Verfahrensgang
OVG für das Land Brandenburg (Aktenzeichen 10 A 97/99) |
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 12. Juni 2001 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst tragen.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 300 000 DM festgesetzt.
Tatbestand
I.
Der Kläger begehrt von dem Beklagten die Erteilung einer Bebauungsgenehmigung für die Errichtung von zwei Windkraftanlagen auf der Fläche seines landwirtschaftlichen Betriebes. Die Windkraftanlagen mit Nabenhöhen von 60,50 m und Rotordurchmessern von 52 m sollen auf einer etwa 290 m über NN liegenden Erhebung errichtet werden.
Der Beklagte lehnte die Erteilung der Genehmigung ab. Die Verpflichtungsklage des Klägers blieb in erster und zweiter Instanz ohne Erfolg. Das Berufungsgericht hat in den Gründen seines Urteils ausgeführt, dem nach § 35 Abs. 1 Nr. 6 BauGB im Außenbereich privilegierten Vorhaben des Klägers stünden öffentliche Belange im Sinne von § 35 Abs. 3 BauGB entgegen. Das Vorhaben verunstalte das Landschaftsbild (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB). Weiterhin stehe dem Vorhaben die Ausweisung von Windenergie-Konzentrationszonen an zwei anderen Stellen im Flächennutzungsplan der Beigeladenen zu 1 gemäß § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB entgegen. Der Kläger begehrt mit seiner Beschwerde die Zulassung der Revision.
Entscheidungsgründe
II.
Die auf die Zulassungsgründe des § 132 Abs. 2 Nr. 1 und 3 VwGO gestützte Beschwerde bleibt erfolglos. Das Beschwerdevorbringen rechtfertigt die Zulassung der Revision nicht.
1. Die Beschwerde formuliert als rechtsgrundsätzlich bedeutsam die Frage, ob „bei der Beurteilung des öffentlichen Belangs ≪Verunstaltung des Landschaftsbildes≫ (§ 35 Abs. 3 Nr. 5 BauGB) durch (gemäß § 35 Abs. 1 Nr. 6 BauGB privilegierte) Windenergieanlagen und im Rahmen der vorzunehmenden Abwägung windenergieanlagentypische Besonderheiten (drehende Bewegung der Rotorblätter, etc.) überhaupt bzw. zu Lasten der Windenergieanlagenvorhaben zu berücksichtigen sind”. Der Kläger teilt nicht die Ansicht des Berufungsgerichts, bei Anwendung von § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB sei zu berücksichtigen, dass die drehende Bewegung der Rotorblätter den Blick des Betrachters zwangsläufig auf die Windkraftanlagen lenke.
Die aufgeworfene Frage lässt sich ohne weiteres aus dem Gesetz beantworten, ohne dass es dazu eines Revisionsverfahrens bedürfte. Nach § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB ist ein privilegiertes Außenbereichsvorhaben unzulässig, wenn das Vorhaben das Orts- und Landschaftsbild verunstaltet. Vorhaben im Sinne dieser Vorschrift wie im Sinne von § 29 Abs. 1 BauGB ist die bauliche Anlage in ihrer durch die Nutzung bestimmten Funktion. Insoweit bilden der Baukörper und der Nutzungszweck eine Einheit. Sie verleiht dem Vorhaben seine prägende Gestalt. Gegenstand der Beurteilung und Genehmigung ist deshalb die Bausubstanz und ihre vorgesehene Nutzung. Dies hat der beschließende Senat zum Begriff des Vorhabens in den §§ 29 ff. BauGB bereits mehrfach entschieden (vgl. Beschluss vom 30. Januar 1997 – BVerwG 4 B 172.96 – Buchholz 406.11 § 34 BauGB Nr. 182, S. 42 f. m.w.N.). Diese umfassende rechtliche Betrachtungsweise ist auch dann geboten, wenn es zu klären gilt, ob eine Windkraftanlage dem Orts- und Landschaftsbild in ästhetischer Hinsicht grob unangemessen ist und auch von einem für ästhetische Eindrücke offenen Betrachter als belastend empfunden wird. Entgegen der Ansicht des Klägers kann bei dieser den Tatsachengerichten obliegenden wertenden Einschätzung die anlagentypische Drehbewegung der Rotorblätter als Blickfang nicht außer Betracht bleiben.
Diesem Ergebnis kann nicht entgegengehalten werden, Windkraftanlagen zählten nach § 35 Abs. 1 Nr. 6 BauGB zu den baulichen Anlagen, die der Gesetzgeber im Außenbereich gegenüber sonstigen Außenbereichsvorhaben (§ 35 Abs. 2 BauGB) für privilegiert zulässig erklärt habe. Eine Entscheidung über den konkreten Standort der privilegierten Vorhaben im Außenbereich hat der Gesetzgeber in § 35 BauGB nicht getroffen. Auch die Zulässigkeit von Windkraftanlagen im Außenbereich steht daher unter dem Vorbehalt, dass die Anlage das Orts- und Landschaftsbild im Einzelfall nicht verunstaltet. Ob die Schwelle zur Verunstaltung überschritten ist, hängt von den konkreten Umständen der jeweiligen Situation ab. Angriffe gegen die tatrichterliche Sachverhaltswürdigung können die grundsätzliche Bedeutung einer Rechtssache im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO nicht begründen.
2. Die Beschwerde wirft ferner die Frage auf, ob „zur Feststellung der bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit eines Windenergieanlagenvorhabens die inzidente Überprüfung eines Flächennutzungsplanes, der eine Fläche/Flächen für die Windkraftnutzung ausweist, dahingehend beschränkt ist, festzustellen, ob der entsprechende Abwägungsvorgang Mängel zu Lasten des Vorhabenträgers aufweist (oder ob der Flächennutzungsplan als solches unter Anwendung der vom Bundesverwaltungsgericht entwickelten Abwägungsfehlerlehre auf seine Abwägungsfehlerhaftigkeit hin zu untersuchen ist)”. Diese Frage könnte die Zulassung der Revision selbst dann nicht rechtfertigen, wenn sie die grundsätzliche Bedeutung hätte, die ihr der Kläger beimisst. Denn das Berufungsgericht hat seine Auffassung, dass dem Kläger ein Anspruch auf die begehrte Bebauungsgenehmigung für zwei Windkraftanlagen nicht zusteht, selbständig tragend doppelt begründet: Das Vorhaben sei nach § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB und nach § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB unzulässig. Die vorstehend wiedergegebene Fragestellung bezieht sich auf den zweiten Urteilsgrund. Ist die vorinstanzliche Entscheidung wie hier in je selbständig tragender Weise doppelt begründet, so kann der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision nur stattgegeben werden, wenn im Hinblick auf jeden der beiden Begründungsteile ein Zulassungsgrund vorgetragen worden ist und vorliegt (vgl. BVerwG, Beschluss vom 1. Februar 1990 – BVerwG 7 B 19.90 – Buchholz 310 § 153 VwGO Nr. 22; stRspr). Daran fehlt es hier. Die Grundsatzrüge, die die Beschwerde zum ersten Urteilsgrund (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB) erhebt, rechtfertigt wie ausgeführt die Zulassung der Revision nicht.
Aus dem Vorstehenden folgt, dass die mit der Beschwerde erhobenen Verfahrensrügen, die sämtlich den zweiten Urteilsgrund (§ 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB) betreffen, ebenfalls nicht zur Zulassung der Revision führen können.
3. Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO, die Festsetzung des Streitwerts aus § 14 Abs. 3, § 13 Abs. 1 Satz 1 GKG.
Unterschriften
Paetow, Halama, Rojahn
Fundstellen
BauR 2002, 1052 |
ZfBR 2002, 597 |
BRS 2002, 436 |
BRS-ID 2002, 6 |