Verfahrensgang
Tenor
Die Anhörungsrüge des Klägers gegen den Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 5. Juni 2013 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Rügeverfahrens. Gerichtskosten werden nicht erhoben.
Gründe
Rz. 1
Die Anhörungsrüge hat keinen Erfolg.
Rz. 2
1. Art. 103 Abs. 1 GG verpflichtet ein Gericht, die Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Eine dem verfassungsrechtlichen Anspruch genügende Gewährung rechtlichen Gehörs setzt auch voraus, dass der Verfahrensbeteiligte bei Anwendung der von ihm zu verlangenden Sorgfalt zu erkennen vermag, auf welchen Tatsachenvortrag es für die Entscheidung ankommen kann. Art. 103 Abs. 1 GG verlangt allerdings grundsätzlich nicht, dass das Gericht vor der Entscheidung auf seine Rechtsauffassung hinweist; ihm ist auch keine allgemeine Frage- und Aufklärungspflicht des Richters zu entnehmen. Es kommt jedoch im Ergebnis der Verhinderung eines Vortrags gleich, wenn das Gericht ohne vorherigen Hinweis Anforderungen an den Sachvortrag stellt, mit denen auch ein gewissenhafter und kundiger Prozessbeteiligter – selbst unter Berücksichtigung der Vielfalt vertretbarer Rechtsauffassungen – nach dem bisherigen Prozessverlauf nicht zu rechnen brauchte (stRspr, BVerfG, Beschlüsse vom 29. Mai 1991 – 1 BvR 1383/90 – BVerfGE 84, 188 ≪190≫ und vom 19. Mai 1992 – 1 BvR 986/91 – BVerfGE 86, 133 ≪144 f.≫; BVerwG, Beschlüsse vom 29. Juli 2004 – BVerwG 9 B 23.04 – juris Rn. 2 und vom 5. Juni 2013 – BVerwG 5 C 7.13 – juris Rn. 6).
Rz. 3
2. Im vorliegenden Fall liegen diese Voraussetzungen nicht vor oder werden nicht im Sinne von § 152a Abs. 2 Satz 6 VwGO dargelegt. Die Rügeschrift (RS) macht im Wesentlichen geltend:
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der Senat habe in verfassungswidriger Weise die Anforderungen an die Darlegung einer Divergenz überdehnt (RS S. 3 f.); |
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der Senat habe in überraschender Weise an die Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung für ausgelaufenes Recht überhöhte Anforderungen gestellt. Es sei überzogen, die Grundsatzrügen nur bei offensichtlicher Identität von altem und neuem Recht zuzulassen. Jedenfalls hätte der Senat den Kläger darauf hinweisen müssen, dass er trotz mangelnder Änderung des Gesetzeswortlautes in der ersten Alternative des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AFBG es nicht für evident halte, dass sich die aufgeworfene Rechtsfrage im neuen Recht in gleicher Weise wie im alten Recht stelle (RS S. 4 f.); |
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der Senat habe auch ansonsten die Anforderungen an die Darlegung der Grundsatzrüge überspannt, weil die Relevanz der vom Kläger aufgeworfenen Fragestellung für eine Vielzahl von Fällen evident gewesen sei oder von Amts wegen ermittelt werden musste (RS S. 5 f.); |
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der Senat verkenne im Übrigen auch die weitere grundrechtliche Relevanz, insbesondere die Unvereinbarkeit des von der Vorinstanz angenommenen Förderausschlusses mit Art. 3 Abs. 1 GG (RS S. 6 – 8). |
Rz. 4
a) Im zuerst genannten Punkt liegt die behauptete Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör schon deswegen nicht vor, weil der Senat die Divergenzrüge des Klägers nicht mangels ausreichender Darlegung der Rüge, sondern wegen Fehlens der behaupteten Abweichung abgelehnt hat. Im angegriffenen Beschluss vom 5. Juni 2013 wird unter Rn. 4 ausgeführt, dass die Vorinstanz nicht – wie vom Kläger behauptet – vom Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 11. Dezember 2008 – BVerwG 5 C 17.08 – (BVerwGE 132, 339 Rn. 28) abgewichen ist. Darin wird gerade kein abstrakter Rechtssatz zur Auslegung der ersten Alternative des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AFBG a.F. aufgestellt. Der vom Kläger dem Urteil entnommene “Umkehrschluss” ist kein vom Bundesverwaltungsgericht aufgestellter Rechtssatz, sondern lediglich eine vom Kläger aufgestellte Rechtsbehauptung.
Rz. 5
b) Eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör liegt auch nicht darin, dass der Senat an die Darlegung der Grundsatzrüge in Fällen ausgelaufenen Rechts in überraschender Weise hohe Anforderungen gestellt hat. Es ist weder neu noch überraschend, dass Fragen auslaufenden oder ausgelaufenen Rechts einer Rechtssache regelmäßig keine grundsätzliche Bedeutung verleihen und dass etwas anderes nur dann gilt, wenn es offensichtlich ist, dass sich die zum alten Recht aufgeworfene Frage im neuen Recht in gleicher Weise stellt (Beschlüsse vom 5. Oktober 2009 – BVerwG 6 B 17.09 – Buchholz 442.066 § 24 TKG Nr. 4 Rn. 11, vom 27. Oktober 2010 – BVerwG 5 B 18.10 u.a. – juris Rn. 6 und vom 27. Juni 2011 – BVerwG 5 B 54.10 – juris Rn. 7). Der Kläger musste daher auch nicht darauf hingewiesen werden, dass es im vorliegenden Fall im Hinblick auf die Textänderungen bei der dritten Alternative des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AFBG und der dazu gegebenen Gesetzesbegründung Zweifel an einer solchen Evidenz geben könnte, zumal der Gesetzgeber den gesamten Satz neu erlassen hat. Im Übrigen legt der Kläger nicht dar, was er im Falle eines vorherigen gerichtlichen Hinweises vorgetragen hätte, um das Gericht von der Offensichtlichkeit einer Übereinstimmung der alten und neuen Rechtslage zu überzeugen. Es ist daher auch nichts dafür ersichtlich, dass die Entscheidung auf dem behaupteten Gehörsverstoß beruhen kann.
Rz. 6
c) Unabhängig davon hat der Senat die Unzulässigkeit der erhobenen Grundsatzrüge selbständig tragend auch auf die mangelnde Befassung des Klägers mit den Gründen des berufungsgerichtlichen Urteils gestützt. Es kann aber nicht als Überspannung der Darlegungserfordernisse des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO gewertet werden, wenn vom Rechtsmittelführer eine inhaltliche Auseinandersetzung mit der Rechtsauffassung der Vorinstanz gefordert wird (Beschlüsse vom 8. Juni 2006 – BVerwG 6 B 22.06 – NVwZ 2006, 1073 ≪1074≫ und vom 14. Januar 2013 – BVerwG 5 B 99.12 – juris Rn. 2). Dies kann nicht zuletzt dazu dienen, dass sich der Rechtsmittelführer der rechtlichen Tragfähigkeit einer abweichenden Normauslegung vergewissert und damit die Erfolgsaussichten seines Rechtsmittels überprüft.
Rz. 7
d) Eine Verletzung des Art. 103 Abs. 1 GG liegt auch nicht darin, dass der Senat die Anforderungen an die Darlegung der fallübersteigenden Bedeutung überspannt hätte. Wird die grundsätzliche Bedeutung einer Streitsache behauptet, muss grundsätzlich vom Rechtsmittelführer dargelegt werden, worin die allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung bestehen soll (stRspr, vgl. Beschluss vom 2. Oktober 1961 – BVerwG 8 B 78.61 – BVerwGE 13, 90 ≪91 f.≫). Es ist nicht ersichtlich, dass dem Kläger die geforderte Befassung mit dieser Frage und den diesbezüglichen Anmerkungen des Berufungsgerichts unzumutbar gewesen wäre. Soweit der Kläger ausführt, die Bedeutung der Rechtsfrage für eine Vielzahl künftiger Fälle sei evident gewesen bzw. hätte von Amts wegen ermittelt werden müssen, wird damit ein Gehörsverstoß nicht aufgezeigt. Das Gleiche gilt für die Ausführungen zu Art. 3 Abs. 1 GG.
Rz. 8
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Gerichtskostenfreiheit folgt aus § 188 Satz 2 Halbs. 1 VwGO.
Unterschriften
Vormeier, Dr. Häußler, Dr. Fleuß
Fundstellen