Verfahrensgang
VG Magdeburg (Aktenzeichen 5 A 29/01) |
Tenor
Die Beschwerde der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichts Magdeburg vom 13. März 2001 wird zurückgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 1 Million DM festgesetzt.
Gründe
Die Beschwerde der Kläger ist unbegründet. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, vgl. 1.). Das verwaltungsgerichtliche Urteil weicht insoweit auch nicht von einer in der Beschwerde bezeichneten Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts ab (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO, vgl. 2.). Ein geltend gemachter Verfahrensmangel, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann, liegt im Übrigen ebenfalls nicht vor (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO, vgl. 3.).
1. Grundsätzlich bedeutsam im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO ist eine Rechtssache nur dann, wenn in dem angestrebten Revisionsverfahren die Klärung einer bisher höchstrichterlich ungeklärten, in ihrer Bedeutung über den der Beschwerde zugrunde liegenden Einzelfall hinausgehenden klärungsbedürftigen Rechtsfrage des revisiblen Rechts (§ 137 Abs. 1 VwGO) zu erwarten ist. Daran fehlt es hier.
Die Beschwerde hält zunächst folgende Fragen für klärungsbedürftig:
Ist die mit Urteil des BVerwG vom 17. Mai 2000 – BVerwG 8 C 16.99 – aufgestellte Tatbestandsvoraussetzung der Wirksamkeit russischer Rehabilitierungsbescheinigungen zur Begründung von Ansprüchen nach § 1 Abs. 7 VermG schon dann automatisch zu verneinen, wenn die russische Rehabilitierungsbescheinigung vom Oberst der Justiz Volin seit dem August 1995 unterzeichnet wurde oder ist von einer Unwirksamkeit dieser Rehabilitierungsbescheinigung nur dann auszugehen, wenn die russische Militärhauptstaatsanwaltschaft diese Bescheinigung ausdrücklich aufgehoben hat?
Ist einer solchen oben näher beschriebenen Rehabilitierungsbescheinigung von Herrn Volin wegen des einer Bescheinigungserstellung regelmäßig vorangehenden Archivrechercheverfahrens der Militärhauptstaatsanwaltschaft zumindest bezüglich der dort getroffenen Sachverhaltsfeststellungen, wenn schon nicht bezüglich der Rechtsfolge der Rehabilitierung, eine Indizwirkung für Tatsachenfeststellungen (hier: Feststellungen zum Vorliegen eines verfolgungsbedingten Vermögensverlustes) zuzusprechen?
Diese Fragen wären in dem angestrebten Revisionsverfahren nicht entscheidungserheblich:
Die Rückübertragung von Vermögenswerten aufgrund einer russischen Rehabilitierungsenscheidung setzt voraus, dass diese wirksam ist (vgl. Urteil vom 17. Mai 2000 – BVerwG 8 C 16.99 – BVerwGE 111, 182 ≪186≫ = Buchholz 428 § 1 Abs. 7 VermG Nr. 4 S. 12 ≪15 f.≫). Davon gehen auch das angefochtene Urteil und die Beschwerde aus. Im anhängigen Fall liegt jedenfalls keine wirksame Rehabilitierung vor. Die Wirksamkeit der russischen Rehabilitierung setzt u.a. voraus, dass das Gesetz der Russischen Föderation über die Rehabilitierung von Opfern politischer Repressionen (russisches Rehabilitierungsgesetz) auch auf deutsche Staatsangehörige anwendbar ist (vgl. Urteil vom 17. Mai 2000 – BVerwG 8 C 16.99 – a.a.O.).
Das russische Rehabilitierungsgesetz sieht – vergleichbar dem deutschen verwaltungsrechtlichen und strafrechtlichen Rehabilitierungsgesetz – zwei Rehabilitierungsverfahren vor, ein von den Behörden für Innerere Angelegenheiten durchzuführendes Verfahren zur Rehabilitierung von Verwaltungsunrecht (vgl. Art. 7 des Gesetzes) und ein von der Staatsanwaltschaft durchzuführendes strafrechtliches Rehabilitierungsverfahren (vgl. Art. 8 des Gesetzes). Für Deutsche, die in der sowjetischen Besatzungszone verfolgt wurden, können jedoch nur strafrechtliche Rehabilitierungsverfahren durchgeführt werden (Art. 2 3. Absatz des Gesetzes). Nach dieser Bestimmung gilt das Gesetz auch „für ausländische Staatsangehörige, die aufgrund eines Urteils bzw. einer Entscheidung von Gerichten der UdSSR bzw. außergerichtlicher Organe außerhalb der UdSSR aufgrund einer Anklage … repressiert wurden”. Das heißt, für Repressionen außergerichtlicher Organe gilt das Gesetz nur, wenn diese aufgrund einer Anklage entschieden haben, also eine an sich strafrichterliche Aufgabe wahrgenommen haben (sog. „Administrativ-Verurteilungen”, insbesondere solche die aufgrund des Strafgesetzbuchs der ehemaligen Sowjetunion durch Organe des Ministeriums für Staatssicherheit und des Innenministeriums ausgesprochen wurden).
Dies ist hier nicht der Fall. Nach den – insoweit nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen und von den Klägern nicht bestrittenen und daher das Revisionsgericht bindenden – tatsächlichen Feststellungen des Verwaltungsgerichts wurde der Rechtsvorgänger der Kläger weder durch ein sowjetisches Gericht verurteilt noch ist es zu einer „Administrativ-Verurteilung” durch ein außergerichtliches Organ der ehemaligen UdSSR gekommen, in der die Vermögenseinziehung ausgesprochen wurde. Vielmehr wurde eine strafrechtliche Entscheidung erst durch deutsche Stellen im „Waldheim-Prozess” getroffen. Auch wenn vor dem Urteil im „Waldheim-Prozess” das Vermögen des Rechtsvorgängers der Kläger nicht im Zuge der Bodenreform, sondern durch (deutsche oder sowjetische) Stellen infolge seiner Verhaftung – insbesondere in Ausführung des SMAD-Befehls 124 – eingezogen worden sein sollte, wäre der Anwendungsbereich des russischen Rehabilitierungsgesetzes also nicht eröffnet.
Die Beschwerde hält außerdem folgende Frage für klärungsbedürftig:
Ist im Rahmen der 2-stufigen Prüfung der Anspruchsvoraussetzungen von Rückgabeansprüchen nach deutscher Rehabilitierung i.V.m. § 1 Abs. 7 VermG beim Prüfen der Voraussetzung, ob ein von deutschen Stellen verfügter rechtsstaatswidriger Vermögensentzug überhaupt vorgelegen hat, ein Prüfungsrecht der vermögensrechtlichen Prüfungsinstanz gegeben, ob die im Rehabilitierungsbescheid festgestellte Vermögensentziehung tatsächlich vorgelegen hat oder ist nicht vielmehr die vermögensrechtliche Überprüfungsinstanz zumindest an den insoweit festgestellten Entziehungssachverhalt in der Rehabilitierungsentscheidung gebunden und vermag nur zu prüfen, ob dieser festgestellte Entziehungssachverhalt auch tatsächlich verfügt wurde?
Diese Frage lässt sich, soweit sie im vorliegenden Verfahren entscheidungserheblich ist, beantworten, ohne dass es hierzu der Durchführung eines Revisionsverfahrens bedarf. Ist von einem Gericht der Bundesrepublik Deutschland festgestellt worden, dass ein Urteil eines Gerichts der DDR nichtig ist, ist diese Feststellung für Verwaltungsbehörden und Verwaltungsgerichte bindend. Dennoch müssen sie selbstverständlich prüfen, was überhaupt Gegenstand der Entscheidung des bundesdeutschen Gerichts ist. Dies gilt auch bei der Anwendung von § 1 Abs. 7 VermG. Diese Bestimmung setzt – wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat (vgl. UA S. 31 f.) – voraus, dass es im Zusammenhang mit der nach anderen Vorschriften aufgehobenen rechtsstaatswidrigen Entscheidung zu einer Vermögensentziehung gekommen war. Davon geht auch der Senat in seinem Urteil vom 19. Juli 2000 (– BVerwG 8 C 6.99 – Buchholz 428 § 1 Abs. 7 VermG Nr. 5 S. 18) aus. Hatte ein Betroffener – wie hier nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichts – Vermögenswerte bereits vor Erlass einer rechtsstaatswidrigen Entscheidung verloren, kann er sie nicht mehr durch diese Entscheidung verloren haben, und wenn die Kassations- oder Rehabilitierungsentscheidung gleichwohl eine Aufhebung ausspricht, geht sie insoweit ins Leere (vgl. Urteil vom 28. September 1995 – BVerwG 7 C 28.94 – BVerwGE 99, 268, 275 f. = Buchholz 428 § 1 VermG Nr. 54). War also die rechtsstaatswidrige Verurteilung ohne Bedeutung für den Verlust von Vermögenswerten, kann deren Aufhebung auch keine Bedeutung für die Rückübertragung dieser Vermögenswerte haben.
Weiter hält die Beschwerde die nachfolgende Frage für klärungsbedürftig:
Wird in einem Fall der sog. „Waldheim-Verurteilung”, in welchem als Nebenstrafe der Entzug des gesamten Vermögens angeordnet wird, nach umfassender Kassation auch dieses Vermögensentzugs durch das zuständige strafrechtliche Rehabilitierungsgericht von diesem Nebenstrafausspruch und damit von der Rehabilitierung nur ein Vermögensentzug erfasst, der nach dieser Verurteilung infolge der Verurteilung durchgeführt wurde oder werden sowohl von dem Vermögensentzug im Waldheim-Urteil als auch von der darauf folgenden umfassenden Kassation sämtliche (deutsche) Vermögensentziehungen erfasst, die im kausalen Zusammenhang mit dem bereits in der sowjetischen Besatzungszeit in diesen Fällen begonnenen Strafverfahren standen? Inwieweit sind auch (für die ggf. ja nicht einmal beschwerdefähigen Fälle i.S. § 13 Abs. 2 StrRehaG) über den in § 12 StrRehaG formulierten Mindestanspruch an die Rehabilitierungsentscheidung hinaus Feststellungen des Rehabilitierungsgerichts erforderlich, um auch Vermögensentziehungen im strafrechtlichen Ermittlungsverfahren als „aufgehoben” im Sinne des § 1 Abs. 7 VermG anzusehen?
Auch diese Frage ist nicht entscheidungserheblich. Nach den – nicht mit erfolgreichen Verfahrensrügen angegriffenen (vgl. unten) – tatsächlichen Feststellungen des Verwaltungsgerichts wurden die hier streitgegenständlichen Vermögenswerte nicht im kausalen Zusammenhang mit dem in der sowjetischen Besatzungszeit begonnenen Strafverfahren entzogen, sondern bereits zuvor im Zuge der Bodenreform enteignet.
Schließlich hält die Beschwerde folgende Frage für klärungsbedürftig:
Gebietet die besondere Bedeutung, die der Einigungsvertrag in Art. 17 und Nr. 9 der Gemeinsamen Erklärung vom 15. Juni 1990 i.V.m. der Unberührtheitsklausel in Art. 18 Abs. 1 Satz 3 EV der Rehabilitierung verfolgungsbedingter Vermögensverluste zuspricht und die auch darin zum Ausdruck kommt, dass Art. 143 Abs. 3 GG eine verfassungsrechtliche Beschränkung nur für die Fälle des Art. 41, also das einfache Vermögensunrecht, nicht aber das verfolgungsbedingte Unrecht vornimmt (zu dieser Abgrenzung BVerwG, Urteil vom 26. September 1996 – BVerwG 7 C 61/94 – VIZ 1996, 706 f.), dass bei der Abgrenzungsfrage, ob während eines laufenden Strafverfahrens mit Ausspruch eines Vermögensentzuges dennoch der endgültige Zugriff aus Rechtsgründen der sog. „Demokratischen Bodenreform” erfolgte, nicht eine besondere Beachtung der vorliegenden strafrechtichen Rehabilitierungsentscheidung mit der Folge, dass von einer Vermutungswirkung zu Gunsten eines verfolgungsbedingten Vermögensverlustes auszugehen ist, wenn ein solcher von den zuständigen Rehabilitierungsinstitutionen rehabilitiert wurde? Liegt nicht ein verfassungsrechtlich und einigungsvertragsrechtlich bedenklicher Eingriff in die nach anderen einfachrechtlichen, verfassungsrechtlichen und einigungsvertragsrechtlichen Vorgaben entscheidenden Rehabilitierungsinstitutionen vor, wenn die vermögensrechtliche Überprüfungsinstanz sich im Rahmen der Prüfung der reinen Rechtsfolgenverweisung des § 1 Abs. 7 VermG die Prüfung anmaßt, ob der von der rehabilitierungsrechtlichen Prüfungsinstanz rechtskräftig aufgehobene personenbezogene Verfolgungsverlust überhaupt bestanden hat? Müssten solche Zweifel an der Existenz der Rehabilitierungsinstanz nicht bereits im Rechtsmittelverfahren innerhalb der Rehabilitierungsinstanz geltend gemacht werden?
Auch diese Frage lässt sich, soweit sie entscheidungserheblich ist, ohne Durchführung eines Revisionsverfahrens beantworten. Im Rahmen der ihm obliegenden tatrichterlichen Sachverhalts- und Beweiswürdigung (vgl. § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO) muss das Verwaltungsgericht feststellen, wodurch ein streitgegenständlicher Vermögenswert entzogen wurde. Es muss gegebenenfalls feststellen, ob ein Vermögenswert durch ein Strafurteil eingezogen wurde oder ob er im Zuge der Bodenreform von deutschen Stellen enteignet wurde. Hierzu hat das Gericht den Sachverhalt von Amts wegen zu erforschen (§ 86 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Eine allgemeine Vermutung dafür, dass eine rechtsstaatswidrige Entscheidung, die nunmehr im strafrechtlichen Rehabilitierungsverfahren aufgehoben worden ist, die Einziehung aller Vermögenswerte angeordnet hat, die ein Betroffener in der sowjetischen Besatzungszone oder in der DDR verloren hat, besteht nicht.
Wie sich aus obigen Ausführungen ergibt, haben sich im vorliegenden Fall weder der Beklagte noch das Verwaltungsgericht die Prüfung angemaßt, ob ein von einer rehabilitierungsrechtlichen Prüfungsinstanz rechtskräftig aufgehobener personenbezogener Vermögensverlust überhaupt bestanden hat.
2. Das verwaltungsgerichtliche Urteil beruht nicht auf einer Abweichung von einer der in der Beschwerde bezeichneten Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO). Eine die Revision eröffnende Divergenz liegt nur dann vor, wenn das Verwaltungsgericht in Anwendung derselben Rechtsvorschrift mit einem seine Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz einem in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts aufgestellten ebensolchen Rechtssatz widersprochen hat (stRspr, vgl. u.a. Beschluss vom 21. Januar 1994 – BVerwG 11 B 116.93 – Buchholz 442.16 § 15 b StVZO Nr. 22 S. 1 ≪2≫). Daran fehlt es hier. Die Beschwerde benennt einige vom Bundesverwaltungsgericht aufgestellte Rechtssätze sowie einige vom Verwaltungsgericht ausdrücklich – oder nach Meinung der Beschwerde sinngemäß – aufgestellte Rechtssätze. Mit diesen Ausführungen will die Beschwerde belegen, dass das Verwaltungsgericht, was die Bindungswirkung von Rehabilitierungsentscheidungen für das vermögensrechtliche Verfahren angeht, von Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts abgewichen ist und auf diesen Abweichungen beruht. Dies trifft nicht zu.
Im strafrechtlichen Rehabilitierungsverfahren hat das Bezirksgericht Dresden mit Beschluss vom 3. November 1992 die Nichtigkeit des gegen Hans W. ergangenen Urteils aus dem Jahre 1950 festgestellt und dieses zur Klarstellung aufgehoben. Dies hat – wie bereits oben dargelegt – die Rechtsfolge, dass etwaige durch das Urteil erfolgte Einziehungen von Vermögenswerten rückgängig zu machen sind (§ 3 Abs. 2 i.V.m. § 26 Abs. 1 StrRehaG und § 1 Abs. 7 VermG). Der im Kassationsverfahren ergangene Beschluss äußert sich nicht dazu, ob und – wenn ja – welche Vermögenswerte durch das rechtsstaatswidrige Urteil eingezogen worden waren. Dies musste – wie ebenfalls oben ausgeführt – schon deshalb das Verwaltungsgericht prüfen. Aus den von der Beschwerde zitierten vom Bundesverwaltungsgericht aufgestellten Rechtssätzen ergibt sich nichts anderes. Die Frage, wie weit die Bindungswirkung einer strafrechtlichen Rehabilitierung reicht, wenn in der Rehabilitierungsentscheidung die in einer rechtsstaatswidrigen Entscheidung eingezogenen Vermögenswerte ausdrücklich benannt werden, war hier folglich nicht entscheidungserheblich. Selbst wenn das Verwaltungsgericht in seinen Entscheidungsgründen insoweit von der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts abgewichen wäre, könnte seine Entscheidung folglich nicht auf dieser Abweichung beruhen.
3. Es liegt kein geltend gemachter Verfahrensmangel vor, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO).
a) Das Verwaltungsgericht hat das Recht auf den gesetzlichen Richter (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG) nicht verletzt. Wie oben ausgeführt, musste das Verwaltungsgericht klären, was Inhalt des rechtsstaatswidrigen – im Kassationsverfahren aufgehobenen – Urteils war. Im Übrigen wäre das Recht auf den gesetzlichen Richter selbst dann nicht verletzt, wenn das Verwaltungsgericht bei Prüfung der Begründetheit der Klage die Bindungswirkung anderer gerichtlicher Entscheidungen unter Verstoß gegen materielles Recht verkannt hätte.
b) Das Verwaltungsgericht hat auch weder den Anspruch der Kläger auf rechtliches Gehör (§ 108 Abs. 2 VwGO) noch den Überzeugungsgrundsatz (§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO) verletzt.
Das Gebot rechtlichen Gehörs verpflichtet das Gericht, die Ausführungen der Beteiligten zur Kenntnis zu nehmen und ernsthaft in seine Erwägungen einzubeziehen (BVerfGE 69, 233 ≪246≫). Es ist jedoch nicht gehalten, sich mit jedem Vorbringen in den Gründen seiner Entscheidung ausdrücklich zu befassen. Grundsätzlich ist vielmehr davon auszugehen, dass das Gericht insbesondere schriftsätzlichen Vortrag der Beteiligten zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen hat, soweit nicht gegenteilige Anhaltspunkte vorhanden sind (BVerfGE 51, 126 ≪129≫).
Es gehört zu der dem Tatsachengericht durch § 108 Abs. 1 VwGO übertragenen Aufgabe, sich im Wege der freien Beweiswürdigung unter Abwägung verschiedener Möglichkeiten seine Überzeugung über den entscheidungserheblichen Sachverhalt zu bilden (vgl. etwa Beschluss vom 18. Februar 1972 – BVerwG 8 B 3.72 – Buchholz 310 § 108 VwGO Nr. 62 S. 27 ≪28≫). Revisionsrechtlich sind die Grundsätze der Beweiswürdigung dem sachlichen Recht zuzurechnen. Mit Angriffen gegen die Beweiswürdigung kann deswegen ein Verfahrensmangel im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO regelmäßig nicht bezeichnet werden (stRspr, vgl. etwa Beschluss vom 12. Januar 1995 – BVerwG 4 B 197.94 – Buchholz 406.12 § 22 BauNVO Nr. 4 S. 1 ≪4≫). Allenfalls könnte eine Verletzung der Denkgesetze im Rahmen der Tatsachenwürdigung der Vorinstanz als Verfahrensmangel in Betracht gezogen werden (vgl. dazu Urteil vom 19. Januar 1990 – BVerwG 4 C 28.89 – BVerwGE 84, 271 ≪272 f.≫). Ein Tatsachengericht hat aber nicht schon dann gegen die Denkgesetze verstoßen, wenn es nach Meinung des Beschwerdeführers unrichtige oder fern liegende Schlüsse gezogen hat; ebenso wenig genügen objektiv nicht überzeugende oder sogar unwahrscheinliche Schlussfolgerungen; es muss sich vielmehr um einen aus Gründen der Logik schlechthin unmöglichen Schluss handeln (stRspr, vgl. Urteil vom 20. Oktober 1987 – BVerwG 9 C 147.86 – Buchholz 310 § 86 Abs. 3 VwGO Nr. 37 S. 1 ≪4≫). Auch kann der Überzeugungsgrundsatz (§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO) verletzt sein, wenn das Verwaltungsgericht von einem aktenwidrigen Sachverhalt ausgeht.
Davon ausgehend liegt kein Verfahrensfehler vor. Das Verwaltungsgericht hat im vorliegenden Fall den Sachverhalt umfassend und sorgfältig gewürdigt. Dabei hat es auch den Sachvortrag der Kläger in seine Erwägungen einbezogen. Seine Schlussfolgerungen verstoßen nicht gegen Denkgesetze, sondern sind in sich schlüssig und überzeugend. Im Übrigen bezieht sich diese Verfahrensrüge, soweit die Beschwerde näher konkretisiert wird, auf die Frage, ob die Grundstücke im Zuge der Bodenreform enteignet wurden, oder ob sie in der sowjetischen Besatzungszone ohne Verurteilung infolge der Verhaftung – insbesondere in Ausführung der SMAD-Befehle Nr. 64 und Nr. 124 – eingezogen wurden. Diese Frage wäre aber – wie unter 1. dargelegt – in dem angestrebten Revisionsverfahren nicht entscheidungserheblich. Denn gleich wie diese Frage beantwortet wird, ist die Rückübertragung ausgeschlossen, weil eine Enteignung von Vermögenswerten auf besatzungsrechtlicher oder besatzungshoheitlicher Grundlage vorliegt (§ 1 Abs. 8 Buchst. a VermG) und es an einer wirksamen russischen Rehabilitierung fehlt.
c) Weiter hat das Verwaltungsgericht weder das aus dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) folgende Gebot eines fairen Verfahrens noch das Gebot effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG) verletzt, wie die Beschwerde behauptet (Beschwerde-begründung S. 43 f.). Insoweit meint die Beschwerde, das Verwaltungsgericht habe die Bindungswirkung der deutschen strafrechtlichen Rehabilitierung verkannt. Dies trifft aber – wie dargelegt – nicht zu.
d) Schließlich hat das Verwaltungsgericht auch seine Aufklärungspflicht (§ 86 VwGO) nicht verletzt.
Eine Aufklärungsrüge setzt die Darlegung (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO) voraus, welche Tatsachen auf der Grundlage der materiellrechtlichen Auffassung des Verwaltungsgerichts ermittlungsbedürftig gewesen wären, welche Beweismittel zu welchen Beweisthemen zur Verfügung gestanden hätten, welches Ergebnis diese Beweisaufnahme voraussichtlich gehabt hätte, inwiefern das verwaltunsgerichtliche Urteil unter Zugrundelegung der materiellrechtlichen Auffassung des Gerichts auf der unterbliebenen Sachaufklärung beruhen kann und dass die Nichterhebung der Beweise vor dem Tatsachengericht rechtzeitig gerügt worden ist oder aufgrund welcher Anhaltspunkte sich die unterbliebene Beweisaufnahme dem Gericht hätte aufdrängen müssen.
Soweit die Beschwerde geltend macht, das Verwaltungsgericht habe eine genaue Ermittlung des – von ihm angenommenen – Zugriffsakts im Zuge der Bodenreform vornehmen müssen, wird schon nicht dargelegt, welche weiteren Beweismittel hierfür zur Verfügung gestanden hätten.
Soweit die Beschwerde die Ablehnung der Beweisanträge der Kläger rügt, macht sie allein geltend, das Verwaltungsgericht hätte infolge der beantragten Beweiserhebung prüfen müssen, ob eine ohne Verurteilung von sowjetischen Stellen verfügte Vermögenseinziehung vorliegt (vgl. Beschwerdebegründung S. 47 f.). Diese Frage wäre aber – wie oben dargelegt – in einem Revisionsverfahren nicht entscheidungserheblich.
Den Ausführungen im nachgereichten Schriftsatz vom 25. Juni 2001 war nicht weiter nachzugehen, da er nach Ablauf der Beschwerdebegründungsfrist (§ 133 Abs. 3 Satz 1 VwGO) eingegangen ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf den §§ 13 und 14 GKG.
Unterschriften
Dr. Pagenkopf, Krauß, Postier
Fundstellen