Verfahrensgang
VG Berlin (Urteil vom 17.03.2006; Aktenzeichen 31 A 87.06) |
Tenor
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 17. März 2006 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst trägt.
Der Wert des Streitgegenstands wird für das Beschwerdeverfahren auf 105 690 € festgesetzt.
Gründe
Die Klägerin wendet sich gegen einen Bescheid des Amts zur Regelung offener Vermögensfragen, durch den der Beigeladenen das Eigentum an einem Grundstück übertragen wurde, das der Rechtsvorgänger der Klägerin im Dezember 1938 von einem jüdischen Kaufmann erworben hatte. Das Verwaltungsgericht hat die Klage abgewiesen, weil die Vermutung, dass der Rechtsvorgänger der Beigeladenen einen verfolgungsbedingten Vermögensverlust erlitten habe, nicht widerlegt sei. Das Verwaltungsgericht hat die Revision gegen sein Urteil nicht zugelassen. Die hiergegen gerichtete Beschwerde der Klägerin hat keinen Erfolg.
Die Revision ist nicht wegen der geltend gemachten grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache zuzulassen (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Die Beschwerde hält sinngemäß für klärungsbedürftig, ob mit der Eigentumsgarantie (Art. 14 GG) vereinbar ist, dass ein von einem verfolgungsbedingten Vermögensverlust betroffenes Grundstück trotz fehlenden Rückübertragungsinteresses der Erben des Verfolgten an die Beigeladene zurückübertragen wird. Die Frage führt nicht zur Zulassung der Revision, weil sie anhand des Gesetzes und der dazu ergangenen Rechtsprechung zu bejahen ist, ohne dass es der Durchführung eines Revisionsverfahrens bedarf. Nach § 2 Abs. 1 Satz 3 VermG gilt die Beigeladene in Ansehung der Ansprüche nach dem Vermögensgesetz als Rechtsnachfolgerin, soweit Ansprüche von jüdischen Berechtigten i.S.d. § 1 Abs. 6 VermG oder deren Rechtsnachfolgern nicht geltend gemacht werden. Für die Fiktion der Rechtsnachfolge der Beigeladenen kommt es nicht darauf an, aus welchen Gründen die Antragstellung unterblieben ist. Nach Wortlaut und Zweck des Gesetzes ist allein maßgeblich, ob eine anderweitige Anmeldung des früheren jüdischen Eigentümers oder seiner Erben vorliegt. Ist das nicht der Fall, so ist deren Anspruch mit Ablauf der Ausschlussfrist (§ 30a Abs. 1 Satz 1 VermG) erloschen und ausschließlich die Beigeladene anspruchsberechtigt, wenn sie den Anspruch rechtzeitig angemeldet hat (Urteil vom 23. Oktober 2003 – BVerwG 7 C 64.02 – Buchholz 428 § 1 Abs. 6 VermG Nr. 22). Da die Beigeladene mit dem Erlöschen des Anspruchs ihres Rechtsvorgängers als dessen Rechtsnachfolgerin gilt, verleiht ihr das Vermögensgesetz, anders als die Beschwerde meint, keine über diejenigen des früheren jüdischen Eigentümers hinausgehenden Rechte. Auch wird durch die Fiktion der Beigeladenen als Rechtsnachfolgerin das Eigentumsrecht des Verfügungsberechtigten nicht verletzt. Der in § 1 Abs. 6 VermG geregelte Restitutionsanspruch des Berechtigten ist eine verfassungsrechtlich nicht zu beanstandende Bestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentums des Verfügungsberechtigten (Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG). Aufgabe der Beigeladenen ist es, Restitutionsansprüche jüdischer Geschädigter, die von diesen nicht geltend gemacht werden, zum Zweck kollektiver Wiedergutmachung zu Gunsten des jüdischen Volkes durchzusetzen (Urteil vom 28. Oktober 2004 – BVerwG 7 C 24.03 – Buchholz 428 § 1 Abs. 6 VermG Nr. 28). Die fehlende gesetzliche Festschreibung dieses Zwecks verletzt das Eigentumsrecht der Klägerin schon deswegen nicht, weil eine zweckwidrige Verwendung des der Beigeladenen restituierten Grundstücks nicht ersichtlich ist.
Die Revision ist auch nicht wegen eines geltend gemachten Verfahrensfehlers zuzulassen (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO). Der behauptete Verstoß gegen den Anspruch der Klägerin auf rechtliches Gehör ist nicht in der nach § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO erforderlichen Weise dargelegt. Die Beschwerde behauptet zwar, die Sache sei in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht “nicht in der Ausführlichkeit” behandelt worden, lässt die erforderliche Darlegung aber vermissen. Nach dem Verhandlungsprotokoll wurde die Sach- und Rechtslage in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht ausführlich erörtert. Die Aufforderung des Bevollmächtigten der Klägerin durch den Vorsitzenden, sich auf das für die Entscheidung des Rechtsstreits wesentliche Vorbringen zu beschränken, lässt eine Verletzung des rechtlichen Gehörs schon deshalb nicht erkennen, weil der Bevollmächtigte der Klägerin im Anschluss hieran das Wort zu weiteren Ausführungen erhielt. Soweit die Beschwerde bemängelt, das Gericht habe keine Hinweise darauf gegeben, wie die Klägerin nachweisen könne, dass das Grundstück auch ohne die Herrschaft des Nationalsozialismus verkauft worden wäre, verkennt sie den Zweck der Hinweispflicht des Vorsitzenden gemäß § 86 Abs. 3 VwGO, der nicht darin besteht, den Rechtsstandpunkt eines Beteiligten zu begründen. Offensichtlich unbegründet ist der Einwand, das Verwaltungsgericht habe nicht das Vorbringen der Klägerin “bewertet”, dass sich ihre Familie beim Kauf des Grundstücks selbst in einer politischen Zwangslage befunden habe; mit diesem Gesichtspunkt befasst sich das Verwaltungsgericht auf S. 5/6 des Urteilsabdrucks.
Das mit der Beschwerde eingereichte Vorbringen des nicht vertretungsberechtigten Sohnes und Generalbevollmächtigten der Klägerin zur Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde kann im Beschwerdeverfahren nicht berücksichtigt werden, weil vor dem Bundesverwaltungsgericht Vertretungszwang besteht (§ 67 Abs. 1 Satz 1 und 2 VwGO) und Ausführungen eines nicht vertretungsberechtigten Dritten nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nur in das Verfahren eingeführt werden können, wenn sie vom Prozessbevollmächtigten einer eigenen Prüfung, Sichtung und rechtlichen Durchdringung unterzogen wurden (vgl. Beschluss vom 5. August 1998 – BVerwG 4 B 74.98 – Buchholz 310 § 67 VwGO Nr. 91; Beschluss vom 19. August 1993 – BVerwG 6 B 42.93 – Buchholz 310 § 67 VwGO Nr. 81 m.w.N.). Schon diesen Voraussetzungen ist nicht genügt, so dass offen bleiben kann, ob der Prozessbevollmächtigte das Vorbringen des Sohnes der Klägerin überhaupt zum Gegenstand der Beschwerdebegründung gemacht hat.
Soweit der Schriftsatz vom 21. Juni 2006 neues Beschwerdevorbringen enthält, war dieses nicht zu berücksichtigen, weil die Begründungsfrist für die Beschwerde bereits am 30. Mai 2006 abgelaufen ist. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat gemäß § 133 Abs. 5 Satz 2 VwGO ab.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 und § 162 Abs. 3 VwGO, die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 i.V.m. § 52 Abs. 1 GKG.
Unterschriften
Sailer, Herbert, Guttenberger
Fundstellen