Verfahrensgang
OVG Berlin-Brandenburg (Beschluss vom 23.08.2018; Aktenzeichen OVG 60 PV 8.17) |
VG Berlin (Entscheidung vom 27.09.2017; Aktenzeichen 61 K 3.17 PVL) |
Gründe
Rz. 1
Die Beschwerde hat keinen Erfolg.
Rz. 2
1. Die Rechtsbeschwerde ist nicht wegen der allein geltend gemachten grundsätzlichen Bedeutung einer entscheidungserheblichen Rechtsfrage zuzulassen.
Rz. 3
Grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 91 Abs. 2 PersVG BE i.V.m. § 92 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG kommt einer Rechtsfrage nur zu, wenn mit ihr eine für die erstrebte Rechtsbeschwerdeentscheidung erhebliche Frage aufgeworfen wird, die im Interesse der Einheit und Fortbildung des Rechts der Klärung bedarf. Die Rechtsfrage muss zudem klärungsfähig sein, was der Fall ist, wenn sie in der Rechtsbeschwerdeinstanz beantwortet werden kann.
Rz. 4
Nach § 91 Abs. 2 PersVG BE i.V.m. § 92a Satz 2 i.V.m. § 72a Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 ArbGG muss die Begründung der auf den Zulassungsgrund des § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG gestützten Nichtzulassungsbeschwerde die Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung einer Rechtsfrage und deren Entscheidungserheblichkeit enthalten. Dieses Darlegungserfordernis setzt die Formulierung einer bestimmten, höchstrichterlich noch ungeklärten und für die Rechtsbeschwerdeentscheidung erheblichen Rechtsfrage sowie die Angabe voraus, worin die allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung besteht. Die Beschwerde muss substantiiert erläutern, dass und inwiefern die Rechtsbeschwerdeentscheidung zur Klärung einer bisher vom Bundesverwaltungsgericht nicht beantworteten, fallübergreifenden und entscheidungserheblichen Rechtsfrage führen kann (stRspr, vgl. etwa BVerwG, Beschluss vom 22. Dezember 2015 - 5 PB 19.15 - juris Rn. 3 m.w.N.). Die Begründungspflicht verlangt, dass sich die Beschwerde mit den Erwägungen des angefochtenen Beschlusses, auf die sich die aufgeworfene Frage von angeblich grundsätzlicher Bedeutung bezieht, substantiiert auseinandersetzt. Es bedarf auch der substantiierten Auseinandersetzung mit den Gründen bereits ergangener einschlägiger Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts. Soweit sich die Vorinstanz mit der von der Beschwerde als grundsätzlich angesehenen Frage beschäftigt hat, gehört zu der erforderlichen Durchdringung des Prozessstoffes die Erörterung sämtlicher Gesichtspunkte, die im Einzelfall für die erstrebte Zulassung der Rechtsbeschwerde rechtlich Bedeutung haben können. In der Begründung ist auch substantiiert aufzuzeigen, aus welchen Gründen der Rechtsauffassung, die der aufgeworfenen Frage von angeblich grundsätzlicher Bedeutung zugrunde liegt, zu folgen ist (BVerwG, Beschluss vom 28. Juli 2014 - 5 PB 1.14 - juris Rn. 4). Daran fehlt es hier.
Rz. 5
a) Die Rechtsbeschwerde ist nicht wegen der Frage,
"Ist ein amtierender Stellvertreter des Vertreters der Schwerbehinderten im Sinne von §§ 94-97 SGB IX, der gleichzeitig Mitglied des Gesamtpersonalrats ist, im Sinne des §§ 28 Abs. 2, 52 PersVG Berlin verhindert, wenn er statt an der Sitzung des Gesamtpersonalratssitzung nicht verschiebbare Aufgaben der Schwerbehindertenvertretung nach den §§ 94-97 SGB IX wahrnimmt?",
zuzulassen. Die Frage ist nicht entscheidungserheblich. Der Fragestellung liegt eine tatsächliche Annahme zugrunde, die von einem Sachverhalt ausgeht, den das Oberverwaltungsgericht so nicht festgestellt hat. Dieses hat nicht festgestellt, dass der Antragsteller zu 2 "nicht verschiebbare Aufgaben" wahrgenommen habe. Vielmehr ist es lediglich davon ausgegangen, dass sich der Antragsteller zu 2 erfolglos bei der Dienststellenleitung um eine Verlegung des Anhörungstermins eines schwerbehinderten Beschäftigten zu einem Vorfall mit möglichen arbeitsrechtlichen Konsequenzen bemüht und für die Wahrnehmung der genannten Aufgaben, insbesondere der Sprechstunde der Schwerbehindertenvertretung am Betriebshof S., kein anderes Mitglied der Schwerbehindertenvertretung zur Verfügung gestanden habe (BA S. 10).
Rz. 6
Aber auch wenn die Frage zugunsten der Beschwerde darauf bezogen wird, dass sich der Schwerbehindertenvertreter erfolglos um eine Verschiebung des Anhörungstermins bemüht und für eine Sprechstunde der Schwerbehindertenvertretung kein anderer Schwerbehindertenvertreter zur Verfügung gestanden hat, ist die Rechtsbeschwerde nicht zuzulassen, weil sie die Anforderungen an die Darlegung des in Anspruch genommenen Zulassungsgrundes verfehlt. Ihr liegt die Annahme zugrunde, dass die auf Wunsch des betroffenen schwerbehinderten Beschäftigten erfolgte Teilnahme an einem Anhörungstermin sowie die Wahrnehmung der Sprechstunde der Schwerbehindertenvertretung zu den aus den Aufgaben der Schwerbehindertenvertretung folgenden Pflichten des Schwerbehindertenvertreters gehören, die neben seine Pflicht als Personalratsmitglied zur Teilnahme an Personalratssitzungen trete. Dementsprechend geht die Beschwerde von einer Pflichtenkollision aus (Beschwerdebegründung S. 7 und 8). Insoweit erfüllt das Beschwerdevorbringen die Darlegungsanforderungen jedenfalls deshalb nicht, weil es die ihm zugrunde liegende Rechtsansicht nicht begründet, sondern diese lediglich plakativ der eingehend begründeten gegenteiligen Rechtsauffassung des Oberverwaltungsgerichts (BA S. 10 und 12 f.) gegenüberstellt. Daher könnte die Rechtsbeschwerde selbst dann nicht zugelassen werden, wenn dem Beschwerdevorbringen sinngemäß die Frage zu entnehmen sein sollte, ob die Teilnahme an einem Anhörungstermin auf Wunsch des betroffenen schwerbehinderten Beschäftigten und die Wahrnehmung der Sprechstunde der Schwerbehindertenvertretung zu den Pflichten eines Schwerbehindertenvertreters gehören und eine derartige Pflichtenkollision einen personalvertretungsrechtlich beachtlichen Hinderungsgrund darstellt.
Rz. 7
b) Die Rechtsbeschwerde ist auch nicht wegen der weiter formulierten Frage zuzulassen. Diese lautet:
"Ist der Vorsitzende des Personalrats verpflichtet, das Vorliegen eines vom verhinderten Personalratsmitglied behaupteten objektiven Verhinderungsgrundes zu prüfen, bevor er nach §§ 30 Abs. 2, 28 Abs. 1 S. 2 PersVG Berlin das Ersatzmitglied zur Sitzung einlädt?"
Rz. 8
Diese Frage ist nicht klärungsbedürftig, weil sie in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geklärt ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat in ständiger Rechtsprechung bereits entschieden, dass der Vorsitzende des Personalrats auf die Anzeige der Verhinderungsgründe eines Personalratsmitglieds hin zu prüfen hat, ob eine vorübergehende Verhinderung des Mitgliedes vorliegt, die nach den jeweils anzuwendenden personalvertretungsrechtlichen Vorschriften die Ladung des Ersatzmitgliedes rechtfertigt. Er darf also nicht ohne eine genaue Prüfung von einer Verhinderung des Personalratsmitglieds ausgehen (BVerwG, Beschlüsse vom 14. Februar 1969 - 7 P 11.67 - juris Rn. 15; vom 24. Oktober 1975 - 7 P 14.73 - BVerwGE 49, 271 ≪274≫ und vom 1. Oktober 2013 - 6 P 6.13 - BVerwGE 148, 89 Rn. 44). Einen weitergehenden oder erneuten Klärungsbedarf hierzu zeigt die Beschwerde nicht auf.
Rz. 9
2. Von einer weiteren Begründung wird nach § 91 Abs. 2 PersVG BE i.V.m. § 92a Satz 2 i.V.m. § 72a Abs. 5 Satz 5 Alt. 1 ArbGG abgesehen.
Fundstellen
Dokument-Index HI13179303 |