Entscheidungsstichwort (Thema)
Verpflichtung des Dienststellenleiters zur Urkundenvorlage im Mitbestimmungsverfahren
Leitsatz (amtlich)
Die Frist des § 69 Abs. 2 Satz 3 BPersVG a. F. (= § 70 Abs. 3 Satz 1 BPersVG n. F.), wonach der Beschluss des Personalrats über die beantragte Zustimmung dem Leiter der Dienststelle innerhalb von zehn Arbeitstagen mitzuteilen ist, beginnt erst mit der vollständigen Unterrichtung des Personalrats über die mitbestimmungspflichtige Maßnahme zu laufen (Beibehaltung der bisherigen Rechtsprechung).
Verfahrensgang
OVG des Landes Sachsen-Anhalt (Beschluss vom 10.02.2022; Aktenzeichen 6 L 5/20) |
VG Halle (Saale) (Beschluss vom 23.09.2020; Aktenzeichen 10 A 1/19 HAL) |
Tenor
Die Rechtsbeschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Oberverwaltungsgerichts des Landes Sachsen-Anhalt - Fachsenat für Bundespersonalvertretungssachen - vom 10. Februar 2022 wird zurückgewiesen.
Gründe
I
Rz. 1
Der Personalrat der Agentur für Arbeit H. (Antragsteller) und die dortige Vorsitzende der Geschäftsführung (Beteiligte) streiten über die Beachtlichkeit der Gründe für die Verweigerung der Zustimmung zu Versetzungen und Zuweisungen sowie über die Verpflichtung der Beteiligten, dem Antragsteller die Auswahlunterlagen des Jobcenters vorzulegen.
Rz. 2
Die Beteiligte bat den Antragsteller um Zustimmung zur beabsichtigten Versetzung unter anderem der Frau A. S., der Frau K. S., beide von der Arbeitsagentur W., sowie der Frau B. R. von der Arbeitsagentur S. zur Arbeitsagentur H. und zeigte zugleich die Absicht an, diese Beschäftigten sogleich mit der Versetzung dem Jobcenter H. zuzuweisen. Der Antragsteller teilte daraufhin mit Schreiben vom 1. April, 25. April und 10. Mai 2019 mit, dass er seine Zustimmung verweigere. Zur Begründung führte er aus, ihm seien die Auswahlvermerke für die Auswahlentscheidungen durch das Jobcenter nicht überlassen worden, obwohl die beabsichtigten Versetzungen ein Mitbestimmungsrecht der Personalvertretung nach § 75 Abs. 1 Nr. 3 BPersVG a. F. auslösten. Durch die Dienststellenleitung seien ihm nach § 68 Abs. 2 BPersVG a. F. alle erforderlichen Unterlagen zur Erfüllung seiner Aufgaben, hier die Überprüfung eines Benachteiligungsverbotes nach § 77 Abs. 2 Nr. 2 BPersVG a. F., zur Verfügung zu stellen. Dieser Verpflichtung komme die Beteiligte nicht nach, wenn sie die Auswahlunterlagen nicht vorlege. Dies rechtfertige die Ablehnung der Vorlagen nach § 77 Abs. 2 Nr. 1 BPersVG a. F. Die Beteiligte teilte dem Antragsteller daraufhin mit, dass sie die Zustimmungsverweigerungen für unbeachtlich halte und die Maßnahmen vollziehen werde.
Rz. 3
Der Antragsteller leitete anschließend vor dem Verwaltungsgericht erfolglos das Beschlussverfahren ein. Seine auf eine Verletzung seiner Mitbestimmungsrechte bezüglich der Beschäftigten K. S., A. S. und R. in Bezug auf § 75 Abs. 1 Nr. 3 BPersVG a. F. (Versetzung) und § 75 Abs. 1 Nr. 4a BPersVG a. F. (Zuweisung) gestützte Beschwerde hat das Oberverwaltungsgericht zurückgewiesen. Die Maßnahmen seien zwar mitbestimmungspflichtig, der Antragsteller habe seine Zustimmung allerdings nicht in beachtlicher Weise verweigert. Er habe ausschließlich eine Verletzung seines aus § 68 Abs. 2 Satz 1 und 2 BPersVG a. F. folgenden Unterrichtungsanspruchs geltend gemacht. Hingegen mache er nicht, auch nicht inzident, geltend, dass die gesetzlichen oder sonstigen Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen für den Erlass der Maßnahmen - hier der Versetzung und der Zuweisung - nicht vorlägen oder Anhaltspunkte für eine Benachteiligung einzelner Beschäftigter bestünden. Die vom Antragsteller geltend gemachten Gründe bezögen sich insbesondere weder auf Aspekte der konkreten Bewerberauswahl noch mache er etwaige Rechtsverstöße bei der Auswahlentscheidung geltend. Es sei höchstrichterlich geklärt, dass ein Personalrat nicht berechtigt sei, die Zustimmung allein wegen mangelnder Unterrichtung zu verweigern. Die Beteiligte sei auch nicht verpflichtet gewesen, der innerhalb der Frist des § 69 Abs. 2 Satz 3 BPersVG a. F. geäußerten Bitte des Antragstellers auf Vorlage der Auswahlunterlagen, insbesondere des Auswahlvermerks, nachzukommen. Die organisatorische Durchführung der Stellenbesetzungsverfahren des Jobcenters durch die Bundesagentur für Arbeit rechtfertige nicht die Annahme, diese habe eine für die Agentur für Arbeit geltende Auswahlentscheidung getroffen; vielmehr gehe die Auswahl der Beschäftigten der gemeinsamen Einrichtung nach den obigen Ausführungen zur Organisation der Stellenbesetzung in den Jobcentern allein auf eine Auswahlentscheidung des Jobcenters zurück. So sei auch im vorliegenden Fall der Geschäftsführer des Jobcenters H. nach abgeschlossenem Auswahlverfahren an die Agentur für Arbeit H. herangetreten und habe um Versetzung und Zuweisung der ausgewählten Bewerberinnen gebeten. Die Beteiligte habe auf diese Bitte jeweils Einzelmaßnahmen (Versetzung und Zuweisung im Sinne von § 44g SGB II) getroffen; hieran habe sich die Unterrichtungspflicht zu orientieren. Nach den unbestritten gebliebenen Angaben der Beteiligten sei der Antragsteller zum einen über den dienstlichen Grund (hier die Umsetzung der Personalanforderung durch den Geschäftsführer des Jobcenters als Ergebnis des jeweiligen Stellenbesetzungsverfahrens) informiert und hinsichtlich der einzelnen Beschäftigten über das Geburtsdatum, den Beschäftigtenstatus, die derzeitige und künftige Eingruppierung und eine etwaige Schwerbehinderteneigenschaft der Beschäftigten unterrichtet worden. Da die Beteiligte hingegen keine Auswahlentscheidung hinsichtlich der dem Jobcenter zuzuweisenden Beschäftigten getroffen habe, sei sie auch nicht verpflichtet gewesen, dem Antragsteller die Auswahlunterlagen bzw. den Auswahlvermerk vorzulegen. Denn die Pflicht des Dienststellenleiters zur Vorlage von Unterlagen nach § 68 Abs. 2 Satz 2 BPersVG a. F. sei auf die bei der Dienststelle vorhandenen Unterlagen begrenzt.
Rz. 4
Mit der Rechtsbeschwerde verfolgt der Antragsteller sein Begehren weiter und trägt insbesondere vor, die Beteiligte habe entgegen der Ansicht des Oberverwaltungsgerichts das Mitbestimmungsverfahren nicht ohne Weiteres abbrechen und die Maßnahmen vollziehen dürfen, da der Antragsteller die bislang nicht vorgelegten Auswahlunterlagen benötige, um mögliche Zustimmungsverweigerungsgründe geltend machen zu können. Das Oberverwaltungsgericht habe außerdem § 44d Abs. 6 SGB II falsch ausgelegt. Es habe darauf abgestellt, dass letztlich eine Auswahlkommission der Geschäftsführung des Jobcenters einen Entscheidungsvorschlag unterbreite, den diese mit der Bitte um Versetzung und Zuweisung des jeweiligen Beschäftigten an den Träger weiterleiten könne. Aus der Norm ergebe sich aber, dass die Geschäftsführung der gemeinsamen Einrichtung gerade kein Letztentscheidungsrecht bei der Personalauswahl habe. Dieses stehe vielmehr dem Träger und somit letztlich der Beteiligten zu.
II
Rz. 5
Die Rechtsbeschwerde des Antragstellers ist nicht begründet. Der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts beruht nicht auf der unrichtigen Anwendung einer Rechtsnorm (§ 108 Abs. 2 Bundespersonalvertretungsgesetz - BPersVG - vom 9. Juni 2021 ≪BGBl. I S. 1614≫ i. V. m. § 93 Abs. 1 Satz 1 ArbGG). Das Oberverwaltungsgericht hat zu Recht dahin erkannt, dass der zulässige konkrete Feststellungsantrag unbegründet ist.
Rz. 6
1. Es hat zunächst zutreffend darauf abgestellt, dass dieses Begehren materiell-rechtlich auch nach dem 15. Juni 2021 nicht anhand des an diesem Tag in Kraft getretenen Bundespersonalvertretungsgesetzes vom 9. Juni 2021, sondern auf der Grundlage der im Zeitpunkt der streitigen Versetzung und Zuweisung anzuwendenden Fassung des Bundespersonalvertretungsgesetzes zu beurteilen ist (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 27. April 2022 - 5 P 9.20 - juris Rn. 12 ff. und vom 3. Mai 2022 - 5 P 1.22 - PersV 2022, 465 Rn. 15). Nicht zu beanstanden ist gleichfalls seine auch von der Beteiligten nicht in Zweifel gezogene Annahme, dass die beabsichtigten Versetzungen zur Agentur für Arbeit H. unter dem aufnehmenden Aspekt gemäß § 75 Abs. 1 Nr. 3 Alt. 1 BPersVG a. F. und unter dem Aspekt der beabsichtigten Zuweisung einer Tätigkeit im Jobcenter gemäß § 75 Abs. 1 Nr. 4a BPersVG a. F. der Mitbestimmung des Antragstellers unterlagen. Allerdings hat, wovon die angegriffene Entscheidung zu Recht ausgeht, der Antragsteller die Zustimmung zu den mitbestimmungspflichtigen Maßnahmen nicht in beachtlicher Weise verweigert.
Rz. 7
2. Die Beteiligte durfte die hier noch in Rede stehenden Beschäftigten gemäß § 69 Abs. 1 BPersVG a. F. versetzen, obwohl der Antragsteller dem nicht zugestimmt hatte und seine Zustimmung auch nicht durch einen Spruch der Einigungsstelle ersetzt worden ist, weil die Zustimmungsfiktion nach § 69 Abs. 2 Satz 5 BPersVG a. F. eingetreten ist. Nach dieser Vorschrift gilt eine Maßnahme, zu welcher die Dienststellenleitung gemäß § 69 Abs. 2 Satz 1 BPersVG a. F. die Zustimmung des Personalrats beantragt hat, als gebilligt, wenn nicht der Personalrat gemäß § 69 Abs. 2 Satz 3 BPersVG a. F. innerhalb einer Frist von zehn Arbeitstagen die Zustimmung unter Angabe der Gründe schriftlich verweigert. Das Oberverwaltungsgericht hat zutreffend angenommen, dass die Frist für den Eintritt der Billigungsfiktion entsprechend § 69 Abs. 2 Satz 5 BPersVG a. F. angelaufen ist (a) und der Antragsteller für seine Zustimmungsverweigerungen vom 1. April, 25. April und 10. Mai 2019 keine beachtlichen Gründe geltend gemacht hat (b).
Rz. 8
a) Die Frist des § 69 Abs. 2 Satz 3 BPersVG a. F. wurde mit dem Eingang der Zustimmungsanträge der Beteiligten beim Antragsteller in Gang gesetzt. Sie beginnt - allgemein und so auch hier - mit der vollständigen Unterrichtung des Personalrats über die mitbestimmungspflichtige Maßnahme zu laufen (BVerwG, Beschlüsse vom 27. April 2022 - 5 P 8.20 - PersV 2023, 25 und - 5 P 9.20 - juris, jeweils Rn. 16 f., 25 sowie vom 3. Mai 2022 - 5 P 1.22 - PersV 2022, 465 Rn. 19 f., 28; soweit die in den genannten Beschlüssen verwendete Formulierung "nicht unterbrochen" den Eindruck zu erwecken geeignet sein könnte, der Senat halte nicht daran fest, dass die Frist des § 69 Abs. 2 Satz 3 BPersVG a. F. erst mit der vollständigen Unterrichtung des Personalrats zu laufen beginnt, stellt der Senat klar, dass dieser Eindruck unzutreffend wäre). Denn gemessen an den Anforderungen des § 68 Abs. 2 Satz 1 und 2 BPersVG a. F. war eine Vorlage der vom Antragsteller angeforderten Auswahlunterlagen nicht erforderlich, damit dieser eine sachgerechte Entscheidung über die von der Beteiligten beabsichtigte Versetzung und Zuweisung treffen konnte. Im Fall einer Versetzungsmaßnahme - ebenso wie bei der sich daran anschließenden Zuweisung einer Tätigkeit - bezieht sich die Verpflichtung zur Information des Personalrats durch die Dienststelle unter Berücksichtigung der dargestellten Grundsätze zwar grundsätzlich auf alle Fakten und Unterlagen, die für die Versetzungs- und Zuweisungsentscheidung maßgebend waren. Maßgebend in diesem Sinne können die vollständigen Auswahlunterlagen aber nur gewesen sein, wenn der Leiter der Dienststelle, welcher der Personalrat zugeordnet ist, die der personellen Maßnahme zugrundeliegende materielle Auswahlentscheidung selbst getroffen oder sich die von anderen getroffene Auswahlentscheidung zu eigen gemacht hat (vgl. BVerwG, Beschluss vom 27. April 2022 - 5 P 9.20 - juris Rn. 17 f. und vom 3. Mai 2022 - 5 P 1.22 - PersV 2022, 465 Rn. 21 ff. m. w. N.). So verhält es sich hier nicht.
Rz. 9
Nach den nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen und daher für den Senat bindenden Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts (§ 92 Abs. 2 Satz 1, § 72 Abs. 5 ArbGG i. V. m. § 559 Abs. 2 ZPO) hat die Beteiligte die Versetzungen und Zuweisungen vorgenommen, ohne zuvor ein eigenes Auswahlverfahren durchzuführen oder sich die von dem Geschäftsführer des Jobcenters in einem Verfahren der Bestenauslese getroffene Auswahlentscheidung zu eigen zu machen. Die Zuversetzung und Zuweisung erfolgte vielmehr nur deshalb, um dem auf der Grundlage des Auswahlverfahrens des Jobcenters erfolgten Besetzungsvorschlag seines Geschäftsführers zu entsprechen. Hat die Beteiligte aber tatsächlich weder ein eigenes Auswahlverfahren durchgeführt noch das im Jobcenter durchgeführte Auswahlverfahren anhand der vollständigen Auswahlunterlagen überprüft, inhaltlich nachvollzogen oder gewürdigt und sich insofern die dort getroffene Entscheidung zu eigen gemacht, waren die Auswahlunterlagen für ihre Entscheidungsfindung hinsichtlich der Versetzung und Zuweisung schon deshalb nicht maßgeblich, weil sie eine solche materielle Auswahlentscheidung weder selbst getroffen noch sich eine vorherige zu eigen gemacht hat. Demzufolge sind diesbezügliche Unterlagen für die korrespondierende Zustimmungsentscheidung des Antragstellers auch nicht erforderlich und müssen ihm nicht vorgelegt werden.
Rz. 10
Das gilt selbst dann, wenn die Beteiligte als für die Zuversetzung und Zuweisung zuständige Dienststelle rechtlich verpflichtet gewesen sein sollte, selbst ein Auswahlverfahren durchzuführen oder jedenfalls die Auswahlentscheidung des Jobcenters eigenständig zu würdigen. Zwar kann auch die Rüge von Fehlern bei dem von der Geschäftsführung eines Jobcenters durchgeführten Auswahlverfahren einen beachtlichen Zustimmungsverweigerungsgrund nach § 77 Abs. 2 Nr. 1 und 2 BPersVG a. F. darstellen, weil nicht offensichtlich ausgeschlossen ist, dass sich eine rechtswidrige Auswahlentscheidung unabhängig davon, wer dafür zuständig gewesen ist, auf die Rechtmäßigkeit der zu ihrer Umsetzung getroffenen personellen Maßnahmen auswirkt. Das zwingt aber nicht zu dem Schluss, dass der Leiter der Dienststelle dem ihm zugeordneten Personalrat gemäß § 68 Abs. 2 Satz 1 und 2 BPersVG a. F. auch solche Unterlagen vorzulegen hat, die er seiner Entscheidung tatsächlich nicht zugrunde gelegt hat.
Rz. 11
Aus der allgemeinen Überwachungsaufgabe der Personalvertretung gemäß § 67 Abs. 1 Satz 1 BPersVG a. F., wonach die Dienststelle und die Personalvertretung darüber zu wachen haben, dass alle Angehörigen nach Recht und Billigkeit behandelt werden, folgt hier schon deshalb kein Anspruch des Antragstellers auf Vorlage der Auswahlunterlagen, weil in einer Konstellation wie der vorliegenden eine solche jedenfalls dann nicht erforderlich ist, wenn wie hier feststeht, dass eine Auswahl durch die betreffende Dienststellenleitung gar nicht stattgefunden hat (zum Ganzen: BVerwG, Beschlüsse vom 27. April 2022 - 5 P 9.20 - juris Rn. 19 ff. und vom 3. Mai 2022 - 5 P 1.22 - PersV 2022, 465 Rn. 24 m. w. N.).
Rz. 12
b) Der Antragsteller hat die Zustimmung zur Versetzung und Zuweisung der in Rede stehenden Beschäftigten nicht in beachtlicher Weise verweigert.
Rz. 13
Die Verweigerung der Zustimmung des Personalrats ist unter anderem dann unbeachtlich, wenn die gegen die beabsichtigte Maßnahme angeführten Gründe offensichtlich nicht auf einen der gesetzlichen Verweigerungsgründe des § 77 Abs. 2 BPersVG a. F. inhaltlich bezogen sind oder die Begründung aus sonstigen Gründen rechtsmissbräuchlich ist. Zwar genügt es für eine beachtliche Zustimmungsverweigerung, wenn das Vorbringen des Personalrats es aus der Sicht eines sachkundigen Dritten als möglich erscheinen lässt, dass einer der dafür zugelassenen und in § 77 Abs. 2 BPersVG a. F. abschließend geregelten Verweigerungsgründe gegeben ist. Hingegen ist die Darlegung einer Rechtsauffassung oder der Vortrag von Tatsachen seitens des Personalrats unbeachtlich, wenn sich daraus ersichtlich, das heißt von vornherein und eindeutig, keiner der gesetzlich zugelassenen Verweigerungsgründe ergeben kann, deren Vorliegen also nach keiner vertretbaren Betrachtungsweise als möglich erscheint (BVerwG, Beschluss vom 27. April 2022 - 5 P 9.20 - juris Rn. 23 und vom 3. Mai 2022 - 5 P 1.22 - PersV 2022, 465 Rn. 26 m. w. N.). So liegt es hier.
Rz. 14
aa) Nach den Ausführungen des Oberverwaltungsgerichts hat sich der Antragsteller nicht auf den Verweigerungsgrund des § 77 Abs. 2 Nr. 2 BPersVG a. F. gestützt. Die angefochtene Entscheidung stellt ausdrücklich fest, dass der Antragsteller nicht, auch nicht inzident, geltend gemacht hat, dass Anhaltspunkte für eine Benachteiligung einzelner Beschäftigter bestünden. An diese Auslegung des Erklärungsgehalts seiner Zustimmungsverweigerungen ist der Senat gebunden, weil sie der Tatsachenfeststellung zuzuordnen und nicht mit Verfahrensrügen angegriffen worden ist (vgl. BVerwG, Beschluss vom 27. April 2022 - 5 P 9.20 - juris Rn. 26 m. w. N.). Hierzu hätte der Antragsteller im Übrigen auch nachprüfbare konkrete Tatsachen vortragen müssen, die die Besorgnis einer ungerechtfertigten Benachteiligung als möglich erscheinen lassen. Meinungen, Wertungen, Vermutungen, Unterstellungen oder Gerüchte reichen dagegen nicht aus, um darauf die Besorgnis einer Benachteiligung zu stützen. Das gilt auch dann, wenn geltend gemacht wird, dass sich vermeintliche Fehler im Auswahlverfahren des Jobcenters auf die Rechtmäßigkeit der zur Umsetzung der Auswahlentscheidung getroffenen personellen Maßnahme des Trägers auswirken können (BVerwG, Beschlüsse vom 27. April 2022 - 5 P 9.20 - juris Rn. 24 und vom 3. Mai 2022 - 5 P 1.22 - PersV 2022, 465 Rn. 27 m. w. N.).
Rz. 15
bb) Es stellt keinen beachtlichen Grund für die Zustimmungsverweigerung dar, wenn sich der Antragsteller auf § 77 Abs. 2 Nr. 1 i. V. m. § 68 Abs. 2 BPersVG a. F. beruft, weil ihm die Auswahlunterlagen nicht vorgelegt worden seien und er deshalb nicht habe nachvollziehen können, ob das Auswahlverfahren, das der Versetzung und Zuweisung zugrunde gelegen habe, ordnungsgemäß - etwa mit Blick auf die Beachtung des Benachteiligungsverbotes nach § 77 Abs. 2 Nr. 2 BPersVG a. F. - durchgeführt worden sei. Zum einen hat ein entsprechender Unterrichtungsanspruch des Antragstellers aus § 68 Abs. 2 BPersVG a. F. - wie oben dargelegt - schon nicht bestanden. Zum anderen und darüber hinaus ist in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geklärt, dass der Personalrat nicht berechtigt ist, die Zustimmung allein wegen mangelnder Unterrichtung zu verweigern. Denn die Verletzung der Unterrichtungspflicht stellt keinen Gesetzesverstoß im Sinne von § 77 Abs. 2 Nr. 1 BPersVG a. F. dar, da diese Bestimmung keine das Mitbestimmungsverfahren sichernde Vorschrift ist und sich die in ihr genannten Zustimmungsverweigerungsgründe allein auf die vom Dienststellenleiter beabsichtigte personelle Maßnahme selbst beziehen. Der Informationsanspruch des Personalrats ist vielmehr dadurch geschützt, dass die Äußerungsfrist mit der von ihr erfassten Billigungsfiktion für den Fall, dass eine Äußerung überhaupt nicht oder nicht den gesetzlichen Anforderungen entsprechend abgegeben wird, erst mit der vollständigen Unterrichtung des Personalrats zu laufen beginnt (BVerwG, Beschlüsse vom 27. April 2022 - 5 P 9.20 - juris Rn. 25 und vom 3. Mai 2022 - 5 P 1.22 - PersV 2022, 465 Rn. 28 m. w. N.).
Rz. 16
cc) Der vorliegende Fall gibt keine Veranlassung, der Frage nachzugehen, ob der Antragsteller die Verweigerung der Zustimmung zu der Versetzung und Zuweisung der hier in Rede stehenden Beschäftigten mit Erfolg darauf hätte stützen können, diese sei rechtswidrig, weil die Beteiligte weder ein eigenes Auswahlverfahren durchgeführt noch das Auswahlverfahren der Geschäftsführung des Jobcenters einer Richtigkeitskontrolle unterzogen und es sich so zu eigen gemacht habe. Denn eine hierauf bezogene Zustimmungsverweigerung hat er nach den Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts ebenfalls nicht abgegeben.
Fundstellen
Haufe-Index 15741438 |
ZTR 2023, 542 |
DÖD 2023, 240 |
DÖV 2023, 727 |
NZA-RR 2024, 5 |
VR 2023, 322 |
öAT 2023, 173 |
IÖD 2023, 206 |