Entscheidungsstichwort (Thema)
Abtretbarkeit des Anspruches auf Erstattung von Schulungskosten
Leitsatz (amtlich)
Ansprüche auf Erstattung von Schulungskosten können an den Veranstalter der Schulung, der die Kosten verauslagt hat, abgetreten werden.
Normenkette
BPersVG § 44 Abs. 1, § 46 Abs. 6; BGB §§ 398, 400
Verfahrensgang
Schleswig-Holsteinisches OVG (Beschluss vom 02.12.1981; Aktenzeichen P OVG B 15/81) |
VG Schleswig-Holstein (Entscheidung vom 26.03.1981; Aktenzeichen PB 23/79) |
Tenor
Auf die Rechtsbeschwerde der Antragstellerin wird der Beschluß des Oberverwaltungsgerichts für die Länder Niedersachsen und Schleswig-Holstein – Fachsenat für Personalvertretungssachen des Bundes – vom 2. Dezember 1981 aufgehoben und die Sache zur anderweitigen Entscheidung an das Beschwerdegericht zurückverwiesen.
Tatbestand
I.
Die Deutsche Angestellten-Gewerkschaft, die Antragstellerin, führte im Jahre 1977 einen Lehrgang durch, an dem auf Beschluß des Personalrats der Erprobungsstelle 71 dessen hierfür gemäß § 46 Abs. 6 BPersVG vom Dienst freigestelltes Mitglied Frau P. teilnahm. Mit Erklärung vom 1. Juli 1977 trat Frau P. aus ihrem Anspruch auf Kostenerstattung den Betrag von 292,26 DM (Vollpension von 48 DM für 5 Tage, Fahrkosten von 52,26 DM) an die Antragstellerin ab. Unter dem 2. Juli 1977 verlangte die Antragstellerin von dem Leiter der Erprobungsstelle 71, dem Beteiligten, die Erfüllung der abgetretenen Forderung. Dies verweigerte der Beteiligte, nachdem das Bundesamt für Wehrtechnik und Beschaffung die Erforderlichkeit der Schulung verneint hatte.
Die Antragstellerin hat daraufhin das personalvertretungsrechtliche Beschlußverfahren eingeleitet und beantragt,
ihr die Kosten der Teilnahme des Personalratsmitglieds Frau P. an dem Lehrgang in W. in Höhe von 292,26 DM zu erstatten.
Das Verwaltungsgericht hat den Antrag abgelehnt. Das Beschwerdegericht hat die dagegen gerichtete Beschwerde der Antragstellerin als unzulässig zurückgewiesen, im wesentlichen aus folgenden Gründen:
Als Gewerkschaft könne die Antragstellerin die einem Personalratsmitglied im Rahmen einer von ihr veranstalteten Schulung entstandenen Unkosten weder aus eigenem noch aus abgetretenen Recht noch in Prozeßstandschaft für das Personalratsmitglied geltend machen. Die Befugnis der in einer Dienststelle vertretenen Gewerkschaften, im personalvertretungsrechtlichen Beschlußverfahren aus eigenem Recht Anträge zu stellen, beschränke sich auf die im Bundespersonalvertretungsgesetz ausdrücklich vorgesehenen Gegenstände. Danach sei die Antragstellerin nicht befugt, sich an einem Beschlußverfahren zu beteiligen, in dem über die Erforderlichkeit einer von ihr durchgeführten Schulungsveranstaltung zu entscheiden sei. Eine Ausweitung ihrer Beteiligungsbefugnis im Wege der Analogie sei ausgeschlossen.
Auch aus abgetretenem Recht lasse sich die Befugnis der Antragstellerin zur Durchführung des Verfahrens nicht herleiten. Denn sie wolle nicht nur die Erfüllung der ihr abgetretenen Forderung erreichen, sondern das Gericht zu der für den geltend gemachten Anspruch vorgreiflichen Feststellung veranlassen, daß die Kenntnisse, welche in der von ihr veranstalteten Schulung vermittelt worden seien, für die Arbeit im Personalrat der Erprobungsstelle 71 notwendig waren und das Personalratsmitglied Frau ihrer bedürfe. Ein diese Feststellung umfassender Anspruch sei ihr jedoch nicht abgetreten worden und sei auch nicht abtretbar.
Schließlich sei die Antragstellerin auch nicht befugt, die Rechte des Personalratsmitglieds Frau P. im Rahmen einer Prozeßstandschaft im eigenen Namen gerichtlich geltend zu machen. Denn ihre rechtliche Stellung zu Frau P. unterscheide sich von der des entsendenden Personalrats, der durch die Verweigerung der streitigen Forderung in seinen eigenen Rechten berührt sei. Die Satzung und die Rechtsschutzordnung der Antragstellerin begründeten ebenfalls keine Prozeßstandschaft. Auch die Voraussetzungen einer auf vertraglicher Grundlage geschaffenen Prozeßstandschaft seien nicht erfüllt.
Gegen diesen Beschluß richtet sich die vom Beschwerdegericht zugelassene Rechtsbeschwerde der Antragstellerin, mit der sie der Auffassung des Beschwerdegerichts entgegentritt, ihr fehle die für das personalvertretungsrechtliche Beschlußverfahren erforderliche Antragsbefugnis. Sie ist der Auffassung, diese Befugnis stehe nicht nur demjenigen zu, der in einem eigenen, ihm aus dem Personalvertretungsrecht erwachsenden Recht berührt sei, sondern auch demjenigen, dem ein Berechtigter seine Rechtsposition übertragen habe. Das Beschwerdegericht habe sie daher jedenfalls aus abgetretenem Recht als antragsbefugt ansehen müssen. Dem stehe nicht entgegen, daß die Entscheidung über den geltend gemachten Anspruch die Prüfung der Erstattungsfähigkeit der verauslagten Aufwendungen voraussetze. Denn der Verfahrensgegenstand ergebe sich allein aus dem gestellten Antrag, der sich auf die Zahlung eines bestimmten Betrages beschränke. Im übrigen sei die Unterscheidung des Beschwerdegerichts zwischen reinen Kostenerstattungsansprüchen und solchen, denen ein Feststellungsanspruch innewohne, rechtlich nicht haltbar. Deswegen sei auch die Auffassung des Beschwerdegerichts unrichtig, das Personalratsmitglied Frau P. habe den geltend gemachten Anspruch nicht an die Antragstellerin abtreten können.
Die Antragstellerin beantragt,
den Beschluß des Oberverwaltungsgerichts für die Länder Niedersachsen und Schleswig-Holstein – Fachsenat für Personalvertretungssachen des Bundes – vom 2. Dezember 1981 und den Beschluß des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts – Fachkammer für Bundespersonalvertretungssachen – vom 26. März 1981 aufzuheben und den Beteiligten zu verpflichten, der Antragstellerin von den Kosten für die Teilnahme des Personalratsmitglieds Frau P. an dem Lehrgang in W. 292,26 DM zu erstatten.
Der Beteiligte tritt der Rechtsbeschwerde entgegen und verteidigt den angefochtenen Beschluß.
Entscheidungsgründe
II.
Die zulässige Rechtsbeschwerde ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung der Sache an das Beschwerdegericht.
Das Beschwerdegericht ist im Einklang mit der Rechtsprechung des erkennenden Senats davon ausgegangen, daß sich der von der Antragstellerin geltend gemachte Anspruch aus dem Personalratsamt des Mitgliedes des Personalrats ableitet, dem die Aufwendungen erwachsen sind (BVerwGE 8, 202 [203]; 34, 143 [144]; 58, 54 [56]). Sofern der Anspruch besteht, ist er folglich nur in der Person des Personalratsmitglieds Frau P. erwachsen. Daraus hat das Beschwerdegericht die zutreffende Folgerung gezogen, daß die Antragstellerin die diesem Personalratsmitglied möglicherweise zustehende Erstattungsleistung nicht als eigene fordern kann. Auch für eine gewillkürte Prozeßstandschaft der Antragstellerin, die sie berechtigen würde, den Anspruch der Frau P. im eigenen Namen gerichtlich geltend zu machen, bietet der Sachverhalt keinen rechtlichen Anhaltspunkt. Eine derart begründet Antrags- und Rechtsmittelbefugnis der Antragstellerin – auf die sich diese im übrigen nicht beruft – verneint der angefochtene Beschluß daher mit Recht.
Der in dem angefochtenen Beschluß vertretenen Auffassung, der geltend gemachte Anspruch sei nicht abtretbar und deswegen von Frau P. nicht wirksam mit der Folge an die Antragstellerin abgetreten worden, daß diese das personalvertretungsrechtliche Beschlußverfahren habe einleiten dürfen, kann hingegen nicht gefolgt werden. Dem Beschwerdegericht ist allerdings darin beizupflichten, daß die Antragstellerin nicht nur das in ihrem Antrag formulierte Zahlungsverlangen verfolgt und sich bei rechtem Verständnis von Frau P. auch nicht nur die entsprechende Geldforderung hat abtreten lassen, sondern daß sie einen Verpflichtungsanspruch geltend macht, dem nur entsprochen werden kann, wenn die – von dem erkennenden Senat in BVerwGE 58, 54 (64 ff.) im einzelnen dargelegten – Voraussetzungen der verlangten Erstattung der Schulungskosten bei Frau P. erfüllt waren. Denn der Beteiligte kann zur Tragung der durch die Teilnahme der Frau P. an dem Lehrgang in W. entstandenen Kosten nur verpflichtet werden, wenn diese Schulungsveranstaltung der Frau P. Kenntnisse vermittelt hat, die für ihre Tätigkeit im Personalrat erforderlich sind oder waren (Beschluß vom 27. April 1979 – BVerwG 6 P 36.78 – [ZBR 1980, 154 = PersV 1981, 27]). Das rechtfertigt es indes nicht, das Erstattungsverlangen in einen das Vorliegen der Voraussetzungen der Erstattungsfähigkeit der Schulungskosten betreffenden Feststellungsanspruch und einen sachlich an die Feststellung dieser Voraussetzungen gebundenen, rechtlich aber abtrennbaren, auf die Kostenerstattung gerichteten Zahlungsanspruch aufzuspalten, wie es das Beschwerdegericht getan hat. Dieses Verlangen ist vielmehr seinerseits Teil des einheitlichen personalvertretungsrechtlichen Anspruchs, der einem Personalratsmitglied erwächst, welches aufgrund des § 46 Abs. 6 BPersVG an einer Schulungsveranstaltung teilnimmt, und der sich nach dieser Vorschrift i.V.m. § 44 Abs. 1 BPersVG auf Freistellung, Lohnfortzahlung und Erstattung der mit der Schulungsveranstaltung verbundenen notwendigen Kosten richtet. Der aus diesen drei unselbständigen Einzelverpflichtungen der Dienststelle zusammengesetzte Anspruch ist insgesamt an die Person des an der Schulungsveranstaltung teilnehmenden Personalratsmitglieds gebunden. Das bedarf für die ersten beiden Einzelverpflichtungen keiner Darlegung. Für die Verpflichtung zur Kostenerstattung ergibt sich das nicht nur aus ihrer Verknüpfung mit den beiden anderen Einzelverpflichtungen zu einem personalvertretungsrechtlichen Gesamtanspruch, sondern auch daraus, daß sie die Zugehörigkeit des Erstattungsberechtigten zu dem bei der in Anspruch genommenen Dienststelle gebildeten Personalrat und seine Teilnahme an der Schulungsveranstaltung nach Maßgabe des § 46 Abs. 6 BPersVG voraussetzt.
Die besondere Struktur des aus §§ 46 Abs. 6, 44 Abs. 1 BPersVG fließenden personalvertretungsrechtlichen Gesamtanspruchs und seine Bindung an die Person des Anspruchsberechtigten schließen es indes nicht aus, den nach der Erfüllung der Freistellungsverpflichtung und der Verpflichtung zur Lohnfortzahlung verbleibenden Restanspruch unter den im vorliegenden Fall gegebenen Voraussetzungen zum Teil auf den Veranstalter der Schulung zu übertragen. Nach der Rechtsprechung des Großen Senats für Zivilsachen des Bundesgerichtshofs (BGHZ 4, 153; 13, 360) dürfen nämlich auch Ansprüche, die ihrem Gegenstand nach an die Person des Anspruchsberechtigten gebunden und daher unpfändbar sind, ausnahmsweise auf denjenigen übertragen werden, der dem Abtretenden eine Leistung in Höhe der abgetretenen Forderung gewährt hat. Darauf hat bereits das Bundesarbeitsgericht in Anwendung der den §§ 46 Abs. 6, 44 Abs. 1 BPersVG vergleichbaren Vorschriften des Betriebsverfassungsgesetzes die Auffassung gestützt, § 400 BGB stehe auch der Abtretbarkeit des Anspruchs auf Erstattung der Schulungskosten an den Veranstalter der Schulung nicht entgegen, sofern dieser die Kosten für den abtretenden Schulungsteilnehmer getragen habe (BAG AP Nr. 3, 5 zu § 40 BetrVG 1972; Nr. 33 zu § 37 BetrVG 1972). Für das Personalvertretungsrecht kann nichts anderes gelten.
Sofern der Kostenerstattungsanspruch gemäß §§ 46 Abs. 6, 44 Abs. 1 BPersVG in der Person der Frau P. entstanden war, konnte er sonach von Frau P. wirksam an die Antragstellerin abgetreten werden; er hat sich indes mit der Abtretung nicht in einen schuldrechtlichen Geldanspruch gewandelt, sondern ist eine im Personalvertretungsrecht wurzelnde Forderung geblieben. Er ist deswegen auch von der Antragstellerin als Abtretungsgläubigerin im personalvertretungsrechtlichen Beschlußverfahren geltend zu machen (ebenso zum Betriebsverfassungsgesetz: BAG, a.a.O.; Etzel, RdA 1974, 215 f.). Damit wird ihr nicht in unzulässiger Weise sachlicher Einfluß auf die Arbeit des Personalrats, dem Frau P. angehört, oder auf dessen Verhältnis zum Beteiligten eröffnet, sondern sie tritt nur in die aus einem bereits abgeschlossenen Sachverhalt erwachsene personalvertretungsrechtliche Position der Frau P. ein.
Die beantragte Verpflichtung des Beteiligten, der Antragstellerin die verauslagten Kosten zu erstatten, kann das Rechtsbeschwerdegericht nicht aussprechen, weil das Beschwerdegericht keine Feststellungen darüber getroffen hat, ob der von der Antragstellerin geltend gemachte Anspruch sachlich begründet ist und noch besteht. Deswegen ist der angefochtene Beschluß aufzuheben und ist die Sache zur anderweitigen Entscheidung an das Beschwerdegericht zurückzuverweisen (§ 96 Abs. 1 ArbGG i.V.m. § 565 Abs. 1 ZPO).
Unterschriften
Prof. Dr. Gützkow, Dr. Eckstein, Dr. Schinkel, Nettesheim, Dr. Seibert
Fundstellen