dem Berechtigten nur befristete Aushilfs- oder Vertretungstätigkeiten überträgt, mögen diese auch aneinander anschließen und rückschauend betrachtet wie eine lückenlose Beschäftigung erscheinen. Das Verbleiben des Berechtigten in der Dienststelle unter diesen Bedingungen kann schon deswegen nicht als Weiterbeschäftigung im Sinne des § 9 Abs. 2 BPersVG angesehen werden, weil es nicht auf einem unbefristeten Arbeitsvertrag, sondern auf einer Kette einzelner Aushilfs- oder Vertretungsaufträge beruht. Gerade vor der Gefahr, in eine ihrer rechtlichen Ausgestaltung nach mindere Position abgedrängt zu werden, soll das (frühere) Mitglied einer Jugend- oder Personalvertretung aber durch § 9 Abs. 2 BPersVG bewahrt werden.
Dieses rechtliche Ergebnis kann entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg (Beschluß vom 13. November 1979 ≪PersV 1982, 24≫) nicht dadurch umgangen werden, daß der Arbeitgeber die gesetzliche Begründung eines auf unbestimmte Zeit bestehenden Arbeitsverhältnisses zu einem weiterbeschäftigungsberechtigten (früheren) Mitglied einer Jugend- oder Personalvertretung hinnimmt, obwohl er nicht über einen Dauerarbeitsplatz für diesen Beschäftigten verfügt, und ihn tatsächlich auf verschiedenen, nacheinander befristet bestehenden Arbeitsplätzen – darunter auch solchen, die im Hochschulbereich vorübergehend aus Drittmitteln finanziert werden können – einsetzt. Ein derartiges Vorgehen wäre mit dem von den öffentlich-rechtlichen Arbeitgebern zu beachtenden Grundsatz des Haushaltsrechts unvereinbar, daß auf unbestimmte Zeit, d.h. dauernd, bestehende Verpflichtungen nur eingegangen werden dürfen, wenn die zu ihrer Erfüllung notwendigen Haushaltsmittel bereitstehen. Schon deswegen wäre ein öffentlich-rechtlicher Arbeitgeber nicht befugt, eine solche Verpflichtung hinzunehmen, obwohl er sich nach § 9 Abs. 4 Satz 1 BPersVG aus ihr lösen kann. Gegenüber dem weiterbeschäftigungsberechtigten (früheren) Mitglied einer Jugend- oder Personalvertretung würde damit zudem ein unrichtiger Rechtsschein erweckt. Der Betreffende müßte annehmen, in einem auf seiten des Arbeitgebers rechtlich und finanziell abgesicherten, auf Dauer angelegten Arbeitsverhältnis zu stehen, obwohl seine Bezahlung aus wechselnden, in ihrem Bestand nicht gesicherten Finanzquellen geleistet wird, die dafür möglicherweise sogar zweckfremd genutzt werden. Auch aus diesem Grunde verbietet es sich, so vorzugehen, zumal darin, wie dargelegt, keine Weiterbeschäftigung in dem von § 9 Abs. 2 BPersVG geforderten Sinne zu erblicken wäre, sondern ein Überbrücken des Zeitraumes bis zu einer möglichen späteren Verwendung auf einem im Stellenplan ausgewiesenen Arbeitsplatz.
Seine Grenze findet der so ausgestaltete Weiterbeschäftigungsanspruch aus § 9 Abs. 2 BPersVG dort, wo dem Arbeitgeber nicht zugemutet werden kann, ihn zu erfüllen. Das ist, wie der Senat in BVerwGE 62, 364 (370) dargelegt hat, etwa der Fall, wenn der Weiterbeschäftigung gesetzliche oder tarifliche Einstellungshindernisse entgegenstehen oder wenn schwerwiegende, in der Person des Weiterbeschäftigungsberechtigten liegende Gründe gegeben sind, die es ausschließen, dem Arbeitgeber die Fortsetzung des Beschäftigungsverhältnisses abzuverlangen. Darüber hinaus kann dem Arbeitgeber die Weiterbeschäftigung aber auch dann nicht zugemutet werden, wenn er dem (früheren) Mitglied einer Jugend- oder Personalvertretung keinen auf Dauer angelegten Arbeitsplatz bereitstellen kann. In diesem Fall muß er gemäß § 9 Abs. 4 Satz 1 BPersVG von der Weiterbeschäftigungsverpflichtung entbunden werden.
Der vom Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg in seinem Beschluß vom 13. November 1979 (a.a.O.) vertretenen Auffassung, der Arbeitgeber sei in einem solchen Fall verpflichtet, durch zumutbare betriebsorganisatorische Maßnahmen eine Beschäftigungsmöglichkeit zu schaffen, pflichtet der Senat nicht bei. Sie überspannt in Verkennung des eingangs dargestellten Zweckes der Weiterbeschäftigungspflicht die Anforderungen an den Arbeitgeber. Dieser ist nicht nur nicht gehalten, betriebliche oder finanzielle Vorkehrungen zu schaffen, um (früheren) Mitgliedern einer Jugend- oder Personalvertretung, die ihre Ausbildung beenden, auf deren Verlangen einen Arbeitsplatz zur Verfügung stellen zu können. Er handelte damit sogar dem Verbot zuwider, Mitglieder von Personalvertretungen wegen ihrer Tätigkeit in einem Vertretungsorgan zu begünstigen (§ 8 BPersVG). Wie das Bundesarbeitsgericht zu der dem § 9 Abs. 2 BPersVG entsprechenden Vorschrift des § 78 a Betriebsverfassungsgesetz bereits wiederholt ausgesprochen hat, kann die Schaffung neuer Arbeitsplätze nicht über den Weg der nach diesen Vorschriften bestehenden Weiterbeschäftigungspflicht erzwungen werden (Urteile vom 16. Januar 1979 – 6 AZR 153/77 – ≪AP § 78 a BetrVG 1972 Nr. 5≫ und vom 15. Januar 1980 – 6 AZR 361/79 – ≪NJW 1980, 2271≫).
Hiervon ausgehend ergibt sich im vorliegenden Fall, daß dem Antragsteller die Weiterbeschäftigung des Beteiligten zu 1) nicht zugemutet werden darf. Nach den für das Rechtsbeschwerdegericht verbindlichen tatsächlichen Feststellungen des Beschwerdegerichts war zu dem für die rechtliche Beurteilung maßgebenden Zeitpunkt der Beendigung der Berufsausbildung des Beteiligten zu 1) bei der Technischen Universität B. nach deren für ihre Einstellungsmaßnahmen verbindlichen Stellenplan kein Arbeitsplatz für einen Feinmechaniker zu besetzen. Dies wird insbesondere durch die Tatsache belegt, daß der Antragsteller zu Lasten anderer Haushaltsmittel der Technischen Universität die Bereitstellung einer zusätzlichen kw-Stelle erwirken mußte, um den Beteiligten zu 1) zunächst weiterbeschäftigen zu können. Hierzu war er, wie dargelegt, nicht verpflichtet, um eine planmäßig nicht vorgesehene dauernde Beschäftigungsmöglichkeit für den Beteiligten zu 1) zu schaffen. Er hat das auch ersichtlich nicht mit dem Ziel getan, gleichwohl die Zuweisung einer weiteren Planstelle durchzusetzen, um den Beteiligten zu 1) beschäftigen zu können, sondern er war dazu gezwungen, weil er seiner Pflicht zur einstweiligen Weiterbeschäftigung des Beteiligten zu 1) bis zur endgültigen Entscheidung über seinen Antrag, das Arbeitsverhältnis zum Beteiligten zu 1) aufzulösen, haushaltsrechtlich nicht anders hätte nachkommen können. Die Rechtsbeschwerde irrt mithin, wenn sie aus der Bereitstellung der kw-Stelle schließt, es habe seinerzeit die rechtliche und tatsächliche Möglichkeit bestanden, den Beteiligten zu 1) planmäßig weiterzubeschäftigen.
Dem Land Niedersachsen als dem Arbeitgeber des Beteiligten zu 1) ist nach alledem nicht zuzumuten, diesen in der Technischen Universität B. weiterzubeschäftigen. Es ist auch nicht verpflichtet, dem Beteiligten zu 1) einen ausbildungsgerechten Arbeitsplatz in einer anderen Dienststelle oder Einrichtung des Landes zuzuweisen. Denn der Weiterbeschäftigungsanspruch aus § 9 Abs. 2 BPersVG besteht bei rechtem Verständnis der Vorschrift nicht landesweit, sondern nur gegenüber der Dienststelle oder Einrichtung des Landes, bei der das (frühere) Mitglied einer Jugend- oder Personalvertretung seine Berufsausbildung nach dem Berufsbildungsgesetz erhalten hat.
Die Rechtsbeschwerden sind sonach mit dem Ergebnis zurückzuweisen, daß das auf § 9 Abs. 2 BPersVG beruhende Arbeitsverhältnis des Beteiligten zu 1) zum Land Niedersachsen nunmehr aufgelöst ist.
Unterschriften
Prof. Dr. Gützkow, Dr. Eckstein, Dr. Schinkel, Nettesheim, Dr. Seibert
Fundstellen
Haufe-Index 1212414 |
BVerwGE, 154 |