Verfahrensgang
Hessischer VGH (Aktenzeichen 2 A 3411/97) |
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs vom 27. März 2001 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 100 000 DM festgesetzt.
Gründe
Die Beschwerde ist unbegründet. Das Vorbringen ergibt nicht, dass die geltend gemachten Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 VwGO erfüllt sind.
1. Die Beschwerde hält es für eine Frage von grundsätzlicher Bedeutung, ob bei einem planfestgestellten Vorhaben auch dadurch das Vermeidungsgebot des § 8 Abs. 2 Satz 1 BNatSchG beachtet werden muss, dass bei der Gestaltung und Ausführung von Einzelheiten der Planung diejenige nach dem Fachrecht zulässige Variante gewählt wird, die den geringsten Eingriff nach sich zieht. Die so gestellte Frage rechtfertigt keine Zulassung der Revision, da sie nicht klärungsbedürftig ist.
Die naturschutzrechtliche Eingriffsregelung ergänzt die fachplanungsrechtlichen Zulassungstatbestände. Die in § 8 Abs. 2 Satz 1 BNatSchG normierten Verpflichtungen knüpfen daher an die im Rahmen der fachrechtlichen Abwägung getroffene Trassenwahl an. § 8 Abs. 2 Satz 1 (erster Halbsatz) BNatSchG verpflichtet demgemäß ausschließlich dazu, aus dem Kreis der mit einem Eingriff verbundenen erheblichen oder nachhaltigen Beeinträchtigungen von Natur und Landschaft diejenigen zu unterlassen, die vermeidbar sind (BVerwG, Urteil vom 7. März 1997 – BVerwG 4 C 10.96 – BVerwGE 104, 144 ≪147≫). Daraus folgt, dass die Entscheidung der Planfeststellungsbehörde für oder gegen eine Planungsvariante keine Frage der Reichweite der naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung ist. Demgemäß zwingt das Vermeidungsgebot des § 8 Abs. 2 Satz 1 BNatSchG die Planungsbehörde auch nicht zur Wahl der ökologisch günstigsten Planungsalternative. Hat sich eine bestimmte Planungsvariante nach Maßgabe der fachplanerischen Abwägung gleichsam durchgesetzt, ist nur zu fragen, ob bei dieser Variante im Sinne der Vermeidungspflicht eine Minderung der Eingriffsintensität möglich ist. Erst jetzt ist aus der Sicht des § 8 Abs. 2 Satz 1 BNatSchG in Verbindung mit dem jeweiligen Landesrecht erheblich, ob bei der Gestaltung und der Ausführung nachteilige Wirkungen ganz oder teilweise vermeidbar sind. Diese Rechtslage ist in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts hinreichend geklärt (vgl. auch BVerwG, Urteil vom 27. August 1997 – BVerwG 11 A 61.95 – Buchholz 442.09 § 18 AEG Nr. 30 = NuR 1998, 138).
Die angeführte Rechtsprechung setzt voraus, dass sich die Planfeststellungsbehörde für eine Planungsalternative nach Maßgabe des jeweiligen Fachplanungsrechts zu entscheiden hat. Erst dann setzt – wie ausgeführt – die Prüfung auf der Grundlage des § 8 Abs. 2 Satz 1 BNatSchG ein. Das bedingt die Abgrenzung zwischen einer Planungsalternative und Veränderungen auf der Grundlage des Vermeidungsgebotes. Das mag nicht immer einfach sein (vgl. auch BVerwG, Urteil vom 18. Dezember 1998 – BVerwG 4 A 10.97 – Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 144). Dies bedarf hier indes keiner Vertiefung. Das Berufungsgericht hat das Vorbringen zur Anbindung der Bundesautobahn A 66 an die Bundesstraße B 27 in tatsächlicher Hinsicht als eine Frage der Planungsalternative beurteilt. Die Beschwerde hält dies für fehlerhaft. Sie knüpft daran jedoch keine weiterführende Frage von grundsätzlicher Bedeutung.
2. Die Beschwerde macht ferner geltend, das Berufungsurteil weiche von dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 7. März 1997 – BVerwG 4 C 10.96 – (a.a.O.) ab. Eine Abweichung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO besteht nicht. Die genannte Entscheidung enthält nicht jene Aussage, welche die Beschwerde ihr zugrunde legt. Das ergibt das Beschwerdevorbringen selbst. Das Bundesverwaltungsgericht hat in der angeführten Entscheidung nur erörtert, ob die naturschutzrechtliche Eingriffsregelung bereits einen Einfluss auf die Wahl der Planungsalternativen nimmt. Das wurde verneint.
Mit dieser Auffassung hat sich das Berufungsgericht nicht in Widerspruch gesetzt. Wenn die Beschwerde vorträgt, bei der Anbindung der Bundesautobahn A 66 an die Bundesstraße B 27 handele es sich nicht um die Auswahl zwischen mehreren selbständigen Planungsalternativen, sondern um eine Frage der konkreten Gestaltung, dann erörtert sie die sachliche Richtigkeit der vorinstanzlichen Beurteilung. Demgegenüber erfordert der Zulassungsgrund der Divergenz, dass ein Widerspruch zweier abstrakt formulierter Rechtssätze besteht. Der eine Rechtssatz muss dem angegriffenen Urteil entnommen werden und dort tragend sein, der andere – von dem abgewichen sein soll – muss einem Judikat des Bundesverwaltungsgerichts, eines anderen obersten Bundesgerichts oder des Bundesverfassungsgerichts entnommen sein und dort ebenfalls tragend gewesen sein. Dagegen stellt es keine Abweichung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO dar, wenn nur die unrichtige Anwendung eines vom Bundesverwaltungsgericht entwickelten und vom Berufungsgericht nicht in Frage gestellten Rechtsgrundsatzes auf den zu entscheidenden Einzelfall geltend gemacht wird.
3. Die Beschwerde macht des weiteren geltend, das Berufungsurteil weiche von dem Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 26. Juni 1992 – BVerwG 4 B 1-11.92 – Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 89 = NVwZ 1993, 572 ab. Das trifft nicht zu. Die Beschwerde trägt zur Stützung ihrer Auffassung einen Sachverhalt vor, den das Berufungsgericht nicht festgestellt hat.
Das Berufungsgericht führt aus, dass die (möglicherweise) fehlerhafterechtliche Erwägung der Planfeststellungsbehörde zu § 1 Abs. 3 FStrG ohne Einfluss auf das Abwägungsergebnis gewesen sei (Urteilsabdruck S. 11 f.). Das wird mit einer Darstellung des Planungsverlaufs näher begründet. Trifft dieser Sachverhalt zu, dann liegt keine nachträgliche planerische Abwägung vor, sondern die Ermittlung der ursprünglichen. Die Abwägung ist – offenbar entgegen der Ansicht der Beschwerde – nicht bereits deshalb rechtswidrig, weil die im Planfeststellungsbeschluss gegebene Begründung rechtliche Fehler aufweist (vgl. BVerwG, Urteil vom 5. Dezember 1986 – BVerwG 4 C 13.85 – BVerwGE 75, 214 ≪251≫). Entscheidend ist die im Zeitpunkt des Planfeststellungsbeschlusses tatsächlich getroffene Abwägung. Verfahrensrügen, mit denen die tatrichterlichen Feststellungen hätten in Zweifel gezogen werden können, hat die Beschwerde nicht erhoben. Auf die von der Beschwerde zur Bedeutung des § 17 Abs. 6 c FStrG vorgetragenen Erwägungen kommt es bei dieser Sachlage nicht an.
4. Die Beschwerde macht schließlich geltend, das Berufungsurteil weiche von dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 21. März 1996 – BVerwG 4 C 19.94 – (BverwGE 100, 370) ab. Auch dieses Vorbringen rechtfertigt keine Zulassung der Revision.
Die Beschwerde missversteht auch hier die Reichweite der erhobenen Divergenzrüge. Das Zulassungsbeschwerdeverfahren zielt nicht auf Prüfung der Richtigkeit der vorinstanzlichen Entscheidung. Im Ergebnis kann mit der Rüge ein als fehlerhaft angesehenes vorinstanzliches Urteil nur angegriffen werden, wenn es eine entsprechende entgegenstehende höchstrichterliche Rechtsprechung bereits gibt und sich das angegriffene Urteil mit einem abstrakten Rechtssatz, den etwa das Bundesverwaltungsgericht formuliert hat, in Widerspruch gesetzt hat (vgl. BVerwG, Beschluss vom 19. August 1997 – BVerwG 7 B 261.97 – NJW 1997, 3328 unter Hinweis auf BVerwG, Beschluss vom 21. Juni 1995 – BVerwG 8 B 61.95 – Buchholz 310 § 133 ≪n.F.≫ VwGO Nr. 18). So liegt es hier gerade nicht. Was die Beschwerde dem vorinstanzlichen Gericht entgegenhält, ist nicht die Anwendung eines abweichenden Rechtssatzes, sondern eine nicht gebilligte Würdigung der tatsächlichen Umstände. Die Beschwerde erachtet die Kausalitätsprüfung des Berufungsgerichts für verfehlt. Dazu erörtert sie verschiedene tatsächliche Umstände, aus denen sie für sich eine andere tatsächliche Beurteilung ableitet. Ob diese Kritik berechtigt ist, kann im Rahmen der erhobenen Divergenzrüge jedenfalls nicht geprüft werden. Verfahrensrügen hat die Beschwerde in diesem Zusammenhang nicht erhoben.
5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO. Die Festsetzung des Streitwertes folgt aus § 14 Abs. 3, § 13 Abs. 1 Satz 2 GKG.
Unterschriften
Gaentzsch, Berkemann, Jannasch
Fundstellen