Entscheidungsstichwort (Thema)
Konkurrentenstreit um einen A 16-Dienstposten
Leitsatz (amtlich)
Die Änderung des Anforderungsprofils in einem laufenden Auswahlverfahren stellt einen Abbruch des bisherigen Vergabeverfahrens dar und bedarf eines den Vorgaben aus Art. 33 Abs. 2 GG genügenden sachlichen Grundes, der in den Auswahlunterlagen zu dokumentieren ist.
Tenor
Das Bundesministerium der Verteidigung wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, bis zu einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts über den Antrag auf gerichtliche Entscheidung vom 14. Juni 2021, die Versetzung der Beigeladenen auf den nach A 16 dotierten Dienstposten des Leiters der... vorläufig rückgängig zu machen.
Dem Bundesministerium der Verteidigung wird im Wege der einstweiligen Anordnung ferner untersagt, bis zu einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts über den Antrag auf gerichtliche Entscheidung vom 14. Juni 2021 die Beigeladene mit der vorläufigen/kommissarischen oder teilweisen Wahrnehmung der Aufgaben des oben genannten Dienstpostens zu betrauen.
Die dem Antragsteller im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht einschließlich der im vorgerichtlichen Verfahren (§ 3 Abs. 2 WBO) erwachsenen notwendigen Aufwendungen werden dem Bund auferlegt.
Tatbestand
Rz. 1
Der Antragsteller begehrt vorläufigen Rechtsschutz in einem Konkurrentenstreit um die Besetzung des nach der Besoldungsgruppe A 16 bewerteten Dienstposten des Leiters der...
Rz. 2
Der Antragsteller ist Berufssoldat und Stabsoffizier mit der Befähigung zum Richteramt (Stabsoffizier Recht) im Kompetenzbereich Personalmanagement. Er wurde im November 2008 zum Oberstleutnant befördert. Mit Wirkung vom 1. Oktober 2013 wurde er in eine Planstelle der Besoldungsgruppe A 15 eingewiesen. Seit Oktober 2018 wird er als Dezernatsleiter Dienstrecht im... verwendet.
Rz. 3
Die Beigeladene ist ebenfalls Berufssoldatin und Stabsoffizier Recht im Kompetenzbereich Personalmanagement. Sie wurde im Juni 2009 zum Oberstleutnant befördert und mit Wirkung vom 1. Oktober 2013 in eine Planstelle der Besoldungsgruppe A 15 eingewiesen. Ab dem 1. Februar 2018 war sie als militärische Gleichstellungsbeauftragte des... für die volle regelmäßige Arbeitszeit von ihrer dienstlichen Tätigkeit entlastet.
Rz. 4
Am 23. Januar 2020 entschied die Präsidentin des Bundesamtes für das Personalmanagement der Bundeswehr ein erstes Mal, den streitgegenständlichen Dienstposten mit der Beigeladenen zu besetzen. In der Folge wurde die Beigeladene zum 2. März 2020 auf diesen Dienstposten versetzt. Nach einem erfolgreichen Eilantrag des Antragstellers (BVerwG, Beschluss vom 6. November 2020 - 1 WDS-VR 10.20 -) wurde sie mit Wirkung zum 1. Dezember 2020 auf den mit A 15 dotierten Dienstposten eines Stabsoffiziers Recht, DP-ID..., beim... versetzt. Der Beschluss des Senats vom 25. Februar 2021 - BVerwG 1 WB 15.20 - hob die Auswahlentscheidung vom 23. Januar 2020 sowie den Beschwerdebescheid des Bundesministeriums der Verteidigung vom 8. April 2020 auf und verpflichtete das Bundesministerium der Verteidigung, über die Besetzung des Dienstpostens unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden. Der Ausschluss des Antragstellers aus dem Eignungs- und Leistungsvergleich mit der Beigeladenen verletze seinen Bewerbungsverfahrensanspruch. Ihm könne nicht entgegengehalten werden, dass er zwingende Kriterien des Anforderungsprofils nicht erfülle. Zwar sei die Forderung nach Vorverwendungen in der Informations- und Öffentlichkeitsarbeit nach den Hauptaufgaben des streitgegenständlichen Dienstpostens nicht zu beanstanden. Dem Antragsteller könne aber nicht entgegengehalten werden, dass er nicht über solche Vorverwendungen verfüge. Er sei zwar nicht als Referent im Presse- und Informationsstab 2 des Bundesministeriums der Verteidigung verwendet worden; auch sei ihm in seinen Beurteilungen bisher keine außergewöhnliche Eignung für Verwendungen mit besonderer Außenwirkung bescheinigt worden. Diese Kriterien des Anforderungsprofils würden allerdings den Organisationsspielraum des Dienstherrn überschreiten.
Rz. 5
Unter dem 3. März 2021 beantragte der Antragsteller seine Versetzung auf den streitgegenständlichen Dienstposten. Unter dem 10. Mai 2021 erhob er Untätigkeitsbeschwerde. Mit Schreiben vom 14. Juni 2021 und vom 5. November 2021 stellte er Untätigkeitsantrag auf gerichtliche Entscheidung, der hier unter dem Aktenzeichen BVerwG 1 WB 45.21 anhängig ist.
Rz. 6
Am 14. Juli 2022 entschied die Vizepräsidentin des Bundesamtes für das Personalmanagement der Bundeswehr in Vertretung der Präsidentin ein zweites Mal, den streitgegenständlichen Dienstposten mit der Beigeladenen zu besetzen. Durch Verfügung vom 22. Juli 2022 wurde die Beigeladene zum 25. Juli 2022 erneut auf den streitgegenständlichen Dienstposten versetzt.
Rz. 7
Der Besetzungsentscheidung liegt die am 7. Juni 2022 getroffene Organisationsgrundentscheidung "Aufsteigende" zugrunde. Der Planungsbogen für das Auswahlverfahren weist neben den Hauptaufgaben des Dienstpostens folgende dienstpostenbezogenen Kriterien auf:
- KompBer AusbMgmt oder PersMgmt oder VorVwdg in den KompBer bzw. in der InfoA der Bw,
- Hauptamtliche Vwdg in der InfoABw auf Ebene Stabsoffizierin/-offizier
- Vorverwendung mit UTB-übergreifender Tätigkeit
- Vwdg als Referent/Referentin BMVg mit Leitungsbezug
- Abgeschlossenes Hochschulstudium (Diplom/Master/2. Staatsexamen)
- Erweiterte Sicherheitsüberprüfung Ü2
- ATN_1000505 - Pressestabsoffizierin/-offizier bzw. Stabsoffizierin/-offizier ÖA
- SLP Englisch 3332 (wünschenswert)
- Vwdg/Erfahrungen in den Bereichen Lehre/Ausbildung (wünschenswert)
- Verwendung auf Ebene Stabsoffizierin/-offizier im Bereich NATO Military Public Affairs (wünschenswert)
- Zertifizierte Kenntnisse im Qualitätsmanagement (wünschenswert).
Rz. 8
Damit wurden die dienstpostenbezogenen Kriterien des Anforderungsprofils im Vergleich zum vorangegangenen Auswahlverfahren 2020 teilweise neugefasst. Insbesondere sind die der Auswahlentscheidung vom 23. Januar 2020 zugrunde liegenden dienstpostenbezogenen Kriterien
- Verwendung als Referent im Bundesministerium der Verteidigung Presse- und Informationsstab 2
und
- Außergewöhnliche Eignung für Verwendungen mit besonderer Außenwirkung
nicht mehr Teil des Anforderungsprofils. Das Kriterium
- ATN Pressestabsoffizier Streitkräfte/Stabsoffizier Öffentlichkeitsarbeit (wünschenswert)
ist nunmehr Teil der zwingenden Auswahlkriterien. Anstelle der zuvor geforderten
- Verwendung in der Informationsarbeit Bw/Öffentlichkeitsarbeit
heißt es nunmehr:
- Hauptamtliche Vwdg in der InfoABw auf Ebene Stabsoffizierin/-offizier.
Rz. 9
Anstelle des Kriteriums
- Verwendung als Referent im Bundesministerium der Verteidigung oder als Grundsatzreferent/"Immediats"-Referent im Bundesministerium der Verteidigung mit Leitungsbezug,
ist nun formuliert:
- Vwdg als Referent/Referentin BMVg mit Leitungsbezug.
Rz. 10
Ausweislich des Planungsbogens wurden neben der Beigeladenen drei weitere Offiziere, darunter der Antragsteller, mitbetrachtet. Der Antragsteller könne die zwingenden Kriterien einer hauptamtlichen Verwendung in der Informationsarbeit der Bundeswehr auf Stabsoffiziersebene, eine Verwendung als Referent im Bundesministerium der Verteidigung mit Leitungsbezug sowie die ATN Pressestabsoffizier oder Stabsoffizier Öffentlichkeitsarbeit nicht vorweisen und werde vor diesem Hintergrund nicht weiter mitbetrachtet.
Rz. 11
Unter dem 29. Juli 2022 beschwerte sich der Antragsteller gegen diese Auswahlentscheidung. Am 1. August 2022 hat der Antragsteller Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz gestellt.
Rz. 12
Er macht geltend, die Auswahlentscheidung vom 14. Juli 2022 verletze seinen Bewerbungsverfahrensanspruch durch den Ausschluss aus dem Eignungs- und Leistungsvergleich mit der Beigeladenen. Sie beruhe auf einer unzulässigen Verengung des Kandidatenfeldes durch das geänderte Anforderungsprofil und missachte bindende Vorgaben aus der rechtskräftigen Entscheidung des Senats vom 25. Februar 2021 - BVerwG 1 WB 15.20 -. Nach der aufgehobenen Auswahlentscheidung seien ausweislich des Planungsbogens und des Informationssystems Organisationsgrundlagen die Bedarfsträgervorgaben für die Besetzung des Dienstpostens nicht geändert worden. Änderungen bei den dienstpostenbezogenen Anforderungen seien rechtswidrig. Ihm sei durch den Beschluss vom 25. Februar 2021 - BVerwG 1 WB 15.20 - bereits die Eignung für den Dienstposten bescheinigt worden. Sie sei auch in seiner aktuellen Beurteilung festgehalten. Die Beigeladene habe dagegen durch ihre Vorverwendungen die Eignung für den Dienstposten nicht erlangt. Ihre zeitweilige Verwendung auf dem Dienstposten dürfe bei der Auswahl nicht berücksichtigt werden. Er erfülle das Kriterium einer hauptamtlichen Verwendung auf der Ebene Stabsoffizier im Bereich der Informationsarbeit der Bundeswehr. Als Abteilungsleiter der... sei ihm der Pressebereich unterstellt gewesen und er habe selbst Aufgaben aus diesem Bereich wahrgenommen. Zudem sei er im Auslandseinsatz als Vertreter des "Chief of Staff" und "Coordinator" auch zuständig für die Pressearbeit gewesen. Seine Verwendung im Referat R II 2 des Bundesministeriums der Verteidigung habe Leitungsbezug gehabt. Die Ablehnung seines Antrages, ihm die ATN Pressestabsoffizier zuzuerkennen werde er nicht bestandskräftig werden lassen. Sie stehe ihm wegen der genannten Vorverwendung in der Presse- und Informationsarbeit zu. Der Beigeladenen sei die ATN dagegen rechtswidrig zuerkannt worden. Sie hätte auf dem dienstpostenähnlichen Konstrukt, auf dem sie nach der von ihm erwirkten einstweiligen Anordnung verwendet worden sei, nicht an den fraglichen Lehrgängen teilnehmen dürfen. Er erfülle des Weiteren die wünschenswerten Kriterien des SLP 3332 und der Verwendung im Bereich NATO Military Public Affairs auf der Ebene Stabsoffizier. Der Anordnungsgrund folge aus dem erneuten Einsatz der Beigeladenen auf dem Dienstposten, die dadurch einen Erfahrungsvorsprung zu erlangen drohe. Hierbei sei zu berücksichtigen, dass sie bereits nach dem ersten Auswahlverfahren auf dem Dienstposten verwendet worden sei.
Rz. 13
Der Antragsteller beantragt,
das Bundesministerium der Verteidigung im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, bis zu einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts über seinen Antrag auf gerichtliche Entscheidung vom 14. Juni 2021 die Versetzung der Beigeladenen auf den nach A 16 dotierten Dienstposten des Leiters der... vorläufig rückgängig zu machen, und
dem Bundesministerium der Verteidigung im Wege der einstweiligen Anordnung zu untersagen, bis zu einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts über den Antrag des Antragstellers auf gerichtliche Entscheidung gegen die Auswahlentscheidung der Präsidentin des Bundesamtes für das Personalmanagement der Bundeswehr vom 14. Juli 2022 die Beigeladene mit der vorläufigen/kommissarischen oder teilweisen Wahrnehmung der Aufgaben des o. g. Dienstpostens zu betrauen.
Rz. 14
Das Bundesministerium der Verteidigung beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.
Rz. 15
Der Antragsteller habe schon keinen Anordnungsgrund, da die Beigeladene ihren Dienst auf dem streitgegenständlichen Dienstposten erst am 25. Juli 2022 angetreten habe. Ihre Verwendung auf dem Dienstposten bis zur Eilentscheidung im ersten Verfahren sei unerheblich, weil es sich um eine gänzlich neue Auswahl handele. Wegen der unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats erfolgten Änderung des Anforderungsprofils handele es sich nicht mehr um den identischen Dienstposten. Da die Auswahlentscheidung rechtmäßig sei, fehle auch der Anordnungsanspruch. Der Antragsteller erfülle drei zwingende Kriterien des Anforderungsprofils nicht. Er verfüge weder über eine hauptamtliche Vorverwendung in der Informationsarbeit der Bundeswehr auf Stabsoffiziersebene noch über eine Vorverwendung als Referent im Bundesministerium der Verteidigung mit Leitungsbezug oder die ATN als Pressestabsoffizier. Das Kriterium einer hauptamtlichen Vorverwendung in der Informationsarbeit sei aus den Hauptaufgaben des Dienstpostens abzuleiten. Die ATN Pressestabsoffizier sei zulässig von einem weichen zu einem harten Kriterium aufgewertet worden. Die Forderung stelle eine nach der Senatsentscheidung vom 25. Februar 2021 gebotene Präzisierung des Kriteriums dar und begründe keinen Abbruch des Auswahlverfahrens. Zum Zeitpunkt der Auswahlentscheidung habe der Antragsteller über die ATN nicht verfügt und sie sei ihm auch nicht wegen seiner Tätigkeiten im Bereich der Presse- und Informationsarbeit von Amts wegen zuzuerkennen. Die geringe Größe des Kandidatenfeldes sei nicht zu beanstanden und folge aus der Spezialisierung der Tätigkeit. Der Zeitpunkt der Entscheidung liege im Ermessen des Dienstherrn. Es sei zu prüfen, ob weitere qualifizierte Kandidaten zu berücksichtigen seien. Das Abwarten aktueller Beurteilungen sei nicht pflichtwidrig. Diese hätten sich in den gesamten Streitkräften erheblich verzögert. Der Dienstherr habe dem Antragsteller nicht die Eignung für den Dienstposten zuerkannt. Dies folge auch nicht aus seiner Einbeziehung in das Kandidatenfeld. Die Eintragungen im Informationssystem Organisationsgrundlagen seien unerheblich. Die Eignung des Antragstellers für den Dienstposten sei auch nicht rechtskräftig durch den Senat festgestellt worden, da sich die Bedarfsträgerforderungen und das erforderliche Profil verändert hätten. Entgegen der Rechtsauffassung des Antragstellers erfülle die Beigeladene die zwingenden Kriterien des Anforderungsprofils vollständig. Insbesondere sei ihr die ATN Pressestabsoffizier nach dem Absolvieren der hierfür vorgesehenen Lehrgänge und einer Ausnahmegenehmigung für einen Teil der Ausbildung rechtmäßig zuerkannt worden.
Rz. 16
Die Beigeladene hat keinen eigenen Antrag gestellt, führt aber ergänzend zu ihren Vorverwendungen und Qualifikationen aus und verweist darauf, dass der Antragsteller weder über die ATN Pressestabsoffizier noch über eine hauptamtliche Verwendung in der Informationsarbeit verfüge. Die Änderungen des Anforderungsprofils seien als Ersatz für die vom Senat beanstandeten Kriterien erforderlich gewesen. Im Interesse der Dienststelle sei ihre Betrauung mit den Aufgaben des Dienstpostens geboten. Ihr dabei gewonnener Erfahrungsvorsprung gegenüber dem Antragsteller dürfe dann nicht berücksichtigt werden.
Rz. 17
Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen. Die Beschwerdeakte des Bundesministeriums der Verteidigung und die Personalgrundakten des Antragstellers und der Beigeladenen haben dem Senat bei der Beratung vorgelegen.
Entscheidungsgründe
Rz. 18
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung hat Erfolg.
Rz. 19
1. Der gemäß § 23a Abs. 2 Satz 1 WBO i. V. m. § 123 VwGO statthafte Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist zulässig. Sachlich zuständig ist das Bundesverwaltungsgericht als Gericht der bereits anhängigen Hauptsache (§ 123 Abs. 2 Satz 1 VwGO, § 21 Abs. 1 Satz 1 WBO).
Rz. 20
Der Zulässigkeit des Antrages steht § 3 Abs. 2 WBO nicht entgegen. Das Bundesministerium der Verteidigung hat in seiner Stellungnahme vom 26. August 2022 ausdrücklich erklärt, dass Abhilfe nicht erfolgen wird. Dem Erfordernis, dass die nach § 3 Abs. 2 WBO zuständige Stelle vor einer gerichtlichen Entscheidung Gelegenheit gehabt haben soll, selbst eine einstweilige Maßnahme zu treffen, ist damit Rechnung getragen (BVerwG, Beschluss vom 18. Dezember 2017 - 1 WDS-VR 8.17 - Rn. 15).
Rz. 21
Insbesondere hat sich der Rechtsstreit nicht dadurch erledigt, dass der strittige Dienstposten mit der Beigeladenen besetzt wurde (vgl. BVerwG, Beschluss vom 29. November 2018 - 1 WB 44.17 - juris Rn. 16). Nach ständiger Rechtsprechung des Senats verfestigt sich eine einmal getroffene militärische Verwendungsentscheidung nicht dahin, dass der durch sie begünstigte Soldat eine rechtlich gesicherte Position erwirbt, auf dem ihm zugewiesenen Dienstposten verbleiben zu können; er müsste es vielmehr hinnehmen, von dem Dienstposten wegversetzt zu werden, wenn der Antragsteller bei der Stellenbesetzung ihm gegenüber rechtswidrig übergangen worden wäre (stRspr, vgl. z. B. BVerwG, Beschluss vom 25. April 2007 - 1 WB 31.06 - BVerwGE 128, 329 Rn. 39 m. w. N.).
Rz. 22
2. Der Antrag ist begründet.
Rz. 23
a) Für die begehrte einstweilige Anordnung besteht ein Anordnungsgrund (§ 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO).
Rz. 24
Nach der Rechtsprechung des Senats kann sich in Konkurrentenstreitigkeiten um die Besetzung eines Dienstpostens ein Anordnungsgrund daraus ergeben, dass ein rechtswidrig ausgewählter Bewerber auf dem Dienstposten einen Erfahrungsvorsprung erlangt, der im Fall des Obsiegens des Antragstellers in der Hauptsache bei einer erneuten Auswahlentscheidung zu berücksichtigen wäre. Ein insoweit beurteilungsrelevanter Erfahrungsvorsprung und damit ein Anordnungsgrund ist allerdings erst anzunehmen, wenn zwischen dem Dienstantritt des ausgewählten Bewerbers auf dem strittigen Dienstposten und der (noch zu treffenden) gerichtlichen Entscheidung in der Hauptsache ein Zeitraum von deutlich mehr als sechs Monaten liegt (stRspr, vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 29. April 2010 - 1 WDS-VR 2.10 - Buchholz 310 § 123 VwGO Nr. 28 Rn. 20 f. und vom 19. Dezember 2011 - 1 WDS-VR 5.11 - BVerwGE 141, 271 Rn. 29 f.).
Rz. 25
Die Beigeladene war bereits vom 2. März 2020 bis zum 1. Dezember 2020 auf dem Dienstposten eingesetzt und wird dort nunmehr seit dem 25. Juli 2022 erneut verwendet. In der Summe ist die Spanne von sechs Monaten vorliegend überschritten. Entgegen der Einschätzung des Bundesministeriums der Verteidigung handelt es sich bei der neuen Auswahlentscheidung nicht um die Vergabe eines anderen Dienstpostens. Zwar haben sich die Kriterien des Anforderungsprofils, aber nicht die Aufgaben des Dienstpostens und dessen Dotierung geändert. Diese Aspekte sind für die Frage nach dem Erfahrungsvorsprung ausschlaggebend, bezieht sich dieser doch auf die einschlägige Tätigkeit von beurteilungsrelevanter Dauer. Dass nach Auffassung der Beigeladenen ihr Erfahrungsvorsprung dem Antragsteller nicht entgegengehalten werden könne, ist unerheblich. Die Berücksichtigung einzelner Kriterien im Rahmen der Auswahlentscheidung liegt im pflichtgemäßen Ermessen der für die Auswahlentscheidung zuständigen Präsidentin des Bundesamtes für das Personalmanagement der Bundeswehr und steht nicht zur Disposition der Beteiligten.
Rz. 26
b) Der Antragsteller hat zudem einen Anordnungsanspruch (§ 123 Abs. 3 VwGO i. V. m. § 920 Abs. 2 ZPO) glaubhaft gemacht. Die Entscheidung der Vizepräsidentin des Bundesamtes für das Personalmanagement der Bundeswehr vom 14. Juli 2022, den streitgegenständlichen Dienstposten mit der Beigeladenen zu besetzen, ist nach summarischer Prüfung bereits aus formellen Gründen rechtswidrig und verletzt daher voraussichtlich den Bewerbungsverfahrensanspruch des Antragstellers (Art. 33 Abs. 2 GG, § 3 Abs. 1 SG).
Rz. 27
aa) Nach der Rechtsprechung zu beamtenrechtlichen Konkurrentenstreitigkeiten um Beförderungsämter folgt aus Art. 33 Abs. 2 GG ein Bewerbungsverfahrensanspruch, der Bewerbern um ein öffentliches Amt ein grundrechtsgleiches Recht auf leistungsgerechte Einbeziehung nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung in die Bewerberauswahl gibt; die Bewerbung darf nur aus Gründen abgelehnt werden, die durch Art. 33 Abs. 2 GG gedeckt sind (vgl. BVerwG, Urteil vom 17. August 2005 - 2 C 37.04 - BVerwGE 124, 99 ≪102≫). § 3 Abs. 1 SG übernimmt die Grundsätze des Art. 33 Abs. 2 GG in das Dienstverhältnis der Soldaten und erstreckt sie über Ernennungen hinaus auf Verwendungsentscheidungen. Der Senat hat deshalb einen dem Beamtenrecht entsprechenden Bewerbungsverfahrensanspruch auch für soldatenrechtliche Konkurrenzverhältnisse anerkannt (vgl. z. B. BVerwG, Beschluss vom 29. Januar 2013 - 1 WB 60.11 - NVwZ 2013, 1227 Rn. 40 m. w. N.). Allerdings beschränkt sich die Geltung des Grundsatzes der Bestenauslese im Bereich der Verwendungsentscheidungen auf Entscheidungen über - wie hier - höherwertige, die Beförderung in einen höheren Dienstgrad oder die Einweisung in die Planstelle einer höheren Besoldungsgruppe vorprägende Verwendungen (vgl. klarstellend BVerwG, Beschluss vom 30. Januar 2014 - 1 WB 1.13 - Buchholz 449.2 § 6 SLV 2002 Nr. 6 Rn. 32).
Rz. 28
aaa) Bei einem freien und besetzbaren Dienstposten liegt es im Organisationsermessen des Dienstherrn, wie er die Art des Dienstpostens bestimmt (vgl. zum gesamten Folgenden BVerwG, Beschlüsse vom 28. September 2017 - 1 WB 44.16 und 45.16 - juris Rn. 29 und vom 19. Juli 2018 - 1 WB 3.18 - Buchholz 449 § 3 SG Nr. 92 Rn. 31). Der Dienstherr ist auch berechtigt, dem Auswahlverfahren ein Anforderungsprofil zugrunde zu legen. Dies muss jedoch ausschließlich auf leistungsbezogene Auswahlkriterien abstellen, die zudem in einem engen inhaltlichen Zusammenhang mit den Anforderungen der zu besetzenden Stelle stehen müssen (BVerwG, Urteil vom 26. Januar 2012 - 2 A 7.09 - BVerwGE 141, 361 Rn. 19). Die Einengung des Kreises der nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung zu vergleichenden Bewerber um ein öffentliches Amt durch die Festlegung eines Anforderungsprofils kann wegen der damit teilweise verbundenen Vorwegnahme der Auswahlentscheidung jedenfalls nur aufgrund sachlicher, dem Grundsatz der Bestenauslese entsprechender Erwägungen erfolgen; die Einhaltung der der Organisationsgewalt des Dienstherrn gezogenen Schranken unterliegt der gerichtlichen Kontrolle (BVerfG, Beschluss vom 26. November 2010 - 2 BvR 2435/10 - NVwZ 2011, 746 Rn. 13).
Rz. 29
Aus Art. 33 Abs. 2 i. V. m. Art. 19 Abs. 4 GG folgt ferner die Verpflichtung des Dienstherrn, die seiner Entscheidung zugrunde liegenden wesentlichen Auswahlerwägungen schriftlich niederzulegen, um eine sachgerechte Kontrolle durch den unterlegenen Bewerber und ggf. durch das Gericht zu ermöglichen (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 9. Juli 2007 - 2 BvR 206/07 - NVwZ 2007, 1178 ≪1179≫). Dem folgend hat der Senat eine entsprechende Verpflichtung zur Dokumentation der wesentlichen Auswahlerwägungen auch für Entscheidungen angenommen, die ein Konkurrenzverhältnis um eine höherwertige militärische Verwendung betreffen (vgl. z. B. BVerwG, Beschlüsse vom 25. April 2007 - 1 WB 31.06 - BVerwGE 128, 329 Rn. 50 und vom 16. Dezember 2008 - 1 WB 19.08 - BVerwGE 133, 13 Rn. 36).
Rz. 30
bbb) Änderungen des Anforderungsprofils im Rahmen eines laufenden Auswahlverfahrens kommen dem Abbruch des bereits eingeleiteten Auswahlverfahrens und der Einleitung eines neuen Auswahlverfahrens gleich. Denn damit wird das Auswahlverfahren bei fortbestehender Stellenbesetzungsabsicht gleichsam "auf Null" zurückgesetzt (BVerwG, Urteil vom 26. Januar 2012 - 2 A 7.09 - BVerwGE 141, 361 Rn. 29). Die Änderungen des Anforderungsprofils sind daher nur unter den Voraussetzungen zulässig, die für einen rechtmäßigen Abbruch eines Auswahlverfahrens gelten.
Rz. 31
Ein Auswahlverfahren kann zwar auch dann durch einen wirksamen Abbruch beendet werden, wenn der Dienstherr die Stelle weiterhin vergeben will, hierfür aber ein neues Auswahlverfahren für erforderlich hält (BVerwG, Urteil vom 3. Dezember 2014 - 2 A 3.13 - BVerwGE 151,14 Rn. 17). Diese Form des Abbruches des Auswahlverfahrens bedarf aber eines sachlichen Grundes, der den Vorgaben aus Art. 33 Abs. 2 GG genügt (BVerwG, Urteile vom 26. Januar 2012 - 2 A 7.09 - BVerwGE 141, 361 Rn. 27 und vom 3. Dezember 2014 - 2 A 3.13 - BVerwGE 151,14 Rn. 19 m. w. N.). Wird der Abbruch eines Auswahlverfahrens dieser Anforderung nicht gerecht, so darf von Verfassungs wegen keine Neuausschreibung erfolgen. Durch eine Auswahlentscheidung in einem neuen Auswahlverfahren werden die Bewerber des ursprünglichen Auswahlverfahrens in ihrem Bewerbungsverfahrensanspruch verletzt (BVerfG, Beschluss vom 28. November 2011 - 2 BvR 1181/11 - NVwZ 2012, 366 Rn. 22). Das Erfordernis eines sachlichen Grundes gilt auch für den Abbruch eines Auswahlverfahrens um eine höherwertige Verwendung bei Soldatinnen und Soldaten, weil dieses Verfahren für die Übertragung eines höherwertigen Amtes im Sinne von Art. 33 Abs. 2 GG vorgreiflich ist (BVerwG, Beschluss vom 27. Februar 2014 - 1 WB 7.13 - BVerwGE 149, 153 Rn. 29).
Rz. 32
Die Rechtmäßigkeit des Abbruchs setzt darüber hinaus voraus, dass die Bewerber hiervon rechtzeitig und in geeigneter Form Kenntnis erlangen und der wesentliche Abbruchgrund schriftlich dokumentiert wird (BVerwG, Urteile vom 26. Januar 2012 - 2 A 7.09 - BVerwGE 141, 361 Rn. 28 und vom 3. Dezember 2014 - 2 A 3.13 - BVerwGE 151, 14 Rn. 20 jeweils m. w. N.). Diese Informations- und Dokumentationspflicht gilt unabhängig davon, ob im Auswahlverfahren eine Ausschreibungspflicht besteht oder nicht (vgl. BVerwG, Urteil vom 26. Januar 2012 - 2 A 7.09 - juris Rn. 2). Die Bewerber werden grundsätzlich nur durch eine schriftliche Fixierung der wesentlichen Erwägungen in die Lage versetzt, etwa anhand von Akteneinsicht sachgerecht darüber befinden zu können, ob die Entscheidung des Dienstherrn ihren Bewerbungsverfahrensanspruch berührt und ob Rechtsschutz in Anspruch genommen werden sollte. Darüber hinaus eröffnet erst die Dokumentation des sachlichen Grundes für den Abbruch des Auswahlverfahrens dem Gericht die Möglichkeit, die Beweggründe für den Abbruch nachzuvollziehen. Etwas Anderes gilt nur dann, wenn sich der sachliche Grund für den Abbruch evident aus dem Vorgang selbst ergibt. Die Annahme, die maßgeblichen Erwägungen könnten auch erstmals im Rahmen eines verwaltungsgerichtlichen Eilverfahrens über die Besetzung der betroffenen Stelle dargelegt werden, mindert die Rechtsschutzmöglichkeiten der Bewerber in unzumutbarer Weise (BVerfG, Beschluss vom 28. November 2011 - 2 BvR 1181/11 - NVwZ 2012, 366 Rn. 23). Diese Erwägungen gelten entsprechend für den Abbruch eines Auswahlverfahrens um eine Verwendung auf einem höherwertigen militärischen Dienstposten. Auch hier bewirkt der Abbruch des Auswahlverfahrens und die Vergabe des höherwertigen Dienstpostens zu neuen Bedingungen, dass die im bisherigen Bewerbungsverfahren in Betracht gezogenen Soldatinnen und Soldaten bereits erworbene Rechtspositionen verlieren. Auch Ihnen muss durch die Mitteilung des Abbruchs des Auswahlverfahrens und die Dokumentation des Abbruchgrunds die Möglichkeit eröffnet werden, die Rechtmäßigkeit des Vorgehens zu prüfen und dies gegebenenfalls im Beschwerdeweg und im gerichtlichen Antragsverfahren kontrollieren zu lassen.
Rz. 33
bb) Hiernach kann voraussichtlich dahinstehen, ob es hinreichende sachliche Gründe für den mit den Änderungen des Anforderungsprofils bewirkten Abbruch des Auswahlverfahrens gibt. Denn es fehlt bei summarischer Betrachtung jedenfalls an einer hinreichenden Dokumentation.
Rz. 34
aaa) Die Änderungen des Anforderungsprofils durch die Aufnahme des zuvor nur wünschenswerten Kriteriums der ATN Pressestabsoffizier in den Kreis der zwingenden Kriterien, die Forderung nach einer hauptamtlichen Verwendung in der Presse- oder Informationsarbeit sowie die Forderung nach einem Leitungsbezug für die verlangte Verwendung als Referent im Bundesministerium der Verteidigung stellen inhaltliche Änderungen der zwingenden Kriterien des Anforderungsprofils dar, die den Kreis der in den Leistungsvergleich einzubeziehenden Kandidaten verkleinern, insbesondere den Antragsteller aus dem Leistungsvergleich ausschließen, während ihm dies aus den im Beschluss vom 15. Februar 2021 - BVerwG 1 WB 15.20 - ausgeführten Gründen, für das ursprüngliche Anforderungsprofil nicht entgegengehalten werden durfte. Da der Ausschluss des Antragstellers aus der weiteren Betrachtung bereits nach der Einschätzung der für die Auswahlentscheidung zuständigen (Vize-)Präsidentin des Bundesamtes für das Personalmanagement der Bundeswehr und des Bundesministeriums der Verteidigung die Folge des geänderten Anforderungsprofils ist, stellen die Änderungen eine wesentliche Zäsur dar, die dem Abbruch des ursprünglichen Auswahlverfahrens und einer Neueinleitung gleichkommt. Sie müssen daher den oben angeführten rechtlichen Grundsätzen genügen. Entgegen der Einschätzung des Bundesministeriums der Verteidigung gilt auch im Hinblick auf die Einfügung des Wortes "hauptamtlich" in die Forderung nach einer Vorverwendung in der Informationsarbeit der Bundeswehr nichts Anderes. Der Senat hat zwar - wenn auch nur in einem obiter dictum - angemerkt, dass eine entsprechende Formulierung wohl nicht beanstandet worden wäre, er hat allerdings tragend darauf abgestellt, dass diese Formulierung im maßgeblichen Anforderungsprofil nicht enthalten war. Eine "Präzisierung", die den Kreis der in den Leistungsvergleich einzubeziehenden Bewerber verengt, stellt eine inhaltliche Änderung des Anforderungsprofils dar.
Rz. 35
bbb) Die Verfahrensunterlagen werden den oben angeführten Informations- und Dokumentationserfordernissen voraussichtlich nicht in vollem Umfang gerecht.
Rz. 36
(1) Die Planungsbögen weisen die Organisationsgrundentscheidung "Aufsteigende", also die Auswahl unter Kandidaten für einen förderlichen Dienstposten, aus. Sie dokumentieren neben den Hauptaufgaben des in Rede stehenden Dienstpostens dienstpostenunabhängige und dienstpostenabhängige Kriterien des Anforderungsprofils, wobei zwischen zwingenden und nur wünschenswerten Kriterien differenziert wird. Dokumentiert sind auch die Gründe, aus denen eine vergleichende Betrachtung des Antragstellers mit der Beigeladenen unterblieben ist.
Rz. 37
(2) Jedoch liegt ein Dokumentationsmangel darin, dass weder der Grund für den Abbruch des ursprünglichen Auswahlverfahrens noch die Gründe für die vorgenommenen Änderungen im Anforderungsprofil in den Auswahlunterlagen dokumentiert sind. Keiner zusätzlichen Dokumentation bedarf allein die durch die tragenden Gründe des Beschlusses vom 25. Februar 2021 geforderte Streichung der vom Senat beanstandeten Kriterien. Dagegen muss der Dienstherr dokumentieren, warum er das Auswahlverfahren nicht ohne weitere Änderungen als die Streichung der vom Senat beanstandeten Kriterien fortsetzt. Erwägungen hierzu finden sich in den Auswahlunterlagen bei summarischer Durchsicht nicht. Die Dokumentation des Abbruchgrundes war auch nicht ausnahmsweise entbehrlich, weil sich der sachliche Grund für den Abbruch evident aus dem Vorgang selbst ergeben hätte. Zwar ist ein Abbruch sachlich gerechtfertigt, wenn das bisherige Verfahren fehlerbehaftet ist und die Änderung des Anforderungsprofils der Durchführung eines fehlerfreien Verfahrens dient. Wird dem Dienstherrn im gerichtlichen Verfahren - wie hier - untersagt, den von ihm ausgewählten Bewerber auf dem höherwertigen Dienstposten zu verwenden, kann der Dienstherr regelmäßig den Schluss ziehen, seine bisherige Verfahrensweise begegne erheblichen Zweifeln im Hinblick auf Art. 33 Abs. 2 GG (BVerwG, Urteil vom 29. November 2012 - 2 C 6.11 - BVerwGE 145, 185 Rn. 20). Der Grund für den Abbruch ist aber jedenfalls dann nicht evident, wenn das Anforderungsprofil nicht Gegenstand der gerichtlichen Kritik ist (vgl. VGH München, Beschluss vom 5 Februar 2019 - 3 CE 18.2608 - juris Rn. 28 f.) oder wenn - wie hier - nicht ersichtlich ist, aus welchen Gründen die Fortführung des Auswahlverfahrens unter Verwendung der unbeanstandeten Kriterien des Anforderungsprofils nicht sachgerecht ist.
Rz. 38
Zwar hat die Beigeladene darauf hingewiesen, dass für die Auswahl eines fachlich ausreichend qualifizierten Kandidaten zusätzliche Anforderungen anstelle der vom Senat beanstandeten Kriterien erforderlich gewesen seien. Es kommt allerdings nicht darauf an, ob diese Erwägungen aus Sicht der Beigeladenen sachgerecht wären. Denn die Entscheidung über den Abbruch des ursprünglichen Auswahlverfahrens und seiner Fortsetzung unter geänderten Voraussetzungen kommt allein dem Dienstherrn zu. Dieser hat ermessensfehlerfrei über die Notwendigkeit eines Abbruchs des Auswahlverfahrens zu entscheiden und ist gehalten, die hierfür tragenden Erwägungen zu dokumentieren. Allein die die Entscheidung der (Vize-)Präsidentin des Bundesamtes für das Personalmanagement der Bundeswehr tragenden und dokumentierten Erwägungen können Gegenstand der Prüfung des Senats sein. Weder der Senat noch die Beigeladene sind berechtigt, Ermessen anstelle der für die Auswahlentscheidung zuständigen Stelle auszuüben und können daher durch eigene Erwägungen auch eine unzureichende Dokumentation nicht ersetzen.
Rz. 39
(3) Schließlich hat der Dienstherr voraussichtlich auch seine Informationspflicht verletzt. Er hat nach Aktenlage nicht vor der Neubesetzung des Dienstpostens die im ersten Auswahlverfahren in Betracht gezogenen Soldaten und Bewerber über den Abbruch des Auswahlverfahrens in Kenntnis gesetzt. Jedenfalls ist der Antragsteller bei summarischer Prüfung der Sachlage nicht in die Lage versetzt worden, die für einen Abbruch sprechenden Gründe zu prüfen und in einem Beschwerde- oder gerichtlichen Eilverfahren die Rechtmäßigkeit dieses Vorgehens kontrollieren zu lassen. Eine Vergabe eines förderlichen Dienstpostens auf der Grundlage eines neuen Anforderungsprofils darf aber - wie ausgeführt - aufgrund des Bewerbungsverfahrensanspruchs der bislang beteiligten Soldatinnen und Soldaten erst erfolgen, wenn die Rechtmäßigkeit des Abbruchs des bisher durchgeführten Auswahlverfahrens geklärt ist.
Rz. 40
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 21 Abs. 2 Satz 1 i. V. m. § 20 Abs. 1 Satz 1 WBO. Die Beigeladene, die keinen eigenen Sachantrag gestellt hat, trägt die ihr entstandenen Aufwendungen selbst.
Fundstellen
Haufe-Index 15636687 |
ZBR 2023, 312 |
RiA 2023, 167 |
NPA 2024, 0 |
NZWehrr 2024, 244 |