Entscheidungsstichwort (Thema)

Bundesgrenzschutz, Streifen- und Bereitschaftsdienst des –. Streifen- und Bereitschaftsdienst des Bundesgrenzschutzes, Regelung des – für einen bestimmten Zeitraum. Einsatz von Polizeivollzugsbeamten des Bundesgrenzschutzes, Anordnung des –. Mitbestimmungsrecht der Bundesgrenzschutzpersonalvertretungen, kein – bei der Anordnung des Einsatzes von Polizeivollzugsbeamten

 

Leitsatz (amtlich)

Die Regelung des normalen, täglich wiederkehrenden Streifendienstes des Bundesgrenzschutzes an den Grenzen des Bundesgebietes stellt keine Anordnung des „Einsatzes” von Polizeivollzugsbeamten im Sinne des § 85 Abs. 1 Nr. 6 Buchst. a BPersVG dar. Die Bundesgrenzschutzpersonalvertretungen sind demnach gemäß § 75 Abs. 3 Nr. 1 BPersVG an der Festlegung des Beginns und Endes der täglichen Arbeitszeit und der Pausen sowie an der Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage zu beteiligen.

 

Normenkette

BPersVG § 75 Abs. 3 Nr. 1, § 85 Abs. 1 Nr. 6 Buchst.a

 

Verfahrensgang

Hessischer VGH (Beschluss vom 24.04.1985; Aktenzeichen BPV TK 24/83)

VG Kassel (Entscheidung vom 18.03.1982; Aktenzeichen K 20/81)

 

Tenor

Dem Antragsteller wird wegen Versäumung der Frist zur Einlegung der Rechtsbeschwerde Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt.

Der Beschluß des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs – Fachsenat für Personalvertretungssachen (Bund) – vom 24. April 1985 wird insoweit geändert, als der Antrag des Antragstellers abgelehnt wurde.

Es wird festgestellt, daß dem Antragsteller bei der Anordnung des Beteiligten vom 1. Juni 1981 betreffend die Änderung des Streifen- und Bereitschaftsdienstes ein Mitbestimmungsrecht zustand.

 

Tatbestand

I.

Durch Anordnung vom 1. Juni 1981 änderte der Beteiligte, der Kommandeur der Grenzschutzabteilung Mitte 2 (damals: I/4), die bestehende Regelung über den Streifen- und Bereitschaftsdienst der Abteilung dahin ab, daß in der Zeit vom 26. Juni bis 4. August 1981 die ständige Bereitschaft von den Grenzstreifen wahrgenommen werden sollte. Die zum Grenzstreifendienst eines Tages eingeteilten Polizeivollzugsbeamten sollten jeweils von 7.00 Uhr bis 7.00 Uhr des darauffolgenden Tages Bereitschaftsdienst leisten. Innerhalb dieses 24stündigen Bereitschaftsdienstes sollten sie als Grenzstreifen tätig sein, und zwar die erste Streife von 7.30 bis 14.20 Uhr, die zweite Streife von 12.30 bis 19.30 Uhr und die dritte Streife von 16.30 bis 23.30 Uhr. Die Regelung war erforderlich geworden, weil die Abteilung in dem angegebenen Zeitraum über keine geschlossene Einheit mit Polizeivollzugsbeamten des zweiten Dienstjahres verfügte, die sonst über das ganze Jahr für den Bereitschaftsdienst eingesetzt wird. Der Antragsteller, der bei dem Beteiligten gebildete Personalrat, wurde nicht beteiligt, weil der Beteiligte der Auffassung war, daß es sich bei der Maßnahme um die Anordnung eines „Einsatzes” im Sinne des § 85 Abs. 1 Nr. 6 Buchst. a BPersVG handele, die nicht mitbestimmungspflichtig sei.

Der Antragsteller hat daraufhin das personalvertretungsrechtliche Beschlußverfahren eingeleitet. Mit der Begründung, daß durch die Anordnung des Beteiligten gemäß § 75 Abs. 3 Nr. 1 BPersVG Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit bzw. die Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage geregelt worden sei, hat er beantragt,

festzustellen, daß die Anordnung des Beteiligten vom 1. Juni 1981 über die Änderung des Streifen- und Bereitschaftsdienstes gemäß § 75 Abs. 3 BPersVG der Mitbestimmung unterlegen habe.

Der Feststellungsantrag blieb in der ersten Instanz ohne Erfolg. Auf die Beschwerde des Antragstellers hat der Verwaltungsgerichtshof diesen Beschluß aus verfahrensrechtlichen Gründen aufgehoben und – unter Zurückweisung der Beschwerde im übrigen – den Antrag des Antragstellers abgelehnt. Die Entscheidung beruht im wesentlichen auf folgenden Erwägungen:

Der Beschluß des Verwaltungsgerichts leide an einem wesentlichen Verfahrensfehler, weil er erst 16 Monate nach der mündlichen Verhandlung vollständig abgefaßt zu den Gerichtsakten gelangt sei. Da nach § 91 Abs. 1 Satz 2 ArbGG eine Zurückverweisung der Sache unzulässig sei, müsse der Fachsenat über den Feststellungsantrag selbst entscheiden.

Der Feststellungsantrag sei unbegründet, weil nach § 85 Abs. 1 Nr. 6 Buchst. a BPersVG eine Beteiligung der Bundesgrenzschutzpersonalvertretung nicht bei Anordnungen für Polizeivollzugsbeamte stattfinde, durch die „Einsatz oder Einsatzübungen” geregelt würden. Durch diese Einschränkung der Mitbestimmung solle die Funktionsfähigkeit des Bundesgrenzschutzes gewährleistet werden; diese könne empfindlich gestört werden, wenn bei Einsätzen dienstliche Anordnungen den komplizierten und langwierigen Verfahrensabläufen der §§ 66 bis 74 BPersVG unterlägen. Der – gesetzlich nicht definierte – Begriff des „Einsatzes” umfasse nach einem Erlaß des Bundesministers des Innern vom 15. Oktober 1976 alle Tätigkeiten des Bundesgrenzschutzes mit Wirkung nach außen, die im Rahmen seiner Aufgaben und Verwendungsmöglichkeiten lägen. Für die Annahme eines Einsatzes sei es unter anderem bedeutsam, ob polizeiliche oder andere Zwangsmittel angewandt werden dürften. Danach gehörten jedenfalls der Streifendienst an der Grenze und der damit zusammenhängende Bereitschaftsdienst zum Einsatz im Sinne des § 85 Abs. 1 Nr. 6 Buchst. a BPersVG. Das ergebe sich aus dem gesetzlichen Aufgabenbereich des Bundesgrenzschutzes, dem nach § 1 Nr. 1 des Bundesgrenzschutzgesetzes der grenzpolizeiliche Schutz des Bundesgebietes obliege. Zur Durchführung dieser Aufgabe stünden dem Streifendienst alle polizeilichen Zwangsmittel zur Verfügung.

Die dienstlichen Anordnungen in bezug auf die polizeiliche Überwachung der Grenzen entzögen sich darüber hinaus deshalb einer Beteiligung des Personalrats, weil diese Maßnahmen taktischen Beurteilungskriterien unterlägen, in aller Regel der alsbaldigen Ausführung bedürften und von Fall zu Fall je nach den konkreten Verhältnissen an der Grenze geändert werden müßten. Vorläufige Regelungen gemäß § 69 Abs. 5 BPersVG seien insoweit nicht möglich, da durch solche Anordnungen unvermeidbar vollendete Tatsachen geschaffen würden.

Im übrigen dürfe die Verantwortung für die ordnungsgemäße und zweckgerechte Überwachung der Grenzen wegen der Auswirkungen auf das Gemeinwesen nicht einem Organ überlassen werden, das politisch für sein Verhalten nicht zur Rechenschaft gezogen werden könne. Das wäre aber bei einer Beteiligung der Personalvertretung an der polizeilichen Überwachung der Grenzen weitgehend der Fall. Der Bundesminister des Innern wäre jedenfalls außerstande, die Verantwortung für den Schutz der Grenzen gegenüber dem Deutschen Bundestag zu übernehmen, wenn die erforderlichen Maßnahmen erst nach Durchführung eines personalvertretungsrechtlichen Beteiligungsverfahrens angeordnet und vollzogen werden dürften (§ 104 Abs. 1 Satz 3 BPersVG). Was für den Grenzstreifendienst selbst zutreffe, müsse auch für den damit im Zusammenhang stehenden Bereitschaftsdienst gelten, weil dieser Dienst garantiere, daß auch Ausnahmesituationen bewältigt werden könnten. Reisekostenrechtliche Verwaltungsvorschriften, die den Begriff des „Einsatzes” nach anderen Kriterien bestimmten, seien für die hier zu treffende Entscheidung unbeachtlich.

Gegen diesen, seinem damaligen Prozeßbevollmächtigten am 29. Mai 1985 zugestellten Beschluß hat der Antragsteller am 2. Juli 1985 die vom Beschwerdegericht zugelassene Rechtsbeschwerde eingelegt, mit der er sinngemäß beantragt,

ihm wegen der Versäumung der Rechtsbeschwerdefrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren und unter teilweiser Aufhebung des Beschlusses des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs – Fachsenat für Personalvertretungssachen (Bund) – vom 24. April 1985 festzustellen, daß die Anordnung des Beteiligten vom 1. Juni 1981 über die Änderung des Streifen- und Bereitschaftsdienstes gemäß § 75 Abs. 3 BPersVG der Mitbestimmung unterlegen habe.

Zur Begründung seines Rechtsbeschwerdeantrages macht der Antragsteller geltend, daß die angefochtene Entscheidung auf einer fehlerhaften Anwendung des § 85 Abs. 1 Nr. 6 Buchst. a BPersVG beruhe. Die Anordnung des Beteiligten falle nicht unter diese Einsatzklausel, da es sich bei dem Grenzstreifendienst um einen normalen und an Regelmäßigkeiten gebundenen, sich ständig wiederholenden Dienst handele. Es fehle an den für den „Einsatz” typischen Merkmalen der Plötzlichkeit und Unvorhersehbarkeit. Bei der Anwendung des § 85 Abs. 1 Nr. 6 Buchst. a BPersVG müsse berücksichtigt werden, daß diese Regelung als eine Ausnahmevorschrift eng auszulegen sei. Da die Beamten des Bundesgrenzschutzes im Grenzstreifendienst polizeiliche Aufgaben wahrnähmen, sei ein Vergleich mit den Polizeibehörden der Länder durchaus möglich. Die entsprechende, ausdrücklich zwischen Alarmbereitschaft und Einsatz unterscheidende Vorschrift des § 73 HessPVG werde aber auf den täglichen Streifendienst der Vollzugspolizei nicht angewandt. Im übrigen könne die Frage, ob der Grenzstreifendienst „Einsatz” sei, offenbleiben, weil jedenfalls die Anordnung von Dienstbereitschaft für die Grenzstreifen nicht unter § 85 Abs. 1 Nr. 6 Buchst. a BPersVG falle. Denn die Anordnung von Dienstbereitschaft habe weder Wirkung nach außen, noch sei sie mit der Durchführung polizeilicher Zwangsmaßnahmen verbunden. Es handele sich lediglich um eine einsatzvorbereitende Maßnahme, auf die § 85 Abs. 1 Nr. 6 Buchst. a BPersVG nicht analog angewandt werden könne. Durch die Mitbestimmung der Personalvertretung werde auch nicht in die Regierungsverantwortung eingegriffen, da die Frage des „Ob” des Einsatzes durch Regelungen über die Bereitschaft weder tangiert noch präjudiziert werde. Im übrigen habe die Anordnung des Beteiligten auch gemäß § 75 Abs. 3 Nr. 15 und gemäß § 76 Abs. 2 Nr. 5 BPersVG der Mitbestimmung bzw. der Mitwirkung der Personalvertretung bedurft. In jedem Fall handele es sich um eine Maßnahme zur Festsetzung von Grundsätzen für die Anordnung der Dienstbereitschaft im Sinne des § 75 Abs. 4 BPersVG.

Der Beteiligte beantragt,

die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.

Er tritt den Ausführungen des Antragstellers entgegen und verteidigt den angefochtenen Beschluß.

 

Entscheidungsgründe

II.

1. Die Beschwerde ist zulässig.

Der Antragsteller hat zwar die gesetzliche Frist von einem Monat für die Einlegung der Rechtsbeschwerde (§ 83 Abs. 2 BPersVG in Verbindung mit §§ 92 Abs. 2 Satz 1, 74 Abs. 1, 72 Abs. 5 ArbGG und § 552 ZPO) versäumt; denn die Rechtsbeschwerdeschrift ist erst einen Tag nach Ablauf der Rechtsbeschwerdefrist beim Bundesverwaltungsgericht eingegangen. Dem Antragsteller ist aber auf seinen Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, weil er glaubhaft gemacht hat, daß er ohne eigenes oder ihm zurechenbares Verschulden seines Prozeßbevollmächtigten (§ 85 Abs. 2 ZPO) verhindert war, die Rechtsbeschwerdefrist einzuhalten (§ 83 Abs. 2 BPersVG in Verbindung mit §§ 92 Abs. 2 Satz 1, 74 Abs. 1, 72 Abs. 5 ArbGG und §§ 552, 233 ZPO). Aus der Begründung des Wiedereinsetzungsantrages, der beigefügten eidesstattlichen Versicherung und der vorgelegten Ablichtung des Postausgangsbuchs des Prozeßbevollmächtigten des Antragstellers geht hervor, daß die Versäumung der Frist auf einem Verschulden der Deutschen Bundespost beruht. Nachdem die Büroangestellte den Brief bereits fünf Tage vor Ablauf der Rechtsbeschwerdefrist bei einem Postamt in Bad Hersfeld eingeliefert hatte, hätte dieser bei richtiger Auslieferung rechtzeitig dem Bundesverwaltungsgericht zugestellt werden müssen. Die Rechtsbeschwerdeschrift ist jedoch nicht dem in der Anschrift richtig bezeichneten Empfänger, nämlich dem Bundesverwaltungsgericht in Berlin, Postfach, sondern den Justizbehörden in Berlin-Moabit zugestellt worden mit der Folge, daß sich alsdann der Eingang des Briefes beim Bundesverwaltungsgericht verzögert hat. Bei dieser Sachlage sind, auch wenn der Anschrift auf dem Brief die Postfach-Nummer nicht beigefügt war, die falsche Zustellung und die verzögerliche Weiterleitung an das Bundesverwaltungsgericht weder von dem Antragsteller noch von seinem Prozeßbevollmächtigten zu vertreten.

2. Die Rechtsbeschwerde ist auch begründet. Die Vorinstanzen haben den Feststellungsantrag des Antragstellers zu Unrecht abgewiesen. Die strittige Anordnung des Beteiligten über die Änderung des Streifen- und Bereitschaftsdienstes unterlag der Mitbestimmung des Antragstellers.

Durch diese Anordnung änderte der Beteiligte für den Zeitraum, in dem die Polizeivollzugsbeamten des zweiten Dienstjahres keinen Bereitschaftsdienst leisten konnten, die bestehende Regelung über den Streifen- und Bereitschaftsdienst der Grenzschutzabteilung dahin ab, daß die ständige Bereitschaft jeweils von den Grenzstreifen wahrgenommen werden sollte. Die zum Grenzstreifendienst eines Tages eingeteilten Polizeivollzugsbeamten sollten jeweils von 7.00 Uhr bis 7.00 Uhr des darauffolgenden Tages Bereitschaftsdienst leisten. Innerhalb dieses 24stündigen Bereitschaftsdienstes sollten sie als Grenzstreife tätig sein, und zwar die erste Streife von 7.30 bis 14.20 Uhr, die zweite Streife von 12.30 bis 19.30 Uhr und die dritte Streife von 16.30 bis 23.30 Uhr. Diese Regelung erfüllte – auch wenn sich die Streifenzeiten gegenüber dem vorher bestehenden Zustand nicht geändert haben sollten – den Mitbestimmungstatbestand des § 75 Abs. 3 Nr. 1 BPersVG, da sie jedenfalls für die Dauer der Geltung der Anordnung Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit der Polizeivollzugsbeamten im Grenzstreifendienst festlegte.

Diesem Mitbestimmungsrecht des Antragstellers steht nicht die Regelung des § 85 Abs. 1 Nr. 6 Buchst. a BPersVG entgegen, wonach eine Beteiligung der Bundesgrenzschutzpersonalvertretung bei Anordnungen für Polizeivollzugsbeamte, durch die „Einsatz oder Einsatzübungen” geregelt werden, nicht stattfindet. Da der Begriff des „Einsatzes” weder im Gesetz näher bestimmt noch aus sich heraus eindeutig ist, muß sein Inhalt aus dem systematischen Zusammenhang, in dem die Vorschrift steht, aus dem Sinn und Zweck der Regelung sowie aus ihrer Entstehungsgeschichte ermittelt werden (vgl. BVerwGE 64, 209 mit weiteren Nachweisen). Bei Anwendung dieser für die Auslegung gesetzlicher Vorschriften geltenden Kriterien ist davon auszugehen, daß die Regelung des normalen Grenzstreifendienstes und des damit zusammenhängenden Bereitschaftsdienstes nicht als eine Anordnung des „Einsatzes” von Polizeivollzugsbeamten des Bundesgrenzschutzes im Sinne des § 85 Abs. 1 Nr. 6 Buchst. a BPersVG anzusehen ist.

§ 85 BPersVG stellt eine Sondervorschrift für die Beschäftigten in Bundesgrenzschutzbehörden dar. Die Vorschrift geht davon aus, daß auch die Bundesgrenzschutzbehörden grundsätzlich zu den Verwaltungszweigen gehören, für die das Bundespersonalvertretungsgesetz gilt, und sieht Abweichungen von den allgemeinen Vorschriften nur insoweit vor, wie dies durch die Besonderheiten im organisatorischen Aufbau und wegen der besonderen Aufgabenstellung von Polizeibehörden notwendig ist.

Der ursprüngliche Entwurf eines Bundespersonalvertretungsgesetzes (BPersVG) der Bundesregierung vom 15. August 1972 (BT-Drucks. VI/3721) hatte hinsichtlich der Beteiligung der Bundesgrenzschutzpersonalvertretungen in § 81 Abs. 1 Nr. 8 folgende Regelung enthalten:

„Befindet sich eine Grenzschutzabteilung im Einsatz, so ruhen die Rechte und Pflichten der zuständigen Grenzschutzpersonalvertretung und des Vertrauensmannes (Absatz 3). Entsprechendes gilt beim Einsatz eines Grenzschutzkommandos oder des gesamten Bundesgrenzschutzes. Einsatz ist die Verwendung von Kräften des Bundesgrenzschutzes zur Erfüllung polizeilicher Aufgaben unter einheitlicher Führung mindestens im Rahmen einer Grenzschutzabteilung. Beginn und Ende des Ruhens der Befugnisse der Grenzschutzpersonalvertretung und des Vertrauensmannes sind durch die Grenzschutzmittelbehörde jeweils für ihren Bereich festzustellen und bekanntzugeben, beim Einsatz des gesamten Bundesgrenzschutzes durch den Bundesminister des Innern.” (BT-Drucks. VI/3721 S. 18)

Bei der parlamentarischen Beratung dieses Entwurfs wurde § 81 Abs. 1 Nr. 8 sodann durch den Innenausschuß des Bundestages dahin geändert, daß die Vorschrift den Wortlaut des nunmehr geltenden § 85 Abs. 1 Nr. 6 Buchst. a und b BPersVG erhielt. In dem Bericht des Innenausschusses (BT-Drucks. 7/1373 S. 7) heißt es hierzu:

„Die Entwurfsvorschrift wurde neu gefaßt und die Rechte der Personalvertretungen im Bundesgrenzschutz erheblich erweitert. Die Vorschrift trägt dem neuen BGS-Gesetz und der hierbei einstimmig verabschiedeten Entschließung des Deutschen Bundestages – Drucks. VI/3569 – Rechnung. Danach ist die Rechtsstellung der Beamten des Bundesgrenzschutzes so fortzuentwickeln, wie es die gesetzlichen Aufgaben des BGS als einer leistungsfähigen und stets einsatzbereiten Polizei erfordern.”

Da somit die in dem ursprünglichen Entwurf enthaltene Definition des Begriffes des „Einsatzes” nicht in das geltende Gesetz übernommen wurde, ist die Beteiligung der Bundesgrenzschutzpersonalvertretungen nicht schon dann ausgeschlossen, wenn die Polizeibeamten im Rahmen ihres normalen, regelmäßigen Dienstes zur Erfüllung polizeilicher Aufgaben tätig werden, sondern nur, wenn besondere Ereignisse oder Entwicklungen in personeller, zeitlicher oder sonstiger Hinsicht ein Abweichen von dem regelmäßigen Dienstplan erfordern (oder wenn das geübt werden soll). Andererseits soll die Regelung des § 85 Abs. 1 Nr. 6 Buchst. a BPersVG ersichtlich nicht nur bei der Verwendung von Polizeibeamten „im Rahmen einer Grenzschutzabteilung”, sondern auch dann anwendbar sein, wenn der „Einsatz” einer kleineren Einheit des Bundesgrenzschutzes oder auch nur einzelner Polizeibeamter angeordnet wird.

Aus der systematischen Stellung des § 85 Abs. 1 Nr. 6 Buchst. a BPersVG und seiner Entstehungsgeschichte ist allgemein zu folgern, daß der Gesetzgeber den Personalvertretungen im Bundesgrenzschutz grundsätzlich dieselben Mitbestimmungsrechte einräumen wollte wie anderen Personalvertretungen. Das Beteiligungsrecht der Bundesgrenzschutzpersonalvertretungen soll nur insoweit eingeschränkt sein, als es zur Wahrung der Funktionsfähigkeit der Polizei des Bundes erforderlich ist, die im Einsatzfall (und bei Einsatzübungen) empfindlich gestört werden könnte, wenn dienstliche Anordnungen den komplizierten Verfahrensabläufen der §§ 66 bis 74 BPersVG unterworfen würden (vgl. Fischer/Goeres in Fürst, GKöD V, K § 85 Rz 25; Lorenzen/Haas/Schmitt, BPersVG, 4. Auflage, § 85 Rz 31). Zweckbestimmung dieser Sonderregelung ist demnach allein, zu verhindern, daß durch die Einschaltung von Personalvertretungen Einsätze und Einsatzübungen verzögert werden und dadurch die Funktionsfähigkeit des Bundesgrenzschutzes beeinträchtigt wird.

Hiernach wird mit der Regelung des normalen, täglich wiederkehrenden Grenzstreifendienstes nicht „der Einsatz” der Polizeibeamten angeordnet, da es sich dabei nicht um eine konkrete, eilbedürftige Maßnahme, sondern um eine generelle Regelung dieses Dienstes für einen bestimmten Zeitraum handelt. Der Dienststellenleiter kann bei dieser Maßnahme die Verwendung der Polizeibeamten vorausschauend planen und demnach den bei ihm gebildeten Personalrat rechtzeitig an der Festlegung des Beginns und Endes der täglichen Arbeitszeit beteiligen. Dabei ist es entgegen der Auffassung des Beschwerdegerichts nicht entscheidend, ob die Grenzstreife polizeiliche Aufgaben wahrnimmt und gegebenenfalls gemäß den Vorschriften des Gesetzes über den unmittelbaren Zwang bei Ausübung öffentlicher Gewalt durch Vollzugsbeamte des Bundes (UZwG) auch polizeiliche Zwangsmittel einsetzen muß. Der Bundesminister des Innern hat zwar in dem Erlaß vom 15. Oktober 1976 – BGS I 1 – 630/203/36 – bestimmt, daß als Einsätze des Bundesgrenzschutzes alle im Rahmen der Aufgaben und Verwendungsmöglichkeiten des Bundesgrenzschutzes liegenden Tätigkeiten mit Wirkung nach außen anzusehen seien. Als für die Annahme eines Einsatzes bedeutsam wird in dem Erlaß bezeichnet, ob polizeiliche oder andere Zwangsmittel angewendet werden dürften, ob die Tätigkeit in dem durch die Organisation. Ausbildung und Ausstattung mitbestimmten Gesamtauftrag des Bundesgrenzschutzes gesehen werden könne, ob die Tätigkeit nicht nur verwaltungsinterner Art, d.h. ohne Wirkungen auch außerhalb des Bundesgrenzschutzes für oder gegen Dritte sei, und ob die Tätigkeit nicht nur selbstverwaltender Art sei. Diese Bestimmung des Begriffes des „Einsatzes” in § 85 Abs. 1 Nr. 6 Buchst. a BPersVG dehnt jedoch den Geltungsbereich der Sondervorschrift über das durch die Zweckbestimmung gebotene Maß hinaus aus. Sie führt dazu, daß die Beteiligung der Bundesgrenzschutzpersonalvertretungen praktisch auf rein verwaltungsinterne Maßnahmen beschränkt wird, was jedoch durch die Wahrung der Funktionsfähigkeit des Bundesgrenzschutzes nicht geboten ist.

Der Mitbestimmungsbefugnis des Personalrats an generellen Regelungen des Beginns und Endes der täglichen Arbeitszeit kann auch nicht – wie in dem angefochtenen Beschluß – entgegengehalten werden, daß sich dienstliche Anordnungen in bezug auf die polizeiliche Überwachung der Grenzen als polizeitaktische Entscheidungen stets der Beteiligung der Personalvertretung entziehen müßten. Diese Auffassung verkennt schon im Ansatz, daß unter Berücksichtigung der Zweckbestimmung des § 85 Abs. 1 Nr. 6 Buchst. a BPersVG der Umstand, daß für eine Maßnahme des Bundesgrenzschutzes – auch – taktische Überlegungen maßgebend sind, allein der Durchführung eines Mitbestimmungsverfahrens nicht entgegenstehen kann. Im übrigen werden die taktischen Beurteilungskriterien im wesentlichen die Anordnungen des Dienststellenleiters über die Stärke, die Ausrüstung, die Wege und Postierungen der Grenzstreifen sowie ihr Verhalten an der Grenze betreffen, die auch bei Beteiligung des Personalrats an der generellen Regelung des zeitlichen Ablaufs des Grenzstreifendienstes selbstverständlich allein der Entscheidung des Dienststellenleiters vorbehalten sind. Auch ist der Personalrat nicht an Einzelmaßnahmen zu beteiligen, die sich an besonderen Ereignissen an der Grenze orientieren und die somit der alsbaldigen Ausführung bedürfen. Das gilt insbesondere dann, wenn in Abweichung von bestehenden generellen Regelungen zur Behebung drohender Gefahr das Tätigwerden von Einheiten des Bundesgrenzschutzes oder einzelner Polizeivollzugsbeamter an der Grenze angeordnet wird, da der Bundesgrenzschutz anderenfalls als Folge der Einschaltung der Personalvertretung die ihm gesetzlich übertragenen Aufgaben nicht erfüllen könnte.

 

Unterschriften

Dr. Eckstein, Dr. Schinkel, Nettesheim, Ernst, Dr. Seibert

 

Fundstellen

Haufe-Index 1210593

BVerwGE, 122

ZBR 1989, 148

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