Verfahrensgang
VG Berlin (Urteil vom 25.01.2007; Aktenzeichen 4 A 26.07) |
Tenor
Die Beschwerde der Klägerinnen gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 25. Januar 2007 wird zurückgewiesen.
Die Klägerinnen tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst trägt.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 442 100 € festgesetzt.
Gründe
Die Beschwerde der Klägerinnen bleibt ohne Erfolg.
Hinsichtlich der Klägerin zu 2 fehlt es schon an der hinreichenden Darlegung eines Revisionszulassungsgrundes (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO). Denn das Verwaltungsgericht hat die Klage der Klägerin zu 2 als unzulässig abgewiesen, im Übrigen sei sie auch unbegründet. Ist aber, wie hier, die Entscheidung der Vorinstanz auf mehrere selbstständig tragende Begründungen gestützt, so kann die Revision nur zugelassen werden, wenn hinsichtlich jeder dieser Begründungen ein Revisionszulassungsgrund vorliegt. Wenn nur bezüglich einer Begründung ein Zulassungsgrund gegeben ist, kann diese Begründung hinweggedacht werden, ohne dass sich der Ausgang des Verfahrens ändert. In diesem Fall beruht weder das erstinstanzliche Urteil auf der hinwegdenkbaren Begründung, noch ist die Klärung mit ihr etwa zusammenhängender Grundsatzfragen in einem Revisionsverfahren zu erwarten (Beschlüsse vom 9. Dezember 1994 – BVerwG 11 PKH 28.94 – Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 1 VwGO Nr. 4 S. 4 und vom 19. August 1997 – BVerwG 7 B 261.97 – Buchholz 310 § 133 ≪n.F.≫ VwGO Nr. 26 S. 15). Hinsichtlich der Zulässigkeit der Klage der Klägerin zu 2 macht die Beschwerde keine Revisionszulassungsgründe geltend. Es kommt deshalb auf die grundsätzliche Bedeutung von Fragen im Zusammenhang mit der Begründetheit nicht an.
Die Beschwerde der Klägerin zu 1 ist unbegründet. Der von ihr allein geltend gemachte Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) führt nicht zur Zulassung der Revision. Die Rechtsfrage:
“Steht der Restitution einer Grundschuld durch Wiedereintragung ein unüberwindliches Restitutionshindernis im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 1 VermG entgegen, wenn die Wiedereintragung eine vorherige Grundstücksteilung erforderlich macht, die zu einem mit den öffentlich-rechtlichen Bauvorschriften unvereinbaren Zustand führen würde, der vor der Restitution nicht oder nicht mehr bestand und durch entsprechende Baumaßnahmen nicht beseitigt werden kann?”
lässt sich anhand der bisherigen Rechtsprechung beantworten, ohne dass es der Durchführung eines Revisionsverfahrens bedarf.
Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts umfasst der Ausschlussgrund des § 4 Abs. 1 Satz 1 VermG, demzufolge die Rückübertragung des Eigentumsrechts oder sonstiger Rechte an Vermögenswerten ausgeschlossen ist, wenn dies von der Natur der Sache her nicht mehr möglich ist, nicht nur die Fälle tatsächlicher Unmöglichkeit, sondern auch die der rechtlichen Unmöglichkeit. Deshalb ist eine Restitution, die zu einem mit den bestehenden öffentlich-rechtlichen Vorschriften unvereinbaren Zustand führt, im Sinne von § 4 Abs. 1 Satz 1 VermG von der Natur der Sache her unmöglich (vgl. Beschluss vom 24. September 1996 – BVerwG 7 B 279.96 – Buchholz 428 § 4 VermG Nr. 35). Die Restitution ist allerdings nicht ausgeschlossen, wenn sich der baurechtswidrige Zustand nicht erst infolge der Restitution ergeben würde, sondern unabhängig von der Restitution vorliegt, weil sich ein Gebäude bereits vor der Rückgabe über mehrere selbstständige Grundstücke erstreckte. Die bauordnungsrechtliche Beurteilung ändert sich in diesem Fall durch die Restitution nicht (vgl. Urteil vom 29. Juli 1999 – BVerwG 7 C 31.98 – Buchholz 428 § 4 Abs. 1 VermG Nr. 2). Denn mit dem Begriff der Unmöglichkeit von der Natur der Sache her sollte nichts anderes ausgedrückt werden, als dass ungeachtet faktisch und rechtlich möglicher Rückgabe eine Restitution wegen der damit einhergehenden Folgen, nämlich der Gefährdung der zwischenzeitlich geänderten Nutzung des Vermögenswerts, vernünftigerweise nicht in Betracht kommen kann. Der Gesetzgeber will mit dem allgemeinen Rückgabeausschlusstatbestand des § 4 Abs. 1 Satz 1 VermG erreichen, dass eine Rückgabe generell nicht stattfindet, wenn dies im Hinblick auf die dadurch eintretenden Folgen, insbesondere wegen dadurch hervorgerufener schwerwiegender Konfliktsituationen, unvernünftig wäre; denn damit würde ein sozialverträglicher Ausgleich der unterschiedlichen Interessen, dem das Restitutionsrecht in seiner Gesamtheit verpflichtet ist (vgl. Absatz 2 der Einleitung der Gemeinsamen Erklärung der Regierungen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik zur Regelung offener Vermögensfragen vom 15. Juni 1990 – Anlage III zum Einigungsvertrag – BGBl II S. 889, 1237), von vornherein verfehlt (Urteil vom 29. Juli 1999 – BVerwG 7 C 31.98 – a.a.O.).
Diese für die Rückübertragung von Grundstücken entwickelten Grundsätze sind auch auf die Rückübertragung eines Grundpfandrechtes anzuwenden. Auch deren Rückübertragung durch Wiederbegründung gemäß § 3 Abs. 1a VermG ist “von der Natur der Sache her” nur ausgeschlossen, wenn ihr unüberwindliche, dauerhafte rechtliche Hindernisse entgegenstehen. Das ist nicht der Fall, wenn zur Wiederbegründung der Grundschuld das zu belastende Grundstück zunächst durch Teilung wiederhergestellt werden muss, auch wenn dadurch baurechtswidrige Zustände (wieder) geschaffen werden. Die Restitution soll nach der Rechtsprechung (nur) dann “von der Natur der Sache her” ausgeschlossen sein, wenn sie wegen der mit ihr einhergehenden Folgen vernünftigerweise nicht in Betracht kommen kann. Wird aber weder die Nutzung des Grundstücks, an dem das Grundpfandrecht wieder begründet werden soll, durch die dafür erforderliche Teilung beeinträchtigt, noch ist im Tatsächlichen irgendeine Änderung nach außen erkennbar und hat zudem der Rechtszustand zweier überbauter selbständiger Grundstücke jahrelang bestanden, so fordert der Ausgleich der Interessen des zu belastenden Grundstückseigentümers einerseits und des Geschädigten andererseits die Restitution des Vermögenswertes.
So kann zwar die Rückgabe eines Grundstücks vernünftigerweise nicht in Betracht kommen, wenn sie die Aufteilung eines neu zugeschnittenen Grundstücks verlangt und infolge dieser Aufteilung eine bauliche Funktionseinheit aus einem Gebäude und ihm zugeordneten Flächen eigentumsrechtlich zerschnitten wird (Urteil vom 9. Dezember 2004 – BVerwG 7 C 4.04 – Buchholz 428 § 4 Abs. 1 VermG Nr. 12). Diese Voraussetzungen liegen aber nicht vor, wenn ein baurechtswidriger Zustand seit Errichtung der Gebäude über zwei jeweils in Volkseigentum stehende Grundstücke hinweg bis 1996 bestand und erst der für beide Grundstücke Verfügungsberechtigte – nicht zur Beseitigung des baurechtswidrigen Zustandes, sondern zur eigenen Vereinfachung – die Grundstücke unter Beibehaltung der Flurstücke zu einem Buchgrundstück vereinigte. Da dem Restitutionsberechtigten nicht mehr zurückübertragen werden darf als der geschädigte Vermögenswert, kommt die Wiederbegründung einer Grundschuld nur an dem ursprünglichen Grundstück in Betracht. Das setzt voraus, dass die spätere Verschmelzung rückgängig gemacht wird, um nur das ursprünglich betroffene Grundstück, das als Flurstück noch fortbesteht, wiederum mit der Grundschuld zu belasten. Es ist nicht ersichtlich, dass dies zu einem schwerwiegenden Konflikt führen oder dem Grundsatz eines sozialverträglichen Ausgleichs der unterschiedlichen Interessen zuwiderlaufen würde. Vielmehr würde sich durch die erneute Teilung des Grundstücks weder in seiner Nutzung noch in seiner realen baulichen Situation eine Änderung oder Gefährdung ergeben. Die Interessen der Grundstückseigentümerin wären nicht anders beeinträchtigt, als sie bis zu der Verschmelzung der Grundstücke bestanden haben. Andererseits kann dem Interesse der Beigeladenen, ihr Restitutionsrecht durchzusetzen, nur durch die Teilung des Grundstücks entsprochen werden. Wäre über ihren 1990 gestellten Restitutionsantrag vor 1996 entschieden worden, hätte sich die Frage des Restitutionsausschlusses nicht gestellt.
Dem steht nicht entgegen, dass für den Fall einer Zwangsvollstreckung aus der Grundschuld der Eigentümer des belasteten Grundstücks wechseln und damit ein Konflikt aus dem baurechtswidrigen Zustand durch die Überbauung der ursprünglichen Grundstücksgrenzen entstehen kann. Denn dieser Konflikt wäre auch eingetreten, wenn über den Restitutionsantrag der Beigeladenen vor der 1996 erfolgten Verschmelzung der Grundstücke der Klägerin zu 1 entschieden worden wäre. Er wäre nach den zivilrechtlichen Regeln des Überbaus (§§ 912 ff. BGB) zu lösen.
Im Hinblick darauf, dass nur ein Grundpfandrecht restituiert werden soll und deshalb auch die nach der Teilung entstehenden Grundstücke einheitlich im Eigentum der Kläger zu 1 bleiben, ist die Rechtsprechung hier nicht anzuwenden, dass bei einem zu DDR-Zeiten vorgenommenen Eigengrenz-Überbau die Nutzungskonflikte, die infolge einer durch die Rückgabe entstehenden Mehrheit von Grundstückseigentümern ausgelöst werden, durch die entsprechende Anwendung der §§ 912 ff. BGB regelmäßig nicht beherrschbar sind, wenn sich kein die vorhandene Gebäudeeinheit insgesamt tragendes (Stamm-)Grundstück bestimmen lässt (vgl. Beschluss vom 1. September 2000 – BVerwG 7 B 87.00 – Buchholz 428 § 4 Abs. 1 VermG Nr. 4 m.w.N.). Es kann deshalb offenbleiben, ob hier ein Stammgrundstück bestimmbar ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO, die Festsetzung des Streitwertes auf §§ 47, 52 GKG.
Unterschriften
Gödel, Dr. von Heimburg, Postier
Fundstellen