Verfahrensgang
Schleswig-Holsteinisches OVG (Urteil vom 09.07.2003; Aktenzeichen 2 LB 175/02) |
Tenor
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts vom 9. Juli 2003 wird zurückgewiesen.
Der Antrag der Klägerin, ihr für das Beschwerdeverfahren Prozesskostenhilfe und Beiordnung ihres Prozessbevollmächtigten zu bewilligen, wird abgelehnt.
Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Gerichtskosten werden nicht erhoben.
Gründe
Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Die für die Zulassung der Revision allein geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) kommt der Rechtssache nicht zu.
Die Klägerin, welche als Miterbin zu einem Sechstel in ungeteilter Erbengemeinschaft Eigentümerin an einem Hausgrundstück ist, das von ihrer Mutter und ihrem jüngeren Bruder bewohnt wird, wirft mit ihrer Beschwerde als rechtsgrundsätzlich bedeutsam die Frage auf, “ob neben den wirtschaftlichen und rechtlichen Verwertungshindernissen im Sinne der §§ 27 und 29 BAföG auch ein ‘moralisches Verwertungshindernis’ eine besondere Härte im Sinne des § 29 Abs. 3 BAföG (begründen) kann”, und macht hierzu geltend, ihr werde “im Rahmen des rechtlich und möglicherweise auch wirtschaftlich Zumutbaren aufgegeben, die Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft zu betreiben und damit die Zwangsversteigerung des von der Mutter und dem Bruder bewohnten Einfamilienhaus(es)”, denn eine andere rechtliche Möglichkeit sei ihr ohne das freiwillige Entgegenkommen der übrigen Mitglieder der Erbengemeinschaft nicht gegeben. Sie müsse somit, um ihre Ausbildung zu finanzieren, das Risiko eingehen, dass das Familienheim versteigert werde, die übrige Familie die Wohnstatt verliere und sie selbst keine Möglichkeit mehr habe, ggf. nach Studienabschluss wieder zurück nach Hause zu gelangen. Dies könne sich als unzumutbar und somit als “moralisches Verwertungshindernis” darstellen. Diese Fragen habe das Bundesverwaltungsgericht bislang nicht entschieden.
Dieses Vorbringen rechtfertigt nicht die Zulassung der Revision, weil die von der Beschwerde aufgeworfene Frage, ob neben wirtschaftlichen und rechtlichen Verwertungshindernissen auch ein “moralisches Hindernis” eine besondere Härte im Sinne des § 29 Abs. 3 BAföG begründen kann, sich auf der Grundlage der Feststellungen in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils nicht stellt. Dort ist nach dem zutreffenden Hinweis, dass die Klägerin gemäß § 2042 BGB die Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft verlangen und ihren Anteil am Nachlass gemäß § 2033 Abs. 1 Satz 1 BGB gegen Vergütung übertragen könne, festgestellt, dass “Im Übrigen … nicht ersichtlich (sei), dass der der Klägerin zustehende Anteil nicht durch eine Belastung des Hausgrundstücks (durch die Erbengemeinschaft insgesamt) aufgebracht werden könnte”. Auf der Grundlage dieser von der Beschwerde nicht mit revisionsrechtlichen Rügen angegriffenen Feststellung würde sich die als rechtsgrundsätzlich bedeutsam aufgeworfene Frage nach einem “moralischen Verwertungshindernis” als besondere Härte in einem möglichen Revisionsverfahren nicht in entscheidungserheblicher Weise stellen.
Davon abgesehen rechtfertigt das Beschwerdevorbringen auch deshalb nicht die Zulassung der Revision, weil die Frage nach der Zumutbarkeit einer Verwertung des Erbanteils an einem Hausgrundstück unter dem Aspekt zugriffsgeschonten Vermögens sich bereits auf der Grundlage der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, namentlich des von der Vorinstanz angeführten Urteils vom 13. Juni 1991 – BVerwG 5 C 33.87 – (BVerwGE 88, 303) und des Urteils vom 12. Juni 1986 – BVerwG 5 C 65.84 – (BVerwGE 74, 267) beantworten lässt. Das Oberverwaltungsgericht hat unter Bezugnahme auf die erstgenannte Entscheidung das Vorliegen einer unbilligen Härte im Sinne von § 29 Abs. 3 BAföG im Wesentlichen mit der Begründung verneint, da die Klägerin nicht selbst in dem Hause wohne, komme es nicht auf die Frage an, ob sonst die Voraussetzungen für ein selbst bewohntes kleines Hausgrundstück, dessen Verwertung unzumutbar sein könnte, vorlägen, denn auf ein von Eltern und/oder Geschwistern bewohntes Hausgrundstück seien die hierzu angestellten Überlegungen nicht übertragbar. Eine andere Auslegung würde über den Schutzbereich der Norm, nämlich die Gefährdung der Ausbildung zu vermeiden, hinaus, bei Hausgrundeigentum zu einem besonderen Freibetrag für Familienangehörige führen, was dem Normzweck widerspräche. Die Klägerin könne daher auf die ihr zur Verfügung stehenden Möglichkeiten der Verwertung verwiesen werden.
Gegenüber diesen auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts gestützten Erwägungen begründet der von der Beschwerde angeführte Umstand, dass infolge der zeitlich nach dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 13. Juni 1991 – BVerwG 5 C 33.87 – (a.a.O.) ergangenen Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 2. Februar 1999 – 1 BvL 8/97 – (BVerfGE 100, 195) zur Verfassungswidrigkeit der Berücksichtigung von Grundstücken lediglich mit dem Einheitswert Hausgrundstücke seit dem 1. Januar 2001 gemäß § 28 Abs. 1 Nr. 2 BAföG mit der Höhe des Zeitwertes angerechnet werden, was verstärkt dazu führen werde, dass bei ererbten Hausgrundstücken nicht mehr von Schonvermögen im Sinne des § 88 Abs. 2 Nr. 7 BSHG ausgegangen werden könne, mit Blick auf die Auslegung des förderungsrechtlichen Begriffs der “unbilligen Härte” im Sinne des § 29 Abs. 3 BAföG keinen rechtsgrundsätzlichen Klärungsbedarf. Der Senat hat bereits in seinem Urteil vom 12. Juni 1986 – BVerwG 5 C 65.84 – (BVerwGE 74, 267) dargelegt, dass dem Härtetatbestand insoweit die sozialpolitische Erwägung zugrunde liegt, “den Auszubildenden davor zu schützen, durch die Verwertung eines selbst bewohnten kleinen Hausgrundstücks eine wesentliche Beeinträchtigung seiner Lebensgrundlage hinnehmen zu müssen”, und dabei die Erhaltung der Wohnstattfunktion in den Vordergrund gestellt. Es bedarf nicht der Durchführung eines Revisionsverfahrens um zu klären, dass der Härtetatbestand des § 29 Abs. 3 BAföG durch die mit Wirkung zum 1. Januar 2001 geltende Bewertung von Grundstücken nach dem Zeitwert statt nach dem Einheitswert keine Erweiterung in dem Sinne erfahren hat, dass nunmehr auch Miterbenanteile an Wohngrundstücken unter die Härteklausel fielen, welche die rechtlichen Kriterien eines “selbst bewohnten kleinen Hausgrundstücks” im Sinne der Rechtsprechung nicht erfüllen.
Aus den angeführten Gründen ergibt sich zugleich, dass die beantragte Prozesskostenhilfe mangels Erfolgsaussicht der Beschwerde zu versagen ist (§ 166 VwGO, §§ 114, 121 Abs. 1 ZPO).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Gerichtskostenfreiheit auf § 188 Satz 2 VwGO.
Unterschriften
Dr. Säcker, Schmidt, Dr. Franke
Fundstellen