Verfahrensgang
Bayerischer VGH (Urteil vom 10.03.2010; Aktenzeichen 14 BV 08.2444) |
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 10. März 2010 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes für das Beschwerdeverfahren wird auf 23 329,36 € festgesetzt.
Gründe
Rz. 1
Die allein auf die Grundsatzrüge (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) gestützte Beschwerde bleibt ohne Erfolg.
Rz. 2
1. Der Kläger hat einen Anspruch auf Zahlung von Zuschüssen zu seinen Dienstbezügen nach § 4 Abs. 1 2. BesÜV, wobei zwischen den Beteiligten nur noch der Zeitraum von 1998 bis 2001 im Streit steht. Im Dezember 1999 und Januar 2000 beantragte der Kläger erstmals die Erhöhung seiner Bezüge. Die ablehnenden Bescheide wurden bestandskräftig. Im Juli 2006 beantragte der Kläger, ihm rückwirkend ab Ernennung zum Probebeamten (Oktober 1995) die Zuschüsse nach § 4 Abs. 1 2. BesüV zu zahlen. Dies lehnte die Beklagte für den Zeitraum vor dem 1. Januar 2003 ab, da die Ansprüche insoweit verjährt seien. Das Verwaltungsgericht gab der dagegen gerichteten Klage für den Zeitraum ab 1998 statt und wies die Klage im Übrigen ab. Auf die hiergegen gerichtete Berufung der Beklagten änderte das Berufungsgericht das Urteil teilweise ab, weil es auch den Zeitraum vom 1. Januar 1998 bis zum 31. Dezember 2001 für verjährt hielt.
Rz. 3
2. Die Beschwerde sieht als grundsätzlich klärungsbedürftig im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO an, wie die Bestimmung des § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB hinsichtlich der Verjährung von Besoldungsansprüchen auszulegen sei. Zu klären sei, ob das Tatbestandsmerkmal “Umstände” nur Tatsachen oder auch Rechtstatsachen erfasse. Diese Frage stelle sich vor dem Hintergrund des Urteils des Bundesverwaltungsgerichts vom 15. Juni 2006 – BVerwG 2 C 17.05 – Buchholz 240 § 73 BBesG Nr. 13, wonach diejenigen Beamten, die den überwiegenden Teil ihrer Ausbildung in den alten Bundesländern absolviert hatten, einen Anspruch auf die Ausgleichszulage nach § 4 Abs. 1 2. BesÜV haben.
Rz. 4
Die Revisionszulassung wegen grundsätzlicher Bedeutung gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO setzt voraus, dass die Rechtssache eine konkrete, in dem zu entscheidenden Fall erhebliche Frage des revisiblen Rechts aufwirft, die im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder der Rechtsfortbildung der Klärung in einem Revisionsverfahren bedarf (Beschluss vom 2. Oktober 1961 – BVerwG 8 B 78.61 – BVerwGE 13, 90 ≪91≫ = Buchholz 310 § 132 VwGO Nr. 18; stRspr). Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt, weil sich die aufgeworfene Grundsatzfrage nicht entscheidungserheblich stellen würde. Sie ist im Übrigen bereits in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs geklärt, so dass es auch aus diesem Grund der Durchführung eines Revisionsverfahrens vor dem Bundesverwaltungsgerichts nicht mehr bedarf.
Rz. 5
a) Die Grundsatzfrage ist schon nicht entscheidungserheblich, weil die angegriffene Berufungsentscheidung hierauf nicht gestützt ist. Der Verwaltungsgerichtshof hat eine Verjährung für den Zeitraum vom 1. Januar 1998 bis zum 31. Dezember 2001 angenommen. Er hat hierzu tragend darauf abgestellt, dass die Ansprüche nach §§ 197, 198, 201 BGB a.F. verjährt seien. Nach diesen Vorschriften beginnt – anders als nach § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB – die Verjährungsfrist mit der (gesetzlichen) Entstehung des Anspruchs (Urteile vom 29. August 1996 – BVerwG 2 C 23.95 – BVerwGE 102, 33 = Buchholz 237.95 § 10 S-H LBG Nr. 2 S. 4 f. und vom 21. September 2000 – BVerwG 2 C 5.99 – Buchholz 237.1 Art. 86 BayLBG Nr. 10).
Rz. 6
Das Berufungsgericht hielt die neue Vorschrift des § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB zutreffend aufgrund des Art. 229 § 6 Abs. 4 Satz 2 EGBGB für nicht maßgeblich. Es hat hierzu im Wesentlichen ausgeführt: Die Ansprüche seien nach §§ 197, 198, 201 BGB a.F. für das Jahr 1998 am 1. Januar 2003, für das Jahr 1999 am 1. Januar 2004, für das Jahr 2000 am 1. Januar 2005 und für das Jahr 2001 am 1. Januar 2006 verjährt gewesen. Hieran habe auch das Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts vom 26. November 2001 nichts geändert. Zwar seien diese Ansprüche nach der bis dahin geltenden 4-jährigen Verjährungsfrist allesamt am 1. Januar 2002 noch nicht verjährt gewesen, so dass auf sie nach Art. 229 § 6 Abs. 1 Satz 1 EGBGB die neue 3-jährige Verjährungsfrist Anwendung finde. Diese Frist werde nach Art. 229 § 6 Abs. 4 Satz 1 EGBGB erst ab dem 1. Januar 2002 berechnet, wäre also am 1. Januar 2005 abgelaufen. Aufgrund des subjektiven Moments des § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB, das erst mit der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 12. Februar 2003 – 2 BvR 709/99 – (BVerfGE 107, 257) vorgelegen habe, habe die Verjährung erst mit Ablauf des Jahres 2003 begonnen und wäre deshalb noch nicht abgelaufen gewesen. Ende aber die Verjährung nach neuem Recht später als nach altem Recht, so sei nach Art. 229 § 6 Abs. 4 Satz 2 EGBGB die Verjährung mit Ablauf der alten Frist vollendet. Diese Auslegung des nach seinem Wortlaut eindeutigen Art. 229 § 6 Abs. 4 Satz 2 EGBGB durch das Berufungsgericht ist nicht zu beanstanden (vgl. auch BGH, Urteil vom 23. Januar 2007 – XI ZR 44/06 – BGHZ 171, 1 ≪Rn. 28≫). Zu einem anderen Ergebnis wäre das Berufungsgericht deshalb selbst dann nicht gekommen, wenn es statt auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts auf die Senatsentscheidung vom 15. Juni 2006 abgestellt hätte.
Rz. 7
b) Unabhängig davon ist durch die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs geklärt, wann bei einer unklaren Rechtslage die Verjährungsfrist nach § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB beginnt. Nach dessen Rechtsprechung (Urteil vom 23. September 2008 – XI ZR 262/07 – (WM 2008, 2155 ff., Leitsatz 1 und Juris Rn. 15 und 19) beginnt in den Fällen unsicherer und zweifelhafter Rechtslage, in denen der Beginn der Verjährungsfrist gemäß § 199 Abs. 1 BGB ausnahmsweise wegen der Rechtsunkenntnis des Gläubigers hinausgeschoben ist, die Verjährung mit der objektiven – höchstrichterlichen – Klärung der Rechtslage. Auf die Kenntnis bzw. grob fahrlässige Unkenntnis des Gläubigers von dieser Klärung kommt es nicht an.
Rz. 8
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwertes beruht für das Beschwerdeverfahren auf § 47 Abs. 1 und 3 und § 52 Abs. 1 und Abs. 3 GKG.
Unterschriften
Herbert, Thomsen, Dr. Fleuß
Fundstellen