Potenzialfeststellung für Laufbahnaufstieg ist rechtswidrig

Eine Soldatin klagte erfolgreich gegen die Ablehnung ihres Laufbahnwechsels. Das Bundesverwaltungsgericht entschied, dass die sogenannten Potenzialfeststellung als Auswahlkriterium rechtswidrig ist, da sie keine gesetzliche Grundlage hat.

Anlass für diese Entscheidung war der Fall einer Berufssoldatin, die sich als Hauptfeldwebel für den Aufstieg in die Laufbahn der Offiziere des militärfachlichen Dienstes im Bereich Logistik/Materialbewirtschaftung beworben hat. Da es dafür mehr Bewerber als offene Stellen gibt, findet jährlich ein Auswahlverfahren statt. Nach den einschlägigen Verwaltungsvorschriften kommt es dabei auf die beiden letzten dienstlichen Beurteilungen im bisherigen Amt, auf die Aussagen der Personalentwicklungsbewertung zum angestrebten Laufbahnwechsel und auf eine positive Potenzialfeststellung an. Die Potenzialfeststellung beruht auf einem eintägigen psychologischen Test- und Beurteilungsverfahren. Die Antragstellerin konnte im Auswahljahr 2023 weit überdurchschnittliche Beurteilungen vorlegen, verfehlte aber bei der Potenzialfeststellung den in den Verwaltungserlassenen vorgeschriebenen Punktewert und wurde deshalb nicht für den Aufstieg zugelassen.

Potenzialfeststellung als Auswahlkriterium für Laufbahnwechsel ist rechtswidrig

Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) hat die ablehnenden Bescheide aufgehoben und dem Antrag der Soldatin auf Neubescheidung stattgegeben.

Denn die für sie nachteilige Heranziehung der Potenzialfeststellung als Auswahlkriterium für den Laufbahnwechsel ist rechtswidrig, weil es an der dafür erforderlichen gesetzlichen Grundlage fehlt. Öffentliche Ämter müssen nach Art. 33 Abs. 2 GG nach Eignung, Leistung und Befähigung vergeben werden. Es ist zwar nicht sachwidrig, beim Aufstieg in eine Laufbahn mit wesentlich höheren Anforderungen nicht allein auf die dienstlichen Beurteilungen im bisherigen Amt und auf die in der Personalentwicklungsbewertung zum Ausdruck kommende Einschätzung der Vorgesetzten abzustellen. Ein psychologisches Testverfahren, in dem das geistige und charakterliche Potenzial für den Laufbahnaufstieg überprüft wird, kann vom Dienstherrn auch als sinnvolles Personalauswahlinstrument angesehen werden. Der Grundsatz des Gesetzesvorbehalts verlangt jedoch, dass die für die Bestenauslese bei der Vergabe öffentlicher Ämter nach Art. 33 Abs. 2 GG maßgeblichen Vergleichsinstrumente vom parlamentarischen Gesetzgeber selbst bestimmt werden. Er darf diese wesentliche Grundentscheidung nicht allein dem Handeln und der Entscheidungsmacht der Exekutive überlassen (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 29.8.2023, 1 WB 60.22, BVerwGE 180, 116 Rn. 39 und - 1 WB 64.22 - BVerwGE 180, 140, Rn. 38 ff.).

Gesetzlich geregelte Auswahlinstrumente anwenden

Ebenso wenig kann die Verwaltung die Bedeutung gesetzlich vorgesehener Auswahlinstrumente durch reine Verwaltungsvorschriften einschränken. Die Potenzialfeststellung ist gesetzlich nicht geregelt. Das BVerwG hat ausgeführt, dass sie auch nicht für eine Übergangszeit in den Auswahlverfahren für den Aufstieg zur Offizierin oder zum Offizier des militärfachlichen Dienstes weiter herangezogen werden kann. Dafür besteht keine Notwendigkeit, weil die Bundeswehr von sich aus darauf bereits aus anderen Gründen in einem früheren Auswahljahrgang verzichtet hat. Zudem bestehen für dieses Zulassungsverfahren mit der dienstlichen Beurteilung und der Personalentwicklungsbewertung nunmehr gesetzlich geregelte Auswahlinstrumente (§ 27a Abs. 1 und 3 SG) zur Verfügung, mit deren Hilfe über den Zulassungsanspruch der Soldatin nach Art. 33 Abs. 2 GG entschieden werden kann.

(BVerwG, Beschluss vom 29.10.2024, 1 WB 36.23)


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