Verfahrensgang
VG Potsdam (Urteil vom 29.08.2007; Aktenzeichen 6 K 215/02) |
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichts Potsdam vom 29. August 2007 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst trägt.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 1 595,23 € festgesetzt.
Gründe
Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Die vom Kläger geltend gemachten Zulassungsgründe des § 132 Abs. 2 Nr. 1 und 3 VwGO liegen nicht vor.
Die von der Beschwerde erhobene Grundsatzrüge im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO greift nicht durch. Grundsätzliche Bedeutung im Sinne dieser Bestimmung kommt einer Rechtssache nur dann zu, wenn die Beschwerde eine abstrakte Rechtsfrage von fallübergreifendem Gewicht aufwirft, deren zu erwartende revisionsgerichtliche Klärung der Einheit oder der Fortentwicklung des Rechts zu dienen vermag. Die auf den Seiten 12 und 13 der Beschwerdebegründungsschrift aufgeworfenen fünf Fragen zu einem möglichen Machtmissbrauch im Sinne des § 1 Abs. 3 VermG sind nicht klärungsbedürftig bzw. klärungsfähig. Was das Verhältnis der Verordnung zum Schutze der Staatsgrenze der DDR vom 19. März 1964 zu § 10 Verteidigungsgesetz der DDR vom 20. September 1961 und der dazu ergangenen Leistungsverordnung anbelangt, wäre dieses in einem Revisionsverfahren nicht zu klären. Die Beschwerde stellt insoweit keine, gerade auf die Auslegung und Anwendung einer bestimmten Norm des revisiblen Rechts gerichtete Rechtsfrage. Die Rechtsvorschriften der DDR sind revisibles Bundesrecht nur dann und insoweit, wie dies durch Art. 9 EV bestimmt ist. Das ist für das Verteidigungsgesetz und die Verordnung zum Schutze der Staatsgrenze der DDR nicht geschehen (Beschluss vom 3. Mai 1996 – BVerwG 4 B 46.96 – Buchholz 11 Art. 14 GG Nr. 296). Die Fragen zu einem möglichen Machtmissbrauch können auf der Grundlage der bereits vorhandenen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ohne Durchführung eines Revisionsverfahrens verneint werden. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sind Enteignungen für die Errichtung von Sperranlagen (Enteignungen von “Mauergrundstücken”) auf der Grundlage des § 10 des Verteidigungsgesetzes der DDR aus dem Jahr 1961 generell nicht als unlautere Machenschaften im Sinne des § 1 Abs. 3 VermG einzustufen, auch wenn diese Sperranlagen an der innerdeutschen Grenze und an der Grenze zu Berlin (West) “sinnfälliger Ausdruck des Unrechtsregimes der früheren DDR” waren (vgl. Beschlüsse vom 21. November 1994 – BVerwG 7 B 91.94 – Buchholz 428 § 1 VermG Nr. 33, vom 19. Dezember 2001 – BVerwG 8 B 130.01 – ZOV 2002 S. 55 und vom 23. November 2006 – BVerwG 7 B 70.06 – ZOV 2007, 186 – 188). Nach den nicht mit erfolgreichen Verfahrensrügen angegriffenen Feststellungen des Verwaltungsgerichts ist das streibefangene Grundstück auf der Grundlage des § 10 des Verteidigungsgesetzes in Anspruch genommen worden und nicht etwa, wie der Kläger meint, auf der Grundlage von anderen Bestimmungen der DDR, insbesondere der Verordnung zum Schutz der Staatsgrenze der DDR vom 19. März 1964.
Angesichts dieser eindeutigen und ständigen Rechtsprechung hat der Senat keine Veranlassung sich mit dem anderweitigen Rechtsstandpunkt des Prozessbevollmächtigten des Klägers auseinanderzusetzen. Das Verwaltungsgericht hat in Anwendung der ständigen Rechtsprechung über das vorliegende Streitverfahren entschieden und die aus seiner Sicht entscheidungserheblichen Rechtsfragen geklärt. Es hatte keine Veranlassung, auf die von der Klägerseite allgemein gestellten Rechtsfragen, die auf eine Kritik an der höchstrichterlichen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts hinauslaufen, zu beantworten. Im Übrigen ist die Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts, dass kein Machtmissbrauch im Sinne des § 1 Abs. 3 VermG bei der Enteignung der “Mauergrundstücke” vorliegt am Maßstab der Lebens- und Rechtswirklichkeit der damaligen DDR gemessen – und nicht etwa anhand der früheren westdeutschen oder anhand der heutigen Sicht zu beurteilenden Situation, wie das der Prozessbevollmächtigte unternimmt –, keine unlautere Machenschaft und auch keine manipulative Anwendung der in der DDR geltenden Enteignungsvorschrift des § 10 des Verteidigungsgesetzes im Einzelfall.
Ohne Erfolg beruft sich der Kläger auch auf etwaige Verfahrensmängel im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO.
Zu Unrecht meint die Beschwerde, das Verwaltungsgericht habe den Anspruch auf rechtliches Gehör des Klägers verletzt. Der Grundsatz der Gewährung rechtlichen Gehörs verpflichtet die Gerichte nur, das Vorbringen der Beteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen, nicht aber sich mit jedem Vorbringen in den Entscheidungsgründen ausdrücklich zu befassen. Das Verwaltungsgericht hat das schriftsätzliche Vorbringen der Klägerseite jedenfalls zur Kenntnis genommen und auch erwogen, aber von seinem Rechtsstandpunkt aus richtigerweise nicht näher gewürdigt. Es hat auf S. 5 UA ausdrücklich dargelegt, weshalb es der vom Kläger vorgetragenen Auffassung zur Rechtslage in der DDR, insbesondere zur Abgrenzung der nach dessen Auffassung jeweils abschließenden Anwendungsbereiche des Verteidigungsgesetzes und der Verordnung zum Schutze der Staatsgrenze der DDR vom 19. März 1964 nicht gefolgt ist. Das Verwaltungsgericht hat beanstandungsfrei ausgeführt: “Insbesondere ist nicht erkennbar, inwieweit die genannte Verordnung nach dem damaligen Rechtsverständnis die Anwendung des Verteidigungsgesetzes ausgeschlossen haben soll”. Entgegen der Auffassung der Beschwerde ist damit das Verwaltungsgericht keineswegs über einen entscheidungserheblichen Vortrag hinweggegangen, sondern es ist erkennbar von der Einschlägigkeit des Verteidigungsgesetzes ausgegangen. Die vom Kläger in den verschiedenen Schriftsätzen aufgeworfenen “grundsätzlichen Rechtsfragen” musste das Verwaltungsgericht von seinem maßgeblichen rechtlichen Standpunkt nicht beantworten. Aus seiner Sicht hat das Verwaltungsgericht diese Frage für nicht entscheidungserheblich gehalten. Sie sind es ebenso wenig auf der Grundlage der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts.
Es liegt auch kein Verstoß gegen die Begründungspflicht des § 108 Abs. 1 Satz 2 VwGO vor. Denn das Verwaltungsgericht hat in hinreichendem Umfang die tatsächlichen Umstände und rechtlichen Erwägungen wiedergegeben, auf die es seine Entscheidung gestützt hat. Es hat sich bezüglich des rechtlichen Prüfungsmaßstabes eindeutig an der vorhandenen höchstrichterlichen Rechtsprechung orientiert.
Von einer weiteren Begründung des Beschlusses sieht der Senat ab, weil sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzung beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist, § 133 Abs. 5 Satz 2 2. Halbs. VwGO.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47, 52, 72 GKG.
Unterschriften
Gödel, Dr. Pagenkopf, Dr. Hauser
Fundstellen