Verfahrensgang
OVG Rheinland-Pfalz (Urteil vom 13.04.2011; Aktenzeichen 2 A 10059/11) |
Tenor
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom 13. April 2011 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 25 379,84 € festgesetzt.
Gründe
Rz. 1
Die auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache sowie auf Divergenz (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 und 2 VwGO) gestützte Beschwerde hat keinen Erfolg.
Rz. 2
1. Die 1964 geborene Klägerin absolvierte zunächst die Ausbildungen zur Versicherungskauffrau sowie zur Versicherungsfachwirtin. Nach der Geburt ihrer drei Kinder nahm sie das Lehramtsstudium auf und legte 2002 und 2004 die Erste und Zweite Staatsprüfung ab. Anschließend arbeitete sie aufgrund von befristeten Arbeitsverträgen als Vertretung an verschiedenen Grundschulen des Beklagten. Zum 1. Februar 2008 stellte der Beklagte die Klägerin als Lehrkraft im Beschäftigungsverhältnis – zunächst als Vertretungsreserve und ab dem 1. Februar 2009 unbefristet – in den Schuldienst ein. Ihren Antrag auf Übernahme in das Beamtenverhältnis vom 28. Mai 2009 lehnte der Beklagte ab. Das Verwaltungsgericht hat den Beklagten verpflichtet, über den Antrag der Klägerin unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden. Das Oberverwaltungsgericht hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Maßgeblich sei die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Berufungsverhandlung. Nach den zu diesem Zeitpunkt geltenden Bestimmungen habe die Klägerin keinen Anspruch auf Neubescheidung ihres Antrags auf Übernahme in das Beamtenverhältnis. Die seit dem November 2010 geltende Altersgrenze von 45 Jahren stehe der Verbeamtung der Klägerin entgegen. Auf einen der in § 2a SchulbVO normierten Ausnahmetatbestände könne sich die Klägerin nicht berufen. Das Oberverwaltungsgericht hat die Revision gegen sein Urteil nicht zugelassen. Hiergegen wendet sich die Beschwerde der Klägerin.
Rz. 3
2. Grundsätzliche Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine – vom Beschwerdeführer zu bezeichnende – grundsätzliche, bisher höchstrichterlich nicht beantwortete Rechtsfrage aufwirft, die im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder einer Weiterentwicklung des Rechts revisionsgerichtlicher Klärung bedarf und die für die Entscheidung des Revisionsgerichts erheblich sein wird (stRspr, u.a. Beschluss vom 2. Oktober 1961 – BVerwG 8 B 78.61 – BVerwGE 13, 90 ≪91 f.≫). Das ist hier nicht der Fall.
Rz. 4
Die Beschwerde sieht die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache – sinngemäß – in der Frage, ob für das Begehren auf Neubescheidung eines Antrags auf Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Probe unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts auf die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung maßgeblich oder ob insoweit auf den Zeitpunkt der Berufungsverhandlung abzustellen ist.
Rz. 5
Diese Frage vermag die Zulassung der Revision nicht zu rechtfertigen, weil sie in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bereits geklärt ist.
Rz. 6
Das materielle Recht bestimmt, ob ein Klagebegehren Erfolg hat, das darauf gerichtet ist, die Verwaltung zum Erlass eines bestimmten Verwaltungsakts oder einer sonstigen Amtshandlung zu verurteilen oder unter Beachtung der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts erneut über die Vornahme zu entscheiden. Aufgrund der Bindung an Gesetz und Recht nach Art. 20 Abs. 3 GG sind Rechtsänderungen, die vor der behördlichen oder gerichtlichen Entscheidung über einen Antrag auf Vornahme einer Amtshandlung in Kraft treten, bei der Entscheidung zu beachten, sofern das neu in Kraft gesetzte Recht nichts anderes bestimmt. Durch seine Auslegung ist zu ermitteln, ob Verpflichtungs- und Neubescheidungsbegehren für bestimmte Fallkonstellationen noch nach dem alten, d.h. aufgehobenen oder inhaltlich geänderten Recht zu beurteilen sind (stRspr; vgl. Urteile vom 31. März 2004 – BVerwG 8 C 5.03 – BVerwGE 120, 246 ≪250≫ = Buchholz 428 § 4 Abs. 3 VermG Nr. 20 S. 74 f.; vom 24. Juni 2004 – BVerwG 2 C 45.03 – BVerwGE 121, 140 ≪143 f.≫ = Buchholz 237.0 § 9 BaWüLBG Nr. 1 S. 4 und vom 23. Februar 2012 – BVerwG 2 C 76.10 – zur Veröffentlichung in den Entscheidungssammlungen BVerwGE und Buchholz vorgesehen).
Rz. 7
Die Verwaltungsgerichte dürfen die Verwaltung zur Vornahme eines Verwaltungsakts oder einer sonstigen Amtshandlung oder zur erneuten Entscheidung über die Vornahme nur verurteilen, wenn sich dem zur Zeit der Verurteilung geltenden Recht ein Anspruch entnehmen lässt. Dies gilt auch, wenn die Verwaltung die Vornahme rechtswidrig abgelehnt hat, diese Entscheidung aber von einer danach in Kraft getretenen Rechtsänderung gedeckt wird. Die Verurteilung zur Vornahme der rechtswidrig abgelehnten Amtshandlung setzt voraus, dass das neue Recht für diese Fälle die Anwendung des alten Rechts ausdrücklich anordnet oder in diesem Sinne ausgelegt werden kann (stRspr; vgl. Urteile vom 17. Dezember 1954 – BVerwG 5 C 97.54 – BVerwGE 1, 291 ≪295 f.≫ = Buchholz 332 § 72 MRVO Nr. 2 S. 3 f.; vom 6. März 1987 – BVerwG 8 C 65.84 – Buchholz 11 Art. 20 GG Nr. 99 S. 2; vom 18. Juni 1998 – BVerwG 2 C 20.97 – Buchholz 237.7 § 15 NWLBG Nr. 2 S. 2; vom 24. Juni 2004 a.a.O. S. 143 f. bzw. S. 4 und vom 23. Februar 2012 a.a.O.).
Rz. 8
3. Die Revision ist auch nicht wegen Divergenz (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) zuzulassen. Eine die Revision eröffnende Divergenz ist nur dann im Sinne des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO hinreichend bezeichnet, wenn die Beschwerde einen inhaltlich bestimmten, die angefochtene Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz benennt, mit dem die Vorinstanz einem in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts aufgestellten ebensolchen, die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts tragenden Rechtssatz in Anwendung derselben Rechtsvorschrift widersprochen hat (vgl. Beschluss vom 21. Juni 1995 – BVerwG 8 B 61.95 – Buchholz 310 § 133 ≪n.F.≫ VwGO Nr. 18). Das Aufzeigen einer fehlerhaften oder unterbliebenen Anwendung von Rechtssätzen, die das Bundesverwaltungsgericht in seiner Rechtsprechung aufgestellt hat, genügt den Zulässigkeitsanforderungen einer Divergenzrüge nicht (vgl. Beschluss vom 17. Januar 1995 – BVerwG 6 B 39.94 – Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 342 S. 55).
Rz. 9
Die Beschwerde genügt den Darlegungsanforderungen bereits deshalb nicht, weil sie die Abweichung im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO nicht konkret feststellt, sondern diese lediglich als möglich bezeichnet. Zudem hält sie dem Oberverwaltungsgericht keine rechtssatzmäßige Abweichung vom Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 19. Februar 2009 (– BVerwG 2 C 18.07 – BVerwGE 133, 143) vor, sondern macht lediglich geltend, das Oberverwaltungsgericht habe die dort entwickelten Grundsätze unrichtig angewendet.
Rz. 10
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 47 Abs. 1 und 3 sowie § 52 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 GKG.
Unterschriften
Herbert, Thomsen, Dr. Hartung
Fundstellen