Entscheidungsstichwort (Thema)
Ausschluß eines Pesonalratsmitglieds. Pflichtverletzung. Klagebefugnis. Revisibilität von Landespersonalvertretungsrecht
Leitsatz (amtlich)
§ 22 RPPersVG regelt die Zulässigkeitsvoraussetzungen des Antrages auf gerichtlichen Ausschluß eines Personalratsmitglieds wegen grober Vernachlässigung seiner gesetzlichen Befugnisse oder Pflichten unabhängig von § 42 Abs. 2 VwGO. Die berufungsgerichtliche Auslegung dieser Vorschrift, daß nicht jeder Antragsteller durch die geltend gemachte Pflichtverletzung konkret in eigenen Rechten verletzt sein müsse, ist revisionsgerichtlich nicht zu beanstanden.
Normenkette
VwGO § 42 Abs. 1-2; RPPersVG § 22 Abs. 1
Verfahrensgang
OVG Rheinland-Pfalz (Urteil vom 09.07.1996; Aktenzeichen 5 A 10169/96) |
VG Mainz (Entscheidung vom 23.11.1995; Aktenzeichen 5 K 2737/94) |
Tenor
Die Beschwerde des Beigeladenen zu 1 gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom 9. Juli 1996 wird verworfen.
Der Beigeladene zu 1 trägt die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens, seine außergerichtlichen Kosten und die außergerichtlichen Kosten der Kläger im Beschwerdeverfahren. Außergerichtliche Kosten der Beklagten und des Beigeladenen zu 2 werden nicht erstattet.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 8 000 DM festgesetzt.
Gründe
Der Beschwerdeführer wendet sich gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom 9. Juli 1996, mit dem dieses Gericht den erstinstanzlich ausgesprochenen Ausschluß der Beklagten aus dem Personalrat der Abteilung W. der Fachhochschule Rheinland-Pfalz bestätigt hat (vgl. § 22 Abs. 1 des Landespersonalvertretungsgesetzes Rheinland-Pfalz, RPPersVG).
Die Beschwerde ist unzulässig. Sie entspricht nicht den gesetzlichen Anforderungen an die Begründung einer Nichtzulassungsbeschwerde wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1, § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO).
1. Die Beschwerde hält es für grundsätzlich klärungsbedürftig im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, ob die Antragsteller – hier mehr als ein Viertel der Wahlberechtigten – in einem Ausschlußverfahren nach § 22 RPPersVG die Voraussetzungen des § 42 Abs. 2 VwGO erfüllen müßten und nur dann den Ausschluß eines Personalratsmitglieds beantragen könnten, wenn und soweit sie durch die beanstandete Tätigkeit in ihren Rechten „irgendwie tangiert” seien. Dies selbst dann, wenn der Landesgesetzgeber eine von § 42 Abs. 2 VwGO abweichende Regelung in § 22 RPPersVG getroffen habe, die allerdings enger auszulegen sei, als vom Berufungsgericht angenommen, da diese Vorschrift eine Suspendierung von der nach § 42 Abs. 2 VwGO erforderlichen Rechtsverletzung nicht ausdrücklich normiere.
Damit hat die Beschwerde die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO schon nicht hinreichend dargetan. Ihr Vorbringen läßt nicht erkennen, daß und inwiefern das erstrebte Revisionsverfahren zur Beantwortung von entscheidungserheblichen und konkreten Rechtsfragen des revisiblen Rechts mit über den Einzelfall hinausreichender Tragweite beitragen könnte, die im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder der Fortbildung des Rechts höchstrichterlicher Klärung bedürften. Nur darin kann die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache liegen (vgl. BVerwGE 13, 90, 91 f.).
Die bezeichneten Rechtsfragen sind jedenfalls offenkundig in dem angestrebten Revisionsverfahren teils nicht klärungsbedürftig, teils nicht klärungsfähig. Insbesondere geht es bei ihnen nicht um Anforderungen, die die bundesrechtliche Norm des § 42 Abs. 2 VwGO stellt. Diese gilt nur für Anfechtungs- oder Verpflichtungsklagen auf Erlaß eines Verwaltungsaktes (vgl. § 42 Abs. 1 VwGO). Offensichtlich handelt es sich bei der Klage nach § 22 RPPersVG, mit der kein Verwaltungsakt, sondern der Ausschluß eines Mitglieds des Personalrats durch eine gerichtliche Entscheidung begehrt wird, nicht um eine Verpflichtungsklage.
Zwar ist die eigene Klagebefugnis eines Klägers auch ohne Rücksicht auf die spezielle Klageart wegen des stets notwendigen individuellen Rechtsschutzinteresses allgemein vorauszusetzen und mit den daraus herzuleitenden Anforderungen bei der Frage nach der Zulässigkeit der Klage zu prüfen. Wenn jedoch die Klagebefugnis einer Person oder bestimmten Personengruppe durch ein spezielles Gesetz ausdrücklich geregelt ist, ist allein auf diese Regelung abzustellen. Das ist hier durch § 22 RPPersVG geschehen, so daß es auf § 42 VwGO nicht ankommt und im Hinblick auf diese Vorschrift hier nichts klärungsfähig ist. Übrigens läßt auch § 42 Abs. 2 VwGO („Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, …”) für den dortigen Regelungsbereich (Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen) ausdrücklich Sonderregelungen zu, die auch vom Landesgesetzgeber getroffen werden können.
Soweit sich die Beschwerde gegen die Auslegung des § 22 RPPersVG wendet und geltend macht, nach dieser Vorschrift könnten die Wahlberechtigten und der Dienststellenleiter die Absetzung des Personalrats nur beantragen, soweit sie selbst durch die beanstandete Tätigkeit in ihren Rechten verletzt seien, kann dies die Revisionszulassung nicht rechtfertigen, weil sie damit die nach ihrer Auffassung fehlerhafte Auslegung einer landesrechtlichen Vorschrift rügt. Die Revision kann aber nur darauf gestützt werden, daß revisibles Recht verletzt ist. Der Senat hat in früheren Entscheidungen dargelegt, daß das Personalvertretungsgesetz Rheinland-Pfalz im Gegensatz zu den anderen Landespersonalvertretungsgesetzen keine Regelung enthält, in der Streitigkeiten nach diesem Gesetz für revisibel erklärt werden; dies hat zur Folge, daß für das Verfahren im dritten Rechtszug, also vor dem Bundesverwaltungsgericht, § 137 Abs. 1 VwGO ohne Einschränkung gilt (BVerwG, Beschluß vom 15. Dezember 1995 – BVerwG 6 B 63.95 – Buchholz 251.8 § 122 RhPPersVG Nr. 1 und Urteil vom 9. Oktober 1996 – BVerwG 6 C 11.94 –, zur Veröffentlichung bestimmt). Da auch keine sonstige Norm ersichtlich ist, die § 22 RPPersVG für revisibel erklärt (vgl. Art. 99 GG), ist die Nichtzulassungsbeschwerde auch insoweit unzulässig.
2. Aus dem gleichen Grunde ist die weiter von der Beschwerde aufgeworfene Frage, wann ein Ausschluß eines Personalratsmitglieds wegen „grober Vernachlässigung seiner gesetzlichen Pflichten” im Sinne des § 22 RPPersVG gerechtfertigt sei, in einem Revisionsverfahren nicht zu klären. Sie bezieht sich ebenfalls auf die Auslegung einer nicht revisiblen landesrechtlichen Vorschrift. Die von der Beschwerde angeführte Entscheidung des Senats vom 2. August 1991 – BVerwG 6 P 10.90 – NJW 1992, 385, betrifft dagegen die Auslegung des § 28 Bundespersonalvertretungsgesetz.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 und 3 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts folgt aus § 14 Abs. 1, § 13 Abs. 1 Satz 2 GKG.
Unterschriften
Niehues, Vogelgesang, Eckertz-Höfer
Fundstellen
Haufe-Index 1215857 |
PersR 1997, 366 |