Entscheidungsstichwort (Thema)
Ausbau einer Eisenbahnstrecke. Gebiets- und Artenschutz. einstweiliger Rechtsschutz. Planfeststellung. enteignungsrechtliche Vorwirkung. Vollüberprüfungsanspruch. Grunddienstbarkeit. Rückschnittzone. Planergänzung. Verträglichkeitsprüfung. Gebietsschutz. Artenschutz. Gebietsabgrenzung. Austauschbeziehungen. Flugrouten. Wanderkorridore. Barrierewirkung. Kollisionsrisiko. Risikomanagement. Monitoring. Ausnahme. Alternativenprüfung. Geschwindigkeitsbegrenzung. Wolf. Fledermäuse. Großes Mausohr. Wochenstube. Jagdhabitat. Seeadler. Rotmilan. Schwarzmilan. Aasfresser
Leitsatz (amtlich)
Zum Vollüberprüfunganspruch eines unmittelbar Eigentumsbetroffenen im Hinblick auf Gebiets- und Artenschutz
Normenkette
VwGO § 80 Abs. 5, § 80a Abs. 3; UmwRG § 4a Abs. 3-4; AEG § 18e Abs. 1, 2 S. 1, Abs. 6 S. 2; BNatSchG § 34 Abs. 3-5, § 44 Abs. 1 Nr. 1, § 45 Abs. 7; RL 92/43/EWG Art. 6
Tenor
Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen den Planfeststellungsbeschluss vom 31. März 2014 wird abgelehnt.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 7 500 EUR festgesetzt.
Tatbestand
I
Der Antragsteller ist Eigentümer von land- und forstwirtschaftlich genutzten Grundstücken, die an die Eisenbahnstrecke 6207 Grenze Deutschland/Polen -Roßlau grenzen. Er begehrt die Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage gegen den eisenbahnrechtlichen Planfeststellungsbeschluss der Antragsgegnerin für das Vorhaben „Ausbau und Elektrifizierung Knappenrode – Horka – Grenze D/Pl, Genehmigungsabschnitt 2a, Bf. Niesky (a) – Bf. Knappenrode (a)”, Bahn-km 29,900 – km 64,302 vom 31. März 2014. Gegenwärtig ist auf dem auf zwei Gleise ausgelegten Planum ein – nicht elektrifiziertes – Gleis verlegt, das mit einer Geschwindigkeit von bis zu 100 km/h befahren werden kann. Die beigeladenen Vorhabenträgerinnen möchten die Strecke zweigleisig ausbauen und elektrifizieren. Hierfür sollen u.a. die Oberbauanlagen, der Unterbau, die Entwässerungsanlagen sowie Stützbauwerke, Eisenbahnüberführungen und Bahnübergänge neu gebaut bzw. geändert werden. Personennahverkehrszüge sollen künftig mit bis zu 160 km/h, Güterzüge mit bis zu 100 oder 120 km/h verkehren können.
Nach öffentlicher Auslegung der Planungsunterlagen hat der Antragsteller Einwendungen gegen das Vorhaben erhoben; er hat vor allem geltend gemacht, dass die Auswirkungen des Vorhabens auf die Natur nicht hinreichend untersucht worden seien. Die Antragsgegnerin hat nach Vorlage eines ergänzenden Gutachtens zur Kollisionsbetroffenheit von Wölfen (Anlage 9.5) sowie weiterer Anträge auf Ausnahmen gemäß § 45 BNatSchG in Bezug auf Fledermäuse (Anlagen 9.6 und 9.7) den Plan für das Vorhaben unter Zurückweisung der Einwendungen festgestellt. Sie hat den Beigeladenen aufgegeben, zur Sicherstellung, dass es für die aasfressenden Arten Wolf, Rot- und Schwarzmilan sowie Seeadler zu keinen signifikant erhöhten Kollisionsrisiken kommt, ein Risikomanagement mit integriertem Monitoring unverzüglich im Anschluss an das bereits durchgeführte bzw. laufende Monitoring durchzuführen (PFB A.4.26 Buchst. g bis i).
Mit seiner Klage (BVerwG 7 A 5.14) begehrt der Kläger im Hauptantrag die Aufhebung, hilfsweise die Feststellung der Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit des Planfeststellungsbeschlusses, weiter hilfsweise die Verpflichtung, den Planfeststellungsbeschluss so zu ergänzen, dass seine nicht erledigten Einwendungen berücksichtigt werden.
Entscheidungsgründe
II
Das Bundesverwaltungsgericht ist als Gericht der Hauptsache gemäß § 50 Abs. 1 Nr. 6 VwGO i.V.m. lfd. Nr. 14 der Anlage zu § 18e Abs. 1 Allgemeines Eisenbahngesetz – AEG in der Fassung der Bekanntmachung vom 27. Dezember 1993 (BGBl. I S. 2378, 2396; 1994 I S. 2439) zuletzt geändert durch Art. 4 Abs. 120 des Gesetzes vom 7. August 2013 (BGBl. I S. 3154) (Schienenwege mit erstinstanzlicher Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts) für die Entscheidung über den Antrag nach § 80a Abs. 3 Satz 2 i.V.m. § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO zuständig.
1. Der Antrag ist statthaft. Die Klage gegen den Planfeststellungsbeschluss hat gemäß § 18e Abs. 2 Satz 1 AEG keine aufschiebende Wirkung, weil in Nr. 1 b) lfd. Nr. 11 der Anlage (zu § 1) des Gesetzes über den Ausbau der Schienenwege des Bundes – Bundesschienenwegeausbaugesetz – vom 15. November 1993 (BGBl. I S. 1874) zuletzt geändert durch Art. 309 der Verordnung vom 31. Oktober 2006 (BGBl. I S. 2407) für das Vorhaben ein vordringlicher Bedarf festgestellt wird.
2. Der Antrag ist jedoch nicht begründet.
a) Der Prüfungsmaßstab für das Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes ergibt sich aus § 4a Abs. 3 UmwRG. Das Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 8. April 2013 (BGBl. I S. 753) zuletzt geändert durch Art. 2 Abs. 52 des Gesetzes vom 7. August 2013 (BGBl. I S. 3154) ist anwendbar; der angefochtene Planfeststellungsbeschluss ist eine Entscheidung im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 UmwRG. Die in § 4a UmwRG enthaltenen Maßgaben zur Anwendung der Verwaltungsgerichtsordnung gelten gemäß § 4a Abs. 4 UmwRG nicht nur für Verbandsklagen nach § 2 UmwRG, sondern auch für Rechtsbehelfe von natürlichen und juristischen Personen nach der Verwaltungsgerichtsordnung (vgl. BT-Drs. 17/10957 S. 18).
Gemäß § 4a Abs. 3 UmwRG ist § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO mit der Maßgabe anzuwenden, dass das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung anordnen oder wiederherstellen kann, wenn im Rahmen einer Gesamtabwägung ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts bestehen. Mit dieser Regelung knüpft § 4a Abs. 3 UmwRG an die allgemeinen für Anträge auf gerichtliche Anordnung oder Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung eines Rechtsbehelfs geltenden Maßstäbe an. In Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nach § 80a Abs. 3 Satz 2 i.V.m. § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO entscheidet das Gericht auf der Grundlage einer eigenen Abwägung der widerstreitenden Vollzugs- und Suspensivinteressen. Wesentliches Element dieser Interessenabwägung ist die Beurteilung der Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache, die dem Charakter des Eilverfahrens entsprechend nur aufgrund einer summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage erfolgen kann. Ist es – wegen der besonderen Dringlichkeit einer alsbaldigen Entscheidung oder wegen der Komplexität der Sach- und Rechtsfragen – nicht möglich, die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache wenigstens summarisch zu beurteilen, so sind allein die einander gegenüberstehenden Interessen unter Berücksichtigung der mit der Anordnung oder Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung einerseits und deren Ablehnung andererseits verbundenen Folgen zu gewichten. § 4a Abs. 3 UmwRG modifiziert diesen Prüfungsmaßstab nur bezogen auf die gebotene Berücksichtigung der Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs, an dem Erfordernis einer umfassenden Interessenabwägung ändert sich hingegen nichts (BVerwG, Beschlüsse vom 16. September 2014 – 7 VR 1.14 – juris Rn. 10 f. und vom 16. Oktober 2014 – 7 VR 2.14 u.a. – Rn. 10).
b) Ob und inwieweit der Antragsteller mit seinen Einwendungen gemäß § 18a Nr. 7 AEG präkludiert ist, kann offenbleiben. Das Bundesverwaltungsgericht hat die Unionsrechtskonformität der einschlägigen gesetzlichen Präklusionsregelungen zwar schon mehrfach geprüft und bejaht (vgl. Urteil vom 14. Juli 2011 – 9 A 12.10 – BVerwGE 140, 149; Beschluss vom 17. Juni 2011 – 7 B 79.10 – Buchholz 406.254 URG Nr. 3), die Europäische Kommission hält diese Regelungen aber für unionsrechtswidrig und hat deswegen beim Gerichtshof der Europäischen Union ein Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet (Rs. C-137/14). Von einer eindeutig geklärten Bedeutung der einschlägigen unionsrechtlichen Bestimmungen im Sinne eines „acte clair” kann hiernach nicht mehr ausgegangen werden. Eine Entscheidung im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes kann derzeit nicht mehr tragend auf das Rechtsinstitut der Präklusion gestützt werden (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 16. Oktober 2014 – 7 VR 2.14 u.a. – Rn. 13 und vom 29. Oktober 2014 – 7 VR 4.13 – juris Rn. 8).
c) Der Antragsteller wird nach summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage unabhängig von der Anwendbarkeit der Präklusionsvorschriften weder die Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses noch die Feststellung seiner Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit verlangen können.
aa) Der Antragsteller hat allerdings einen so genannten Vollüberprüfungsanspruch. Ein von der enteignungsrechtlichen Vorwirkung Betroffener kann eine gerichtliche Überprüfung des Plans auf seine objektive Rechtmäßigkeit verlangen (BVerwG, Urteil vom 12. August 2009 – 9 A 64.07 – BVerwGE 134, 308 Rn. 23 f. m.w.N.; Beschluss vom 24. Mai 2012 – 7 VR 4.12 – juris Rn. 12). Der Antragsteller ist von der enteignungsrechtlichen Vorwirkung des Planfeststellungsbeschlusses betroffen. Ob er sich, soweit seine Flurstücke a und b vorübergehend als Baustelleneinrichtungsfläche in Anspruch genommen werden sollen, auf sein Eigentumsgrundrecht berufen kann, obwohl er sich beim Erwerb des Grundstücks den Beigeladenen gegenüber zur unentgeltlichen Duldung der Baustelleneinrichtung verpflichtet hat, ist allerdings zweifelhaft. Sein Eigentum ist jedoch unabhängig davon unmittelbar betroffen, soweit ein schmaler Streifen seiner an die Bahntrasse grenzenden Grundstücke mit einer Grunddienstbarkeit belastet werden soll, um den dort erforderlichen Rückschnitt der Gehölze sicherzustellen.
Der Anspruch des von der enteignungsrechtlichen Vorwirkung Betroffenen unterliegt allerdings Einschränkungen (BVerwG, Urteil vom 12. August 2009 – 9 A 64.07 – BVerwGE 134, 308 Rn. 24). Nicht jeder objektiv-rechtliche Fehler, der einer Planung anhaftet, führt zur (vollständigen oder teilweisen) Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses oder zur Feststellung seiner Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit. Diese Rechtsfolge scheidet vielmehr aus, wenn der geltend gemachte Rechtsfehler für die Eigentumsbetroffenheit des Klägers aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen nicht erheblich, insbesondere nicht kausal ist. Das ist etwa dann der Fall, wenn ein als verletzt geltend gemachter öffentlicher Belang nur von örtlicher Bedeutung ist und auch die fehlerfreie Beachtung dieses Belangs nicht zu einer Veränderung der Planung im Bereich des klägerischen Grundstücks führen würde (BVerwG, Beschluss vom 5. Oktober 1990 – 4 B 249.89 – NVwZ-RR 1991, 118 ≪127≫ und Urteil vom 28. Februar 1996 – 4 A 27.95 – Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 110 S. 82). Dem entspricht es, dass ein behaupteter Verstoß gegen die naturschutzrechtliche Eingriffsregelung nur dann der Anfechtungsklage eines Eigentumsbetroffenen zum Erfolg verhelfen kann, wenn dieser Verstoß kausal gerade für seine Eigentumsinanspruchnahme ist (BVerwG, Urteil vom 21. März 1996 – 4 C 19.94 – BVerwGE 100, 370 ≪382≫). Schließlich können behauptete Verstöße gegen zwingende Vorschriften des nationalen oder unionsrechtlichen Naturschutzrechts, namentlich der Habitat- und Vogelschutzrichtlinie, dann nicht zu einem Erfolg eines Anfechtungsbegehrens führen, wenn die Planung lediglich an Mängeln leidet, die für die Sachentscheidung nicht von Einfluss gewesen oder durch eine schlichte Planergänzung zu beheben sind im Sinne von § 17e Abs. 6 FStrG (BVerwG, Urteil vom 9. Juli 2008 – 9 A 14.07 – BVerwGE 131, 274 ≪Ls. 7 und Rn. 129 ff.≫).
Der Vortrag des Antragstellers ist überwiegend bereits nicht geeignet, Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Planfeststellungsbeschusses zu wecken. Soweit die objektive Rechtmäßigkeit offen ist, dürfte der in Rede stehende Verstoß jedenfalls nicht kausal für die Inanspruchnahme des Eigentums des Antragstellers sein.
bb) Die Rüge, dass die zu beurteilenden Naturschutzräume und Arten fehlerhaft erfasst worden seien (II. 1 der Antragsschrift), wird im Hauptsacheverfahren voraussichtlich nicht durchgreifen.
(1) Der Antragsteller meint, dass die bei Bahn-km 47 zwischen dem Bärwalder See und dem FFH-Gebiet „Schloßteichgebiet Klitten” gelegenen Feuchtgebiete „Große Wulschine” und „Syterteich” in ihrem Wirkungszusammenhang mit dem Biosphärenreservat „Oberlausitzer Heide- und Teichlandschaft” insbesondere als Brut-, Schlaf- und Nahrungsgebiet der im Biosphärenreservat beheimateten Tierarten, nicht hinreichend untersucht worden seien (S. 4 f., 14 f. der Antragsschrift; S. 5 f. des Schriftsatzes vom 8. Oktober 2014).
Ein Untersuchungsdefizit dürfte insoweit nicht vorliegen. Der Prüfung der Verträglichkeit des Vorhabens mit dem Europäischen Vogelschutzgebiet Biosphärenreservat „Oberlausitzer Heide- und Teichlandschaft” dürfte ein zutreffender räumlicher Umgriff zugrunde gelegt worden sein. Das Schutzregime des Art. 6 Richtlinie 92/43/EWG des Rates vom 21. Mai 1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen (ABl. L 206 S. 7) – FFH-RL beschränkt sich flächenmäßig grundsätzlich auf das Schutzgebiet in seinen administrativen Grenzen. Das Schutzkonzept der Habitatrichtlinie beruht auf zwei Säulen, nämlich zum einen dem ubiquitären Artenschutz (Art. 12 FFH-RL) und zum anderen dem besonderen Gebietsschutz (Art. 6 FFH-RL). Letzterer knüpft an die Unterschutzstellung einer bestimmten Fläche an. Ausgehend hiervon wäre es verfehlt, gebietsexterne Flächen, die von im Gebiet ansässigen Vorkommen geschützter Tierarten zur Nahrungssuche genutzt werden, in den Gebietsschutz einzubeziehen. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass sich das Konzept des Gebietsschutzes auf die Errichtung eines Schutzgebietsnetzes richtet. Hierfür ist der Schutz der Austauschbeziehungen zwischen verschiedenen Gebieten und Gebietsteilen unverzichtbar. Beeinträchtigungen dieser Austauschbeziehungen, z.B. durch Unterbrechung von Flugrouten und Wanderkorridoren, unterfallen mithin dem Schutzregime des Gebietsschutzes. Besonderheiten ergeben sich außerdem, wenn Gebiete fehlerhaft zu klein abgegrenzt worden sind (BVerwG, Urteil vom 14. April 2010 – 9 A 5.08 – BVerwGE 136, 291 Rn. 32 bis 34).
Die „Große Wulschine” und der „Syterteich” sind weder Teil des Biosphärenreservats noch eines der Natura 2000-Gebiete im Untersuchungsraum. Der Antragsteller hat auch nicht dargelegt, dass die genannten Flächen im Hinblick auf die in Anhang II der FFH-RL oder in Art. 4 Abs. 2 oder Anhang I der Richtlinie 2009/147/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. November 2009 über die Erhaltung der wildlebenden Vogelarten (ABl. L 20 S. 7) aufgeführten, in den Gebieten unter Schutz gestellten Arten wesentlich für den Austausch zwischen den Schutzgebieten oder zwischen Teilen dieser Gebiete seien oder dass sie in eines dieser Gebiete hätten einbezogen werden müssen. Dann aber gibt es keinen Grund, die Verträglichkeitsprüfung auf gebietsexterne Brut-, Schlaf- oder Nahrungshabitate einer im Schutzgebiet beheimateten Tierart zu erstrecken. Im Übrigen ist in der Verträglichkeitsprüfung für das Europäische Vogelschutzgebiet Biosphärenreservat „Oberlausitzer Heide- und Teichlandschaft” nicht verkannt worden, dass die Gefährdung der geschützten aasfressenden Vogelarten (Schwarzmilan, Rotmilan, Seeadler) steigt, wenn es an der Bahntrasse vermehrt zu Wildunfällen kommt (Anlage 9.3.6 S. 40 f.). Welche über die Bedeutung als Quell- und Zielgebiet für Wildwechsel hinausgehende Funktion der „Großen Wulschine” und des „Syterteichs” für das Vogelschutzgebiet zukommen sollte, hat der Antragsteller weder dargelegt noch ist dies ersichtlich.
Die artenschutzrechtliche Prüfung ist im Übrigen – wie im Planfeststellungsbeschluss dargelegt (S. 91 f.) – auf die „Große Wulschine” und den „Syterteich” erstreckt worden. Auch in der Umweltverträglichkeitsstudie sind die Wildwechsel kartiert worden (Anlage 9.2.10). Das Querungskonzept (Anlage 9.1.6) weist westlich von Klitten zwischen km 47 und 48 und damit im Bereich der „Großen Wulschine” Hauptwildwechsel aus. Auch insoweit ist für ein Ermittlungsdefizit nichts ersichtlich.
(2) Der Antragsteller macht weiter geltend, der Staatsbetrieb Sachsenforst habe in seiner Einwendung (BVerwG 7 A 5.14, Anlage K 4 der Klageschrift) eine ausführliche Bewertung der Auswirkungen des Vorhabens auf den regionalen Biotop- und Habitatverbund vermisst. Die Fachgespräche mit den Naturschutzbehörden, auf die sich die Antragsgegnerin bei der Zurückweisung dieser Einwendung berufe (PFB S. 211), hätten u.a. im hier zu beurteilenden Bereich der betroffenen Schutzräume nicht zu einvernehmlichen Einschätzungen geführt; die Öffentlichkeit und die anderen Einwender seien an diesen Gesprächen nicht beteiligt worden (S. 15 der Antragsschrift).
Welche Biotop- und Habitatverbindungen im Hinblick auf welche Schutzgüter näher hätten untersucht werden müssen, legt der Antragsteller nicht dar; dies ist auch nicht ersichtlich. Die in der Stellungnahme des Staatsbetriebs Sachsenforst angesprochene Barrierewirkung der Trasse und des geplanten Betriebs (Anlage K 4 der Klageschrift, S. 4) ist untersucht worden (vgl. Anlage 9.1 ≪Umweltverträglichkeitsstudie≫ S. 51 bis 56; Anlage 9.1.6 ≪Querungskonzept≫ und Anlage 9.2.10 ≪Wildwechselkartierung≫). Mit diesen Untersuchungen setzt sich der Antragsteller nicht auseinander.
(3) Der Antragsteller rügt, dass die Verträglichkeit des Vorhabens mit dem FFH-Gebiet „Separate Fledermausquartiere und -habitate in der Lausitz” nicht geprüft worden sei. Angesichts der zugelassenen artenschutzrechtlichen Ausnahmen könnten erhebliche Beeinträchtigungen des Erhaltungszustands des FFH-Gebiets nicht ausgeschlossen werden (S. 15 f. der Antragsschrift).
Auch insoweit spricht gegenwärtig jedenfalls Überwiegendes dafür, dass eine Verträglichkeitsprüfung für dieses FFH-Gebiet nicht erforderlich war. Wie bereits dargelegt (oben 2 c) bb) (1)), beschränkt sich das Schutzregime des Art. 6 FFH-RL flächenmäßig grundsätzlich auf das FFH-Gebiet in seinen administrativen Grenzen. Ob die dargelegten Maßstäbe, soweit es um Flugkorridore zu einer im FFH-Gebiet geschützten Fortpflanzungsstätte geht, im Hinblick auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 6. November 2013 – 9 A 14.12 (BVerwGE 148, 373) zu modifizieren sind – dort ging es um die Anforderungen an die Ermittlung etwaiger Beeinträchtigungen der im FFH-Gebiet „Segeberger Kalkberghöhlen” geschützten Fledermausquartiere durch den Bau der Autobahn A 20 –, muss der Prüfung im Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben. Die Beteiligten haben hierzu bislang nicht Stellung genommen.
Das FFH-Gebiet „Separate Fledermausquartiere und -habitate in der Lausitz” umfasst neben drei flächenhaften Fledermausvorkommen 13 Einzelstandorte, darunter die Teilflächen 5 „Lohsa, Kirche” und 6 „Niesky, Rote Schule (Mittelschule II)”. An beiden Standorten befinden sich Wochenstuben des Großen Mausohrs (Anlage 9.2.6 S. 3). Dass diese Wochenstuben durch mittelbare Einwirkungen des Vorhabens, insbesondere durch Lärm, beeinträchtigt werden, kann angesichts ihrer Entfernung von der Trasse – bei der Kirche von Lohsa ist diese Distanz mit etwa 450 m am kürzesten (vgl. Schriftsatz der Beigeladenen vom 2. Dezember 2014 S. 3) – ausgeschlossen werden. Dass die Unterschutzstellung nicht auf die Wochenstuben in der Kirche beziehungsweise der Schule hätte beschränkt werden dürfen, sondern jenseits der Trasse liegende Nahrungshabitate und damit die trassenquerenden Austauschbeziehungen zwischen der Wochenstube und dem Nahrungshabitat in das FFH-Regime hätten einbezogen werden müssen (vgl. Urteil vom 14. April 2010 – 9 A 5.08 – BVerwGE 136, 291 Rn. 32), macht der Antragsteller nicht geltend; angesichts der Einbettung der Wochenstuben in ohne Querung der Trasse erreichbare Naturräume liegt dies auch nicht nahe. Dass zwischen den Teilflächen des FFH-Gebiets Austauschbeziehungen bestehen, die durch die Trasse beeinträchtigt werden könnten, dürfte ebenfalls auszuschließen sein. Nordöstlich der Trasse liegt allein die Teilfläche „Lohsa, Kirche”; alle anderen Teilflächen liegen südwestlich der Trasse. Anhaltspunkte dafür, dass sich auch in den der Kirche von Lohsa am nächsten gelegenen, etwa 6 km entfernten Teilflächen 7 „Knappenrode, Ernst-Thälmannstr. 1” und 8 „Knappenrode, Ernst-Thälmannstr. 5” Quartiere des Großen Mausohrs befinden könnten, sind nicht ersichtlich. Aus den Planunterlagen (Anlage 9.2.6 S. 3; vgl. auch Anlage 9.2.13 S. 14) ergibt sich lediglich, dass das Gebiet westlich des Bahnhofs Knappenrode als Jagdhabitat für die Wochenstuben in den Kirchen von Lohsa und Großsärchen von Bedeutung sein kann; Quartiere des Großen Mausohrs sind für die Teilflächen 7 und 8 nicht festgestellt worden. Die Wochenstuben des Großen Mausohrs in der „Roten Schule” in Niesky liegen von der Lohsaer Kirche mit etwa 30 km so weit entfernt, dass jedenfalls regelmäßige, stark frequentierte Austauschbeziehungen nicht bestehen dürften. Soweit die Trasse Trennwirkungen für die Wochenstube des Großen Mausohrs in der Kirche von Lohsa in Bezug auf die südwestlich der Trasse gelegenen Jagdhabitate bzw. für die Wochenstube in der „Roten Schule” in Niesky für die nordöstlich der Trasse gelegenen Jagdhabitate hervorruft, dürften diese außerhalb des FFH-Gebiets auf die Fledermäuse einwirkenden Beeinträchtigungen nicht an den Bestimmungen des Habitatrechts, sondern denen des allgemeinen Artenschutzrechts zu messen sein (vgl. BVerwG, Urteil vom 14. April 2010 – 9 A 5.08 – juris Rn. 73 ≪insoweit in BVerwGE 136, 291 nicht abgedruckt≫). Dass die Unterschutzstellung der Wochenstuben des Großen Mausohrs auf den Teilflächen 5 und 6 des FFH-Gebiets „Separate Fledermausquartiere und -habitate in der Lausitz” durch diese Beeinträchtigungen funktionslos werden könnte, liegt angesichts der Größe der ohne Querung der Trasse erreichbaren Naturräume in der Umgebung der Wochenstuben fern; anderenfalls hätten die Nahrungshabitate jenseits der Trasse in das FFH-Gebiet einbezogen werden müssen.
Artenschutzrechtlich sind die Auswirkungen des Vorhabens auf die Fledermausvorkommen in seinem Einwirkungsbereich untersucht worden. Insoweit zeigt der Antragsteller Defizite nicht auf.
cc) Auch die Rüge, dass die Verträglichkeitsprüfungen zu den FFH- und SPA-Gebieten fehlerhaft seien (II. 2 der Antragsschrift), wird nach summarischer Prüfung jedenfalls nicht zur Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses oder zur Feststellung seiner Nichtvollziehbarkeit führen.
Der Antragsteller meint, dass eine Gefährdung des in den FFH-Gebieten „Oberlausitzer Heide- und Teichlandschaft” (PFB S. 244 ff.), „Spreetal und Heiden zwischen Uhyst und Spremberg” (PFB S. 250) und „Teiche bei Moholz” (PFB S. 250) geschützten Wolfs durch das vorgesehene Risikomanagement nicht habe ausgeschlossen werden dürfen. Das u.a. von Prof. Herzog (TU Dresden) erstellte ergänzende Gutachten (Anlage 9.5) sei in methodischer Hinsicht nicht brauchbar (S. 10 f., 16 f. der Antragsschrift).
Den Einwendungen gegen das ergänzende Gutachten kann im Eilverfahren nicht nachgegangen werden. Dies ist jedoch auch nicht erforderlich. Denn unabhängig von diesem Gutachten spricht bei summarischer Prüfung Überwiegendes für die Annahme, dass der – als schlecht eingestufte (Anlage 9.3 S. 39) – Erhaltungszustand des Wolfs trotz Durchführung des Vorhabens stabil bleiben und sich jedenfalls nicht weiter verschlechtern wird (zu diesem Maßstab vgl. BVerwG, Urteile vom 3. Mai 2013 – 9 A 16.12 – BVerwGE 146, 254 Rn. 28 und vom 28. März 2013 – 9 A 22.11 – BVerwGE 146, 145 Rn. 41). Die Antragsgegnerin hat unwidersprochen dargelegt, dass sich seit Einreichen der Unterlagen die Ausbreitung des Wolfs im hier zu betrachtenden Gebiet rasant entwickelt habe. Diese Entwicklung sei trotz der unfallbedingten Verluste zu verzeichnen, die auf Straßen wesentlich häufiger seien als an Bahnstrecken (PFB S. 244 f., 248 f.). Da das Kollisionsrisiko nur auf einer von insgesamt drei Bahnstrecken im Gebiet erhöht wird und auch dort nicht mehr als 173 Züge pro Tag, d.h. durchschnittlich 7,2 Züge pro Stunde prognostiziert sind (Anlage 1 ≪Erläuterungsbericht≫ S. 12), erscheint es plausibel, dass die im Vergleich zu den übrigen Unfallgefahren und sonstigen Mortalitätsrisiken geringe vorhabenbedingte Erhöhung des Kollisionsrisikos nicht geeignet sein wird, die Entwicklung hin zu einem günstigeren Erhaltungszustand des Wolfs in den hier in Rede stehenden FFH-Gebieten aufzuhalten. Eine Barrierewirkung des Vorhabens im Sinne der Studie von Righetti, also in dem Sinne, dass die Wölfe kaum oder überhaupt nicht mehr versuchen, die Trasse zu überqueren (vgl. Protokoll der Erörterung vom 15. August 2011, S. 20 ≪Beiakte 22≫), durfte die Antragsgegnerin ausschließen, ohne den Autor der Studie mit dieser Fragestellung zu befassen. Dass die nur zweigleisige, nicht besonders stark belegte Strecke eine solche Wirkung auf Wölfe entfalten könnte, haben im Erörterungstermin auch die Vertreter der Naturschutzbehörden nicht in Betracht gezogen; diskutiert wurde allein, wie stark die „Filterwirkung” der Trasse sein werde (vgl. Protokoll der Erörterung vom 15. August 2011, S. 20 bis 24 ≪Beiakte 22≫).
Um Erkenntnislücken zu schließen und daraus resultierende Prognoseunsicherheiten in Bezug auf eine Gefährdung der Wölfe und anderer Aasfresser (Seeadler, Milane) durch Fallwild an der Strecke auszuräumen, hat die Antragsgegnerin zudem ein Risikomanagement mit integriertem Monitoring angeordnet (PFB A.4.26 Buchst. g bis i, Anlage 9.4). Das Monitoring soll die Entwicklung des Wildunfallgeschehens einschließlich des Aasanfalls nach Inbetriebnahme der Strecke im Vergleich zur Ausgangssituation beobachten. Sollte sich herausstellen, dass sich durch erhöhtes Wildunfallgeschehen oder aus sonstigen Gründen ein signifikant erhöhtes Kollisionsrisiko für die aasfressenden Arten abzeichnet, sollen Maßnahmen, also Vergrämungseinrichtungen und die Einzäunung von Streckenabschnitten mit Öffnungen – wie in den Lageplänen dargestellt – durchgeführt werden. Die Wirksamkeit der Maßnahmen soll fünf Jahre lang geprüft werden. Für den Fall ihrer Erfolglosigkeit hat sich die Planfeststellungsbehörde vorbehalten, in einem ergänzenden Verfahren mit entsprechender Öffentlichkeitsbeteiligung über die Errichtung von niveaufreien Querungsmöglichkeiten gegebenenfalls in Verbindung mit Einzäunungen von Streckenabschnitten zu entscheiden (PFB A.4.26 Buchst. i).
Ob das Risikomanagement mit integriertem Monitoring in dieser Ausgestaltung ausreichend ist, um eine erhebliche Beeinträchtigung der Seeadler- und Milanpopulationen in den zu ihrem Schutz ausgewiesenen Schutzgebieten hinreichend sicher auszuschließen, kann der Prüfung im Hauptsacheverfahren überlassen bleiben. Entsprechendes gilt für die Wolfspopulation falls es trotz der vorstehenden Erwägungen, die für deren fortdauernde Stabilität sprechen, eines derartigen Schutzkonzepts auch für diese Art bedürfen sollte. Dass die vorbehaltenen Maßnahmen – Vergrämungseinrichtungen, Zäunung und Errichtung von Querungshilfen – Wildunfälle mit Aasanfall wirksam verhindern können, hat der Antragsteller nicht in Frage gestellt. Auch in der Anhörung der Träger öffentlicher Belange ist dies nicht in Abrede gestellt, sondern lediglich gefordert worden, derartige Maßnahmen bereits im Planfeststellungsbeschluss anzuordnen (Protokoll der Erörterung vom 15. August 2011, S. 21 ≪Beiakte 22≫). Etwaige Mängel der getroffenen Regelung ließen mithin das Planungskonzept unberührt; sie könnten durch schlichte Planergänzung ausgeräumt werden. Das schließt es aus, ihretwegen den Planfeststellungsbeschluss aufzuheben oder für rechtswidrig und nicht vollziehbar zu erklären (§ 18e Abs. 6 Satz 2 Halbs. 1 AEG entsprechend; vgl. BVerwG, Urteil vom 14. April 2010 – 9 A 5.08 – juris Rn. 82 ≪insoweit in BVerwGE 136, 291 nicht abgedruckt≫).
dd) Soweit der Antragsteller geltend macht, das Risikomanagement sei auch nicht geeignet, einen Verstoß gegen das artenschutzrechtliche Tötungsverbot des § 44 Abs. 1 Nr. 1 Bundesnaturschutzgesetz – BNatSchG in der Fassung der Bekanntmachung vom 29. Juli 2009 (BGBl. I S. 2542) zuletzt geändert durch Art. 4 Abs. 100 des Gesetzes vom 7. August 2013 (BGBl. I S. 3154) auszuschließen (II. 2.d) der Antragsschrift), gelten die Ausführungen zum Habitatschutz entsprechend. Das Tötungsverbot erfasst verkehrsbedingte Tierverluste infolge von Verkehrswegebaumaßnahmen allein dann, wenn sich das Kollisionsrisiko für Exemplare der betroffenen Arten in signifikanter Weise erhöht. Umstände, die für die Beurteilung der Signifikanz eine Rolle spielen, sind insbesondere artspezifische Verhaltensweisen, häufige Frequentierung des durchschnittenen Raums und die Wirksamkeit vorgesehener Schutzmaßnahmen. Für die fachliche Beurteilung ist der Planfeststellungsbehörde eine Einschätzungsprärogative eingeräumt (BVerwG, Urteile vom 9. Juli 2008 – 9 A 14.07 – BVerwGE 131, 274 Rn. 65 ff., 91 und vom 14. Juli 2011 – 9 A 12.10 – BVerwGE 140, 149 Rn. 99). Sollte sich im Hauptsacheverfahren herausstellen, dass – jedenfalls für bestimmte Streckenabschnitte mit starkem Wildwechsel – bereits im Planfeststellungsbeschluss Schutzmaßnahmen angeordnet werden müssen, um eine signifikante Erhöhung des Kollisionsrisikos für die genannten aasfressenden Arten auszuschließen, könnte dies im Wege einer Planergänzung nachgeholt werden.
ee) Schließlich werden auch die Einwendungen gegen die erteilten Ausnahmen nach § 34 Abs. 3 bis 5, § 45 Abs. 7 BNatSchG (II. 3 der Antragsschrift) nach summarischer Prüfung ohne Erfolg bleiben.
(1) Der Antragsteller meint, die Planfeststellungsbehörde habe bei der Bejahung zwingender Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses im Sinne des § 34 Abs. 3 Nr. 1 BNatSchG (PFB S. 254) die negativen Auswirkungen auf Erholung und Tourismus übersehen; die Entwicklung des Gebiets zu einem Vorranggebiet für Tourismus und Erholung sei im Landesentwicklungsplan Sachsen 2003 und im Regionalplan Oberlausitz – Niederschlesien als Ziel vorgesehen (S. 18 f. der Antragsschrift).
Insoweit übersieht der Antragsteller, dass der zweigleisige Ausbau und die Elektrifizierung der Eisenbahnstrecke Hoyerswerda – Horka – Grenze D/Pl ihrerseits ein Ziel der Landesplanung waren und sind (zu Z 10.3 des LEP 2003 vgl. Anlage 1 ≪Erläuterungsbericht≫ S. 8; jetzt Z 3.3.9 Satz 2 LEP 2013). Auch der Landesentwicklungsplan bejaht mithin ein öffentliches Interesse an der Verwirklichung des Vorhabens, welches das gegenläufige Interesse an der Entwicklung der Oberlausitz für Tourismus und Erholung überwiegt.
(2) Die Einwendungen gegen die Alternativenprüfung sind nicht geeignet, einen Anspruch auf Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses oder Feststellung seiner Nichtvollziehbarkeit zu begründen. Der vom Antragsteller in Betracht gezogene Ausbau der derzeitigen Ausweichstrecke über Cottbus wäre ein anderes Projekt, das nicht – wie im Bedarfsplan für die Bundesschienenwege vorgesehen – Hoyerswerda und Horka verbindet und auch nicht als Ausbau der zwischen diesen Orten vorhandenen Strecke verstanden werden könnte. Die nach seiner Auffassung außerdem als Alternative in Betracht zu ziehende Geschwindigkeitsreduzierung würde jedenfalls an der Erforderlichkeit des Rückschnitts an der Trasse und damit an der Inanspruchnahme seines Eigentums nichts ändern. Soweit er eine Geschwindigkeitsbegrenzung zum Schutz seines Jagdausübungsrechts fordert, käme allenfalls ein Anspruch auf Planergänzung in Betracht.
(3) Die Forderung nach weitergehenden vorgezogenen Vermeidungs- und Kompensationsmaßnahmen hat der Antragsteller nicht weiter substantiiert (S. 19 f. der Antragsschrift). Im Hinblick auf welche betroffenen Arten derartige Maßnahmen erforderlich sein sollten, bleibt offen. Soweit er auf Seeadler und Milane verweist, geht die Planfeststellungsbehörde davon aus, dass durch das Risikomanagement mit integriertem Monitoring eine erhebliche Beeinträchtigung der entsprechenden Populationen im SPA-Gebiet „Oberlausitzer Heide- und Teichlandschaft” ausgeschlossen wird (PFB S. 251). Wie bereits dargelegt (2.c) cc)), könnten etwaige Schutzlücken jedenfalls im Wege der Planergänzung ausgeräumt werden. Eine Abweichungsprüfung nach § 34 Abs. 3 bis 5 BNatSchG hat die Planfeststellungsbehörde nur vorsorglich vorgenommen (PFB S. 262). Für das artenschutzrechtliche Tötungsverbot gilt Entsprechendes.
(4) Der Antragsteller legt auch nicht dar, warum die Planfeststellungsbehörde bei der Ausnahmeprüfung nach § 34 Abs. 3 bis 5 BNatSchG die Kommission hätte unterrichten sollen. Gemäß § 34 Abs. 4 Satz 2 BNatSchG muss eine Stellungnahme der Kommission nur eingeholt werden, wenn von dem Projekt im Gebiet vorkommende prioritäre natürliche Lebensräume oder prioritäre Arten betroffen werden und die Ausnahme auf andere zwingende Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses gestützt werden soll als solche im Zusammenhang mit der Gesundheit des Menschen, der öffentlichen Sicherheit oder den maßgeblich günstigen Auswirkungen des Projekts auf die Umwelt. Prioritär geschützt ist von den hier betroffenen Arten nur der Wolf, für den eine Beeinträchtigung des Erhaltungszustands aufgrund des Risikomanagements mit integriertem Monitoring ausgeschlossen wurde (PFB S. 244 ff., 250). Im Übrigen hat die Planfeststellungsbehörde bei der vorsorglichen Ausnahmeprüfung auf öffentliche Interessen im Zusammenhang mit der Gesundheit des Menschen abgestellt (PFB S. 261).
(5) Warum die Planfeststellungsbehörde im Hinblick auf das SPA-Gebiet Biosphärenreservat „Oberlausitzer Heide- und Teichlandschaft”, das als Europäisches Vogelschutzgebiet ausgewiesen ist, eine Ausnahmeentscheidung nach § 34 Abs. 3 bis 5 BNatSchG für den Wolf hätte treffen sollen (Antragsschrift S. 20), ist nicht ersichtlich. Zu Seeadler und Milanen kann auf die Ausführungen unter cc) verwiesen werden. Gleiches gilt, soweit sich der Antragsteller erneut gegen das Risikomanagement wendet.
d) Ausgehend von den geringen oder im Hinblick auf die Erforderlichkeit einer FFH-Verträglichkeitsprüfung für das FFH-Gebiet „Separate Fledermausquartiere und -habitate in der Lausitz” jedenfalls nicht überwiegenden Erfolgsaussichten der auf Aufhebung oder Feststellung der Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit des Planfeststellungsbeschlusses gerichteten Klage ist das öffentliche Interesse an einer zeitnahen Verwirklichung des dem vordringlichen Bedarf zugeordneten Vorhabens höher zu gewichten als das Interesse des Antragstellers an einem Aufschub der Bauarbeiten. Selbst wenn sich im Hauptsacheverfahren ergeben sollte, dass die Verträglichkeit des Vorhabens mit dem FFH-Gebiet „Separate Fledermausquartiere und -habitate in der Lausitz” hätte geprüft werden müssen, ist jedenfalls nichts dafür ersichtlich, dass sich hieraus ein unüberwindliches Zulassungshindernis ergeben könnte. Etwaige Defizite im Hinblick auf den Schutz der aasfressenden Tierarten (Wolf, Milane, Seeadler) können – wie dargelegt – im Wege der Planergänzung und damit auch noch nach Verwirklichung des Vorhabens beseitigt werden. Dass die genannten Tierarten bis dahin durch Kollisionen mit den verkehrenden Zügen erheblich geschädigt worden sein könnten, liegt, da die prognostizierte Zahl von Zügen erst im Laufe einiger Jahre erreicht werden wird, fern.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 und § 162 Abs. 3 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 GKG. Der Streitwert wurde wie bei einem drittbetroffenen Privaten festgesetzt. Für den Kläger, der unmittelbar in seinem Eigentum betroffen ist und eine volle Überprüfung des Planfeststellungsbeschlusses verlangt, hat die Sache jedenfalls keine geringere Bedeutung als für einen nur mittelbar betroffenen Anlieger. Die Wertminderung seiner Grundstücke dürfte über diesen Betrag aber auch nicht hinausgehen.
Unterschriften
Dr. Nolte, Dr. Philipp, Brandt
Fundstellen
Haufe-Index 7602695 |
JZ 2015, 152 |
NuR 2015, 257 |
ZUR 2015, 348 |
UPR 2015, 226 |