Verfahrensgang
OVG Mecklenburg-Vorpommern (Beschluss vom 21.10.2020; Aktenzeichen 8 LB 481/17) |
VG Greifswald (Beschluss vom 14.06.2017; Aktenzeichen 7 A 1839/16 HGW) |
Tenor
Auf die Rechtsbeschwerde des Beteiligten werden der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 21. Oktober 2020 und der Beschluss des Verwaltungsgerichts Greifswald vom 14. Juni 2017 geändert.
Der Antrag des Antragstellers wird abgelehnt.
Gründe
I
Rz. 1
Die Beteiligten streiten um die Ermäßigung von Pflichtstunden für die Mitglieder des Antragstellers. Der Antragsteller ist der aus fünf Mitgliedern bestehende örtliche Personalrat einer Schule, dem als Gremium eine Pflichtstundenermäßigung von insgesamt drei Pflichtstunden wöchentlich gewährt wurde. Seinen mit erhöhtem Zeitaufwand für die Personalratstätigkeit begründeten Antrag auf Erhöhung der Pflichtstundenermäßigung lehnte der Beteiligte (Dienststellenleiter der Schule) ab.
Rz. 2
Der Antragsteller hat am 6. Oktober 2016 das personalvertretungsrechtliche Beschlussverfahren eingeleitet und geltend gemacht, es sei nicht dargelegt, wie der im Verordnungswege festgelegte Ermäßigungsumfang von drei Wochenstunden ermittelt worden sei. Das Verwaltungsgericht hat in Anwendung der seinerzeit geltenden Regelung des § 1 Abs. 1 Satz 4 Pflichtstundenzahlermäßigungsverordnung (PStZErmVO MV) antragsgemäß festgestellt, dass jedem der fünf Mitglieder des Antragstellers eine wöchentliche Ermäßigung der Pflichtstundenzahl in Höhe von drei Ermäßigungsstunden zustehe. Zur Begründung seiner hiergegen erhobenen Beschwerde hat der Beteiligte ausgeführt, dass der in der Rechtsverordnung geregelte Ermäßigungsumfang auf eine nach Beratungen mit den Gewerkschaften, dem Lehrerhauptpersonalrat sowie den Bezirkspersonalräten im Jahre 2010 erfolgte Ausweitung der Ermäßigungsstunden von zuvor landesweit 282 auf 873 Lehrerwochenstunden für die örtlichen Lehrerpersonalräte zurückgehe. Dies sei in Erwartung eines erhöhten Arbeitsaufwands für diese Gremien infolge der Einführung der "selbstständigen Schule" sowie in Abgleich mit anderen Bundesländern (Sachsen, Schleswig-Holstein und Niedersachsen) mit vergleichbaren personalvertretungsrechtlichen Strukturen erfolgt. Die Personalräte hätten dem zugestimmt und die Erhöhung für ausreichend erachtet.
Rz. 3
Im Verlaufe des Beschwerdeverfahrens hat das zuständige Ministerium im Hinblick auf das Ergebnis des Ausgangsverfahrens § 1 Satz 1 PStZErmVO MV mit Wirkung vom 26. April 2018 geändert. Die Vorschrift hat - soweit hier von Interesse - seitdem folgenden Wortlaut: "Für die gemäß § 77 Absatz 2 des Personalvertretungsgesetzes zu bildenden Personalräte der Lehrkräfte der Schulen wird die Pflichtstundenermäßigung für die Mitglieder eines Personalrates insgesamt, unabhängig von der Zahl der Mitglieder eines Personalrates, wie folgt gewährt: (...) 3. bei Dienststellen mit mindestens 51 wahlberechtigten Lehrkräften drei Ermäßigungsstunden."
Rz. 4
Mit dem angefochtenen Beschluss vom 21. Oktober 2020 hat das Oberverwaltungsgericht die Beschwerde des Beteiligten zurückgewiesen. Dem erstinstanzlichen Beschluss werde durch die Änderung der Pflichtstundenzahlermäßigungsverordnung zwar die Grundlage entzogen. Die dort ausgesprochene Rechtsfolge folge jedoch bereits aus allgemeinen, durch Rechtsverordnung nicht abänderbaren Vorschriften des Personalvertretungsgesetzes. Lehrer seien hinsichtlich der Freistellung wegen Personalratstätigkeit nicht anders als andere Berufsgruppen zu behandeln. Anhaltspunkte für den vom Gesetz für erforderlich gehaltenen Freistellungsumfang ergäben sich aus der Freistellungsstaffel des § 38 Abs. 3 Satz 2 PersVG MV. Eine Umrechnung auf die Anzahl der an der betreffenden Schule tätigen Lehrkräfte ergebe die durch das Verwaltungsgericht zutreffend bestimmte angemessene Zahl an Ermäßigungsstunden.
Rz. 5
Hiergegen wendet sich die vom Senat zugelassene Rechtsbeschwerde des Beteiligten. Er hält die Einbeziehung der Pflichtstundenzahlermäßigungsverordnung in der aktuellen Fassung für eine unzulässige Auswechslung des Streitgegenstandes und rügt in der Sache eine Verletzung des § 80 Abs. 4 Satz 2 PersVG MV, wonach die in § 38 Abs. 3 Satz 2 PersVG MV geregelte Freistellungsstaffel auf Personalräte an Schulen keine Anwendung finde. Im Übrigen entspreche die durch Rechtsverordnung festlegte Zahl der Ermäßigungsstunden den gesetzlichen Vorgaben.
Rz. 6
Der Antragsteller verteidigt den angefochtenen Beschluss.
II
Rz. 7
Die zulässige Rechtsbeschwerde des Beteiligten ist begründet. Der angefochtene Beschluss des Oberverwaltungsgerichts beruht auf der unrichtigen Anwendung einer Rechtsnorm (§ 87 Abs. 2 des Personalvertretungsgesetzes für das Land Mecklenburg-Vorpommern - PersVG MV - vom 24. Februar 1993 ≪GVOBl. M-V 1993 S. 125≫, zuletzt geändert durch Art. 2 des Gesetzes vom 26. November 2019 ≪GVOBl. M-V S. 705≫ i. V. m. § 93 Abs. 1 Satz 1 ArbGG), und zwar sowohl des § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 der Verordnung über die Ermäßigung der Pflichtstundenzahl für Lehrkräfte als Mitglieder der Personalvertretungen (Pflichtstundenzahlermäßigungsverordnung - PStZErmVO MV) vom 25. Juni 2010 (GVOBl. M-V S. 363), zuletzt geändert durch Verordnung vom 7. Juli 2020 (GVOBl. M-V S. 648) als auch des § 80 Abs. 4 Satz 2 PersVG MV (1.). Er erweist sich auch nicht aus anderen Gründen als im Ergebnis richtig, sodass er ebenso wie der erstinstanzliche Beschluss zu ändern und der Antrag des Antragstellers abzulehnen ist (§ 96 Abs. 1 Satz 2 ArbGG i. V. m. § 562 Abs. 1, § 563 Abs. 3 ZPO) (2.).
Rz. 8
1. Das Oberverwaltungsgericht ist richtigerweise von der Zulässigkeit des Antrags ausgegangen (a), seine Sachentscheidung beruht jedoch auf der unrichtigen Anwendung personalvertretungsrechtlicher Vorschriften (b).
Rz. 9
a) Zutreffend hat das Oberverwaltungsgericht den auch in der Rechtsbeschwerdeinstanz weiterverfolgten Antrag festzustellen, dass jedem der fünf Mitglieder des Antragstellers eine wöchentliche Ermäßigung der Pflichtstundenzahl in Höhe von drei Ermäßigungsstunden zustehe, unausgesprochen als zulässig angesehen. Dieser ist bei sachgerechter Würdigung des Begehrens des Antragstellers als abstrakter Feststellungsantrag aufzufassen. Dem Antragsteller geht es nicht um die Feststellung, ob der bei Einleitung des personalvertretungsrechtlichen Beschlussverfahrens bestehende (nach weiteren Wahlen zum Personalrat nicht mehr im Amt befindliche) Personalrat die entsprechende Zahl von Ermäßigungsstunden beanspruchen kann, sondern um die Frage, ob einem Personalrat in der seinerzeitigen Situation des Antragstellers die geltend gemachte Ermäßigung von der Pflichtstundenzahl zusteht. Dies ergibt sich zwar nicht unmittelbar aus dem Wortlaut des Antrags, wohl aber aus der Antragsbegründung sowie dem Umstand, dass das verwaltungsgerichtliche Verfahren erst etwa sieben Monate vor Ablauf der Amtszeit des damaligen Personalrates eingeleitet worden ist, der nicht erwarten konnte, bis zum Ende seiner Amtsperiode eine gerichtliche Entscheidung unter Beteiligung möglicherweise mehrerer Instanzen zu erhalten. Für den Antrag besteht auch das erforderliche Rechtsschutzinteresse, da für eine zwischenzeitliche Änderung der tatsächlichen Verhältnisse im Hinblick auf die zeitliche Inanspruchnahme der Personalratsmitglieder für die Personalratstätigkeit nichts ersichtlich ist und der Beteiligte der begehrten Feststellung weiterhin entgegentritt. Schließlich ist der Antrag entgegen der Auffassung des Beteiligten nicht wegen einer mit der Berücksichtigung der Pflichtstundenzahlermäßigungsverordnung in der aktuellen Fassung verbundenen Auswechslung des Streitgegenstandes unzulässig, weil ein abstrakter Feststellungsantrag gegenwarts- und zukunftsgerichtet und deshalb nach Maßgabe des aktuellen Rechts zu beurteilen ist (BVerwG, Beschluss vom 3. Mai 2022 - 5 P 1.22 - juris Rn. 30).
Rz. 10
b) Der angefochtene Beschluss wendet Rechtsnormen unzutreffend an. Mit der Feststellung, dass der Antragsteller für jedes seiner fünf Mitglieder drei Ermäßigungsstunden beanspruchen könne, trägt er der eindeutigen Regelung des § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 und Satz 7 PStZErmVO MV nicht Rechnung. Danach werden für Personalräte der Lehrkräfte der Schulen bei Dienststellen mit mindestens 51 wahlberechtigten Lehrkräften drei Ermäßigungsstunden gewährt, und zwar "für die Mitglieder eines Personalrates insgesamt, unabhängig von der Zahl der Mitglieder eines Personalrates", wobei der zuständige Personalrat durch Beschluss entscheidet, in welchem Umfang welchem Mitglied eine Ermäßigung zu gewähren ist. Unrichtig ist auch die Annahme des Oberverwaltungsgerichts, dass die Festlegung der angemessenen Zahl von Ermäßigungsstunden unmittelbar aus dem Gesetz abgeleitet werden könne. Denn § 80 Abs. 4 Satz 1 PersVG MV legt für Lehrerpersonalräte in Abweichung von den in § 38 Abs. 2 bis 6 PersVG MV enthaltenen allgemeinen Grundregeln für die Freistellung von Personalratsmitgliedern fest, dass die Kultusministerin die Pflichtstundenzahl in angemessener Weise durch Verordnung ermäßigt. Überdies ist die der Entscheidung zugrundeliegende Einschätzung des Oberverwaltungsgerichts unzutreffend, dass die Frage der Angemessenheit der gewährten Ermäßigung der Pflichtstundenzahl im Sinne des § 80 Abs. 4 Satz 1 PersVG MV der uneingeschränkten gerichtlichen Überprüfung unterliege. Vielmehr besteht insoweit (aus noch darzulegenden Gründen) für die Verordnungsgeberin ein Beurteilungsspielraum. Soweit das Oberverwaltungsgericht als Maßstab für die Ermittlung der Angemessenheit der Freistellung von Personalratsmitgliedern an öffentlichen Schulen die Freistellungsstaffel des § 38 Abs. 3 Satz 2 PersVG MV heranzieht, was in seiner Berechnung der Pflichtstundenzahlermäßigung zum Ausdruck kommt, übergeht es zudem die Regelung des § 80 Abs. 4 Satz 2 PersVG MV, wonach die in § 38 Abs. 3 Satz 2 PersVG MV geregelte Freistellungsstaffel auf Lehrerpersonalräte keine Anwendung findet. Unabhängig davon ist es fehlerhaft, aus der bei 300 Beschäftigten einer Dienststelle einzusetzenden Freistellungsstaffel des § 38 Abs. 3 Satz 2 PersVG MV die vermeintlich erforderliche Pflichtstundenzahlermäßigung für circa 85 Lehrkräfte zu errechnen. In der Rechtsprechung sowohl des Bundesverwaltungsgerichts als auch des Bundesarbeitsgerichts ist geklärt, dass es ausgeschlossen ist, anhand einer Freistellungsstaffel, die an eine bestimmte Mindestanzahl von Beschäftigten anknüpft, für Dienststellen mit einer geringeren Anzahl von Beschäftigten im Wege der Rückrechnung abstrakt den zeitlichen Umfang der in Betracht kommenden Freistellung zu errechnen (BVerwG, Beschluss vom 16. Mai 1980 - 6 P 82.78 - Buchholz 238.37 § 42 NWPersVG Nr. 3 S. 2 m. w. N.).
Rz. 11
2. Der angefochtene Beschluss beruht auf der skizzierten unzutreffenden Anwendung der genannten Rechtsnormen, da er sich nicht aus anderen Gründen als richtig erweist. Der Antragsteller hat keinen Anspruch auf die begehrte abstrakte Feststellung, dass jedem seiner fünf Mitglieder eine wöchentliche Ermäßigung der Pflichtstundenzahl in Höhe von drei Ermäßigungsstunden zusteht. Ein solcher Anspruch folgt nicht aus der insoweit allein in Betracht kommenden Regelung des § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 PStZErmVO MV in der hier anzuwendenden (BVerwG, Beschluss vom 3. Mai 2022 - 5 P 1.22 - juris Rn. 30) Fassung der Verordnung vom 7. Juli 2020 (GVOBl. M-V S. 648). Danach kann - wie bereits erwähnt - der Personalrat der Lehrkräfte der Schulen mit mindestens 51 wahlberechtigten Lehrkräften insgesamt, unabhängig von der Zahl eines Personalrates, (lediglich) drei Ermäßigungsstunden je Woche beanspruchen. Diese Vorschrift beruht ihrerseits auf einer wirksamen Ermächtigungsgrundlage (a) und genügt (derzeit noch) auch ihren Anforderungen (b).
Rz. 12
a) § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 PStZErmVO MV beruht auf der Verordnungsermächtigung des § 80 Abs. 4 Satz 1 PersVG MV. Dessen Vereinbarkeit mit höherrangigem Recht stellen die Beteiligten nicht infrage und auch der Senat sieht insoweit zu Zweifeln keinen Anlass (vgl. insoweit auch VGH Kassel, Beschluss vom 28. November 1996 - 1 N 2408/94 - juris Rn. 32 zu einer vergleichbaren Regelung im hessischen Personalvertretungsrecht).
Rz. 13
b) § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 PStZErmVO MV ist wirksam. Den Anforderungen der Verordnungsermächtigung (aa) genügt die Vorschrift derzeit noch (bb).
Rz. 14
aa) Gemäß § 80 Abs. 4 Satz 1 PersVG MV ermäßigt die Kultusministerin - soweit hier von Interesse - für Personalräte der Schulen (§ 77 Abs. 2 PersVG MV) in den Fällen des § 38 Abs. 2 und Abs. 3 Satz 1 PersVG MV die Pflichtstundenzahl in angemessener Weise durch Verordnung. Tatbestandlich knüpft die Regelung somit an die allgemeinen Freistellungsregelungen an und setzt voraus, dass Personalratsmitglieder durch ihre Personalratstätigkeit inner- oder außerhalb der regulären Arbeitszeit zeitlich beansprucht werden. Für diese Inanspruchnahme gewährt die Vorschrift einen Ausgleich, wobei sie im Unterschied zu § 38 Abs. 2 und Abs. 3 Satz 1 PersVG MV im Interesse der Funktionsfähigkeit von Schulen keine anlassbezogene zeitweise Dienstbefreiung oder Freistellung von Personalratsmitgliedern, sondern eine durch Rechtsverordnung, das heißt durch eine regelmäßig abstrakt-generelle Regelung, zu konkretisierende und damit notwendig generalisierende Ermäßigung der Pflichtstundenzahl von Personalratsmitgliedern vorsieht. Weil es sich um eine Ermächtigung zu einer generalisierenden Festlegung handelt, kommt es insoweit nicht auf den einzelnen Personalrat und den bei ihm konkret anfallenden Arbeitsaufwand an. Vielmehr darf die Verordnungsgeberin sich an dem bei Lehrerpersonalräten typischerweise anfallenden Arbeitsumfang orientieren. Dazu muss sie diesen ermitteln, wobei die Art und Weise der Sachverhaltsermittlung gesetzlich nicht vorgeschrieben ist.
Rz. 15
Auf dieser Grundlage hat die Ermäßigung "in angemessener Weise" zu erfolgen. Die Angemessenheit bezieht sich auf die auf der Tatbestandsseite beschriebene, durch die Personalratstätigkeit hervorgerufene Belastungssituation. Sie beinhaltet die Möglichkeit zur Pauschalierung, also zum Beispiel zur Bildung von Gruppen anhand der Anzahl der durch den Personalrat vertretenen Lehrkräfte, für die in abgestufter Weise Ermäßigungsstunden festgelegt werden. Ferner beinhaltet sie ein prognostisches Element, indem anhand der aus der Vergangenheit stammenden Erfahrungswerte ein für die Zukunft auskömmliches Kontingent an Ermäßigungsstunden festgelegt werden soll. Insbesondere aus dem Umstand, dass die generalisierende und pauschalierende Festlegung von Ermäßigungsstunden an die Stelle von anlassbezogener Dienstbefreiung und Freistellung tritt, folgt die Verpflichtung zu einer wirklichkeitsgerechten Abbildung des benötigten Umfangs der Pflichtstundenzahlermäßigung.
Rz. 16
Diese verlangt daher, dass die Verordnungsgeberin die Entwicklung des erforderlichen Zeitaufwands für die Personalratstätigkeit beobachtet und bei nicht nur kurzfristigen oder nur vorübergehenden Änderungen die Anzahl der Ermäßigungsstunden anzupassen hat (vgl. VGH Kassel, Beschluss vom 28. November 1996 - 1 N 2408/94 - juris Rn. 45). Nur so kann gewährleistet werden, dass die Ermäßigungsstunden den mit der Personalratstätigkeit verbundenen Arbeitsaufwand einerseits abdecken, andererseits aber auch nicht übersteigen, was zudem mit der Verpflichtung zur sparsamen und wirtschaftlichen Haushaltsführung nicht in Einklang stünde. Das Gesetz schreibt für die begleitende Prüfung des erforderlichen Ermäßigungsumfangs aber weder bestimmte Kriterien noch feste Zeiträume vor. Deshalb besteht diese Verpflichtung jedenfalls anlassbezogen, kommt also insbesondere dann zum Tragen, wenn konkrete tragfähige Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der bisherige Freistellungsumfang nicht mehr ausreicht oder - umgekehrt - nicht mehr benötigt wird, um den erforderlichen Ausgleich herbeizuführen. Solche Anhaltspunkte können sich etwa aus dem Zuwachs oder dem Wegfall von Aufgaben für den örtlichen Lehrerpersonalrat ergeben. Denkbar ist auch eine Veränderung (Erhöhung oder Verminderung) der Fallzahlen oder Veränderungen hinsichtlich der Komplexität und Intensität der Beratungen in den Gremien. Dies ist gegebenenfalls durch die Personalräte anzuzeigen, sodass insofern auch ein einzelner Personalrat eine Überprüfung anstoßen kann.
Rz. 17
Es bedarf keiner Klärung, ob die Umsetzung des in der Verordnungsermächtigung enthaltenen Merkmals "in angemessener Weise" durch die zu erlassende Rechtsverordnung gerichtlich nach dem Maßstab zu überprüfen ist, ob die Verordnungsgeberin den unbestimmten Rechtsbegriff, den Zweck der Ermächtigung oder den gesetzlichen Rahmen verkannt hat, von einem unzutreffenden oder unvollständig ermittelten Sachverhalt ausgegangen ist, wesentliche entscheidungsrelevante Gesichtspunkte unberücksichtigt gelassen hat oder sich von sachfremden oder unsachlichen Erwägungen hat leiten lassen (vgl. VGH Kassel, Beschluss vom 28. November 1996 - 1 N 2408/94 - juris Rn. 38 ff. zu einer vergleichbaren Regelung im hessischen Personalvertretungsrecht). Die noch keiner abschließenden Klärung zugeführte Frage, welche Gestaltungs- bzw. Beurteilungsspielräume dem Verordnungsgeber zukommen, dessen Normkonkretisierung und Gesetzesergänzung grundsätzlich nicht Rechtsanwendung, sondern Rechtssetzung sind, und nach welchen Kriterien sie gerichtlich zu überprüfen sind (vgl. dazu Nierhaus, in: Kahl/Waldhoff/Walter, Bonner Kommentar zum Grundgesetz, Stand November 2022, Art. 80 Rn. 330 ff.; W. Schenke, in: Kahl/Waldhoff/Walter, a. a. O., Art. 19 Abs. 4 Rn. 641 ff., jeweils m. w. N.), kann hier offenbleiben. Insoweit bedarf es auch keiner Entscheidung darüber, ob die Wahrnehmung eines Gestaltungsspielraums durch eine gesetzliche Ermächtigungsgrundlage zum Erlass einer Rechtsverordnung unter den gleichen strengen Voraussetzungen zu prüfen ist wie bei einer gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage zum Erlass von Verwaltungsakten, die grundsätzlich einer vollständigen rechtlichen und tatsächlichen Nachprüfung durch die Gerichte unterliegen (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 25. Januar 2018 - 5 C 18.16 - Buchholz 436.511 § 23 SGB VIII Nr. 3 Rn. 11). Denn auch bei Anwendung dieses Maßstabes, ist die Grenze des gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbaren Gestaltungs- bzw. Beurteilungsspielraums der Verordnungsgeberin nicht überschritten. Dies ergibt die Auslegung des § 80 Abs. 4 Satz 1 PersVG MV.
Rz. 18
Der Wortlaut "in angemessener Weise" deutet bereits darauf hin, dass es nicht eine einzig richtige und damit zwingende Festlegung der Ermäßigungsstunden gibt. Aus der Verpflichtung zur Ermäßigung der Pflichtstunden in angemessener Weise lässt sich lediglich ableiten, dass Ermäßigungsstunden geeignet sein müssen, die neben die Lehrtätigkeit tretende, durch die Personalratstätigkeit hervorgerufene und damit zusätzliche Belastung der Lehrerpersonalräte auszugleichen, dieser Belastung mithin Rechnung zu tragen. Es liegt auf der Hand, dass diese Eignung nicht nur bei einer konkreten oder bestimmten Stundenzahl zu bejahen sein wird. Dass es nicht nur eine einzig richtige Festlegung gibt, wird gesetzessystematisch dadurch gestützt, dass die ausdrücklich als "Sondervorschrift" bezeichnete Regelung des § 80 Abs. 4 Satz 1 PersVG MV an die Stelle der für die "gewöhnlichen" Dienststellen geltende Regelung des § 38 Abs. 2 und Abs. 3 Satz 1 PersVG MV tritt, mithin also einzelfallbezogene Entscheidungen durch eine generalisierende und pauschalierende Regelung zu ersetzen sind. Das erfordert nicht nur die Feststellung des Belastungsumfangs für Personalräte an einer Vielzahl von Dienststellen, sondern auch die Gewichtung von Belastungssituationen und darauf aufbauend die Bildung von Durchschnittswerten, womit mehrere "angemessene" Ergebnisse in Betracht kommen. Der Normzweck verstärkt diese Einschätzung. Die Regelung verfolgt den Zweck, unter Vermeidung einer schulscharfen Ermittlung und Festlegung des Entlastungsbedarfs der je nach dem aktuellen und sich ständig verändernden personalvertretungsrechtlichen Arbeitsanfall unterschiedlich hohen zeitlichen Inanspruchnahme von Personalratsmitgliedern durch zeitnahes Handeln der Verordnungsgeberin in Form einer Anpassung der Entlastungspauschale Rechnung tragen zu können. Es geht also immer um eine die zukünftige Belastungssituation antizipierende und dabei zugleich generalisierende und pauschalierende Prognoseentscheidung. Diesem Zweck würde eine nachträgliche gerichtliche Vollkontrolle in Kenntnis der tatsächlichen Entwicklung nicht gerecht (vgl. VGH Kassel, Beschluss vom 28. November 1996 - 1 N 2408/94 - juris Rn. 38 ff.). Eine verwaltungsgerichtliche Vollkontrolle, die im Ergebnis auf die Möglichkeit hinausliefe, die der Ministerialverwaltung obliegende Prognoseentscheidung durch eine Prognoseentscheidung der Verwaltungsgerichte auf der Grundlage eigener Tatsachenermittlung und -bewertung zu ersetzen, ist im gewaltenteilenden Rechtsstaat nicht Aufgabe der verwaltungsgerichtlichen Überprüfung von Normsetzungsentscheidungen. Aus der Gesetzesbegründung (LT-Drs. 1/1272 S. 75), die lediglich auf das schleswig-holsteinische Landesrecht verweist, ergeben sich keine weiteren Erkenntnisse.
Rz. 19
bb) Den dargestellten Anforderungen genügt § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 PStZErmVO MV derzeit noch.
Rz. 20
(1) Es bestehen zunächst keine Bedenken gegen die mit Wirkung zum 1. August 2010 eingeführte Regelung des § 1 Abs. 1 PStZErmVO MV a. F. vom 25. Juni 2010 (GVOBl. M-V 2010 S. 363), wonach für Dienststellen mit mindestens fünf wahlberechtigten Lehrkräften "für Mitglieder eines Personalrates der Lehrkräfte insgesamt" eine Ermäßigungsstunde gewährt wird (Satz 2), bei mindestens 21 wahlberechtigten Lehrkräften sind es zwei Ermäßigungsstunden (Satz 3) und bei mindestens 51 wahlberechtigten Lehrkräften drei Ermäßigungsstunden (Satz 4).
Rz. 21
Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts steht das hier in Betracht kommende Kontingent von drei Ermäßigungsstunden nicht jedem einzelnen Personalratsmitglied, sondern dem Personalrat als Gremium zu. Dies ergibt sich bereits aus dem - hier maßgeblichen - Wortlaut von § 1 Abs. 1 Satz 4 PStZErmVO MV a. F. und der dort verwandten Formulierung "für Mitglieder eines Personalrates der Lehrkräfte insgesamt". Die in § 1 Abs. 1 Satz 1 PStZErmVO MV a. F. enthaltene Wendung "einer Lehrkraft" steht dem nicht entgegen. Sie ist entsprechend der auf die nachfolgenden drei Sätze verweisenden Formulierung "wie folgt" im Lichte unter anderem von Satz 4 dieser Vorschrift zu verstehen und meint daher nicht eine bestimmte einzelne Lehrkraft, sondern umschreibt Lehrkräfte in ihrer Eigenschaft als Mitglieder einer Personalvertretung. Dieses Verständnis wird entstehungsgeschichtlich dadurch unterstrichen, dass die Normgeberin die Regelung an vergleichbare Bestimmungen in Schleswig-Holstein und Sachsen angelehnt hat, die sich ihrerseits auf das Gremium beziehen. Dies ergibt sich aus dem vom zuständigen Ministerium vorgelegten Aufstellungsvorgang zur Rechtsverordnung, den der Senat, weil es sich insoweit um generelle Rechtstatsachen, sogenannte "legal facts" handelt, heranziehen und auswerten darf (vgl. BVerwG, Urteil vom 20. März 2012 - 5 C 5.11 - BVerwGE 142, 145 Rn. 25 m. w. N. und Beschluss vom 2. Februar 2011 - 6 B 37.10 - Buchholz 421.2 Hochschulrecht Nr. 173 Rn. 11) und in dem sich eine Übersicht über in Schleswig-Holstein und Sachsen gewährte Ermäßigungsstunden befindet. Daraus ist unter anderem zu entnehmen, dass in Sachsen ab 51 Lehrkräften drei Ermäßigungsstunden je Dienststelle gewährt wurden und in Schleswig-Holstein 1,5 Ermäßigungsstunden, wenn in der Dienststelle zwischen 51 und 70 Lehrkräfte beschäftigt waren. Ein anderes Verständnis ergibt sich schließlich nicht daraus, dass Absatz 1 für den örtlichen Personalrat der Schulen eine dem § 1 Abs. 2 Satz 2 Halb. 2 PStZErmVO MV vergleichbare Regelung nicht enthält, die für Lehrerbezirkspersonalräte ausdrücklich regelt, dass über die Verteilung der Ermäßigungsstunden durch Beschluss zu entscheiden ist. Einer solchen Regelung bedurfte es nicht zwingend, weil es selbstverständlich ist, dass der Personalrat nach allgemeinen Regeln durch Beschluss darüber entscheidet, auf welche Mitglieder die Ermäßigungsstunden entfallen sollen. Dass bei der allein in Betracht kommenden Zuordnung ganzer Ermäßigungsstunden nicht alle Personalratsmitglieder hiervon profitieren können, ist angesichts der durch die Verordnungsermächtigung gebotenen Pauschalierung und Generalisierung unerheblich, zumal auch ansonsten zumindest an Freistellungen regelmäßig nicht alle Personalratsmitglieder in gleichem Umfang teilhaben.
Rz. 22
Die 2010 festgelegte Anzahl von Ermäßigungsstunden für die örtlichen Lehrerpersonalräte ist nicht zu beanstanden. Die Verordnungsgeberin hat den unbestimmten Rechtsbegriff "in angemessener Weise", den Zweck der Beurteilungsermächtigung und ihren gesetzlichen Rahmen nicht verkannt. Dies ergibt sich aus dem Aufstellungsvorgang. So wird beispielsweise im Schreiben des Ministeriums an den dortigen Lehrerhauptpersonalrat vom 13. November 2009 zum Entwurf der Pflichtstundenzahlermäßigungsverordnung wie auch in einem internen Vermerk vom 21. November 2008 ausgeführt, dass sich das Aufgabenspektrum der örtlichen Personalräte gerade im Hinblick auf die Einführung der "Selbstständigen Schule" erweitern werde. In einem Schreiben von Ende April 2010 an den Bürgerbeauftragten des Landes hat dies der Staatssekretär des Ministeriums ebenfalls bekundet und ergänzend darauf hingewiesen, dass die Personalvertretungen an den Schulen beispielsweise künftig auch bei Einstellungen, Versetzungen, Abordnungen sowie wesentlichen Veränderungen eines Arbeitsvertrages mitzuwirken hätten. Die Festlegung der Ermäßigungsstunden leidet auch nicht an einer unzureichenden Sachverhaltsermittlung. Da die Ermäßigungsstunden dem Ausgleich der durch die Personalratstätigkeit hervorgerufenen Belastung dienen, wäre es zwar naheliegend gewesen, diese Belastung in einem ersten Schritt etwa durch eine entsprechende Erhebung bei den örtlichen Personalräten über den Umfang der aufgewendeten Zeit zu ermitteln. Hier bestand aber die Besonderheit, dass die mit der Bildung von drei Fallgruppen verbundene Anhebung der Ermäßigungsstunden mit der Erwartung einer erhöhten Inanspruchnahme der örtlichen Personalräte im Zuge der Umsetzung des neu eingeführten Projekts "Selbstständige Schule" einherging. Das bedeutet zugleich, dass es noch keine diesbezüglichen Erfahrungswerte geben konnte und die bisherigen Erfahrungswerte nicht aussagekräftig waren für die von der Verordnungsgeberin hinsichtlich der künftigen Belastung zu treffende Prognoseentscheidung. Bei dieser Sachlage ist es nicht zu beanstanden, dass sich die Verordnungsgeberin im Wege des Abgleichs mit ähnlichen Regelungen anderer Länder einen Eindruck von dem gebotenen Ermäßigungsumfang verschafft und sich nach der Plausibilisierung ihrer so gewonnenen Einschätzung an diesen Ergebnissen orientiert hat. Der Aufstellungsvorgang beinhaltet eine Übersicht über in Schleswig-Holstein und Sachsen gewährte Ermäßigungsstunden, aus der sich unter anderem ergibt, dass in Schleswig-Holstein zwischen 51 und 70 Lehrkräften 1,5 Ermäßigungsstunden und in Sachsen ab 51 Lehrkräften drei Ermäßigungsstunden je Dienststelle gewährt wurden. Die von der Verordnungsgeberin gewählte Verfahrensweise ist weder ungeeignet noch unüblich und zumindest für den Beginn der Geltung eines neuen rechtlichen Rahmens (noch) ausreichend. Schließlich haben weder die im Aufstellungsverfahren beteiligten Stufenvertretungen gegen die für die örtlichen Lehrerpersonalräte vorgesehenen Ermäßigungsstunden Einwände erhoben, noch lassen sich dem Aufstellungsvorgang diesbezüglich Einwände örtlicher Lehrerpersonalräte entnehmen.
Rz. 23
(2) Es bestehen auch derzeit (noch) keine durchgreifenden Bedenken gegen § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 PStZErmVO MV in der am 26. April 2018 in Kraft getretenen und noch heute gültigen Fassung der Verordnung vom 6. April 2018 (GVOBl. M-V S. 131). Diese Vorschrift führt die bis dahin geltende Regelung des § 1 Abs. 1 Satz 4 PStZErmVO MV a. F. fort und gewährt "bei Dienststellen mit mindestens 51 wahlberechtigten Lehrkräften drei Ermäßigungsstunden" und zwar "für die Mitglieder eines Personalrates insgesamt, unabhängig von der Zahl der Mitglieder eines Personalrates". Während gegenüber der Vorgängerregelung das Kontingent an Ermäßigungsstunden unverändert bleibt, wird nunmehr ausdrücklich klargestellt, dass es sich nicht auf einzelne Personalratsmitglieder, sondern auf den Personalrat als Gremium bezieht, der gemäß § 1 Abs. 1 Satz 7 PStZErmVO MV durch Beschluss entscheidet, in welchem Umfang welchem Mitglied eine Ermäßigung in dem zur Verfügung stehenden Rahmen zu gewähren ist. Mit der Neufassung von § 1 Abs. 1 PStZErmVO MV reagierte die Verordnungsgeberin auf den in erster Instanz ergangenen Beschluss des Verwaltungsgerichts mit dem Ziel, das auch bisher in der Verordnung Geregelte unmissverständlich zum Ausdruck zu bringen, ohne dass sie in diesem Zusammenhang (oder später) die Angemessenheit des Umfangs der Ermäßigungsstunden überprüft hätte. Angesichts dessen, dass die 2010 erfolgte Festlegung der Pflichtstundenzahlermäßigung sich - wie dargelegt - nicht auf eine tatsächlich durchgeführte Erhebung des gebotenen Entlastungsumfangs, sondern im Wesentlichen (nur) auf eine im Wege des Rechtsvergleichs gewonnene Einschätzung der Verordnungsgeberin und deren Plausibilisierung stützt, sieht der Senat die aktuelle Festlegung der Ermäßigungsstunden lediglich für die laufende Amtsperiode der Personalräte als von der Verordnungsermächtigung noch gedeckt an. Um diese Deckung weiterhin zu gewährleisten, wird die Verordnungsgeberin den erforderlichen Entlastungsumfang bis zur nächsten turnusgemäßen Neuwahl der Personalräte neu zu ermitteln und diesen für die nachfolgende Zeit unter Beachtung der Anforderungen der Verordnungsermächtigung sowie gestützt auf eine entsprechend tragfähige, durch ausreichende Dokumentation nachvollziehbare Grundlage festzulegen haben.
Fundstellen
Dokument-Index HI15636685 |