Tenor
Das Bundesverwaltungsgericht erklärt sich für unzuständig.
Der Rechtsstreit wird an das Verwaltungsgericht Potsdam verwiesen.
Gründe
Der Rechtsstreit ist nach Anhörung der Beteiligten gemäß § 83 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) i.V.m. § 17a des Gerichtsverfassungsgesetzes (GVG) an das zuständige Verwaltungsgericht zu verweisen. Das Bundesverwaltungsgericht ist zur Entscheidung in diesem Verfahren nicht nach § 50 Abs. 1 Nr. 1 VwGO sachlich zuständig. Danach besteht die erst- und letztinstanzliche Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts in öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten nicht verfassungsrechtlicher Art zwischen dem Bund und einem Land. Die Regelung in § 50 Abs. 1 Nr. 1 VwGO wird in ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. Beschluss vom 12. Dezember 2002 – BVerwG 3 A 1.02 – Buchholz 319 § 50 VwGO Nr. 21 mit weiteren Nachweisen aus der Rechtsprechung) einschränkend dahin ausgelegt, dass nur bestimmte, in ihrer Eigenart gerade durch die Beziehung zwischen dem Bund und einem Land geprägte Streitigkeiten erfasst und hierdurch von den ansonsten geltenden Zuständigkeitsregelungen ausgenommen werden; entspricht die Stellung eines Beteiligten in allen wesentlichen Punkten derjenigen eines Staatsbürgers im Allgemeinen, fehlt es an der Rechtfertigung, ihn einem Sonderrecht zu unterwerfen. Eine solche Bund-Länder-Streitigkeit liegt hier nicht vor. Davon geht nunmehr auch das klagende Land aus, das die Verweisung beantragt hat. Die beklagte Bundesrepublik hat sich nicht geäußert.
Das klagende Land wendet sich gegen die Verwaltungsentscheidung des Bundesministeriums der Verteidigung zur künftigen militärischen Nutzung des Truppenübungsplatzes und Luft-Boden-Schießplatzes Wittstock vom 9. Juli 2003. Hintergrund dieser Entscheidung ist der zwischen mehreren Gemeinden, auf deren Gelände sich die früher von den sowjetischen Streitkräften als Schieß- und Bombenabwurfplatz genutzte Anlage befindet, und der Bundesrepublik Deutschland geführte Rechtsstreit. In seinem Revisionsurteil vom 14. Dezember 2000 – BVerwG 4 C 13.99 – (BVerwGE 112, 274) hat der beschließende Senat hervorgehoben, dass der Bund in der vorliegenden Situation die betroffenen Gemeinden anzuhören und deren Belange in seine Entscheidung einzustellen hat.
Neben mehreren Gemeinden und Einzelpersonen, deren Klagen beim Verwaltungsgericht Potsdam anhängig sind, hat auch das Land Mecklenburg-Vorpommern Klage gegen die Verwaltungsentscheidung des Bundesministeriums der Verteidigung vom 9. Juli 2003 erhoben. Diese hat es beim Bundesverwaltungsgericht anhängig gemacht. Zur Begründung verweist es darauf, dass der in Brandenburg liegende Übungsplatz nur wenige Kilometer von seinem Landesgebiet entfernt sei und die Anflüge zu der Anlage über die Müritz und die Mecklenburgische Seenplatte hinweg erfolgen würden, die für den Tourismus und den Schutz von Natur und Landschaft in Mecklenburg-Vorpommern von herausragender Bedeutung seien.
Das klagende Land hat zunächst erklärt, die Entscheidung der Beklagten verletze seine Planungs- und Vollzugshoheit für die Landesraumordnung und -planung und den Vollzug des Bundesnaturschutzgesetzes. Inwiefern darin eine Rechtsverletzung liegen solle, hat es nicht weiter erläutert. Umso weniger hat es Argumente vorgetragen, die erkennen ließen, dass im vorliegenden Rechtsstreit über die Abgrenzung der beiderseitigen Hoheitsbefugnisse zu befinden wäre (vgl. hierzu das Urteil vom 30. Juli 1976 – BVerwG 4 A 1.75 – Buchholz 310 § 50 VwGO Nr. 6). Inzwischen hebt es hervor, nach erneuter Prüfung werde diese Rüge nicht mehr aufrechterhalten.
Das klagende Land stützt sein Begehren ferner darauf, dass das Bundesministerium der Verteidigung bei seiner planerische Elemente enthaltenden Entscheidung (vgl. hierzu das Urteil vom 14. Dezember 2000 – BVerwG 4 C 13.99 – a.a.O. S. 286) auch seine Belange abwägend zu berücksichtigen habe. Dabei verweist es auf das Urteil des Senats vom 14. April 1989 – BVerwG 4 C 31.88 – (BVerwGE 82, 17) zur eisenbahnrechtlichen Planfeststellung. Dieser Aufgabe sei die angegriffene Abwägungsentscheidung indes nicht gerecht geworden.
In der genannten Entscheidung hat der Senat ausgeführt, im Rahmen der bahnrechtlichen Abwägung seien generell auch Belange zu berücksichtigen, die für das betroffene Land von rechtlichem oder tatsächlichem Interesse sind. Das Abwägungsgebot verlange nämlich, dass in die Abwägung alle schutzwürdigen Interessen, die von der Planung betroffen werden, einzustellen sind. Deshalb könne die Klagebefugnis grundsätzlich auch darauf gestützt werden, dass ein abwägungserheblicher Belang des Klägers missachtet worden sei. Im Übrigen hat der Senat auf die Grenzen einer möglichen Rechtsbeeinträchtigung des Landes hingewiesen. Insbesondere verleihen Regelungen des Bundesnaturschutzgesetzes dem Land keine Klagebefugnis, um eine inhaltlich fehlerhafte Berücksichtigung der Belange des Naturschutzes oder der Landschaftspflege geltend zu machen. Diese Rechtsgrundsätze will das klagende Land ersichtlich nicht (mehr) in Frage stellen.
Davon abgesehen besteht zwischen den Beteiligten offenkundig bereits Streit über die Frage, inwieweit das Land von im Zusammenhang mit dem Truppenübungs- und Luft-Boden-Schießplatz stehendem Flugverkehr unmittelbar betroffen ist. Dabei spielen Fragen der Anflugrichtung und -häufigkeit ebenso eine Rolle wie die Abgrenzung des der Anlage zuzurechnenden Flugverkehrs vom allgemeinen Flugverkehr.
Somit ist der Rechtsstreit nicht durch die Frage geprägt, wie die Hoheitsrechte des klagenden Landes einerseits (dessen Territorium nur durch Überflüge betroffen wird) und der Bundesrepublik Deutschland andererseits voneinander abzugrenzen sind. Das Land stellt nicht ernstlich in Frage, dass allein das zuständige Ministerium des Bundes die maßgebliche Entscheidung zu treffen und zu verantworten hat (vgl. Art. 87a, 87b GG). Im Streit steht vielmehr lediglich die Frage, ob und inwieweit die Belange des in der Nähe der angegriffenen Maßnahme liegenden Landes im Rahmen einer Abwägungsentscheidung zu berücksichtigen sind und ob dies im vorliegenden Einzelfall erfolgt ist, ohne das Land in seinen möglichen Rechten zu verletzen. Der Rechtsstreit steht somit in seiner rechtlichen Struktur einem Verfahren nahe, in dem eine sonstige Gebietskörperschaft, beispielsweise eine Gemeinde, oder einzelne Bürger sich gegen Maßnahmen der Fachplanung wenden. Es ist in seiner Eigenart nicht durch die Beziehungen zwischen einem Land und dem Bund geprägt. Dies schließt das Vorliegen eines Bund-Länder-Streits aus.
Der Rechtsstreit war somit im Einklang mit dem Antrag des klagenden Landes an das nach § 52 Nr. 1 VwGO örtlich zuständige Verwaltungsgericht Potsdam zu verweisen. Die Kostenentscheidung bleibt der Endentscheidung vorbehalten.
Unterschriften
Dr. Paetow, Halama, Dr. Jannasch
Fundstellen