Verfahrensgang
VGH Baden-Württemberg (Urteil vom 19.09.2005; Aktenzeichen 7 S 2970/04) |
Tenor
Die Beschwerde des Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 19. September 2005 wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Beklagte. Gerichtskosten werden nicht erhoben.
Gründe
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichtshofs hat keinen Erfolg. Die Revision ist nicht wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (1.) oder einer Divergenz (2.) zuzulassen.
1. Die Revision ist nicht wegen der geltend gemachten grundsätzlichen Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) der Fragen zuzulassen,
“wie der Miteigentumsanteil von einem nicht mehr angemessenen Hausgrundstück zu bewerten ist,”
“ob die von der Beklagten durchgeführte Typisierung nach den einschlägigen Sozialhilferichtlinien vorgenommen werden kann,”
“ob bei einem Hausgrundstück, das im Gesamten gesehen als nicht mehr angemessen angesehen werden kann, und an dem Miteigentum besteht, keine Anrechenbarkeit des Miteigentumsanteils erfolgen kann, weil ggf. eine Verwertung unerfreulich bzw. unzumutbare Konsequenzen für die Miteigentümergemeinschaft, die dann zur Auflösung gebracht wird, haben wird,” oder
“wie in einem mitbewohnten Haus, das die Grenze der Angemessenheit überschreitet, der Miteigentumsanteil vermögensmäßig zu bewerten und zu beziffern ist.”
Es bedarf keiner Entscheidung, ob das Beschwerdevorbringen, das im Kern geltend macht, die Entscheidung des Berufungsgerichts sei falsch und verkenne die Grundsystematik der Anrechnungsvorschriften, insoweit schon nicht den nach § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO zu stellenden Mindestanforderungen an die Darlegung genügt (vgl. BVerwG, Beschluss vom 19. August 1997 – BVerwG 7 B 261.97 – Buchholz 310 § 133 n.F. VwGO Nr. 26). Denn die aufgeworfenen Fragen sind, soweit sie sich auf der Grundlage der tatsächlichen Feststellungen und Bewertungen des Berufungsgerichts überhaupt stellten, in der vom Berufungsgericht auch herangezogenen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 12. Juni 1986 – BVerwG 5 C 65.84 – BVerwGE 74, 267; Urteil vom 13. Juni 1991 – BVerwG 5 C 33.87 – BVerwGE 88, 303) dahin geklärt, dass auch nach der Herauslösung rechtlicher Verwertungshindernisse aus dem Anwendungsbereich der Härtevorschrift des § 29 Abs. 3 BAföG und ihrer ausdrücklichen Regelung im Rahmen des förderungsrechtlichen Vermögensbegriffs (§ 27 Abs. 1 Satz 2 BAföG) durch das 4. BAföG-Änderungsgesetz daran festzuhalten ist, dass wirtschaftliche Verwertungshindernisse die Annahme einer unbilligen Härte im Sinne des § 29 Abs. 3 BAföG rechtfertigen können und die Gefahr eines Verwertungszugriffs auf ein selbstbewohntes kleines Hausgrundstück nur dann den Tatbestand der unbilligen Härte im Sinne des § 29 Abs. 3 BAföG erfüllt, wenn entweder die Veräußerung oder aber zumindest eine wesentliche Belastung des Hausgrundstücks und damit sein tatsächlicher oder doch zumindest wirtschaftlicher Verlust als Wohnstatt zu besorgen sind; auch dem Urteil vom 13. Juni 1991 – BVerwG 5 C 33.87 – (BVerwGE 88, 303) ergibt sich weiterhin, dass der Härtegrund der wirtschaftlichen Unverwertbarkeit bzw. eines wirtschaftlichen Verwertungshindernisses selbständig von der Frage zu beantworten ist, ob sich die Verwertung selbstbewohnten Grundvermögens, zu der auch ein Miteigentumsanteil an einem Mehrfamilienhaus rechnen kann (BVerwG, Urteil vom 12. Juni 1986 – BVerwG 5 C 65.84 – BVerwGE 74, 267), als unbillige Härte erweist. Im Abschluss an diese Rechtsprechung hat das Berufungsgericht auf der Grundlage das Bundesverwaltungsgericht bindender tatsächlicher Feststellungen (§ 137 Abs. 2 VwGO) den Sachverhalt dahin bewertet, dass zwar kein rechtliches Verwertungshindernis (§ 27 Abs. 1 Satz 2 BAföG) bestehe, nach der allgemeinen Lebenserfahrung und den eingeholten Bankauskünften die Klägerin aber keine realistische Chance der Vermögensverwertung habe, weil sie ihren 1/12-Miteigentumsanteil faktisch nicht, jedenfalls aber nicht zu zumutbaren Bedingungen verwerten könne und auch eine Beleihung faktisch ausscheide. Das Berufungsgericht hat damit ein wirtschaftliches Verwertungshindernis und nicht ein – für sich nicht ausreichendes (BVerwG, Beschluss vom 29. Dezember 2003 – BVerwG 5 B 99.03 – juris) – “moralisches Verwertungshindernis” angenommen und auch nicht nur darauf abgestellt, es sei für die Klägerin – so die Bewertung des Beklagten – eine Verwertung unerfreulich bzw. mit unzumutbaren Konsequenzen für die Miteigentümergemeinschaft verbunden. Soweit das Berufungsgericht bei seiner Bewertung, es läge ein wirtschaftliches Verwertungshindernis vor, der Möglichkeit einer Aufhebung der Gemeinschaft durch Verkauf nicht die von der Beklagten im Beschwerdeverfahren angemahnte Bedeutung beigemessen haben sollte, wiese dies ohne Aufweis rechtsgrundsätzlich weiter klärungsbedürftiger oder -fähiger Fragen allenfalls auf eine einzelfallbezogen fehlerhafte Rechtsanwendung.
2. Die Rüge, dass das Urteil des Berufungsgerichts “vom oben erwähnten Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 05.12.1991 – 5 C 20/88 – abweicht, zumindest in dem Sinne, dass es diese Entscheidung gar nicht zur Kenntnis nimmt”, genügt nicht den an die Darlegung (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO) einer Abweichung (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) zu stellenden Anforderungen. Eine Abweichung im Sinne dieser Vorschrift liegt nur vor, wenn das Berufungsgericht in Anwendung derselben Rechtsvorschrift mit einem seine Entscheidung tragenden (abstrakten) Rechtssatz von einem in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts aufgestellten ebensolchen Rechtssatz abweicht (vgl. Beschluss des Senats vom 12. Dezember 1991 – BVerwG 5 B 68.91 – Buchholz 310 § 132 VwGO Nr. 302; stRspr); für die Darlegung (§ 133 Abs. 3 VwGO) ist die Gegenüberstellung der voneinander abweichenden Rechtssätze unverzichtbar (BVerwG, Beschluss vom 20. Dezember 1995 – BVerwG 6 B 35.95 – NVwZ-RR 1996, 712). Das bloße “Übergehen” einer Entscheidung, deren Entscheidungserheblichkeit sich hier zumindest nicht aufdrängt, oder eine fehlerhafte Anwendung eines nicht bestrittenen Rechtssatzes im Einzelfall rechtfertigten eine Divergenzzulassung nicht (stRspr des BVerwG, vgl. Beschluss vom 5. Januar 2001 – BVerwG 4 B 57.00 – NVwZ-RR 2001, 422).
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO; Gerichtskosten werden nach § 188 Satz 2 VwGO nicht erhoben.
Unterschriften
Dr. Säcker, Dr. Brunn, Prof. Dr. Berlit
Fundstellen