Verfahrensgang
Schleswig-Holsteinisches OVG (Urteil vom 18.11.1997; Aktenzeichen 2 L 275/95) |
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts vom 18. November 1997 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 5 138 DM festgesetzt.
Gründe
Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Der Rechtssache kommt weder die geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung zu (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) noch weicht das Berufungsurteil von der angegebenen Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts ab (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO).
1. Grundsätzlich bedeutsam ist eine Rechtssache nur dann, wenn in dem angestrebten Revisionsverfahren die Klärung einer bisher höchstrichterlich ungeklärten, in ihrer Bedeutung über den der Beschwerde zugrundeliegenden Einzelfall hinausgehenden klärungsbedürftigen Rechtsfrage des revisiblen Rechts (vgl. § 137 Abs. 1 VwGO) zu erwarten ist. Daran fehlt es hier.
Abgesehen davon, daß die Beschwerde keine klärungsbedürftige Frage des Bundesrechts benennt, liegt der mit der Beschwerde geltend gemachte Verstoß gegen das Gleichheitsgebot von Art. 3 Abs. 1 GG
– Inhaber von Zweitwohnungen, die ihre Zweitwohnung nicht zu ihrer persönlichen Lebensführung nutzen, seien gegenüber Mietern ungleich behandelt, die die Wohnung nur kurzfristig nutzen –
nicht vor. Die Beschwerde geht – wie die Gegenüberstellung von “Inhaber” und “Mieter” zeigt – offenbar davon aus, daß nur Eigentümer Schuldner der Zweitwohnungssteuer sein können. Das trifft jedoch nicht zu. Die gemeindliche Satzung hat die hier fragliche Zweitwohnungssteuer nicht als Eigentümer-Steuer ausgestaltet, sondern auf das Innehaben einer Wohnung abgestellt. Steuerpflichtiger ist danach, wer berechtigt die tatsächliche Verfügungsgewalt über die Wohnung hat. Deshalb können auch Mieter Schuldner der Zweitwohnungssteuer sein (Beschluß vom 12. Januar 1989 – BVerwG 8 B 86.88 – Buchholz 401.61 Zweitwohnungssteuer Nr. 4 S. 4).
Für die übrige von der Beschwerde aufgeworfene Frage,
ob eine Heranziehung mit dem Charakter der Zweitwohnungssteuer als einer Aufwandsteuer vereinbar ist, falls der Inhaber die Wohnung nicht für seine persönliche Lebensführung nutzt,
entfällt die Klärungserwartung. Der beschließende Senat hat mit Urteil vom 10. Oktober 1995 – BVerwG 8 C 40.93 – (BVerwGE 99, 303 ≪306 f.≫) unter Einbeziehung der von der Beschwerde herangezogenen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts entschieden, daß zwar die bloße objektive Möglichkeit der Eigennutzung die Annahme einer zweitwohnungssteuerfreien reinen Kapitalanlage nicht ausschließe, aber eine umfassende Würdigung der Umstände im Einzelfall die Vermutung rechtfertigen könne, eine Zweitwohnung werde (auch) für Zwecke der persönlichen Lebensführung vorgehalten. Von diesem rechtlichen Ansatz aus kann der Umstand, daß eine Eigennutzung bisher unterblieben ist, nur einen beachtlichen Einwand ergeben, den aber die steuererhebende Gemeinde bei Prüfung des gesamten objektiven Sachverhalts auch entkräften kann. Eines Revisionsverfahrens bedarf es für diese Erkenntnis nicht.
2. Eine Abweichung des angefochtenen Urteils von dem Beschluß des Bundesverfassungsgerichts vom 29. Juni 1995 – 1 BvR 1800/94, 1 BvR 2480/94 – (DStR 1995, 1270) legt die Beschwerde nicht in einer den Anforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO genügenden Weise dar.
Eine Abweichung ist nur dann hinreichend bezeichnet, wenn die Beschwerde einen inhaltlich bestimmten, die angefochtene Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz benennt, mit dem die Vorinstanz einem in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts aufgestellten ebensolchen Rechtssatz in Anwendung derselben Rechtsvorschrift widersprochen hat (stRspr, vgl. Beschluß vom 26. Juni 1995 – BVerwG 8 B 44.95 – Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 2 VwGO Nr. 2). Diesen Erfordernissen genügt die Beschwerdebegründung nicht.
Sie legt zunächst keinen Rechtssatz aus dem von ihr herangezogenen Beschluß des Bundesverfassungsgerichts dar, von dem das angefochtene Urteil abgewichen ist. Vielmehr hat das Berufungsgericht den in den Mittelpunkt der Divergenzrüge gestellten Rechtssatz ausdrücklich aufgegriffen, daß jeder Steuerfall individuell unter sämtlichen relevanten Gesichtspunkten zu prüfen sei, und daran seine Entscheidung ausgerichtet. Ob es den Rechtssatz zutreffend angewandt und die tatsächlichen Verhältnisse erschöpfend und richtig gewürdigt hat, ist für die Frage, ob eine Divergenz im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO vorliegt, unerheblich.
Entgegen der Beschwerde ist dem angeführten Beschluß des Bundesverfassungsgerichts kein Rechtssatz des Inhalts zu entnehmen, daß es für die Abgrenzung von zweitwohnungssteuerfreier Kapitalanlage zur zweitwohnungssteuerpflichtigen Vorhaltung nur auf die tatsächliche Nichtnutzung der Wohnung zu eigenen Zwecken ankomme. In dem Beschluß heißt es vielmehr (a.a.O. S. 1271), daß es keinen verfassungsrechtlichen Bedenken begegne, wenn einschlägige gesetzliche oder satzungsrechtliche Regelungen an das Innehaben einer Zweitwohnung in einem Feriengebiet zunächst die Vermutung knüpften, daß die Wohnung der persönlichen Lebensführung diene. Diese Vermutung müsse jedoch widerlegbar sein. Der Beschluß verhält sich jedoch über die Frage nicht, ob die Vermutung bereits entkräftet ist, wenn der Inhaber die Wohnung tatsächlich nicht für seine persönliche Lebensführung genutzt hat. Als Beispiel dafür, wann die Vermutung erschüttert sein kann, hat das Bundesverfassungsgericht lediglich den Fall herangezogen, daß die Hauptwohnung innerhalb desselben Feriengebiets liegt. Weitergehende Festlegungen hat es nicht getroffen.
Soweit die Beschwerde schließlich aus dem vorgenannten Beschluß den Rechtssatz herleiten will, daß nur eine anteilige Berechnung nach der jeweiligen Vermietungsdauer den angemessenen Steuerschlüssel darstelle, verkennt sie die Bedeutung der sich hierauf beziehenden Bemerkung des Bundesverfassungsgerichts (a.a.O. S. 1271). Es handelt sich hierbei lediglich um die bloße Andeutung der Möglichkeit einer Steuerberechnung. Der Senat hat in seinem Urteil vom 6. Dezember 1996 – BVerwG 8 C 49.95 – (Buchholz 401.61 Zweitwohnungssteuer Nr. 12 S. 15 ≪19≫) klargestellt, daß mit dieser Bemerkung nur gemeint sein kann, daß es der Gemeinde obliege, u.a. im Hinblick auf das rechte Verhältnis zwischen Verwaltungsaufwand und Steuerertrag die zeitlichen Voraussetzungen der Steuerpflicht festzulegen. So verstanden liegt dem Berufungsurteil kein abweichender Rechtssatz zugrunde.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf den §§ 13, 14 GKG.
Unterschriften
Dr. Müller, Golze, Postier
Fundstellen
HFR 2000, 310 |
NordÖR 1998, 249 |