Verfahrensgang
OVG Rheinland-Pfalz (Urteil vom 08.03.2012; Aktenzeichen 1 A 10803/11) |
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom 8. März 2012 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 15 000 € festgesetzt.
Gründe
Rz. 1
Die Beschwerde hat keinen Erfolg.
Rz. 2
1. Die Revision ist nicht nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen. Der Kläger hält für grundsätzlich klärungsbedürftig, “ob bei einer grundsätzlich erlaubten Abstandnahme des Planungsträgers von einer abschließenden Konfliktbewältigung der ungeklärten Erschließungssituation im Bebauungsplan und Verweisung auf nachfolgende Fachplanungen, welche anschließend in eine das Stadium der Planreife gemäß § 33 Abs. 1 BauGB erreichende Bebauungsplanänderung münden und ein hinreichendes Erschließungskonzept beinhalten, gleichwohl noch keine Erschließungspflicht der Gemeinde aus rechtstreuem Verhalten begründen und nach wie vor auch eine negative Beurteilungsprognose der Erschließbarkeit rechtfertigen”. Diese Frage bedarf der Auslegung. Der Sache nach geht es dem Kläger offensichtlich darum, klären zu lassen, ob eine Erschließungspflicht einer Gemeinde und damit korrespondierend ein Erschließungsanspruch eines Bauantragstellers besteht, wenn bei einem als unwirksam erkannten Bebauungsplan das zur Heilung des Mangels eingeleitete Bebauungsplanänderungsverfahren das Stadium der Planreife i.S.d. § 33 Abs. 1 BauGB erreicht hat. Diese Frage würde sich in einem Revisionsverfahren nicht stellen, weil das Vorhaben des Klägers nach den Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts nicht nach § 33 BauGB, sondern als Außenbereichsvorhaben nach § 35 BauGB zu beurteilen ist (UA S. 9). Dass in einem solchen Fall eine Erschließungspflicht der Gemeinde nicht besteht, liegt auf der Hand. Zudem fehlt es nach den Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts an dem zur Begründung einer gemeindlichen Erschließungspflicht erforderlichen Erschließungsangebot des Klägers oder eines Dritten an die beigeladene Gemeinde (Beschluss vom 17. Juni 1993 – BVerwG 4 C 7.91 – Buchholz 406.11 § 10 BauGB Nr. 30 ≪juris Rn. 24≫).
Rz. 3
2. Die Revision ist auch nicht nach § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO zuzulassen. Der Revisionszulassungsgrund der Abweichung liegt vor, wenn die Vorinstanz in Anwendung derselben Rechtsvorschrift mit einem ihre Entscheidung tragenden Rechtssatz einem ebensolchen Rechtssatz des Bundesverwaltungsgerichts oder Bundesverfassungsgerichts widerspricht (vgl. Beschluss vom 20. Dezember 1995 – BVerwG 6 B 35.95 – NVwZ-RR 1996, 712; stRspr). Er ist hier nicht dargelegt. Der Kläger beanstandet, dass das Oberverwaltungsgericht die im Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 26. März 2007 – BVerwG 4 BN 10.07 – genannten Voraussetzungen für die Zulässigkeit einer Konfliktverlagerung auf ein nachfolgendes Genehmigungsverfahren fehlerhaft verneint habe. Die unrichtige Anwendung eines höchstrichterlichen Rechtssatzes, so sie denn vorläge, begründet aber keine Divergenz im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO (vgl. Beschluss vom 19. August 1997 – BVerwG 7 B 261.97 – NJW 1997, 3328; stRspr).
Rz. 4
3. Schließlich liegen auch die geltend gemachten Verfahrensfehler (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) nicht vor.
Rz. 5
a) Die Beschwerde ist der Auffassung, das Oberverwaltungsgericht habe seine Aufklärungspflicht nach § 86 Abs. 1 VwGO verletzt, indem es nicht durch “sachverständige Feststellung” hat prüfen lassen, “ob es tatsächlich durch die seitens der beigeladenen Ortsgemeinde beabsichtigte weitere Fachplanung nicht zu bewerkstelligen war, eine Erschließung des Plangebietes technisch möglich und wirtschaftlich machbar zu erreichen”. Ein entsprechender Beweisantrag sei mit Schriftsatz vom 7. Februar 2012 gestellt worden; dem sei das Oberverwaltungsgericht nicht nachgegangen.
Rz. 6
Ein Aufklärungsmangel ist hiermit nicht dargetan. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts verletzt ein Gericht seine Pflicht zur erschöpfenden Sachverhaltsaufklärung grundsätzlich dann nicht, wenn es von einer Beweiserhebung absieht, die ein anwaltlich vertretener Beteiligter nicht ausdrücklich beantragt hat. Der Beweisantrag ist förmlich spätestens in der mündlichen Verhandlung zu stellen (Beschluss vom 11. August 1999 – BVerwG 11 B 61.98 – Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 1 VwGO Nr. 19). Die Aufklärungsrüge dient nicht dazu, Versäumnisse eines anwaltschaftlich vertretenen Verfahrensbeteiligten in der Tatsacheninstanz zu kompensieren und insbesondere Beweisanträge zu ersetzen, die ein Beteiligter zumutbarerweise hätte stellen können, jedoch zu stellen unterlassen hat (stRspr; vgl. Urteil vom 23. Mai 1986 – BVerwG 8 C 10.84 – BVerwGE 74, 222 ≪223 f.≫ = Buchholz 448.0 § 17 WPflG Nr. 7 S. 8 f.; Beschluss vom 10. Oktober 2001 – BVerwG 9 BN 2.01 – Buchholz 401.65 Hundesteuer Nr. 7 S. 10 f.). Soweit der Kläger auf den im Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 7. Februar 2012 enthaltenen Beweisantrag verweist, ist darauf hinzuweisen, dass es sich hierbei nur um die Ankündigung eines Beweisantrages bzw. um eine Beweisanregung handelt, die die Folgen des § 86 Abs. 2 VwGO nicht auszulösen vermag.
Rz. 7
Die Tatsache, dass ein Beweisantrag nicht gestellt wurde, ist allerdings dann unerheblich, wenn sich dem Tatsachengericht auch ohne ausdrücklichen Beweisantrag eine weitere Sachverhaltsermittlung hätte aufdrängen müssen. Das setzt aber den schlüssigen Vortrag voraus, dass das Gericht auf der Grundlage seiner Rechtsauffassung Anlass zur weiteren Aufklärung hätte sehen müssen (stRspr; z.B. Beschluss vom 1. Februar 2011 – BVerwG 7 B 45.10 – juris Rn. 13); dieser materiell-rechtliche Standpunkt ist auch dann maßgeblich, wenn er rechtlichen Bedenken begegnen sollte (Urteil vom 14. Januar 1998 – BVerwG 11 C 11.96 – BVerwGE 106, 115 ≪119≫; Beschlüsse vom 25. Januar 2005 – BVerwG 9 B 38.04 – NVwZ 2005, 447 ≪449≫ und vom 20. Dezember 2010 – BVerwG 5 B 38.10 – juris Rn. 18). Diese Anforderungen erfüllt die Beschwerde nicht. Sie legt nicht dar, warum sich dem Oberverwaltungsgericht von seiner Rechtsauffassung ausgehend eine weitere Sachaufklärung hätte aufdrängen müssen, sondern beurteilt die Frage der weiteren Sachaufklärung aus Sicht der Klagepartei.
Rz. 8
b) Die weiteren Rügen, das Oberverwaltungsgericht hätte seine Prüfung nicht darauf beschränken dürfen, ob ein Anspruch auf Erteilung der begehrten Baugenehmigung (richtig: Vorbescheid) zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung bestanden habe, sondern hätte darüber hinaus die im Rahmen der Fortsetzungsfeststellungsklage erhebliche Fragestellung beurteilen müssen, ob während des Verfahrens irgendwann einmal ein entsprechender Rechtsanspruch bestanden habe, sowie das Oberverwaltungsgericht habe die aus den Verfahrensakten ersichtliche 1. Planänderung des Bebauungsplans “Vor dem Dörnchen” außer Acht gelassen, greifen ebenfalls nicht durch. Soweit damit überhaupt ein Verfahrensfehler und nicht ein solcher des materiellen Rechts behauptet wird, liegen jedenfalls die Voraussetzungen des – einzig in Betracht kommenden – § 138 Nr. 6 VwGO offensichtlich nicht vor (Beschluss vom 5. Juni 1998 – BVerwG 9 B 412.98 – Buchholz 310 § 138 Ziff. 6 VwGO Nr. 32 ≪juris Rn. 5≫).
Rz. 9
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts folgt aus § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3, § 52 Abs. 1 GKG.
Unterschriften
Prof. Dr. Rubel, Dr. Gatz, Dr. Decker
Fundstellen