Entscheidungsstichwort (Thema)
Geschäftsbedarf, Kommentare zum BAT und MTB II als erforderlicher – eines Personalrats. Personalrat, Kommentare zum BAT und MTB II als erforderlicher Geschäftsbedarf eines –
Leitsatz (amtlich)
Zum erforderlichen Geschäftsbedarf eines für die Vertretung von Angestellten und Arbeitern zuständigen Personalrats kann je ein Kommentar zum BAT und MTB II gehören. Es kann genügen, ihm den Kommentar bei Bedarf auf Anforderung von Fall zu Fall im Wege der Ausleihe zur Verfügung zu stellen.
Normenkette
BPersVG § 44 Abs. 2
Verfahrensgang
Tenor
Die Rechtsbeschwerde des Beteiligten gegen den Beschluß des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg – Fachsenat für Personalvertretungssachen – vom 20. Juni 1989 wird zurückgewiesen.
Der Gegenstandswert wird für das Rechtsbeschwerdeverfahren auf 6.000 DM festgesetzt.
Tatbestand
I.
Der Antragsteller ist der Personalrat eines Sanitätskommandos, das seinen Sitz in einer Kaserne in unmittelbarer Nähe eines Territorialkommandos hat. Er besteht aus fünf Mitgliedern und vertritt 13 Angestellte und 64 Arbeiter, die in verschiedenen Orten Süddeutschlands tätig sind; sein Vorsitzender ist als Arbeiter in einer Kaserne in Külsheim tätig. Der Antragsteller verfügt nicht über ihm ständig zum Gebrauch überlassene Kommentare zum BAT und MTB II. Je ein Exemplar dieser Kommentare steht in Külsheim bei der Standortverwaltung. Diese ist außerhalb der Kaserne untergebracht.
Der Antragsteller beantragte im Mai 1984 bei seiner Dienststelle die Bereitstellung je eines Kommentars zum BAT und zum MTB II. Damit und mit weiteren Bemühungen gegenüber dem Hauptpersonalrat beim Bundesminister der Verteidigung und dem Territorialkommando blieb er ohne Erfolg.
Der Antragsteller hat daraufhin im Juni 1986 bei dem Verwaltungsgericht Karlsruhe – Fachkammer für Personalvertretungssachen (Bund) – die Verpflichtung des Beteiligten beantragt, ihm den BAT und MTB II mit Kommentar zur dauernden Benutzung und eine Schreibmaschine zur alleinigen Benutzung zur Verfügung zu stellen. Diese Anträge hat das Verwaltungsgericht durch Beschluß vom 27. Mai 1988 abgelehnt.
Dagegen hat der Antragsteller Beschwerde eingelegt. Nachdem die Beteiligten das Verfahren hinsichtlich des Streitstoffs Schreibmaschine für erledigt erklärt hatten, hat er die Feststellung beantragt, daß der Beteiligte verpflichtet ist, ihm je ein in Külsheim bereitgehaltenes anerkanntes Erläuterungswerk zum BAT und zum MTB II jeweils bei erklärtem Bedarf und möglichst auch kurzfristig zur Ausleihe zur Verfügung zu stellen und den angefochtenen Beschluß insoweit zu ändern.
Der Verwaltungsgerichtshof hat die Beschwerde für begründet gehalten und festgestellt, daß der Beteiligte verpflichtet ist, dem Vorsitzenden des Antragstellers ein anerkanntes Erläuterungswerk zum BAT und zum MTB II jeweils bei erklärtem Bedarf möglichst kurzfristig zur Ausleihe zur Verfügung zu stellen; insoweit hat er den Beschluß des Verwaltungsgerichts vom 27. Mai 1988 geändert; im übrigen hat er das Verfahren eingestellt und den Beschluß des Verwaltungsgerichts für unswirksam erklärt. Zur Begründung hat der Verwaltungsgerichtshof im wesentlichen ausgeführt:
Zu dem Geschäftsbedarf, den nach § 44 Abs. 2 BPersVG die Dienststelle dem Personalrat zur Verfügung zu stellen habe, zählten die Texte der für die Arbeit der Personalvertretung bedeutsamen Rechtsvorschriften, eine für die Arbeit des Personalrats einschlägige Fachzeitschrift und ein Kommentar zum Personalvertretungsrecht. Bei kleineren Dienststellen müsse diese Literatur dem Personalrat nicht zum dauernden Gebrauch überlassen werden. Grundsätzlich könne zum literaturmäßigen Geschäftsbedarf eines Personalrats auch ein Erläuterungswerk zu den einschlägigen Tarifverträgen gehören. Zu den allgemeinen Aufgaben aller Personalvertretungen gehöre es, darüber zu wachen, daß u.a. die zugunsten der Beschäftigten geltenden Tarifverträge durchgeführt würden. Sie hätten ferner bei Übertragung einer höher oder niedriger zu bewertenden Tätigkeit, Höher- oder Rückgruppierung und Eingruppierung mitzubestimmen, wobei sich die Tätigkeitsbewertungen und die Gruppierungen grundsätzlich nach den tarifvertraglichen Regelungen richteten. Ebenso wie beim Personalvertretungsrecht erschließe sich auch der Inhalt tarifvertraglicher Regelungen oftmals erst bei Zuhilfenahme eines Erläuterungswerkes. Von daher sei es selbstverständlich, daß die Standortverwaltungen als personalbearbeitende Dienststellen der Bundeswehr über entsprechende Erläuterungswerke verfügten. Dementsprechend müsse auch der Antragsteller als Personalrat in der Lage sein, bei Bedarf entsprechende Erläuterungswerke zu verwenden. Die Notwendigkeit des Rückgriffs auf ein Erläuterungswerk zum BAT oder zum MTB II möge zwar für einen Teil der etwa zwanzig Mitbestimmungsfälle jährlich nicht bestehen. Wesentlich sei jedoch, daß der Vorsitzende des Antragstellers im Zusammenhang mit den etwa zehn Personalratssitzungen im Jahr, auf denen regelmäßig jeweils mehrere Angelegenheiten behandelt würden, nach seiner Erfahrung die Zuhilfenahme der genannten Erläuterungswerke für erforderlich erachte. Nach seiner Darstellung benötige er die Erläuterungswerke zusätzlich auch einige Male im Jahr im Zusammenhang mit arbeitsrechtlichen Anliegen, die Beschäftigte an ihn fernmündlich herantrügen. Es würde der vertrauensvollen Zusammenarbeit widersprechen, wenn der Vorsitzende des Antragstellers im jeweiligen Einzelfall die Erforderlichkeit des Rückgriffs auf ein Erläuterungswerk der Dienststelle darlegen müßte. Die Erläuterungswerke seien dem Vorsitzenden bei erklärtem Bedarf zur Mitnahme auszuhändigen (auszuleihen). Bei nicht in Külsheim, dem Tätigkeitsort des Vorsitzenden des Antragstellers, stattfindenden Personalratssitzungen sei von einer auf drei Arbeitstage sich erstreckenden Ausleihe auszugehen. Die Erläuterungswerke seien dem Vorsitzenden aber auch dann grundsätzlich zur Mitnahme auszuhändigen, wenn er sie zur Vorbereitung von Personalratssitzungen oder im Rahmen des Wächter- und Hinwirkungsauftrags des Personalrats im Zusammenhang mit der Beurteilung arbeitsrechtlicher Anliegen benötige.
Hiergegen hat der Beteiligte die vom Verwaltungsgerichtshof zugelassene Rechtsbeschwerde eingelegt, mit der er beantragt,
unter Änderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 20. Juni 1989 den Antrag zurückzuweisen.
Zur Begründung macht er im wesentlichen geltend: Kommentare zum BAT und MTB II gehörten nicht zum erforderlichen Geschäftsbedarf des Antragstellers. Sie würden nicht einmal von der Dienststelle selbst benötigt und seien bei dieser auch nicht vorhanden. Der Personalrat habe grundsätzlich auch deshalb keinen Anspruch auf Kommentare zu anderen Rechtsgebieten als dem des Personalvertretungsrechts, weil ihm keine allgemeine Rechtsberatung der Beschäftigten obliege. Für die personalrechtliche Mitbestimmung genüge der reine Text der genannten Regelungen. Aus dem Überwachungsrecht nach § 68 Abs. 1 Nr. 2 BPersVG ergebe sich kein Anspruch des Personalrats auf Bereithaltung von Erläuterungswerken etwa zum Arbeitsrecht, Betriebsschutzrecht, Beamtenrecht, Tarifrecht usw. Die rechtliche Beratung der Beschäftigten gehöre nicht zu den Aufgaben des Personalrats, so daß er auch hierfür keine Kommentare benötige. Angesichts der geringen Zahl von ca. zwanzig Mitbestimmungsfällen, mit denen der Antragsteller jährlich befaßt sei und die ausschließlich Routinefälle beträfen, benötige weder die Dienststelle noch die Personalvertretung die entsprechenden Erläuterungswerke. Ihre Beschaffung würde dem Gebot der sparsamen und wirtschaftlichen Haushaltsführung zuwiderlaufen.
Der Antragsteller beantragt,
die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.
Er verteidigt den angefochtenen Beschluß und tritt den Ausführungen des Rechtsbeschwerdeführers entgegen.
Der Oberbundesanwalt beim Bundesverwaltungsgericht beteiligt sich an dem Verfahren.
Entscheidungsgründe
II.
Die zulässige Rechtsbeschwerde ist nicht begründet. Das Rechtsbeschwerdegericht hat ohne Rechtsfehler die Verpflichtung des Beteiligten festgestellt, dem Vorsitzenden des Antragstellers ein anerkanntes Erläuterungswerk zum BAT und zum MTB II jeweils bei erklärtem Bedarf möglichst kurzfristig zur Ausleihe zur Verfügung zu stellen. Es hat sich dabei aufgrund der von ihm festgestellten Umstände des Einzelfalles an den Grundsätzen orientiert, die der beschließende Senat zum Begriff des Geschäftsbedarfs aufgestellt hat, der nach § 44 Abs. 2 BPersVG von der Dienststelle „in erforderlichem Umfang” dem Personalrat zur Verfügung zu stellen ist (vgl. insbesondere Beschlüsse vom 25. Juli 1979 – BVerwG 6 P 29.78 – ≪Buchholz 238.3 A § 44 BPersVG Nr. 4 = PersV 1980, 57≫ hinsichtlich eines Kommentars zum BPersVG sowie vom 29. Juni 1988 – BVerwG 6 P 18.86 – ≪BVerwGE 79, 361 = Buchholz 250 § 44 BPersVG Nr. 13≫ und vom 5. Oktober 1989 – BVerwG 6 P 10.88 – ≪Buchholz 250 § 44 BPersVG Nr. 16≫ zu einer Fachzeitschrift für das Personalvertretungsrecht).
Der Senat schließt sich der Auffassung des Oberbundesanwalts beim Bundesverwaltungsgericht an, der in seiner Stellungnahme vom 22. Oktober 1990 zu dieser und zu einer ähnlich liegenden Sache u.a. ausgeführt hat:
„Wie sich aus dem Zweck der Regelung des § 44 Abs. 2 BPersVG ergibt, kann der Personalrat ‚all das beanspruchen, was er … zur Erledigung seiner Aufgaben benötigt. Ein Kommentar, der neben dem Gesetzestext durch seine Erläuterungen Aufschluß darüber gibt, welchen Inhalt und welche Bedeutung die einzelne Vorschrift hat, vor deren Anwendung der Personalrat gestellt ist, gehört zum unentbehrlichen Rüstzeug, über das der Personalrat jederzeit verfügen muß, wenn er seine Aufgaben ordnungs- und sachgemäß erfüllen will’ (BVerwG 7 P 12.77, Beschluß vom 25. Juli 1979). Diese grundsätzliche Rechtsauslegung betrifft – wie im genannten Beschluß entschieden – nicht nur den Anspruch auf Zurverfügungstellen eines Kommentars zum Personalvertretungsrecht, sondern auch – im Anschluß an die bezeichnete Rechtsprechung – eines solchen zum BAT/MTB, sofern der Personalrat mit Fragen zum Tarifrecht der Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes befaßt ist. Das ist hier der Fall, weil die Antragsteller auch Angestellte und Arbeiter vertreten. Dabei ist unerheblich, wieviele Arbeitnehmer vom Personalrat repräsentiert werden. Auch bei nur wenigen zu betreuenden Arbeitnehmern können sich Rechtsfragen ergeben, die allein mit dem Wortlaut des BAT/MTB nicht ausreichend klärbar sind. Ob der Verhältnismäßigkeits- und Sparsamkeitsgrundsatz gebieten, einen solchen Anspruch auf Zurverfügungstellen der genannten Kommentare zu verneinen, wenn eine nur ganz geringe Zahl von Arbeitnehmern zu betreuen ist, kann hier dahinstehen; jedenfalls handelt es sich nicht nur um eine geringe Zahl, wenn die Antragsteller 28 bzw. 13 Angestellte und 125 bzw. 64 Arbeiter zu betreuen haben.
Gehört damit ein Kommentar zum BAT/MTB zum Geschäftsbedarf der Antragsteller, ist allenfalls noch klärungsbedürftig, wie dieser ‚dem Grunde nach’ bestehende Anspruch seitens der Dienststellen zu erfüllen ist. Bezüglich dieser Frage ist beachtlich, daß (hier) lediglich beantragt wird, – dem Sinne nach – festzustellen, daß dem Antragsteller der rasche Zugriff auf einen solchen Kommentar ermöglicht wird; weder wird beansprucht, daß ein solcher Kommentar für den Antragsteller angeschafft werden soll, um ihm den alleinigen Besitz daran zu verschaffen (ausschließliche Benutzungsmöglichkeit), oder er selbst auf Kosten der Dienststelle einen solchen Kommentar beschaffen kann, insbesondere wird nicht beansprucht, einen bestimmten Kommentar zu diesen tariflichen Regelungswerken benutzen zu können (so daß sich – wie bezüglich von Fachzeitschriften vom erkennenden Senat im Fall 6 P 10.88, Beschluß vom 5. Oktober 1989, entschieden – nicht die Frage des ‚Auswahlrechts’ stellt). Darum bin ich mit dem angefochtenen Beschluß des VGH Baden-Württemberg der Auffassung, daß hier vom Personalrat das Mindeste der Art und Weise nach vom beteiligten Dienststellenleiter verlangt wird, den Anspruch auf Zurverfügungstellen solcher Kommentare erfüllt zu sehen. Der Anspruch, ‚bei erklärtem Bedarf’ und ‚möglichst auch kurzfristig’ solche Kommentare von der Dienststelle im Ausleihwege zur Verfügung gestellt zu bekommen, ist das Maßvollste dessen, was ein Antragsteller, zu dessen Geschäftsbedarf solche Bücher gehören, beanspruchen kann.”
Die Feststellung, daß dem Antragsteller ein Kommentar zum BAT und MTB II zur Verfügung zu stellen ist, bedeutet nicht, daß – wie der Beteiligte befürchtet – die Dienststellen eine Vielzahl von Erläuterungswerken zu den verschiedensten Rechtsgebieten für die Personalvertretungen bereithalten müßten. Zu dem allgemeinen Geschäftsbedarf können nur solche Erläuterungswerke gehören, die die Personalvertretung aufgrund der Zusammensetzung der Beschäftigten der Dienststelle zur Erfüllung seiner Aufgaben regelmäßig benötigt. Da zu der Dienststelle des Antragstellers 13 Angestellte und 64 Arbeiter gehören, ist davon auszugehen, daß er neben dem Kommentar zum Bundespersonalvertretungsgesetz die Erläuterungswerke zum BAT und MTB II regelmäßig benötigt. Die Bereithaltung von Erläuterungswerken zu anderen Rechtsgebieten wäre, wenn und soweit für sie erfahrungsgemäß kein regelmäßiger Bedarf besteht, mit dem Grundsatz der sparsamen Verwendung der Haushaltsmittel und mit dem Verhältnismäßigkeitsprinzip nicht zu vereinbaren.
Soweit in den in der Rechtsbeschwerdebegründung erwähnten Entscheidungen der Oberverwaltungsgerichte Münster und Lüneburg eine andere Auffassung vertreten wird, vermag ihr der Senat, zumal unter den besonderen Umständen des vorliegenden Falles, nicht zu folgen. Darauf, ob jede einzelne vom Vorsitzenden des Antragstellers erbetene Ausleihe der erwähnten Kommentare zur Wahrnehmung der Aufgaben des Antragstellers erforderlich ist, kommt es aus den vom Beschwerdegericht genannten Gründen nicht an.
Die Festsetzung des Gegenstandswerts beruht auf § 10 Abs. 1 BRAGO in Verbindung mit § 8 Abs. 2 BRAGO.
Unterschriften
Dr. Eckstein, Ernst, Dr. Seibert, Albers, Dr. Vogelgesang
Fundstellen