Verfahrensgang
OVG des Saarlandes (Urteil vom 29.01.2002; Aktenzeichen 2 N 7/00) |
Tenor
Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts des Saarlandes vom 29. Januar 2002 wird zurückgewiesen.
Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen, die dieser selbst trägt.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 10 000 EUR festgesetzt.
Gründe
Die auf § 132 Abs. 2 Nrn. 1 und 3 VwGO gestützte Beschwerde hat keinen Erfolg. Dahinstehen kann, ob sie den Darlegungsanforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO genügt. Jedenfalls ist sie unbegründet.
Der geltend gemachte Verfahrensmangel liegt nicht vor. Offen bleiben kann, ob dies schon daher rührt, dass der dem Normenkontrollgericht vorgehaltene Verstoß gegen die Denkgesetze in Wahrheit dem sachlichen Recht zuzurechnen ist. Jedenfalls greift die Rüge nicht durch, weil die Antragsgegnerin nicht darlegt, inwiefern die Vorinstanz unter dem von ihr angesprochenen Blickwinkel einen Schluss gezogen haben soll, der nach den Regeln der Logik schlechterdings nicht möglich ist. Das Normenkontrollgericht hat sich zu der Feststellung, dass sich verschiedene Eigentümer gegen die Durchführung von Kompensationsmaßnahmen auf ihren Grundstücken sperren, nicht allein deshalb veranlasst gesehen, weil die Betroffenen erklärt haben, zu einem Verkauf, einem Tausch oder einer Umlegung nicht bereit zu sein. Vielmehr hat es die in diesem Zusammenhang abgegebenen Erklärungen so verstanden, dass die Eigentümer sich gegen jede Form der Mitwirkung verwahren, möge diese in der Abgabe der für die Anlegung der Golfbahnen benötigten Flächen oder der Zustimmung zur Nutzung ihrer Grundstücke für Zwecke des Golfplatzes bestehen (UA S. 31). In die gleiche Richtung weist der Hinweis darauf, dass die Grundeigentümer sich weigern, die Last der Kompensation von Eingriffsfolgen auf ihrem Grundeigentum (sic !) zu tragen und Bewirtschaftungsauflagen zu erfüllen, Biotopentwicklungen zuzulassen oder Pflanzungen vorzunehmen (UA S. 38). Welche Folgerungen aus diesen Erklärungen zu ziehen sind, ist keine Frage der Logik, sondern der rechtlichen Wertung.
Die Rechtssache hat nicht die grundsätzliche Bedeutung, die ihr die Antragsgegnerin beilegt.
Der Senat hätte keinen Anlass, sich in dem erstrebten Revisionsverfahren mit der Frage auseinanderzusetzen, ob ein Bebauungsplan nach § 1 Abs. 3 BauGB nichtig ist, wenn eine Reihe von Eigentümern von im Plangebiet gelegenen Grundstücken zu erkennen gibt, dass sie nicht zur Veräußerung, zum Tausch oder zur Umlegung der Flurstücke zum Zwecke der Realisierung der Planung bereit ist. In der Rechtsprechung des Senats ist geklärt, dass ein Bebauungsplan nicht erforderlich im Sinne des § 1 Abs. 3 BauGB ist, wenn er auf unabsehbare Zeit keine Aussicht auf Verwirklichung bietet (vgl. Urteil vom 12. August 1999 – BVerwG 4 CN 4.98 – BVerwGE 109, 246; Beschluss vom 25. August 1997 – BVerwG 4 NB 12.97 – Buchholz 406.11 § 6 BauGB Nr. 7). Der Senat hat klargestellt, dass nicht nur Hindernisse rechtlicher, sondern auch tatsächlicher Art als Planungsschranke in Betracht kommen (vgl. Urteile vom 28. Januar 1999 – BVerwG 4 CN 5.98 – BVerwGE 108, 248 und vom 30. August 2001 – BVerwG 4 CN 9.00 – Buchholz 406.11 § 9 BauGB Nr. 97). Wann ein Hindernis im Sinne dieser Rechtsprechung unüberwindlich ist, hängt von den Umständen des jeweiligen Falles ab und lässt sich nicht in allgemeinen Formeln einfangen.
Das Normenkontrollgericht legt im Einzelnen dar, welche Gründe nach seiner Einschätzung den Schluss rechtfertigen, dass sich das Planungskonzept der Antragsgegnerin auch auf lange Sicht nicht wird umsetzen lassen. Es weist darauf hin, dass als Folge der Weigerung einer Mehrzahl von Eigentümern, ihre Grundstücke für Planungszwecke zur Verfügung zu stellen, das Flächenangebot im Plangebiet nicht ausreicht. Nach seiner Darstellung können die Golfbahnen allenfalls auf Flächen verlegt werden, die naturschutzrechtlichen Kompensationsmaßnahmen vorbehalten sind und als solche einen unverzichtbaren Bestandteil des Planungskonzepts darstellen. Das Normenkontrollgericht hebt hervor, dass die Antragsgegnerin die Möglichkeit, sich zur Bewältigung der zu Tage getretenen Probleme des Mittels der Umlegung oder der Enteignung zu bedienen, erkennbar nicht in Erwägung zieht. Die Ankündigung, den Konflikt zwischen dem Projektträger und den Eigentümern, die ihre Grundstücke behalten und in der bisherigen Form weiternutzen wollen, durch Befreiungen aufzulösen, die den Interessen des Vorhabenträgers und der Grundeigentümer gleichermaßen Rechnung tragen, wertet die Vorinstanz als Beleg dafür, dass die Antragsgegnerin selbst nicht ernsthaft gewillt ist, die Ausgleichsfestsetzungen durchzusetzen, sondern sich vorbehält, die für Kompensationsmaßnahmen vorgesehenen Flächen zur Disposition zu stellen, wo immer sie sich für das Vorhaben des Beigeladenen als hinderlich erweisen. Vor dem Hintergrund dieser Feststellungen ist nicht ersichtlich, in welcher Richtung das erstrebte Revisionsverfahren sollte Erkenntnisse vermitteln können, die über die bisherige Senatsrechtsprechung zu § 1 Abs. 3 BauGB hinausweisen. Die Antragsgegnerin lässt es letztlich damit bewenden, der Wertung des Normenkontrollgerichts ihre hiervon abweichende eigene Sicht der Dinge entgegenzusetzen.
Die Frage, inwieweit der Grad der rechtlichen Sicherung der naturschutzrechtlichen Kompensation zu den in der Abwägung berücksichtigungsbedürftigen Belangen gehört, rechtfertigt ebenfalls nicht die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung. Sie ist für das Entscheidungsergebnis nicht von tragender Bedeutung. Das Normenkontrollgericht markiert nicht lediglich einen Abwägungsfehler. Das Normenkontrollurteil beruht selbständig tragend auch auf der Erwägung, dass der vom Antragsteller angegriffene Bebauungsplan nicht erforderlich im Sinne des § 1 Abs. 3 BauGB ist. Ist die angefochtene Entscheidung doppelt begründet, so muss in Bezug auf beide Begründungsteile ein Zulassungsgrund geltend gemacht werden und vorliegen. Die Antragsgegnerin setzt sich zwar auch gegen die Auffassung des Normenkontrollgerichts zur Wehr, der Bebauungsplan scheitere schon an der Planungsschranke der fehlenden Erforderlichkeit. Die insoweit erhobenen Rügen greifen aber, wie dargelegt, nicht durch.
In dem angestrebten Revisionsverfahren würde es sich auch erübrigen, auf die von der Antragsgegnerin aufgeworfene Frage einzugehen, ob sich das Problem einer Verschiebung von Kompensationsflächen in einem ergänzenden Verfahren nach § 215 a Abs. 1 Satz 1 BauGB bewältigen lässt. Ein ergänzendes Verfahren kommt nur dann in Betracht, wenn der Bebauungsplan an Verfahrens- und Formfehlern oder an Abwägungsmängeln leidet. Ist der Plan nicht erforderlich im Sinne des § 1 Abs. 3 BauGB, so ist er nichtig. Für eine Anwendung des § 215 a Abs. 1 Satz 1 BauGB ist in diesem Falle kein Raum.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO. Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf § 14 Abs. 1 Satz 1, § 13 Abs. 1 Satz 1 GKG.
Im Hinblick auf den per Fax eingegangenen Schriftsatz des Antragstellers vom 21. Juni 2002, mit dem die Zurückweisung der Beschwerde beantragt wird, ist der Antragsteller in gebührenrechtlicher Hinsicht auf Folgendes hinzuweisen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 17. Januar 1995 – BVerwG 4 B 1.95 – Buchholz 310 § 162 VwGO Nr. 29; vgl. ferner Beschluss vom 7. Juni 1995 – BVerwG 4 B 126.95 – NJW 1995, 2867 = Buchholz 310 § 162 Nr. 30; Beschluss vom 24. Juli 1996 – BVerwG 7 KSt 7.96 – Buchholz 310 § 162 VwGO Nr. 31; Beschluss vom 31. Oktober 2000 – BVerwG 4 KSt 2.00 – NVwZ-RR 2001, 276 = Buchholz 310 § 162 VwGO Nr. 36).
Die getroffene Kostenentscheidung verschafft dem Antragsteller formell einen Kostentitel. Daraus ergibt sich jedoch noch nicht, dass die Rechtsverfolgung des Antragstellers – soweit es das Beschwerdeverfahren betrifft – im Sinne des § 162 Abs. 1 VwGO notwendig war. Das ergibt sich hier nicht. Im Regelfall ist es nicht erforderlich, dass ein Beschwerdegegner nach Eingang einer Beschwerde und ohne Kenntnis der Beschwerdebegründung einen Rechtsanwalt durch Prozessvollmacht mit der Wahrnehmung seiner Interessen beauftragt. Das Bundesverwaltungsgericht prüft die Voraussetzungen nach § 132 Abs. 2, § 133 Abs. 3 VwGO von Amts wegen. In diesem Stadium werden andere Verfahrensbeteiligte nicht angehört. Dafür besteht kein Anlass, wenn bereits das Vorbringen der Beschwerde ohne weiteres deren Erfolglosigkeit ergibt. Vor einer durch das Bundesverwaltungsgericht selbst veranlassten Anhörung stellt es deshalb für die übrigen Verfahrensbeteiligten im Allgemeinen keine nahe liegende oder gar angemessene Rechtsverfolgung dar, sich bereits in diesem Stadium des Verfahrens anwaltlicher Vertretung zu bedienen. Sie brauchen nicht zu unterstellen, das Bundesverwaltungsgericht werde ohne Anhörung zu ihrem Nachteil entscheiden und die Revision zulassen oder von der Möglichkeit des § 133 Abs. 6 VwGO Gebrauch machen. Ob Ausnahmen bei erkennbarer Eilbedürftigkeit durch eine vorbeugende „Schutzschrift” denkbar sind, bedarf keiner näheren Erörterung, da ein derartiger Fall hier nicht gegeben ist. Eine entsprechende Rechtsverfolgung ist in diesem Verfahrensstadium mithin regelmäßig unnötig. Das ist insbesondere dann anzunehmen, wenn der Beschwerdegegner nur die Zurückweisung der Beschwerde beantragt und irgendwelche Ausführungen, welche die Erörterung des Streitstoffes fördern könnten, unterblieben sind und mangels Kenntnis der Beschwerdebegründung auch kaum förderlich wären. Da über die Beschwerde ohnedies von Amts wegen zu entscheiden ist, reduziert sich ein derartiger Antrag letztlich auf den Hinweis, dass der andere Verfahrensbeteiligte im Beschwerdeverfahren anwaltlich vertreten ist und im Falle einer Anhörung dem Anwalt als Prozessbevollmächtigten zugestellt werden kann. Indes gehört diese Zustellungserklärung ohnedies nach § 37 BRAGO zum vorinstanzlichen Rechtszug und lässt mithin einen zusätzlichen Gebührentatbestand nicht entstehen. Im vorliegenden Falle bestand auch dazu kein Anlass, da der Beschwerdegegner bereits im vorinstanzlichen Verfahren anwaltlich vertreten war, die erteilte Prozessvollmacht insoweit auch für das Beschwerdeverfahren unverändert die Zustellungsbevollmächtigung nach § 67 Abs. 3 Satz 3 VwGO begründete und der Beschwerdegegner einen Wechsel der Prozessbevollmächtigung nicht vornahm.
Hinzu kommt hier: Der zurückweisende Beschluss datiert vom 19. Juni 2002. Am Morgen des 21. Juni 2002 wurde durch die Prozessbevollmächtigten des Antragstellers bei der Geschäftsstelle des Gerichts der Stand des Beschwerdeverfahrens erfragt. Es wurde mitgeteilt, dass die Beschwerde durch Beschluss vom 19. Juni 2002 bereits zurückgewiesen worden sei. Erst nach dieser Mitteilung beantragten die Prozessbevollmächtigten des Antragstellers durch per Fax übermittelten Schriftsatz vom 21. Juni 2002 die Zurückweisung der Beschwerde. Eine derartige Verfahrensweise des Antragstellers ist gegenüber dem Bundesverwaltungsgericht sinnlos und vermag insbesondere gegenüber der Beschwerdeführerin einen Kostenanspruch nicht zu begründen.
Unterschriften
Berkemann, Halama, Gatz
Fundstellen