Verfahrensgang
VG Greifswald (Aktenzeichen 5 A 851/99) |
Tenor
Die Beschwerde der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Gerichtsbescheid des Verwaltungsgerichts Greifswald vom 23. Februar 2000 wird verworfen.
Die Kläger tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens als Gesamtschuldner.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 12 000 DM festgesetzt.
Gründe
Die Kläger beanspruchen nach dem Vermögensgesetz (VermG) die Rückübertragung eines Erbhofs an die Erbengemeinschaft nach dem Anerben. Der Beklagte lehnte den Antrag mit der Begründung ab, dass der Erbhof im Rahmen der Bodenreform enteignet worden und die Restitution darum ausgeschlossen sei (§ 1 Abs. 8 Buchst. a VermG). Das Verwaltungsgericht hat die Klage abgewiesen und die Revision gegen seinen Gerichtsbescheid nicht zugelassen. Die hiergegen gerichtete Beschwerde der Kläger ist unzulässig.
1. Die Kläger haben die am 2. Mai 2000 abgelaufene Frist zur Begründung ihrer Beschwerde (§ 133 Abs. 3 Satz 1 VwGO) versäumt. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist ihnen nicht zu gewähren, weil die Frist nicht ohne Verschulden versäumt wurde (§ 60 Abs. 1 VwGO). Das Fristversäumnis beruht darauf, dass die Kanzleiangestellte P. der Prozessbevollmächtigten der Kläger die Begründungsfrist unzutreffend berechnet hat. Das rechtfertigt angesichts unterbliebener Vorkehrungen zur Wahrung der Begründungsfrist die beantragte Wiedereinsetzung nicht.
Die Beschwerdebegründungsfrist gehört nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu den Fristen, die ein Rechtsanwalt im Allgemeinen selbst berechnen muss. Überlässt er die Berechnung und Überwachung solcher Fristen sorgfältig ausgesuchtem und gut geschultem Personal, so muss er jedenfalls durch geeignete allgemeine Anweisungen Vorkehrungen treffen, um Fristversäumnisse zu vermeiden (Beschluss vom 6. Juni 1997 – BVerwG 4 B 85.97 – Buchholz 310 § 60 VwGO Nr. 209 m.w.N.). Ferner ist der Rechtsanwalt verpflichtet, vor Antritt eines Urlaubs durch eine geeignete Vertretungsregelung sicherzustellen, dass während des Urlaubs ablaufende Fristen eingehalten werden können (vgl. BGH, NJW 1973, 901). Entsprechendes gilt, wenn eine von dem sachbearbeitenden Rechtsanwalt zu beachtende Frist mit dessen Urlaubsende oder so knapp nach diesem Zeitpunkt abläuft, dass der aus dem Urlaub zurückgekehrte Rechtsanwalt fristwahrende Prozesshandlungen nicht mehr rechtzeitig vornehmen kann (Beschluss vom 22. März 1995 – BVerwG 5 B 10.95 – Buchholz 310 § 60 VwGO Nr. 195 m.w.N.).
Es kann dahingestellt bleiben, ob die Überwachung der Beschwerdebegründungsfrist auf die Kanzleiangestellte P. übertragen werden durfte. Jedenfalls fehlte es an einer Anweisung an das Kanzleipersonal, dass die von dem sachbearbeiteten Prozessbevollmächtigten zu bearbeitenden Akten bei Ablauf einer Vorfrist für die Begründung einer Nichtzulassungsbeschwerde während seiner Urlaubsabwesenheit einem der übrigen in der Kanzlei tätigen Rechtsanwälte zur Fristüberwachung vorgelegt werden. Dieser Mangel war für die Versäumung der Begründungsfrist erheblich; denn nach dem Wiedereinsetzungsvorbringen ist die der Kanzleiangestellten unterlaufene fehlerhafte Fristberechnung deswegen nicht rechtzeitig aufgefallen, weil der sachbearbeitende Rechtsanwalt „bis einschließlich 1. Mai 2000 urlaubsbedingt nicht in der Kanzlei anwesend war” und aus diesem Grund „eine Vorlage der Akte zum Zeitpunkt der für die Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde notierten Vorfrist … am 26. April 2000 nicht erfolgen” konnte.
2. Abgesehen hiervon muss die Beschwerde auch deshalb verworfen werden, weil sie den gesetzlichen Begründungserfordernissen nicht genügt (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO).
Die behauptete grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) ist nicht dargelegt; denn die Beschwerde arbeitet keine höchstrichterlich ungeklärte Rechtsfrage von allgemeiner Bedeutung heraus, über die in einem Revisionsverfahren zu entscheiden wäre. Die sinngemäß aufgeworfene Frage, ob die Restitution ausgeschlossen ist, wenn im Rahmen der Bodenreform landwirtschaftlicher Grundbesitz nur teilweise enteignet wurde, bedarf nicht der Klärung in einem Revisionsverfahren. Das Verwaltungsgericht hat dem Schreiben des Bodenkulturamts P. vom 4. November 1948 entnommen, dass der Erbhof des Rechtsvorgängers der Kläger im Rahmen der Bodenreform aufgeteilt wurde. Es hat ferner festgestellt, dass der überwiegende Teil der zu dem Erbhof gehörenden Flurstücke dem Landwirt Paul M. zugeteilt wurde, der am 6. November 1947 unter Hinweis auf ein von der Bodenreform-Kreiskommission am 25. Juni 1947 bestätigtes Aufteilungsprotokoll im Grundbuch als Eigentümer eingetragen worden ist. Nach diesen Feststellungen musste sich der Eigentümer des Erbhofs jedenfalls in dem Umfang als enteignet betrachten, in dem der Erbhof tatsächlich aufgesiedelt wurde. Ob der damit festgestellte Zugriff auf das Eigentum sich bereits hinsichtlich aller zu der Unternehmenseinheit gehörenden Vermögenswerte nach außen erkennbar manifestiert hatte oder ob die Entziehung des gesamten Betriebs bis zur Gründung der DDR unvollendet blieb, ist unerheblich. Dass ein derartiger Zugriff auf Teilflächen eines landwirtschaftlichen Betriebs im Rahmen der Bodenreform genügt, um die Enteignung des gesamten Betriebs als auf besatzungshoheitlicher Grundlage durchgeführt anzusehen, ist in der Rechtsprechung des Senats geklärt (Beschluss vom 26. Juni 1996 – BVerwG 7 B 149.96 – Buchholz 428 § 1 VermG Nr. 81; Beschluss vom 8. April 1998 – BVerwG 7 B 7.98 – Buchholz 428 § 1 VermG Nr. 149).
Die erhobene Abweichungsrüge (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) ist unzulässig, weil die Beschwerde keinen vom Verwaltungsgericht aufgestellten Rechtssatz anführt, der der vermeintlichen Divergenzentscheidung widerspricht. Die Aufklärungsrüge (§ 86 Abs. 1 i.V.m. § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) ist schon deshalb nicht ordnungsgemäß bezeichnet, weil die Beschwerde nicht darlegt, inwiefern die von ihr vermisste Klärung, welches „weitere rechtliche Schicksal” die nicht aufgesiedelten Flächen des Erbhofs erfahren haben, nach der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts, das einen Teilzugriff im Sinne der zitierten Rechtsprechung für ausreichend gehalten hat, entscheidungserheblich gewesen sein könnte.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 und § 159 Satz 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 14 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 i.V.m. § 13 Abs. 1 Satz 1 GKG; dabei geht der Senat von einem Verkehrswert des Erbhofs von 72 000 DM aus (5 000 DM/ha), der entsprechend den Anteilen der Beschwerdeführer an der Erbengemeinschaft nach dem Anerben (je 1/24) zu verringern ist.
Unterschriften
Dr. Franßen, Herbert, Neumann
Fundstellen