Beteiligte
Anwaltssozietät Volker Hirsch und Margarete Emmer |
Verfahrensgang
VG Cottbus (Aktenzeichen 1 K 1748/97) |
Tenor
Die Beschwerde der Klägerinnen gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichts Cottbus vom 20. Juni 2001 wird zurückgewiesen.
Die Klägerinnen tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 279 000 DM festgesetzt.
Gründe
Die Beschwerde bleibt ohne Erfolg. Teilweise genügt sie nicht dem Darlegungsgebot (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO). Im Übrigen kann dahinstehen, ob sie dem Darlegungsgebot genügt; denn jedenfalls hat die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, vgl. 1.), noch weicht das verwaltungsgerichtliche Urteil von einer in der Beschwerde bezeichneten Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts ab (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO, vgl. 2.), noch liegt ein geltend gemachter Verfahrensmangel vor (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO, vgl. 3.).
1. Grundsätzlich bedeutsam im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO ist eine Rechtssache nur dann, wenn in dem angestrebten Revisionsverfahren die Klärung einer bisher höchstrichterlich ungeklärten, in ihrer Bedeutung über den der Beschwerde zugrunde liegenden Einzelfall hinausgehenden klärungsbedürftigen Rechtsfrage des revisiblen Rechts (§ 137 Abs. 1 VwGO) zu erwarten ist. In der Beschwerdebegründung muss daher dargelegt (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO), d.h. näher ausgeführt werden, dass und inwieweit eine bestimmte Rechtsfrage des Bundesrechts im allgemeinen Interesse klärungsbedürftig und warum ihre Klärung in dem beabsichtigten Revisionsverfahren zu erwarten ist (stRspr, vgl. u.a. Beschluss vom 2. Oktober 1961 – BVerwG 8 B 78.61 – BVerwGE 13, 90 ≪91≫).
Die Beschwerde hält zunächst für klärungsbedürftig die Frage, welche Fallgestaltungen die Voraussetzungen eines – eine unlautere Machenschaft im Sinne des § 1 Abs. 3 VermG begründenden – qualifizierten Einzelfallunrechts erfüllen und welche Fallgestaltungen nicht. Insoweit genügt die Beschwerde nicht dem Darlegungsgebot (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO). Eine konkrete klärungsbedürftige Rechtsfrage wird mit dem allgemeinen Hinweis auf „Fallgestaltungen” nicht genannt. Hierzu hätte umso mehr Anlass bestanden, als zur Anwendung und Auslegung von § 1 Abs. 3 VermG eine umfangreiche Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts vorliegt und gerade deswegen hätte aufgezeigt werden müssen, welche allgemeine Fragestellung durch diese Rechtsprechung noch nicht beantwortet wird.
Weiter hält die Beschwerde wohl für klärungsbedürftig die Frage, ob die einfache Rechtswidrigkeit einer staatlichen Maßnahme unterhalb der Schwelle der Willkür kein qualifiziertes, auf die Entziehung des Vermögenswertes gerichtetes Einzelfallunrecht im Sinne des § 1 Abs. 3 VermG begründet. Diese Frage wird vom Bundesverwaltungsgericht in ständiger Rechtsprechung bejaht. Davon geht auch das Verwaltungsgericht aus. (vgl. u.a. das vom Verwaltungsgericht zitierte Urteil vom 31. August 1995 – BVerwG 7 C 39.94 – Buchholz 428 § 1 VermG Nr. 53 S. 142 ≪146≫).
2. Der Zulassungsgrund der Divergenz (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) ist nur dann hinreichend bezeichnet, wenn die Beschwerde einen inhaltlich bestimmten, die angefochtene Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz benennt, mit dem die Vorinstanz einem in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts aufgestellten ebensolchen Rechtssatz in Anwendung derselben Rechtsvorschrift widersprochen hat (stRspr, vgl. u.a. Beschluss vom 1. September 1997 – BVerwG 8 B 144.97 – Buchholz 406.11 § 128 BauGB Nr. 50 S. 7 ≪11≫). Die Beschwerde muss also die angeblich widersprüchlichen abstrakten Rechtssätze einander gegenüberstellen. Daran fehlt es hier.
Soweit die Beschwerde geltend macht, im vorliegenden Fall sei es „nicht mit rechten Dingen zugegangen”, rügt sie lediglich die angeblich falsche Anwendung der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts im Einzelfall. Einen von der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts abweichenden vom Verwaltungsgericht aufgestellten Rechtssatz benennt sie aber weder ausdrücklich noch sinngemäß.
Soweit die Beschwerde auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur ausreisebedingten Veräußerung von Grundstücken (vgl. u.a. Urteil vom 29. Februar 1996 – BVerwG 7 C 59.94 – BVerwGE 100, 310 = Buchholz 428 § 1 VermG Nr. 68 S. 194) hinweist, liegt sie neben der Sache. Diese Rechtsprechung befasst sich nämlich allein mit Fällen, in denen Vermögenswerte von Ausreisewilligen in zeitlichem Zusammenhang mit der Erteilung einer Ausreisegenehmigung veräußert wurden. Darum geht es hier aber nicht.
3. Auch die geltend gemachte Verletzung der gerichtlichen Aufklärungspflicht (§ 86 Abs. 1 VwGO) ist nicht prozessordnungsgemäß dargelegt (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO). Eine Aufklärungsrüge setzt die Darlegung voraus, welche Tatsachen auf der Grundlage der materiellrechtlichen Auffassung des Verwaltungsgerichts ermittlungsbedürftig gewesen wären, welche Beweismittel zu welchen Beweisthemen zur Verfügung gestanden hätten, welches Ergebnis diese Beweisaufnahme voraussichtlich gehabt hätte, inwiefern das verwaltungsgerichtliche Urteil unter Zugrundelegung der materiellrechtlichen Auffassung des Gerichts auf der unterbliebenen Sachaufklärung beruhen kann und dass die Nichterhebung der Beweise vor dem Tatsachengericht rechtzeitig gerügt worden ist oder aufgrund welcher Anhaltspunkte sich die unterbliebene Beweisaufnahme dem Gericht hätte aufdrängen müssen. Dem genügt die Beschwerde nicht. Sie trägt vor, das Verwaltungsgericht hätte den Beweisanträgen der Klägerinnen dazu, dass es in dem Verkaufsverfahren Hinweise auf weiteres Nachlassvermögen gegeben habe, nachgehen müssen. Ausweislich der Sitzungsniederschrift haben die Klägerinnen in der mündlichen Verhandlung keinen Beweisantrag gestellt. Welchen Beweisanregungen der Klägerinnen das Verwaltungsgericht hätte nachgehen sollen, wird von der Beschwerde nicht ausgeführt. Ebenso wenig äußert sich die Beschwerde dazu, warum sich dem Verwaltungsgericht ohne förmlichen Beweisantrag der bereits im erstinstanzlichen Verfahren anwaltlich vertretenen Klägerinnen eine weitere Beweiserhebung hätte aufdrängen müssen.
Selbst wenn man zugunsten der Beschwerde annimmt, sie mache eine Verletzung des Anspruchs der Klägerin auf rechtliches Gehör (§ 108 Abs. 2 VwGO) geltend, liegt kein Verfahrensmangel vor. Das Verwaltungsgericht hat nicht wesentliches Parteivorbringen – nämlich den Hinweis auf das Schreiben der Klägerin zu 1 vom 28. Februar 1989 – völlig unberücksichtigt gelassen. Vielmehr setzt sich das Verwaltungsgericht in den Entscheidungsgründen ausdrücklich mit diesem Schreiben auseinander (vgl. Urteilsabdruck S. 11).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 und § 162 Abs. 3 VwGO. Die Beigeladenen haben im Beschwerdeverfahren förmliche Anträge gestellt und sind damit ein Kostenrisiko eingegangen (vgl. § 154 Abs. 3 VwGO). Deshalb entsprach es der Billigkeit, den Klägerinnen deren außergerichtlichen Kosten aufzuerlegen.
Die Festsetzung des Streitwerts folgt aus den §§ 13 und 14 GKG.
Unterschriften
Dr. Müller, Krauß, Golze
Fundstellen