Verfahrensgang
OVG für das Land NRW (Urteil vom 22.05.2006; Aktenzeichen 14 A 375/05) |
Tenor
Die Beschwerde der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 22. Mai 2006 wird zurückgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 8 000 € festgesetzt.
Gründe
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts hat keinen Erfolg; die geltend gemachten Gründe rechtfertigen eine Revisionszulassung nicht.
1. Die Aufklärungs- und Gehörsrüge (Nr. 2 der Beschwerdebegründung), mit der die Beschwerde geltend macht, das Berufungsgericht hätte nicht ohne Anhörung und Inaugenscheinnahme der Kläger zu 2 bis 5 davon ausgehen dürfen, dass diese die deutsche Sprache nicht auf dem Niveau der Stufe A 1 des Europäischen Referenzrahmens für Sprache beherrschten, und zumindest hätte das Gericht die Sache vertagen müssen, um den Klägern Gelegenheit zu geben, das insoweit für erforderlich gehaltene Zertifikat zu erwerben, greift nicht durch.
Soweit die Beschwerde die unterbliebene persönliche Anhörung der Kläger zu 2 bis 5 zu ihren Sprachkenntnissen rügt und in diesem Zusammenhang geltend macht, auch wenn die Kläger nicht behauptet hätten, die nach dem vom Gericht angelegten Prüfungsmaßstab für die erforderlichen “Grundkenntnisse” erforderlichen Sprachkenntnisse zu besitzen, hätte es die bei den Klägern nach ihrem Vortrag vorhandenen Sprachkenntnisse überprüfen müssen, trägt sie dem Umstand nicht Rechnung, dass der Umfang der Aufklärungspflicht sich vom Rechtsstandpunkt des Gerichts her bestimmt. Mit dem Vorbringen, auch ohne Zertifikatkenntnisse verfügten die Kläger aufgrund ihres aktenkundigen Sprachkursbesuches über die vom Gesetzgeber vorgesehenen Sprachkenntnisse, greifen sie den gerichtlichen Prüfungsmaßstab selbst an; damit lässt eine Aufklärungsrüge sich nicht begründen.
Soweit die Beschwerde eine Vertagung zum Zwecke der Ermöglichung des Zertifikaterwerbs für geboten hält, verkennt sie, dass die Vertagung grundsätzlich nicht den Zweck hat, den Parteien Gelegenheit zu geben, einzelne Anspruchsvoraussetzungen für den Erfolg der Klage zu schaffen oder herzustellen. “Erhebliche Gründe” im Sinne des gemäß § 173 Satz 1 VwGO geltenden § 227 Abs. 1 ZPO sind vielmehr nur solche Umstände, die zur Gewährleistung des rechtlichen Gehörs eine Zurückstellung des Beschleunigungs- und Konzentrationsgebots erfordern, weil die Beteiligten sich trotz aller zumutbaren eigenen Bemühungen nicht in hinreichender Weise rechtliches Gehör verschaffen können (vgl. zuletzt etwa Beschluss vom 29. April 2004 – BVerwG 3 B 118.03 – juris Rn. 3). Ein solcher Fall lag hier offensichtlich nicht vor.
Davon abgesehen müssten die Kläger sich auch entgegenhalten lassen, dass sie einen Vertagungsantrag in der mündlichen Verhandlung nicht gestellt haben. Sie haben vielmehr den Vorschlag der Beklagten, die bisherigen Kläger zu 2 bis 5 nach Zurücknahme der Berufung und nachträglicher Vorlage des erforderlichen Zertifikats in den Aufnahmebescheid des Klägers zu 1 einzubeziehen, ohne sich insoweit auf die Bestandskraft der ablehnenden Bescheide zu berufen, mit der Begründung abgelehnt, dass die Sprachanforderungen für Einbeziehungsberechtigte verfassungswidrig seien (vgl. GA S. 55, 57).
2. Die Grundsatzrüge, mit welcher der Kläger zu 1 das erforderliche Niveau der “Grundkenntnisse der deutschen Sprache” geklärt haben möchte (Nr. 3 der Beschwerdebegründung), hat aus den vom Senat bereits in seinem dem Prozessbevollmächtigten bekannten Beschluss vom 30. Oktober 2006 – BVerwG 5 B 55.06 – dargelegten Gründen, auf die Bezug genommen wird (Beschlussausdruck S. 3 – 4 unter 3.), keinen Erfolg. Soweit die von dem Kläger zu 1 hiergegen nach Ablauf der Begründungsfrist mit Schriftsätzen vom 18. April 2007 und 5. Juli 2007 erhobenen weiteren Einwände insbesondere verfassungsrechtlicher Art als zulässige nachträgliche Erläuterung des rechtzeitigen Beschwerdevorbringens angesehen werden können, führt dies nicht auf einen weitergehenden Klärungsbedarf; auch in Ansehung dieses Vorbringens bestehen keine die Revisionszulassung rechtfertigenden ernsthaften Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit des § 27 Abs. 1 Satz 2 BVFG (F. 2005) und seiner Anwendbarkeit auf das Begehren des Klägers zu 1 (zum Prüfungsmaßstab s. BVerwG, Beschluss vom 17. Januar 2003 – BVerwG 5 B 261.02 – Buchholz 436.61 § 62 SchwbG Nr. 1 = NVwZ 2003, 866).
3. Mit der gegen die Ablehnung des Hilfsantrages (auf Einbeziehung der Kläger zu 2 bis 5 als miteinreisende Verwandte in den dem Kläger zu 1 erteilten Aufnahmebescheid) gerichteten Grundsatzrüge machen die Kläger geltend, mit Blick auf § 8 Abs. 2 BVFG bedürfe es einer höchstrichterlichen Klärung des Rechtsgehalts dieser Vorschrift, die dem Grundsatz der Familieneinheit Rechnung trage, und die Einstellung der insoweit bis zum 1. Januar 2005 bestehenden Verwaltungspraxis verstoße gegen das Rechtsstaatsprinzip und die Gesetzesbindung der Verwaltung. Insoweit kann offenbleiben, ob die Kläger 2 bis 5 entsprechend der Antragstellung in der Berufungsverhandlung nur im Hinblick auf den (geänderten) Hilfsantrag als Kläger beteiligt bleiben konnten, denn jedenfalls ist nicht zu erkennen, dass nach der von der Vorinstanz angeführten Verwaltungspraxis ein Rechtsanspruch auf Einbeziehung der Kläger zu 2 bis 5 als miteinreisende Verwandte in das Verteilungsverfahren besteht bzw. die Bundesländer, die früher entsprechende Vorabzustimmungen abgegeben haben, gehindert gewesen wären, entsprechende Vorabzustimmungen nach Inkrafttreten des Zuwanderungsgesetzes nicht mehr zu erteilen. Überdies verkennt die Beschwerde den Regelungsgehalt des § 8 Abs. 2 BVFG, wenn sie ihn als Norm wertet, die ein gemeinsames “Eintreffen” mit dem Spätaussiedler erst ermöglichen und einen Anspruch auf Aufnahme begründen könnte.
4. Auch die weiter als rechtsgrundsätzlich bedeutsam aufgeworfene Frage nach dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes mit Blick auf die Möglichkeit der Einbeziehung von Ehegatten und Abkömmlingen ohne die durch das Zuwanderungsgesetz eingeführten Sprachanforderungen rechtfertigt nicht die Zulassung der Revision. Der beschließende Senat sieht keine verfassungsrechtliche Grundlage für einen Vertrauensschutz von Ehegatten und Abkömmlingen, vom Erfordernis eines Erwerbs von Grundkenntnissen der deutschen Sprache bereits vor der Ausreise dauerhaft freigestellt zu bleiben.
5. Von einer weiteren Begründung sieht der beschließende Senat ab (§ 133 Abs. 5 Satz 2 VwGO).
6. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf §§ 47, 52 Abs. 1 GKG i.V.m. § 5 ZPO (4 × 2 000 €; vgl. Beschluss vom 18. Januar 2007 – BVerwG 5 C 9.06 –).
Unterschriften
Hund, Schmidt, Prof. Dr. Berlit
Fundstellen