Verfahrensgang
VG Gera (Urteil vom 04.12.2014; Aktenzeichen 6 K 922/12 Ge) |
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichts Gera vom 4. Dezember 2014 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, welche diese selber zu tragen hat.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 294 033,14 EUR festgesetzt.
Gründe
Rz. 1
Der Kläger macht einen vermögensrechtlichen Rückübertragungsanspruch für das mit einem Mehrfamilienhaus bebaute Grundstück H.straße 1 in E. geltend. Seine Rechtsvorgängerin hatte 1976 das Erbe daran ausgeschlagen; danach stand das Grundstück im Volkseigentum. Das Verwaltungsgericht hat die Klage in dem nach Teilrücknahme aufrecht erhaltenen Umfang abgewiesen. Die Voraussetzungen des Restitutionstatbestandes des § 1 Abs. 2 VermG seien nicht erfüllt. Zwar seien vor dem Eigentumsverlust unter Berücksichtigung des Instandsetzungsbedarfs keine kostendeckenden Mieten erzielt worden und das Grundstück sei überschuldet gewesen. Es fehle aber an der erforderlichen Kausalität zwischen unzureichenden Mieteinnahmen und Überschuldung. In den Jahren vor der Erbausschlagung seien erforderliche Instandsetzungsarbeiten trotz vorhandener finanzieller Deckung unterblieben. Wegen dieses Reparaturstaus sei dem Zeitwert des Grundstücks im Zeitpunkt der Erbausschlagung eine angemessene fiktive Rücklage des über einen Zeitraum von 20 Jahren gezogenen Jahresreinertrages an Mietüberschüssen hinzuzurechnen. Diese Summe sei deutlich höher gewesen als die Verbindlichkeiten und notwendigen Instandsetzungsaufwendungen. Unerheblich sei, dass die damalige Eigentümerin mit den Mietüberschüssen aus dem Objekt Verbindlichkeiten für ihre weiteren Immobilien erfüllt habe. Bei der Kausalitätsprüfung des § 1 Abs. 2 VermG sei die jeweils betroffene Immobilie für sich zu betrachten.
Rz. 2
Die allein auf den Zulassungsgrund der Abweichung des angegriffenen Urteils von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) gestützte Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision bleibt ohne Erfolg.
Rz. 3
Der Kläger macht geltend, die Situation der Eigentümerin vor dem Eigentumsverlust sei nicht mit dem Normalfall der vom Verwaltungsgericht genannten Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts vergleichbar. Eine fiktive Rücklage könne in seinem Fall nicht zu dem Grundstückswert hinzugerechnet werden, weil sämtliche Mieteinnahmen für alle 17 Immobilien der damaligen Eigentümerin auf einem einzigen Konto erfasst worden und Entscheidungen über ihre Verwendung nicht von der Eigentümerin, sondern von der staatlichen Wohnungswirtschaft getroffen worden seien. Bei der Prüfung der Kausalität der Höhe der Mieteinnahmen für die Grundstücksüberschuldung im Rahmen von § 1 Abs. 2 VermG müsse ein aus mehreren Immobilien bestehendes Vermögen auch einheitlich betrachtet werden können.
Rz. 4
Dieser Vortrag genügt schon nicht den Anforderungen an die Darlegung der Divergenzrüge. Der Zulassungsgrund der Divergenz nach § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO ist nur dann hinreichend bezeichnet im Sinne von § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO, wenn die Beschwerde einen inhaltlich bestimmten, die angefochtene Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz benennt, mit dem die Vorinstanz einem in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts oder eines anderen der in der Vorschrift aufgeführten Gerichte aufgestellten ebensolchen (abstrakten) Rechtssatz in Anwendung derselben Rechtsvorschrift widersprochen hat. Die nach Auffassung des jeweiligen Beschwerdeführers divergierenden abstrakten Rechtssätze des revisiblen Rechts müssen einander gegenübergestellt und die entscheidungstragende Abweichung muss darauf bezogen konkret herausgearbeitet werden (stRspr, vgl. u.a. BVerwG, Beschlüsse vom 20. Dezember 1995 – 6 B 35.95 – Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 1 VwGO Nr. 9 = NVwZ-RR 1996, 712, vom 17. Dezember 2010 – 8 B 38.10 – juris Rn. 15 und vom 15. Mai 2014 – 9 B 57.13 – Buchholz 401.61 Zweitwohnungssteuer Nr. 30 NVwZ-RR 2014, 657). Das Aufzeigen einer im angegriffenen Urteil erfolgten fehlerhaften oder unterbliebenen Anwendung von Rechtssätzen, die das Bundesverwaltungsgericht oder der Gemeinsame Senat der obersten Bundesgerichte oder das Bundesverfassungsgericht in ihrer Rechtsprechung aufgestellt haben, genügt den an eine Divergenzrüge gestellten gesetzlichen Zulässigkeitsanforderungen nicht (stRspr, vgl. u.a. BVerwG, Beschluss vom 17. Januar 1995 – 6 B 39.94 – Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 342).
Rz. 5
Das hiernach Erforderliche leistet die Beschwerdebegründung nicht. Sie arbeitet weder einen entscheidungstragenden abstrakten Rechtssatz des angegriffenen verwaltungsgerichtlichen Urteils noch einen ebensolchen Rechtssatz der vom Verwaltungsgericht zitierten und in der Nichtzulassungsbeschwerdebe gründung nur pauschal bezeichneten bundesverwaltungsgerichtlichen Entscheidungen heraus. Dass die Entscheidungen, welche das Verwaltungsgericht seiner Bewertung zugrunde gelegt hat, eine nach Auffassung des Klägers wesentlich andere Fallkonstellation zum Gegenstand hatten, reicht für den Zulassungsgrund der Divergenz nicht aus. Gleiches gilt für den Vortrag, der in zwei den Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 30. Mai 1996 – 7 C 47.94 – Buchholz 428 § 1 VermG Nr. 78; Beschluss vom 22. Mai 2003 – 7 B 15.03 – Informationsdienst zum Lastenausgleich 2005, 133) enthaltene abstrakte Rechtssatz zur Berücksichtigung eines fiktiven Rücklagenbetrages bei Vorliegen eines Reparaturstaus könne wegen einer eingeschränkten Dispositionsbefugnis der damaligen Eigentümerin auf den vorliegenden Fall nicht angewendet werden. Damit wird lediglich ein Rechtsanwendungsmangel geltend gemacht. Der Kläger benennt keinen von dem Rechtssatz des Divergenzgerichts abweichenden abstrakten Rechtssatz der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung.
Rz. 6
Aus demselben Grund rechtfertigt auch der Vortrag des Klägers, der vom Verwaltungsgericht zitierte Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 22. Mai 2003 – 7 B 15.03 – (a.a.O.) biete für den vorliegenden Fall keine sachgerechte Entscheidungsgrundlage, weil dort – anders als vorliegend – die Höhe der fiktiven Rücklage den Instandsetzungsbedarf überschritten habe, keine Zulassung der Revision wegen Divergenz.
Rz. 7
Soweit der Kläger unter Verweis auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 16. März 1995 – 7 C 39.93 – (BVerwGE 98, 87) rügt, die Berechnungen des Verwaltungsgerichts ließen außer Betracht, dass eine fiktive Rücklage hier die Instandhaltungskosten nicht decken könnte, und dass selbst Kreditleistungsraten aus dem Mietertrag nicht zu realisieren gewesen wären, legt er weder eine Divergenz im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO noch sinngemäß eine Grundsatzbedeutung im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO dar. Vielmehr greift er in der Sache die materiell-rechtliche Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung an. Das Revisionszulassungsrecht kennt jedoch den Zulassungsgrund der Zweifel an der Richtigkeit des Urteils, anders als die Vorschriften über die Zulassung der Berufung (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO), nicht.
Rz. 8
Auch eine Zulassung der Revision wegen des – vom Beschwerdeführer nicht ausdrücklich genannten – Zulassungsgrundes der grundsätzlichen Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) kommt nicht in Betracht. Die Beschwerdebegründung formuliert weder im Hinblick auf die Berechnung des Grundstückswertes und die Berücksichtigung fiktiver Rücklagen im Rahmen des § 1 Abs. 2 VermG noch hinsichtlich einer einzelgrundstücksbezogenen oder gemeinsamen Betrachtung der Kostendeckung durch Erträge aus mehreren Immobilien eine allgemeine, klärungsbedürftige und -fähige Rechtsfrage, wie es für eine Grundsatzrüge erforderlich wäre.
Rz. 9
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Kosten der Beigeladenen sind nach dem Maßstab des § 162 Abs. 3 VwGO nicht für erstattungsfähig zu erklären, weil sie keinen Antrag gestellt hat.
Rz. 10
Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 1 GKG.
Unterschriften
Dr. Christ, Dr. Held-Daab, Dr. Rublack
Fundstellen