Verfahrensgang
VGH Baden-Württemberg (Urteil vom 13.03.1997; Aktenzeichen 2 S 2590/96) |
Tenor
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 13. März 1997 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 5.240 DM festgesetzt.
Gründe
Die Beschwerde der Klägerin hat keinen Erfolg. Der Rechtssache kommt die allein geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung nicht zu (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).
Grundsätzlich bedeutsam ist eine Rechtssache nur dann, wenn in dem angestrebten Revisionsverfahren die Klärung einer bisher höchstrichterlich ungeklärten, in ihrer Bedeutung über den der Beschwerde zugrundeliegenden Einzelfall hinausgehenden klärungsbedürftigen Rechtsfrage des revisiblen Rechts (vgl. § 137 Abs. 1 VwGO) zu erwarten ist. Daran fehlt es hier.
Die von der Beschwerde aufgeworfene Frage,
„ob das vom Bundesverwaltungsgericht … aufgestellte Differenzierungsgebot für die Aufstellung von Spielapparaten in Spielhallen einerseits und Gaststätten andererseits auf Gemeinden nicht anzuwenden ist, in deren Satzungsgebiet eine Spielhalle zwar jederzeit errichtet werden kann, bei Klageerhebung und zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung aber keine Spielhalle betrieben wird”,
ist auf der Grundlage des bindend festgestellten Sachverhalts nicht klärungsbedürftig. Die Richtigkeit der von der Beschwerde angegriffenen Auffassung des Berufungsgerichts zur Bedeutung des Differenzierungsgebots bei Vergnügungssteuersatzungen (vgl. hierzu Beschluß vom 25. Januar 1995 – BVerwG 8 N 2.93 – Buchholz 401.68 Vergnügungssteuer Nr. 28 S. 8 ≪11 ff.≫) ergibt sich ohne weiteres aus der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zum Grundsatz der konkreten Vollständigkeit beitragsrechtlicher Satzungen (vgl. Urteil vom 19. August 1994 – BVerwG 8 C 23.92 – Buchholz 406.11 § 131 BauGB Nr. 94 S. 26 ≪28≫ m.w.N.). Danach ist auch für kommunale Steuersatzungen – ohne daß es hierzu der Durchführung eines Revisionsverfahrens bedürfte – davon auszugehen, daß eine steuerliche Differenzierung zwischen Spielapparaten in Gaststätten und solchen in Spielhallen nur dann geboten ist, wenn in der betreffenden Gemeinde im Zeitpunkt des Erlasses der Satzung Spielhallen vorhanden sind oder deren Entstehen aufgrund konkreter Anhaltspunkte zu erwarten ist. Nach den mit Verfahrensrügen nicht angegriffenen Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs steht aber bindend fest, daß „in dem Gemeindegebiet beim Erlaß der Satzung und auch noch im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung Spielhallen nicht vorhanden waren bzw. sind und mit deren Einrichtung auch nicht zu rechnen ist”.
Die zweite Frage,
„ob die Erhebung der Vergnügungssteuer wegen Gleichartigkeit mit der Umsatzsteuer gegen Art. 33 RL EWG 77/388 verstößt”,
vermag die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache ebenfalls nicht zu begründen. Zwar kann die Auslegungsbedürftigkeit einschlägiger europarechtlicher Vorschriften die grundsätzliche Bedeutung einer Rechtssache begründen, wenn Fragen des Gemeinschaftsrechts zu entscheiden sind, die durch die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs bisher nicht beantwortet und in ihrer möglichen Beantwortung nicht unzweifelhaft sind, so daß das Bundesverwaltungsgericht in dem beabsichtigten Revisionsverfahren deshalb gemäß Art. 177 Abs. 3 EGV den Europäischen Gerichtshof anrufen müßte (vgl. Beschluß vom 25. März 1994 – BVerwG 3 B 77.93 – Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 1 VwGO Nr. 1). Die Beschwerde hat aber den Klärungsbedarf mit Blick auf das Gemeinschaftsrecht angesichts hierzu zwischenzeitlich ergangener höchstrichterlicher Rechtsprechung mit gegenteiliger Aussage (vgl. Beschlüsse vom 21. März 1997 – BVerwG 8 B 51.97 – ≪bisher n.v.≫, ebenfalls in einer Sache der Klägerin und vom 9. April 1997 – BVerwG 8 B 79.97 – n.v. sowie BVerfG, Beschluß vom 1. März 1997 – 2 BvR 1599/89 u.a. – Abdruck S. 18) nicht hinreichend dargelegt (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO). Der bloße Einwand, die Erhebung der Vergnügungssteuer auf Spielautomaten sei mit Gemeinschaftsrecht nicht zu vereinbaren, reicht zur Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1, § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO nicht aus. So wie für eine prozeßordnungsgemäße Grundsatzrüge die bloße Behauptung der Verfassungswidrigkeit einer von der Vorinstanz angewandten Vorschrift nicht genügt (stRspr), entbindet auch die bloße Behauptung des Verstoßes einer innerstaatlichen Norm gegen höherrangiges Gemeinschaftsrecht nicht von dem Erfordernis einer näheren Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung dieser Frage, es sei denn, diese Bedeutung wäre offensichtlich (BFH, Beschluß vom 15. Februar 1995 – VII B 100/94 – EuZW 1995, 455). Ein Fall derartiger Offenkundigkeit des gemeinschaftsrechtlichen Klärungsbedarfs liegt hier jedoch nicht vor; vielmehr hat umgekehrt die Beschwerde keinen vernünftigen Zweifel gegenüber der Auslegung des Gemeinschaftsrechts durch das Berufungsgericht aufgezeigt, der zur Vorlage an den Europäischen Gerichtshof nötigen würde (vgl. hierzu EuGH, Urteil vom 6. Oktober 1982 – Rs. 283/81 – CILFIT – Slg. 1982, 3415 ≪3430 Tz. 16≫). Der Verwaltungsgerichtshof hat sich mit den in der Beschwerde erneut aufgeworfenen Fragen unter Würdigung der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs im einzelnen auseinandergesetzt. Unter diesen Umständen und in Kenntnis der von der Beschwerde in dem Parallelverfahren BVerwG 8 B 127.97 selbst zitierten Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 1. März 1997 – 2 BvR 1599/89 u.a. – (bisher n.v.) hätte es zumindest eines näheren Eingehens auf diese Ausführungen und der Darlegung bedurft, weshalb trotz der u.a. vom Bundesverfassungsgericht zitierten Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs der auf die bereitgestellten Spielapparate pauschal erhobenen Gerätesteuer gleichwohl der Charakter einer von Art. 33 der 6. Richtlinie des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern – 77/388/EWG – (ABlEG Nr. L 145/1 vom 13. Juni 1977) erfaßten Umsatzsteuer zukommen sollte. Dies gilt um so mehr, als der Europäische Gerichtshof zur Erhebung einer französischen Spielautomatensteuer in Auslegung des Art. 33 der Richtlinie 77/388/EWG festgestellt hat, daß „eine Abgabe, die … lediglich auf die Bereitstellung dieses Gegenstandes für die Öffentlichkeit gelegt wird, ohne daß die durch diese Bereitstellung zu erzielenden Einnahmen tatsächlich berücksichtigt werden, nicht als Steuer angesehen werden (kann), die den Charakter einer Umsatzsteuer auf den Preis der Dienstleistungen hat” (Urteil vom 3. März 1988 – Rs. 252/86 – Bergandi – Slg. 1988, 1343 ≪1344, 1372 Tz. 16 und 1373 Tz. 20≫). Ferner hat der Europäische Gerichtshof in dem Urteil vom 27. November 1985 – Rs. 295/84 – (– Organic – Slg. 1985, 3759) ausgeführt, daß eine Steuer nur dann den Charakter einer Umsatzsteuer hat, wenn sie die kommerziellen Umsätze in der die Mehrwertsteuer kennzeichnenden Art und Weise erfaßt; dabei sei entscheidend, ob die streitige Steuer das Funktionieren des gemeinsamen Mehrwertsteuersystems beeinträchtigt, indem sie den Waren- und Dienstleistungsverkehr zwischen den Mitgliedstaaten belastet (vgl. Art. 33 Abs. 1 der Richtlinie 77/388/EWG). Davon kann bei der Erhebung einer örtlichen Aufwandsteuer auf Spielapparate keine Rede sein. Die pauschale Spielapparatesteuer ist vielmehr offenkundig eine von dieser Richtlinie nicht berührte „Abgabe auf Spiele” bzw. allgemein eine Steuer, „die nicht den Charakter von Umsatzsteuern” hat (vgl. ebenso Sächsisches OVG, Urteil vom 13. Dezember 1995 – 2 S 193/95 – NVwZ-RR 1997, 113 ≪115 f.≫). Diese Einschätzung wird – wie bereits erwähnt – vom Bundesverfassungsgericht geteilt (vgl. Beschluß vom 1. März 1997, a.a.O., Abdruck S. 18 unter Ziff. 4). Weitergehenden Klärungsbedarf zeigt die Beschwerde nicht auf.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf den §§ 13, 14 GKG.
Unterschriften
Dr. Silberkuhl, Sailer, Golze
Fundstellen