Entscheidungsstichwort (Thema)
Weiterbeschäftigung. Verbotsgesetz. Veräußerer Berechtigung. Grundstücksverkehrsgenehmigung
Leitsatz (amtlich)
Eine Weiterbeschäftigung von Jugend- und Auszubildendenvertretern ist nach § 9 Abs. 4 BPersVG für den öffentlichen Arbeitgeber trotz Vorhandenseins eines ausbildungsadäquaten Arbeitsplatzes nicht zumutbar, wenn andere Bewerber um diesen Arbeitsplatz objektiv wesentlich fähiger und geeigneter sind als der Jugend- und Auszubildendenvertreter.
Dies ist der Fall, wenn der Jugend- und Auszubildendenvertreter in der maßgeblichen Abschlußprüfung um deutlich mehr als eine volle Notenstufe schlechter abgeschnitten hat als der schwächste sonstige Bewerber, den der öffentliche Arbeitgeber sonst in ein Dauerarbeitsverhältnis übernehmen würde. Die Differenz muß mindestens das 1,33-fache dieser Notenstufe betragen (wie Beschluß vom 9. September 1999 – BVerwG 6 P 5.98 –).
Normenkette
BPersVG § 9 Abs. 4; GG Art. 33 Abs. 2
Verfahrensgang
Tenor
Auf die Rechtsbeschwerde des Beteiligten werden die Beschlüsse des Oberverwaltungsgerichts Mecklenburg-Vorpommern – Fachsenat für Personalvertretungssachen des Landes – vom 14. Juli 1999 und des Verwaltungsgerichts Greifswald – Fachkammer für Personalvertretungssachen (Land) – vom 13. Oktober 1998 aufgehoben. Der Antrag des Antragstellers wird abgelehnt.
Der Gegenstandswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 8 000 DM festgesetzt.
Tatbestand
I.
Der Antragsteller begehrt die Auflösung eines nach § 9 Abs. 2 BPersVG zustande gekommenen Arbeitsverhältnisses.
Der Beteiligte wurde ab August 1995 im Bereich der früheren Forstdirektion Ost zum Forstwirt ausgebildet. Die Ausbildung beendete er am 15. Juli 1998 mit der erfolgreichen Abschlußprüfung, die er mit der Note „befriedigend” ablegte. Er war seit 1997 gewähltes Mitglied der Bezirksjugend- und Auszubildendenvertretung bei der früheren Forstdirektion Ost, die bis zu ihrer Auflösung am vorliegenden Verfahren ebenfalls beteiligt war.
Nachdem der Beteiligte am 8. Juli 1998 die Übernahme in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis beantragt hatte, begehrte der Antragsteller im Beschlußverfahren gegen Ausbildungsende die Auflösung des Arbeitsverhältnisses. Er machte geltend, nach dem Haushaltsplan hätten für das Jahr 1998 lediglich fünf Stellen für die Übernahme von ausgebildeten Forstwirten zur Verfügung gestanden. Diese seien aufgrund einer zwischen dem zuständigen Ministerium und dem Hauptpersonalrat geschlossenen Dienstvereinbarung intern ausgeschrieben und an sechs andere Bewerber vergeben worden, welche die vereinbarten Mindestvoraussetzungen (u.a. Gesamtnote „gut”) erfüllt hätten.
Das Verwaltungsgericht hat dem Antrag durch Beschluß vom 13. Oktober 1998 stattgegeben. Die hiergegen erhobene Beschwerde des Beteiligten hat das Oberverwaltungsgericht durch Beschluß vom 14. Juli 1999 zurückgewiesen. Es hat ausgeführt, die Weiterbeschäftigung könne dem Antragsteller im Sinne von § 9 Abs. 4 Satz 1 BPersVG nicht zugemutet werden, wenn alle für Übernahmen verfügbaren Stellen aufgrund einer Dienstvereinbarung nach Ausschreibung besetzt wurden und der Jugend- und Auszubildendenvertreter im Gegensatz zu den übernommenen Bewerbern nicht die ausschreibungsgemäß vorgegebenen und am Leistungsgrundsatz orientierten Mindestanforderungen erfülle. Auch im Rahmen der Weiterbeschäftigung nach § 9 BPersVG müsse der Leistungsgrundsatz (Art. 33 Abs. 2 GG) beachtet werden, und zwar in der Weise, daß ein „deutlicher Qualifikationsvorsprung” der konkurrierenden Bewerber nicht überbrückt werden könne. Dieser Vorsprung müsse sich allerdings aus objektiven Kriterien ergeben, so daß sich auch nur der Verdacht einer Benachteiligungsabsicht von vornherein ausschließen lasse. Das hier in Rede stehende, in einer Dienstvereinbarung festgelegte Auswahlverfahren müsse als in diesem Sinne „unverdächtig” angesehen werden. Denn die Grenznote „gut” als Voraussetzung für die Einbeziehung in das Auswahlverfahren sei schon vor der Abschlußprüfung und darüber hinaus auch im Einvernehmen mit der zuständigen Personalvertretung festgelegt worden. Da der Beteiligte als Gesamtnote nur ein „befriedigend” erzielt habe, reiche schon allein dieser Umstand zur Annahme der Unzumutbarkeit aus. Auf die genauen Prüfungsergebnisse der Mitbewerber komme es daher nicht an.
Mit der vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde rügt der Beteiligte eine unrichtige Anwendung des Art. 9 Abs. 4 BPersVG und des Art. 33 Abs. 2 GG. Er beantragt,
unter Aufhebung der Beschlüsse des Verwaltungsgerichts Greifswald vom 13. Oktober 1998 und des Oberverwaltungsgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 14. Juli 1999 den Antrag des Antragstellers abzulehnen.
Er vertritt die Auffassung, daß insbesondere der Schutzzweck des § 9 BPersVG, nämlich eine unabhängige Amtsführung der Mitglieder der Jugend- und Auszubildendenvertretung frei von Furcht vor nachteiligen Folgen für den Bestand des Arbeitsverhältnisses und die weitere berufliche Entwicklung zu sichern, mit einem Qualifikationsvergleich als Voraussetzung einer Weiterbeschäftigung unvereinbar sei. Gegen einen solchen Vergleich spreche einerseits, daß durch die Tätigkeit in der Vertretung notgedrungen Ausbildungszeiten verloren gingen. Andererseits lasse sich nicht hinreichend ausschließen, daß die Vertretungstätigkeit eine Konfliktsituation zur Dienststelle auslöse, die sich dann nachteilig auf die Beurteilung namentlich der praktischen Leistungen auswirken könne. Art. 33 Abs. 2 GG lasse es zu, daß der Leistungsgrundsatz durch die gesetzliche Regelung des § 9 BPersVG eine sachlich berechtigte Ausnahme erfahre.
Der Antragsteller tritt der Rechtsbeschwerde entgegen und verteidigt den angefochtenen Beschluß. Er meint, mit Rücksicht auf Art. 33 Abs. 2 GG sei § 9 BPersVG in dem Sinne auszulegen, daß eine Weiterbeschäftigung dem Arbeitgeber dann unzumutbar sei, wenn die konkurrierenden Mitbewerber eindeutig bessere Qualifikationen aufzuweisen hätten. Bei dieser Auslegung sei auch ein hinreichender Benachteiligungsschutz gewährleistet. Demgemäß könne die Rechtsbeschwerde keinen Erfolg haben. Auch unter Berücksichtigung der Beschlüsse des Bundesverwaltungsgerichts vom 9. September 1999 – BVerwG 6 P 4.98 und BVerwG 6 P 5.98 – lasse sich ein anderes Ergebnis nicht rechtfertigen. Die ausgewählten Mitbewerber seien objektiv wesentlich fähiger und geeigneter gewesen als der Beteiligte. Dieser habe nur die Note „befriedigend” erzielt, und zwar mit einer durchschnittlichen Gesamtpunktzahl von 75 Punkten. Die von sämtlichen ausgewählten Bewerbern erreichte Abschlußnote „gut” sei nur innerhalb einer Spanne von 81 bis 91 Punkten vergeben worden. Die vom Beteiligten erzielte Abschlußnote „befriedigend” habe die Punktspanne 67 bis 80 Punkte umfaßt. Die niedrigste durchschnittliche Gesamtpunktzahl, die von einem der ausgewählten Bewerber erzielt worden sei, habe bei 88,5 gelegen. Der Beteiligte habe an 28./29. Stelle unter insgesamt 35 Absolventen selbst hinter dem letzten der 22 zum Auswahlverfahren zugelassenen Bewerber in der Rangfolge noch deutlich zurückgelegen. Die Unterlagen für die nach der Dienstvereinbarung auch zu berücksichtigende Beurteilungsnote seien nur noch unvollständig vorhanden.
Der Oberbundesanwalt beteiligt sich am Verfahren. Er meint, die neuere Rechtsprechung des Senats bedürfe insofern einer Einschränkung, als bereits der Unterschied einer vollen Notenstufe im Leistungsvergleich mit sonstigen Bewerbern ausreichen müsse, um die Unzumutbarkeit der Weiterbeschäftigung zu begründen.
Entscheidungsgründe
II.
Die zulässige Rechtsbeschwerde ist begründet. Der Beteiligte hat Anspruch auf Weiterbeschäftigung. Die Auflösung seines Weiterbeschäftigungsverhältnisses durch die Vorinstanzen beruht auf einer unrichtigen Anwendung des § 9 Abs. 4 BPersVG.
1. Gemäß § 9 Abs. 2 BPersVG gilt auf Verlangen eines Jugend- und Auszubildendenvertreters das Arbeitsverhältnis zu dem bisherigen Arbeitgeber als auf unbestimmte Zeit begründet, wenn dieser nicht in dem Verfahren nach § 9 Abs. 4 BPersvG geltend macht (und notfalls beweist), daß Tatsachen vorliegen, nach denen eine Weiterbeschäftigung ihm nicht zugemutet werden kann. Nach der Rechtsprechung des Senats ist die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses insbesondere schon dann unzumutbar, wenn der Arbeitgeber des Jugend- und Auszubildendenvertreters keinen auf Dauer angelegten Arbeitsplatz zum Zeitpunkt der Beendigung der Berufsausbildung bereitstellen kann, der dessen Ausbildung entspricht und ihn sowohl hinsichtlich der rechtlichen Ausgestaltung des Arbeitsverhältnisses als auch hinsichtlich der Vergütung und der beruflichen Entwicklungsmöglichkeiten einem Beschäftigten gleichstellt, der vom Arbeitgeber für eine vergleichbare Tätigkeit ausgewählt und eingestellt worden ist. Dabei ist die Weiterbeschäftigungspflicht des öffentlichen Arbeitgebers an das Vorhandensein einer freien Planstelle nicht notwendig gebunden; entscheidend ist vielmehr, ob ein ausbildungsadäquater, auf Dauer angelegter und gesicherter Arbeitsplatz zur Verfügung steht (vgl. zu allem die Beschlüsse vom 15. Oktober 1985 – BVerwG 6 P 13.84 – BVerwGE 72, 154, 156, vom 31. Mai 1990 – BVerwG 6 P 16.88 – PersR 1990, 256, 258, vom 2. November 1994 – BVerwG 6 P 39.93 – BVerwGE 97, 68, 77, vom 9. Oktober 1996 – BVerwG 6 P 21.94 – BVerwGE 102, 106, 112 und vom 9. September 1999 – BVerwG 6 P 5.98 – PersR 2000, 156, 157 sowie – BVerwG 6 P 4.98 – ZfPR 2000, 74, 75).
2. Die Beschwerdeentscheidung beruht auf der Überlegung, die Weiterbeschäftigung könne dem Antragsteller im Sinne von § 9 Abs. 4 Satz 1 BPersVG nicht zugemutet werden, weil die Besetzung aller fünf verfügbaren Stellen aufgrund einer Dienstvereinbarung durch Ausschreibung erfolgt sei und der Beteiligte mit der von ihm erzielten Gesamtnote „befriedigend” im Gegensatz zu den übernommenen Bewerbern nicht die ausschreibungsgemäß vorgegebenen und am Leistungsgrundsatz orientierten Mindestanforderungen (u.a. Gesamtnote „gut”) erfülle. Auch im Rahmen der Weiterbeschäftigung nach § 9 BPersVG müsse der Leistungsgrundsatz (Art. 33 Abs. 2 GG) beachtet werden, und zwar in der Weise, daß ein „deutlicher Qualifikationsvorsprung” der konkurrierenden Bewerber nicht überbrückt werden könne. Dieser Vorsprung müsse sich zwar aus objektiven Kriterien ergeben, so daß sich auch nur der Verdacht einer Benachteiligungsabsicht von vornherein ausschließen lasse. Das aber sei hier mit Blick auf Zeitpunkt und Verfahrensweise der Grenzziehung der Fall.
3. Diese Auffassung beruht auf einer unrichtigen Anwendung des § 9 Abs. 4 BPersVG und des Art. 33 Abs. 2 GG. Sie ist schon im Ansatz widersprüchlich, weil sie beim Leistungsvergleich einerseits einen relativen Maßstab anlegt, indem sie einen – freilich nicht näher definierten – „deutlichen Qualifikationsvorsprung” des oder der vorgezogenen Mitbewerber verlangt, andererseits jedoch die Notwendigkeit einer Aufklärung der „genauen Prüfungsergebnisse der übernommenen Mitbewerber” verneint, weil der Beteiligte die absolute Grenze (Gesamtnote „gut”) für die Einbeziehung in das Auswahlverfahren verfehlt habe. Nicht nur die absolute Betrachtungsweise, sondern auch die Anwendung des relativen Maßstabs, so wie sie hier konkret ausgefallen ist, erweist sich als fehlerhaft.
a) Allerdings handelt es sich bei der Würdigung des Beschwerdegerichts, ob dem Antragsteller unter Berücksichtigung aller Umstände die Weiterbeschäftigung im Sinne des § 9 BPersVG zugemutet werden kann, um die Anwendung eines unbestimmten Rechtsbegriffs mit Einschätzungs- und Bewertungselementen. Dessen Anwendung kann, wie der Senat im Anschluß an die ständige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts entschieden hat, im Rechtsbeschwerdeverfahren nur daraufhin überprüft werden, ob das Beschwerdegericht diesen Rechtsbegriff verkannt hat, ob die Unterordnung des festgestellten Sachverhalts unter diesen Rechtsbegriff Denkgesetzen oder Erfahrungssätzen widerspricht und ob alle vernünftigerweise in Betracht kommenden Umstände berücksichtigt und widerspruchsfrei gegeneinander abgewogen worden sind (Beschlüsse vom 9. September 1999 – BVerwG 6 P 5.98 – a.a.O., S. 158 und – BVerwG 6 P 4.98 – a.a.O., S. 76). Die dargelegte Rechtsauffassung des Beschwerdegerichts hält auch dem so eingeschränkten Prüfungsmaßstab nicht stand.
b) Wie der Senat in den beiden zuletzt genannten Beschlüssen entschieden hat, erfordert die von Verfassungs wegen gebotene Beachtung des Leistungsgrundsatzes des Art. 33 Abs. 2 GG entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde einen Leistungsvergleich zwischen dem nicht übernommenen Jugend- und Auszubildendenvertreter und dem relativ schwächsten Absolventen, der vom Arbeitgeber noch übernommen worden ist. Der Senat hat dem Grunde nach daran festgehalten, daß die Weiterbeschäftigungspflicht des Arbeitgebers nur entfällt, wenn die in ein Arbeitsverhältnis übernommenen Konkurrenten objektivwesent – lich fähiger und geeigneter sind als der Jugend- und Auszubildendenvertreter. Was in diesem Sinne objektiv und wesentlich ist, wird durch § 9 BPersVG entscheidend mitgeprägt. Der weite Ermessens- und Beurteilungsspielraum, den Art. 33 Abs. 2 GG den Einstellungsbehörden eröffnet, kann durch eine gesetzliche Ausgestaltung und gegebenenfalls auch Gewichtung der Eignungskriterien des Art. 33 Abs. 2 GG eingeschränkt werden, wenn damit vorrangig andere, ebenfalls verfassungslegitime Ziele verfolgt werden. Das ist in der Gestalt des § 9 BPersVG geschehen. Dies hat der Senat in den schon wiederholt genannten Beschlüssen vom 9. September 1999 – BVerwG 6 P 5.98 – a.a.O., S. 158 f. und – BVerwG 6 P 4.98 – a.a.O., S. 76 f. wie folgt erläutert:
§ 9 BPersVG will Jugend- und Auszubildendenvertreter vor Personalmaßnahmen bewahren, die diese an der Ausübung ihres personalvertretungsrechtlichen Amtes hindern oder ihre Unabhängigkeit in diesem Amt beeinträchtigen können (Beschluß vom 28. Februar 1990 – BVerwG 6 P 21.87 – BVerwGE 85, 5, 9). Ebenso will er vor Benachteiligungen schützen, die sich typischerweise daraus ergeben, daß Mitglieder der Jugend- und Auszubildendenvertretung durch ihre Amtstätigkeit sich weniger auf ihre Ausbildung haben konzentrieren können. Andere Auszubildende, die keine personalvertretungsrechtliche Tätigkeit übernommen haben, können die zur Verfügung stehende Zeit umfassender zur Erweiterung ihrer fachlichen, insbesondere prüfungsrelevanten Kenntnisse nutzen. Darüber hinaus soll der Weiterbeschäftigungsanspruch des § 9 BPersVG auch davor schützen, daß in die wertende Erkenntnis des Dienstherrn, die sich auf die Leistung während der Ausbildung und den Ausbildungserfolg bezieht, negative Beurteilungen einfließen, die ihren Grund in der personalvertretungsrechtlichen Tätigkeit des Auszubildenden haben. Insoweit deckt sich bis zu einem gewissen Grad der Schutzzweck des § 9 BPersVG mit dem des Art. 33 Abs. 2 GG. Beide Regelungen wollen – wenn auch im Hinblick auf unterschiedliche Gefährdungslagen – einen benachteiligungsfreien Zugang zum öffentlichen Dienst gewähren.
Die mit § 9 BPersVG teilweise auch bewirkte Einschränkung des Art. 33 Abs. 2 GG rechtfertigt sich aus der durch das Sozialstaatsprinzip mitgestalteten Organisationsgewalt des Staates. Art. 33 Abs. 2 GG steht nicht grundsätzlich dem Anliegen entgegen, Stellen des öffentlichen Dienstes aus sozialen Gründen nach Kriterien zu vergeben, bei denen reine Leistungsgesichtspunkte nicht allein entscheidend sind (vgl. Maunz-Dürig, Grundgesetz, Stand 1966, Art. 33 Rn. 22; Battis in: Sachs, GG, 2. Aufl. 1999, Art. 33 Rn. 38 m.w.N.; Schmidt-Aßmann, NJW 1980, 16, 19; Gussone, PersR 1999, 350, 352). Dies gilt für den Regelungsbereich des § 9 BPersVG um so mehr, als das mit dieser Vorschrift geschützte und geförderte Engagement und Interesse für das Wohl anderer, das der Jugend- und Auszubildendenvertreter durch seine personalvertretungsrechtliche Tätigkeit regelmäßig belegt, durchaus auch als ein Kriterium der Eignung im Sinne des Art. 33 Abs. 2 GG zu bewerten ist.
c) Hiervon ausgehend hat der Senat in den beiden wiederholt genannten Beschlüssen vom 9. September 1999 – BVerwG 6 P 4.98 und BVerwG 6 P 5.98 – das allgemeine Erfordernis, wonach die in ein Arbeitsverhältnis übernommenen Konkurrenten objektiv wesentlich fähiger und geeigneter sein müssen, wenn sie dem Jugend- und Auszubildendenvertreter vorgezogen werden sollen, unter Auseinandersetzung mit der bisherigen obergerichtlichen Rechtsprechung wie folgt präzisiert:
Der durch § 9 BPersVG gewollte Schutz der Mitglieder der Jugend- und Auszubildendenvertretung wäre nicht mehr hinreichend gewährleistet, wenn diese trotz ihres Weiterbeschäftigungsverlangens gegenüber allen anderen Bewerbern mit einer hinsichtlich des Prüfungserfolgs besseren Qualifikation zurücktreten müßten. Nach der gesetzlichen Wertung kommt vielmehr dem Weiterbeschäftigungsanspruch des Jugendvertreters ein hohes Gewicht zu. Das Gesetz will nicht nur den für Bevorzugungen und Benachteiligungen offenen Einfluß subjektiver Wertungen des Arbeitgebers ausschließen. Es bewertet zugleich mittelbar das Engagement in der Personalvertretung als einen für die Beurteilung der Eignung wesentlichen Umstand, der bei der Frage der Übernahme in ein Dauerarbeitsverhältnis durchaus positiv ins Gewicht fällt. Gegenüber den nach ihrem Abschluß als fachlich besser qualifiziert ausgewiesenen Mitbewerbern setzt sich daher der Jugendvertreter jedenfalls dann durch, wenn – bezogen auf das Anforderungsprofil des freien Arbeitsplatzes – kein offenkundig schwerwiegender Qualifikationsmangel gegeben ist. Ein solcher liegt mit Blick auf die dargelegten personalvertretungsrechtlichen Besonderheiten dann vor, wenn der Jugend- und Auszubildendenvertreter in der maßgeblichen Abschlußprüfung deutlich mehr als eine volle Notenstufe schlechter abgeschnitten hat als der relativ schwächste sonstige Bewerber, den der Arbeitgeber in ein Dauerverhältnis übernehmen will (PersR 2000, 159; ZfPR 2000, 77).
Erläuternd hierzu hat der Senat in den Beschlüssen vom 9. September 1999 – BVerwG 6 P 4.98 und BVerwG 6 P 5.98 – beispielhaft ausgeführt, daß dann, wenn sich eine volle Notenstufe auf drei Punkte auffächern läßt, die genannte Grenze bei vier oder fünf Punkten liegen wird. Das entspräche dem 1,33-fachen bis dem 1,67-fachen der vollen Notenstufe. Innerhalb dieser Grenzen obliegt die Ermittlung der konkreten Grenze der Beurteilung und Bewertung dem Tatsachenrichter, und unterliegt ihrerseits – wie dargestellt – nur der eingeschränkten Kontrolle durch das Rechtsbeschwerdegericht. In diese Bewertung sind nach den beiden genannten Beschlüssen etwaige Freistellungen, die gemäß § 53 Abs. 3, § 38 MVPersVG i.d.F. vom 24. Februar 1993 (GVOBl MV S. 125) auch für Mitglieder der Jugend- und Auszubildendenvertretungen jedenfalls grundsätzlich denkbar sind, gegebenenfalls chancenverbessernd zu berücksichtigen. Eine Berücksichtigung berufspraktischer Leistungen – hier: seit der Zwischenprüfung – darf für den Jugend- und Auszubildendenvertreter jedenfalls nicht zu einer erheblichen Chancenverschlechterung führen.
4. Die hiernach erforderliche Beurteilung und Bewertung der konkreten Umstände hat das Beschwerdegericht vermissen lassen. Die für seine Entscheidung letztlich allein ausschlaggebende Feststellung, daß alle zum Zuge gekommenen Konkurrenten die Gesamtnote „gut” erreicht hätten, der Beteiligte hingegen nur die Gesamtnote „befriedigend”, ermöglicht keine Aussage dazu, ob der Beteiligte deutlich mehr als eine volle Notenstufe schlechter abgeschnitten hat als der relativ schwächste sonstige Bewerber, den der Arbeitgeber in ein Dauerarbeitsverhältnis übernommen hat. Für die erforderlichen Feststellungen und deren Bewertung unter Berücksichtigung der oben zu 3. c) genannten ergänzenden Maßstäbe bedarf es hier jedoch ausnahmsweise keiner Zurückverweisung an das Tatsachengericht. Aufgrund des unstreitigen Vorbringens im Rechtsbeschwerdeverfahren sind die Verhältnisse so eindeutig, daß der Senat sich in der Lage sieht, ausnahmsweise in der Sache selbst zu entscheiden. Insbesondere das eigene Vorbringen des Antragstellers im Rechtsbeschwerdeverfahren ermöglicht es, die fehlenden Feststellungen zu ersetzen und die erforderliche Bewertung zugunsten des Beteiligten zu treffen.
Ohne die in der Dienstvereinbarung vorgesehene, hier jedoch nicht zu Lasten des Beteiligten zu berücksichtigende besondere Gewichtung der praktischen Leistungen hat nach Angaben des Antragstellers die durchschnittliche Gesamtpunktzahl des relativ schwächsten ausgewählten Bewerbers bei 88,5 gelegen. Die Differenz zu den 75 Durchschnittspunkten, die der Beteiligte erzielt hat, bleibt unterhalb des Grenzwertes, ab dem der tatrichterliche Bewertungsspielraum für die Beurteilung beginnt, ob der Jugend- und Auszubildendenvertreter in der maßgeblichen Abschlußprüfung deutlich mehr als eine volle Notenstufe schlechter abgeschnitten hat als der insoweit schwächste sonstige Bewerber, den der Arbeitgeber in ein Dauerverhältnis übernommen hat. Nach den Entscheidungen des Senats beginnt dieser erst oberhalb des 1,33-fachen einer vollen Notenstufe. Unterhalb dieses Wertes ist in keinem Falle davon auszugehen, daß die Differenz deutlich mehr als eine volle Notenstufe beträgt. Auf weitere Gesichtspunkte (Freistellungen, praktische Leistungen) kommt es dann nicht einmal an. Das ist auch hier der Fall. Dabei kann offenbleiben, welche der nachstehend dargelegten Berechnungsweisen anzuwenden ist, wenn den einzelnen Noten unterschiedlich breite Punktespannen zugrunde liegen, wie dies hier für die Noten „gut” (11 Punktwerte) und „befriedigend” (14 Punktwerte) vorgesehen ist. Sich hier festzulegen, muß dem Tatrichter vorbehalten bleiben. Auf die Festlegung kommt es für die Entscheidung im vorliegenden Fall deshalb nicht an, weil in jedem Falle eindeutig der Wert 1,33 unterschritten wird:
Teilt man etwa die fünf fehlenden Punkte bis zur Obergrenze der Note „befriedigend” durch die Gesamtzahl der dieser Note zugeordneten 14 Punkte und addiert zu den 5/14 den Wert von 8,5/11, d.h. den Quotienten aus den 8,5 fehlenden Punkten des Notenbereichs „gut” einerseits und der Gesamtzahl der dieser Note zugeordneten 11 Punkte andererseits, so ergibt sich der Wert 1,13; d.h. der Punktdifferenz von 13,5 Punkten entspräche nach dieser Berechnungsweise hier der Notenwert des 1,13-fachen einer vollen Note. Rechnet man statt dessen vereinfachend mit Durchschnittszahlen, so ergibt sich kein wesentlich anderes Ergebnis: Die Summe der Punktespannen der hier in Betracht zu ziehenden Noten beträgt (14 + 11 =) 25; der Durchschnittswert (die Hälfte davon) beläuft sich auf 12,5 Punkte. Eine Differenz von 13,5 Punkten bedeutet im Verhältnis zu diesem Durchschnittswert beider Punktespannen das (13,5: 12,5 =) 1,08-fache einer vollen Note.
Die Festsetzung des Gegenstandswertes für das Rechtsbeschwerdeverfahren beruht auf § 10 Abs. 1 i.V.m. § 8 Abs. 2 BRAGO.
Unterschriften
Albers, Dawin, Eckertz-Höfer, Büge, Graulich
Fundstellen
Haufe-Index 558327 |
ZTR 2000, 572 |
PersR 2000, 421 |
PersV 2001, 80 |