Verfahrensgang
VG Berlin (Urteil vom 17.04.2002; Aktenzeichen 7 A 79.00) |
Tenor
Die Beschwerde der Beigeladenen gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 17. April 2002 wird zurückgewiesen.
Die Beigeladene trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 500 000 € festgesetzt.
Gründe
Die Klägerin begehrt die Feststellung ihrer Berechtigung, den aus der Veräußerung der früheren Grundstücke … und … in Berlin-… anteilig erzielten Erlös oder den entsprechenden Verkehrswert gemäß § 16 Abs. 1 InVorG zu verlangen. Das Verwaltungsgericht hat der Klage stattgegeben; es hat die Auffassung vertreten, dass eine Rückübertragung der beiden Grundstücke nicht nach § 4 Abs. 1 Satz 1 VermG ausgeschlossen gewesen sei. Die Revision hat es nicht zugelassen.
Die Beschwerde der Beigeladenen gegen die Nichtzulassung der Revision ist nicht begründet. Weder weicht das Urteil des Verwaltungsgerichts von den angeführten Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts ab (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) noch kommt der Rechtssache die geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zu.
1. Die Beigeladene rügt, dass das Urteil des Verwaltungsgerichts von den Entscheidungen des Senats vom 11. April 2002 – BVerwG 7 C 20.01 – (Buchholz 428.1 § 16 InVorG Nr. 7) und vom 24. September 1996 – BVerwG 7 B 279.96 – (Buchholz 428 § 4 VermG Nr. 35) abweiche. Diesen Entscheidungen entnimmt die Beigeladene den Rechtssatz, dass für die Beurteilung, ob mit der Restitution ein (bau-)rechtswidriger Zustand entstünde und deshalb eine Restitution nach § 4 Abs. 1 Satz 1 VermG ausgeschlossen sei, etwaige “bauliche Abhilfemaßnahmen”, die den rechtswidrigen Zustand beheben würden, nicht zu berücksichtigen seien. Demgegenüber habe das Verwaltungsgericht seinem Urteil den Rechtssatz zugrunde gelegt, dass auch relevant sei, ob ein durch eine Restitution eintretender baurechtswidriger Zustand durch andere Maßnahmen bauordnungsrechtlich beherrschbar wäre.
Die behauptete Divergenz zu der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts besteht nicht. Einen Rechtssatz des Inhalts, dass für die Beurteilung, ob durch die Restitution ein baurechtswidriger Zustand entsteht, bauliche Abhilfemaßnahmen unberücksichtigt bleiben müssten, hat der Senat weder in dem angeführten Urteil vom 11. April 2002 noch in dem Beschluss vom 24. September 1996 aufgestellt. In dem Urteil vom 11. April 2002 hat der Senat zwar ausgeführt, dass es für § 4 Abs. 1 Satz 1 VermG allein darauf ankomme, ob durch die Rückgabe des Grundstücks ein baurechtswidriger Zustand herbeigeführt werde, der vor der Rückgabe des Grundstücks nicht oder nicht mehr bestanden habe. Die Frage, ob bei der Beurteilung der Baurechtswidrigkeit auch Abhilfemaßnahmen zu berücksichtigen sind, hat in dieser Entscheidung keine Rolle gespielt. Denn der Senat war an das vom Verwaltungsgericht in Auslegung irrevisiblen Landesrechts gewonnene Ergebnis gebunden, dass der Zustand, der durch eine Restitution herbeigeführt worden wäre, baurechtswidrig gewesen wäre. Ebenso wenig ist dem Beschluss des Senats vom 24. September 1996 – BVerwG 7 B 279.96 – (Buchholz 428 § 4 VermG Nr. 35) der von der Beigeladenen geltend gemachte Rechtssatz zu entnehmen. Auch in dieser Entscheidung ist das vom Verwaltungsgericht in Anwendung der Vorschriften der entsprechenden Landesbauordnung gewonnene Ergebnis zugrunde gelegt, dass durch eine Restitution baurechtlich unhaltbare Zustände geschaffen würden.
Dass die beiden Entscheidungen den von der Beigeladenen angeführten Rechtssatz nicht enthalten, lässt sich auch der bisherigen Rechtsprechung des Senats entnehmen; die genannten Entscheidungen verfolgen gegenüber der bisherigen Rechtsprechung keinen neuen rechtlichen Ansatz. So hat der Senat in dem grundlegenden Urteil vom 29. Juli 1999 – BVerwG 7 C 31.98 – (Buchholz 428 § 4 Abs. 1 VermG Nr. 2) von “unüberwindlichen” rechtlichen Hindernissen gesprochen, die eine rechtliche Unmöglichkeit und damit einen Ausschluss der Rückgabe begründen. Dies schließt die Prüfung ein, ob geeignete Abhilfemaßnahmen einen durch eine Restitution entstehenden rechtswidrigen Zustand “überwinden” würden.
2. Die Beigeladene möchte, falls der Senat eine Divergenz verneint, die Frage geklärt wissen, ob “der Restitutionsausschlussgrund nach § 4 Abs. 1 Satz 1 VermG schon immer dann anzunehmen (ist), wenn mit der Restitution ein baurechtswidriger Zustand eintrete, oder ob relevant ist, ob und inwieweit durch bauliche Maßnahmen nach der Restitution der rechtswidrige Zustand beherrschbar wäre”. Diese Frage führt nicht zur Zulassung der Revision. Wie dargelegt, lässt sich der Vorschrift des § 4 Abs. 1 Satz 1 VermG und der dazu ergangenen Rechtsprechung des Senats entnehmen, dass bei der Prüfung, ob die Restitution im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 1 VermG rechtlich unmöglich und damit ausgeschlossen ist, auch zu berücksichtigen ist, ob geeignete Abhilfemaßnahmen in Betracht kommen, die eine durch eine Restitution eintretende Rechtswidrigkeit beheben. § 4 Abs. 1 Satz 1 VermG schließt eine Rückübertragung aus, wenn diese von der Natur der Sache her nicht mehr möglich ist. Nach den Erläuterungen der Bundesregierung zum Vermögensgesetz i.d.F. des Einigungsvertrages (BTDrucks 11/7831, S. 5) hatte der Gesetzgeber dabei vornehmlich die Fälle tatsächlicher Unmöglichkeit vor Augen, nämlich den Untergang des Vermögenswertes oder seine untrennbare Verbindung mit anderen Sachen, seine Vermischung oder seine Verarbeitung. Hierbei handelt es sich um Konstellationen, in denen eine Rückgabe aus tatsächlichen Gründen dauerhaft ausgeschlossen ist. Nichts anderes kann für die Fälle der rechtlichen Unmöglichkeit gelten, die der Senat ebenfalls zu den Ausschlussgründen gezählt hat. Ein solches dauerhaftes (“unüberwindliches”) rechtliches Hindernis besteht jedenfalls nicht, wenn nach der Rückgabe des Grundstücks der Berechtigte als Eigentümer in der Lage ist, durch entsprechende Baumaßnahmen einen sonst bestehenden baurechtswidrigen Zustand zu beseitigen.
Ob das Vorbringen der Beigeladenen auch auf eine Klärung der Frage zielt, unter welchen Voraussetzungen eine Abhilfemaßnahme geeignet ist, ein rechtliches Hindernis zu überwinden, kann dahingestellt bleiben. Denn diese Frage wäre in einem Revisionsverfahren nicht klärungsbedürftig. Das Verwaltungsgericht hat in Auslegung des irrevisiblen Landesrechts festgestellt, dass die Gestattung einer anderweitigen Zugangsverbindung für die Feuerwehr nach Maßgabe von § 5 Abs. 3 der Bauordnung für Berlin nicht ausgeschlossen sei. Im Anschluss hieran hat es ausgeführt, dass nach der Auskunft des Bezirksamts … von Berlin “selbst” ein weiteres Auseinanderfallen der Eigentumsverhältnisse an den beiden streitgegenständlichen historischen Grundstücken mit entsprechendem baulichem Aufwand durch Einbau von neuen Treppenanlagen und Brandwänden bauordnungs- und denkmalschutzrechtlich beherrschbar wäre. Mit dieser Bemerkung hat das Verwaltungsgericht zum Ausdruck gebracht, dass in dem vorliegenden Fall, in dem das Eigentum an beiden Grundstücken durch eine Rückübertragung nicht auseinander fallen würde, (erst recht) ein bauordnungs- und denkmalschutzrechtlich “beherrschbarer” Zustand bestehen würde; mit dem Wort “beherrschbar” ist ersichtlich gemeint, dass durch Baumaßnahmen ein mit den einschlägigen Vorschriften übereinstimmender Zustand hergestellt werden kann. An diese Auslegung der landesrechtlichen Vorschriften wäre der Senat gebunden.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO; die Streitwertfestsetzung beruht auf § 14 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 i.V.m. § 13 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 GKG.
Unterschriften
Sailer, Gödel, Neumann
Fundstellen