Verfahrensgang
Schleswig-Holsteinisches OVG (Urteil vom 17.03.2006; Aktenzeichen 3 LB 16/05) |
Tenor
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts vom 17. März 2006 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 1 663,66 € festgesetzt.
Gründe
Die allein auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache gestützte Beschwerde hat keinen Erfolg.
1. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO liegen nicht vor.
Grundsätzliche Bedeutung kommt einer Rechtssache nur zu, wenn sie eine für die erstrebte Revisionsentscheidung erhebliche Rechtsfrage des revisiblen Rechts aufwirft, die im Interesse der Einheit und der Fortbildung des Rechts revisionsgerichtlicher Klärung bedarf. Das Darlegungserfordernis des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO setzt insoweit die Formulierung einer bestimmten, höchstrichterlich noch ungeklärten und für die Revisionsentscheidung erheblichen Rechtsfrage des revisiblen Rechts und außerdem die Angabe voraus, worin die allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung bestehen soll (vgl. Beschluss vom 19. August 1997 – BVerwG 7 B 261.97 – Buchholz 310 § 133 VwGO ≪n.F.≫ Nr. 26 S. 14). Daran gemessen führen die von der Klägerin aufgeworfenen Fragen nicht zur Revisionszulassung.
a) Die Klägerin wirft die Frage auf, “ob die bloße Nichtanmeldung von empfangsbereiten Geräten im Sinne des RGebStV immer zur Verwehrung der Erhebung der Einrede der Verjährung wegen unzulässiger Rechtsausübung führt”. Diese Frage verhilft der Beschwerde deshalb nicht zum Erfolg, weil sie die Auslegung und Anwendung nicht revisiblen Landesrechts durch das Oberverwaltungsgericht betrifft.
Die Frage betrifft die Erwägung des Oberverwaltungsgerichts, der von dem Beklagten geltend gemachte Anspruch auf Rundfunkgebühren sei zwar verjährt, die Klägerin sei hingegen gehindert, die Verjährung geltend zu machen, weil sie die von dem Gebührenanspruch betroffenen Rundfunkgeräte nicht angemeldet habe, so dass die Berufung auf Verjährung eine unzulässige Rechtsausübung darstelle und deshalb gegen Treu und Glauben verstoße. Die hier in Rede stehende Frage von angeblich grundsätzlicher Bedeutung bezieht sich auf die Auslegung und Anwendung des Grundsatzes von Treu und Glauben durch das Oberverwaltungsgericht. Dieser Grundsatz gilt in der gesamten Rechtsordnung. Es handelt sich um einen allgemeinen Rechtsgrundsatz, der in verschiedener, in der Rechtsprechung konkretisierter Ausformung, wie z.B. unter dem Gesichtspunkt der unzulässigen Rechtsausübung, Lücken des geschriebenen Rechts ausfüllt. In der bundesstaatlichen Rechtsordnung ist er dann der gleichen Ebene zuzuordnen wie das Recht, zu dessen Ergänzung er herangezogen wird (vgl. Beschlüsse vom 19. September 2000 – BVerwG 4 B 65.00 – Buchholz 310 § 137 Abs. 1 VwGO Nr. 15 S. 1 und vom 1. April 2004 – BVerwG 4 B 17.04 – Buchholz 310 § 137 Abs. 1 VwGO Nr. 21 S. 6). Das Oberverwaltungsgericht hat den Grundsatz des Verbots unzulässiger Rechtsausübung zur Ergänzung des § 4 Abs. 4 des Rundfunkgebührenstaatsvertrages (RGebStV) vom 31. August 1991 (Art. 4 des Staatsvertrages über den Rundfunk im vereinten Deutschland vom 31. August 1991 – SchlHGVBl S. 596 –) herangezogen. Nach § 4 Abs. 4 RGebStV in der vom Oberverwaltungsgericht angewandten Fassung verjährt der Anspruch auf Rundfunkgebühren in vier Jahren. Bei den Bestimmungen des Rundfunkgebührenstaatsvertrages handelt es sich um nichtrevisibles Landesrecht, weil die Länder von der nach Art. 99 GG gegebenen Möglichkeit, Landesrecht für revisibel zu erklären, insoweit keinen Gebrauch gemacht haben (vgl. Urteil vom 9. Dezember 1998 – BVerwG 6 C 13.97 – BVerwGE 108, 108 ≪110≫). Deshalb ist im vorliegenden Fall die Frage, ob die Berufung auf Verjährung als unzulässige Rechtsausübung anzusehen ist, ebenfalls eine Frage des nichtrevisiblen Rechts (vgl. Beschluss vom 17. Dezember 2004 – BVerwG 9 B 47.04 – juris Rn. 6) und kann schon deshalb der Beschwerde nicht zum Erfolg verhelfen.
b) Die Revision ist auch nicht zur Klärung der von der Klägerin aufgeworfenen Frage zuzulassen, in welchem Zeitpunkt die vierjährige Verjährungsfrist des § 4 Abs. 4 RGebStV in der vom Oberverwaltungsgericht angewandten Fassung zu laufen beginnt. Auch diese Frage bezieht sich auf irrevisibles Recht. Sie betrifft die Erwägung des Oberverwaltungsgerichts, die Verjährung beginne in Einklang mit den entsprechend anwendbaren Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs mit dem Schluss des Jahres, in dem der Gebührenanspruch entstehe. Die auf die nichtrevisible Verjährungsbestimmung des Rundfunkgebührenstaatsvertrages angewandten Verjährungsvorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs stellen kein revisibles Recht dar. Das insoweit analog angewandte Bundesrecht wird nicht “als Bundesrecht”, sondern als ungeschriebenes Landesrecht herangezogen (vgl. Urteil vom 27. April 2005 – BVerwG 8 C 5.04 – BVerwGE 123, 303 ≪306 f.≫).
c) Schließlich möchte die Klägerin geklärt wissen, “wann bei unterstellter unzulässiger Rechtsausübung in Bezug auf die Einrede der Verjährung die Rundfunkgebührenansprüche nach Wegfall der Voraussetzungen der unzulässigen Rechtsausübung geltend gemacht werden müssen”. Auch diese Frage betrifft nichtrevisibles Recht. Sie steht in untrennbarem Zusammenhang mit den Erwägungen des Oberverwaltungsgerichts zu den von ihm entsprechend angewandten Verjährungsbestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuches und dem Grundsatz von Treu und Glauben. Mit Blick auf die Revisibilität kann die hier in Rede stehende Frage nicht anders beurteilt werden als die zuvor behandelten Fragen.
2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Der Ausspruch über den Wert des Streitgegenstandes findet seine Grundlage in § 47 i.V.m. § 52 Abs. 3 GKG.
Unterschriften
Dr. Bardenhewer, Dr. Hahn, Vormeier
Fundstellen