Verfahrensgang
Bayerischer VGH (Aktenzeichen 2 B 97.719) |
Tenor
Die Beschwerde der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 31. Mai 2001 wird zurückgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens als Gesamtschuldner.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 15 000 DM festgesetzt.
Gründe
Die auf § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO gestützte Beschwerde ist – ihre Zulässigkeit unterstellt – jedenfalls unbegründet. Der Rechtssache kommt unter den von den Klägern angesprochenen Gesichtspunkten keine grundsätzliche Bedeutung zu.
Das Berufungsgericht hat die Berufung durch Beschluss vom 15. November 2000 mit der Begründung zugelassen, an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils bestünden ernstliche Zweifel, weil vieles dafür spreche, „dass die baurechtliche Genehmigung für den von den Klägern eingereichten Vorbescheidsantrag im Hinblick auf § 5 Abs. 4 BauGB-MaßnG nicht mehr unter Berufung auf §§ 30 und 31 BauGB” habe „versagt werden” dürfen. Im Urteil vom 31. Mai 2001 führt es für die Zurückweisung der Berufung das Argument ins Feld, ein Bauherr habe „keinen Anspruch auf Erteilung eines positiven Vorbescheids, wenn der Vorbescheidsantrag mangels Bestellung eines geeigneten Entwurfsverfassers und dessen fehlender Unterschrift unvollständig (sei) und deshalb kein verbescheidungsfähiger Vorbescheidsantrag (vorliege)”. Die Kläger halten diese Art der prozessualen Behandlung ihres Klagebegehrens verständlicherweise für befremdlich. Sie zeigen jedoch nicht auf, in welcher Richtung rechtlicher Klärungsbedarf besteht, der in dem von ihnen erstrebten Revisionsverfahren befriedigt werden könnte.
Das Berufungsgericht war bei der Entscheidung vom 31. Mai 2001 nicht an die rechtliche Beurteilung gebunden, die am 15. November 2000 zur Zulassung der Berufung geführt hatte. Das bedarf nicht eigens einer Bestätigung in einem Revisionsverfahren, sondern lässt sich bei sachgerechter Auslegung der einschlägigen Normen unschwer dem Gesetz selbst entnehmen. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, so entscheidet es verbindlich nur über die Zulässigkeit und die Begründetheit des Zulassungsantrags. Die Zulassungsentscheidung beschränkt sich auf die Aufhebung der verfahrensrechtlichen Schranke des § 124 VwGO, durch die der Zugang zur Berufungsinstanz erschwert wird. Die Frage, ob die Berufung zulässig und begründet ist, bleibt hiervon unberührt. Lassen sich im Rahmen der umfassenden Prüfung, zu der § 128 VwGO verpflichtet, ursprünglich vorhandene ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils ausräumen, so hat das Oberverwaltungsgericht dem bei seiner abschließenden Entscheidung Rechnung zu tragen.
Daran vermögen auch die von den Klägern ins Feld geführten Vertrauensschutzgesichtspunkte nichts zu ändern. Die Rechtsprechung ist nach Art. 20 Abs. 3 GG an Gesetz und Recht gebunden. Diese Bindung entfällt auch dann nicht, wenn im Verlauf des Verfahrens in einem Beteiligten Erwartungen geweckt werden, die sich später nicht erfüllen. Das Gericht darf keine Entscheidung treffen, von deren Richtigkeit es nicht überzeugt ist. Erkennt es, dass ein Beteiligter sich in Übereinstimmung mit einer Rechtsauffassung wähnt, die es zu einem früheren Zeitpunkt selbst vertreten hat, von der es inzwischen aber abgerückt ist, so hat es freilich Anlass, diesen Umstand offen zu legen, damit der Beteiligte sich auf die veränderte Situation einstellen kann (vgl. BVerfG, Beschluss vom 29. Mai 1991 – 1 BvR 1383/90 – BVerfGE 84, 188 ≪190≫; Kammerbeschluss vom 28. Juni 1993 – 1 BvR 42/90 – NJW 1994, 848). Diesem aus dem Anspruch auf rechtliches Gehör abgeleiteten Erfordernis ist das Berufungsgericht gerecht geworden. Die Kläger stellen nicht in Abrede, dass in der mündlichen Verhandlung die Frage aufgeworfen worden ist, ob ihre Bauvoranfrage schon aus formellen Gründen erfolglos bleiben musste. Sie zeigen nicht auf, zu welchen weitergehenden Erörterungen das erstrebte Revisionsverfahren Anlass bieten könnte.
Die Kläger halten sinngemäß für klärungsbedürftig, ob § 5 Abs. 4 BauGB-MaßnG auch dann eingreifen kann, wenn ein Bauherr einen Vorbescheidsantrag stellt, ohne sich eines Entwurfsverfassers zu bedienen. Es trifft zu, dass der Senat mit dieser Fragestellung bisher noch nicht befasst war. Dennoch kommt eine Zulassung der Revision aus mehreren Gründen nicht in Betracht. Ein etwaiges Revisionsverfahren würde zu einer Klärung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO keine Gelegenheit bieten. Es wäre nicht geeignet, zu einer Fortentwicklung des Rechts beizutragen. Das folgt schon daraus, dass es sich bei § 5 Abs. 4 BauGB-MaßnG um eine Vorschrift handelt, die nicht mehr Bestandteil des geltenden Rechts ist. Damit sind die Voraussetzungen für eine zukunftsweisende Entscheidung von vornherein entfallen. Das BauGB-MaßnG ist nach Art. 11 Abs. 2 des Bau- und Raumordnungsgesetzes vom 18. August 1997 (BGBl I S. 2081) Ende 1997 außer Kraft getreten. Dem Baugesetzbuch 1998 ist eine dem § 5 Abs. 4 BauGB-MaßnG vergleichbare Vorschrift fremd. Den Fall, dass eine Genehmigung nach den §§ 30 und 31 BauGB nicht versagt werden darf, obwohl Versagungsgründe vorliegen, sieht der Gesetzgeber nicht mehr vor. Auf der Grundlage des BauGB 1998 kann sich die von den Klägern aufgeworfene Frage nicht stellen. Weshalb trotzdem mit Blick auf die zukünftige Rechtsentwicklung ein Interesse daran bestehen könnte, zu den Anwendungsvoraussetzungen des § 5 Abs. 4 BauGB-MaßnG Stellung zu nehmen, ist weder vorgetragen worden noch sonst aus den Umständen ersichtlich.
Soweit die Kläger grundsätzliche Bedenken dagegen erheben, dass die Vorinstanz einen Antrag, der die Wirkungen des § 5 Abs. 4 BauGB-MaßnG auszulösen geeignet ist, nur dann annimmt, wenn die eingereichten Bauvorlagen außer vom Bauherrn auch von einem Entwurfsverfasser unterzeichnet sind, übersehen sie zudem, dass es am Merkmal der Revisibilität fehlt. § 5 Abs. 4 BauGB-MaßnG setzt, damit die in ihm bezeichneten Rechtsfolgen eintreten können, einen Antrag voraus. Welchen Erfordernissen dieser Antrag genügen muss, überlässt der Bundesgesetzgeber dem Landesrecht. Nach Auffassung des Berufungsgerichts ist hier Art. 69 Abs. 4 BayBO 1982 einschlägig, der es nicht allein mit der Unterschrift des Bauherrn bewenden lässt. An diese Auslegung wäre der Senat in dem erstrebten Revisionsverfahren nach § 562 ZPO in Verbindung mit § 173 VwGO gebunden. Die Kläger verschließen sich dieser Einsicht nur deshalb, weil sie die Möglichkeit, baurechtliche Fragen vorab in einem Bauvorbescheidsverfahren klären zu lassen, als bundesrechtliche Vorgabe ansehen. Ein Bezug zum Bundesrecht besteht indes allenfalls insofern, als zum Gegenstand eines Bauvorbescheids auch Fragen des Bauplanungsrecht gemacht werden können (vgl. BVerwG, Urteil vom 3. Februar 1984 – BVerwG 4 C 39.82 – BVerwGE 69, 1). Das ändert aber nichts daran, dass der Bauvorbescheid ebenso wie die Baugenehmigung zu den Instrumenten des Bauordnungsrechts gehört, deren Regelung dem jeweiligen Landesgesetzgeber vorbehalten ist (vgl. BVerwG, Urteile vom 3. April 1987 – BVerwG 4 C 41.84 – Buchholz 406.11 § 34 BBauG Nr. 117 und vom 9. Februar 1995 – BVerwG 4 C 23.94 – Buchholz 310 § 42 VwGO Nr. 213). Denn der Bundesgesetzgeber hat für die Überprüfung bodenrechtlich relevanter Vorhaben auf ihre Übereinstimmung mit dem Bauplanungsrecht kein eigenständiges Verfahren eingeführt. Daraus folgt ohne weiteres, dass auch die Frage, welchen Anforderungen eine Bauvoranfrage genügen muss, um einen Anspruch auf Bescheidung zu begründen, dem Landesrecht angehört (vgl. BVerwG, Beschluss vom 5. März 1999 – BVerwG 4 B 62.98 – Buchholz 406.11 § 36 BauGB Nr. 54).
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 und § 159 Satz 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 14 Abs. 3 und § 13 Abs. 1 Satz 1 GKG.
Unterschriften
Paetow, Berkemann, Halama
Fundstellen