Entscheidungsstichwort (Thema)
Medizinisch-technische Laboratoriumsassistenten;. technische Assistenten in der Medizin. Erlaubnis nach Bundes-Seuchengesetz. Arbeiten mit übertragbaren Krankheitserregern
Leitsatz (amtlich)
Das Recht der medizinisch-technischen Laboratoriumsassistenten zur Durchführung von Untersuchungsgängen in der Mikrobiologie, Parasitologie und Immunologie nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 d MTAG umfaßt nicht die Befugnis, ohne Erlaubnis nach § 19 BSeuchenG mit auf den Menschen übertragbaren Krankheitserregern zu arbeiten.
Normenkette
MTAG § 9; BSeuchenG §§ 19-22
Verfahrensgang
VGH Baden-Württemberg (Entscheidung vom 24.11.1998; Aktenzeichen 1 S 1689/98) |
VG Stuttgart (Entscheidung vom 02.12.1997; Aktenzeichen 4 K 1648/97) |
Tenor
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 24. November 1998 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 20 000 DM festgesetzt.
Gründe
Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Der allein geltend gemachte Zulassungsgrund des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO liegt nicht vor. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung.
Grundsätzlich bedeutsam ist eine Sache nur, wenn sie eine klärungsfähige Frage des Bundesrechts aufwirft, die zur Wahrung der Rechtseinheit oder zur Fortentwicklung des Rechts der Klärung in einem Revisionsverfahren bedarf. Daran fehlt es hier.
Die Beschwerde wirft sinngemäß die Frage auf, ob das den medizinisch-technischen Laboratoriumssassistenten in § 9 Abs. 1 Nr. 1 d des Gesetzes über technische Assistenten in der Medizin – MTAG – vom 2. August 1993 (BGBl I S. 1402) eingeräumte Recht zur Durchführung von Untersuchungsgängen in der Mikrobiologie, Parasitologie und Immunologie auch die Befugnis umfaßt, ohne eine Erlaubnis nach § 19 BSeuchenG im Rahmen einer selbständigen Tätigkeit mit den vermehrungsfähigen Erregern von auf den Menschen übertragbaren Krankheiten zu arbeiten. Diese Frage bedarf jedoch nicht der Klärung in einem Revisionsverfahren, weil die gesetzliche Regelung insoweit eindeutig ist und für Zweifel keinen Raum läßt.
Das Bundes-Seuchengesetz legt in § 19 Abs. 1 ausdrücklich die Erlaubnispflicht für die Arbeit mit Krankheitserregern fest und bestimmt in § 20 Abs. 1, in welchen Fällen die Erlaubnispflicht entfällt. Die Tätigkeit als medizinisch-technische Laboratoriumsassistentin ist dort nicht erwähnt.
Die Auffassung der Klägerin, der Gesetzgeber habe bei der Neufassung des MTA-Gesetzes die Anpassung des Bundes-Seuchengesetzes „schlicht vergessen”, geht fehl. Auch nach dem am 1. Januar 1994 in Kraft getretenen MTA-Gesetz gehört das Arbeiten mit übertragbaren Krankheitserregern nicht zum Berufsbild des medizinisch-technischen Laboratoriumsassistenten.
Wie der Senat in seinem Urteil vom 25. September 1986 (– BVerwG 3 C 8.85 – BVerwGE 75, S. 45, 48) ausgesprochen hat, geht das „Arbeiten mit Krankheitserregern” im Sinne des § 19 Abs. 1 BSeuchenG über eine mikroskopische Diagnostik hinaus und weist ein weit höheres Gefährdungspotential auf. Im Hinblick auf dieses Gefährdungspotential verlangt § 22 Abs. 3 BSeuchenG als Voraussetzung der Erlaubniserteilung den Nachweis der Sachkenntnis durch die Approbation als Arzt, Zahnarzt, Tierarzt oder Apotheker oder den Abschluß eines naturwissenschaftlichen Hochschulstudiums. Damit ist die Ausbildung zum technischen Assistenten in der Medizin nach dem MTA-Gesetz nicht vergleichbar. Für sie reicht als Zugangsvoraussetzung der Realschulabschluß oder eine gleichwertige Ausbildung (§ 5 Nr. 2 MTAG). Der Forderung des Berufsverbandes der medizinisch-technischen Assistenten, das Abitur oder Fachabitur als Zugangsvoraussetzung zu verlangen, hat der Gesetzgeber nicht entsprochen, weil dies fachlich nicht erforderlich sei; es würde dem Charakter des vorwiegend praktisch orientierten Berufs zuwiderlaufen (vgl. BTDrucks 12/3165, S. 9). Der technische Assistent in der Medizin verfügt mithin nicht über die naturwissenschaftliche Vorbildung, die das Bundesseuchengesetz für die Arbeit mit übertragbaren Krankheitserregern voraussetzt.
Zu Unrecht beruft sich die Klägerin darauf, daß sie als angestellte medizinisch-technische Laboratoriumsassistentin vollkommen eigenverantwortlich mit übertragbaren Krankheitserregern arbeiten dürfe. § 21 BSeuchenG befreit denjenigen von der Erlaubnispflicht nach § 19 Abs. 1 BSeuchenG, der unter Aufsicht eines Erlaubnisinhabers oder eines nach § 20 BSeuchenG Berechtigten tätig ist. Die Klägerin mißversteht daher den Tätigkeitsvorbehalt in § 9 Abs. 1 MTAG, wenn sie meint, als angestellte Laboratoriumsassistentin beim Arbeiten mit übertragbaren Krankheitserregern nicht den Regelungen des Bundes-Seuchengesetzes zu unterliegen. In diesem Fall obliegt dem Erlaubnisinhaber die Aufsicht; er trägt folglich die Verantwortung.
Verfassungsrechtliche Bedenken bestehen gegen die Notwendigkeit einer Erlaubnis nach § 19 Abs. 1 BSeuchenG nicht. Insbesondere ist das Grundrecht der Berufsfreiheit nach Art. 12 GG nicht verletzt (vgl. Urteil vom 25. September 1986, a.a.O., S. 52).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 13 Abs. 1 Satz 1, § 14 GKG.
Unterschriften
Prof. Dr. Driehaus, van Schewick, Dr. Brunn
Fundstellen
NJW 2000, 1809 |
DVBl. 2000, 1061 |